Inkasso rechnet nach RVG ab?!

  • Ein Inkassodienstleister will hier nach RVG abrechnen.
    Das Unternehmen ist bei einem OLG registriert.
    Es trat aber kein RA auf, sondern ein Dipl. Wirtschaftsjurist (FH).
    Und es werden ausschließlich Gebühren aus Teil 2 (außergerichtliche Tätigkeiten) angemeldet.
    Was meint ihr?

  • Vorab war kein Mahnverfahren. Es wurde direkt geklagt.
    Das Inkassounternehmen tritt hier als Prozessbevollmächtigte einer anderen GmbH auf.

  • Die Frage nach der "Anmeldung" wurde bisher nicht beantwortet.
    Und was soll bei direkter Klage ( mit welchem Ergebnis ? ) der Unterschied zum Mahnverfahren sein ?:gruebel:

  • Für Inkassobüros gibt es in Deutschland seit Oktober 2013 eine gesetzliche Gebührenordnung, die sich analog zum 1,3fachen des RVG bewegt (siehe Nr. 2300 VV RVG i.V. m. § 4 Abs. 5, S. 1 RDGEG). Dass also nach RVG abgerechnet wird, ist nichts ungewöhnliches.
    Ein Inkassounternehmen muss bei einem Amts-oder Landesgericht registriert sein, darüber kriegt es auch seine Inkassolizenz.
    Wenn der laut Rechnung angegebene Zahlungszeitpunkt überschritten wurde (bzw. bei fehlender Angabe gesetzlich 30 Tage nach Erhalt der Rechnung) kann ein Unternehmen auch ohne Mahnungen zu versenden einen Inkassodienstleister beauftragen. Es ist eher ungewöhnlich, aber trotzdem legal. Darauf muss der Kunde allerdings auch schon in der Rechnung hingewiesen werden.
    Online habe ich dazu noch das hier gefunden http://de.slideshare.net/ecollect-ag/was-ist-inkasso, ist zwar nicht mit Paragraphen aus dem RDG unterlegt, aber trotzdem übersichtlich dargestellt was deine ersten zwei Aussagen angeht.

  • seit dem 01.11.2014 ist mir bei den Pfüb-Anträgen aufgefallen, dass die Gemüse GmbH als Titelgläubiger sich jetzt selbst vertritt und dafür Gebühren nach dem RVG abrechnet. Auf unsere Anfrage hin hat sie das mit der Erstattung der Inkassokosten nach § 788 ZPO begründet. Ich habe nichts gefunden, dass die jetzt wie ein Anwalt in eigener Sache Gebühren geltend machen können. Habt ihr was dazu ?

  • Nach RVG können sie nicht abrechnen, aber BIS ZUR HÖHE der RVG-Gebühren. Mein LG meint sogar, dass, wenn im Streitverfahren dann Anwälte auftreten, sie nicht wie Anwälte anrechnen müssten, die Inkassogebühren also bis zur RVG-Höhe in voller Höhe geltend machen können, selbst wenn ein Anwalt anrechnen müsste, wenn er das Mahnverfahren betrieben hätte.

  • Nach RVG können sie nicht abrechnen, aber BIS ZUR HÖHE der RVG-Gebühren. Mein LG meint sogar, dass, wenn im Streitverfahren dann Anwälte auftreten, sie nicht wie Anwälte anrechnen müssten, die Inkassogebühren also bis zur RVG-Höhe in voller Höhe geltend machen können, selbst wenn ein Anwalt anrechnen müsste, wenn er das Mahnverfahren betrieben hätte.

    Das ist eine eher seltene Auffassung. Nach verbreiteter Auffassung werden Inkassokosten im Prozess stattdessen vollständig gekürzt, da ja der nun laufende Prozess zeigt, dass die vorherige Einschaltung des Inkassodienstes nicht sachdienlich war.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die Gläubigerbezeichnung auf Bl. 2 des Pfüb-Vordrucks lautet: Gemüse GmbH & Co. KG vertreten durch die Gemüse Verwaltungs GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
    (so auch die Bezeichnung des Gläubigers im VB, dort als PV angegeben Reg. Inkassounternehmen Gemüse GmbH & Co. KG, ges. vertr. d. die Gemüse Verwaltungs GmbH ..)
    bei Gläubiger-Vertr. steht dann Gemüse GmbH u. Co. KG, vertreten durch die Gemüse Verwaltungs GmbH, vertr. d. d. Geschäftsführer ...
    bei der Kostenrechnung auf 9 d. Vordrucks werden dann unter II. Anwaltskosten nach dem RVG eine Gebühr n. 3309 zzgl. Auslagenpauschale geltend gemacht. IM VB, welcher vom 16.09.2014 datiert, sind nur Auslagen von 25,00 € nach § 4 Abs. 4 RDGEG geltend gemacht)
    Auf unsere Beanstandung hin, wurde mitgeteilt, dass die Kosten für die Eigenvertretung notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. d. § 91 II 1 ZPO wären und diese vom Vollstreckungsschuldner zu tragen sind. Die Berechtigung der Gebührenerhebung ergibt sich aus § 4 IV RDGEG. Es muss sich doch was geändert haben, wenn die plötzlich ab dem 01.11.2014 beim Pfüb so abrechnen.
    Ein weiteres Inkassounternehmen Einkaufsmarkt Inkasso in einem anderen Verfahren bezeichnet sich als Gläubiger "Einkaufsmarkt Inkasso GmbH & Co. KG, vertr. d. die Komplementärin Einkaufsmarkt Solution GmbH. Hier werden auch Kosten nach dem RVG geltend gemacht. Die begründen die Geltendmachung damit, da eine Abtretung der Ursprungsgläubigerin an die Antragstellerin ausschließlich fiduziarisch und lediglich zur gerichtlichen Geltendmachung erfolgte. Die Forderung sei weiterhin dem Vermögen der Ursprungsgläubigerin zuzuordnen. Die Beantragung des Pfüb ist daher Wahrnehmung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO. Hieraus folge die Erstattungsfähigkeit und zur Höhe wird auf § 4 Abs. 4 RDGEG verwiesen.
    Es konnte uns bisher keiner helfen. Müsste doch wohl jetzt auch in den anderen Bundesländern auch so beantragt werden.

  • Habe auch eine Vielzahl solcher Fälle. Ich setze inzwischen konsequent ab:

    Anlage zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom xx.xx.xxxx
    Geschäftsnummer: x M xxxx/xx

    Die auf Seite 9 des Formulars aufgeführten "Inkassokosten gemäß § 4 Absatz 4 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleitungsgesetz" in Höhe von xx,xx Euro werden abgesetzt.

    Gründe:

    Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 S. 1 RDGEG i.V.m. § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO und § 164 Abs. 1 S. 1 BGB sind nicht erfüllt, denn es liegt keine Vertretung vor. Vertretung setzt Personenverschiedenheit zwischen dem Vertreter und dem rechtsgeschäftlich Vertretenen voraus. Man kann nicht sein eigener Stellvertreter sein (s. z.B. Bartsch, jurisPR-BKR 8/2013 Anm. 4 m.w.N.). So grenzt § 79 Abs. 1 S. 1 ZPO "Vertretung" (Hs. 1) auch ab vom "selbst führen" (Hs. 2).

    Die Gläubigerin wird hier ausweislich des Schuldtitels in eigener Angelegenheit tätig und nicht als Rechtsdienstleister im Rahmen der ihr gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG erteilten Erlaubnis und kann daher die Erstattung der auf S. 9 des Formulars aufgeführten "Inkassokosten gemäß § 4 Absatz 4 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleitungsgesetz" nicht verlangen, da es sich hierbei um sogenannte "eigene Mühewaltung“ handelt (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.1976 – VI ZR 98/75, juris, NJW 1976, 1256-1258 = MDR 1976, 857-859; OLG Hamburg, Beschl. v. 29.04.1998 – 8 W 11/98, juris, JurBüro 1998, 545-546 = MDR 1998, 1374-1375; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, § 788 Rn 30 m.w.N.).

    Ich lasse es auf einen Rechtsbehelf ankommen und die Sache, wenn es sein muss, vom Landgericht klären.

    Einmal editiert, zuletzt von Lex² (24. Januar 2015 um 22:46)

  • Danke an Lex für den Beitrag. Hast mir und meiner Kollegin sehr geholfen.


    Bin gespannt, ob sich einige der Inkassos trauen, in die Beschwerde zu gehen.
    Falls ich dann durch das LG bestätigt werden sollte, ist das Thema, zumindest im Bezirk, gegessen.

    Ich melde mich, wenn es soweit ist, mit dem Ergebnis.

  • Hallo,

    ich sehe die Kosten nach § 4 Abs. 4 Satz 1 RDGEG als erstattungsfähig an.

    Eine "Inkassodienstleistung" im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 RDGEG liegt auch dann vor, wenn ein Fall der "fiduziarischen Zession" vorliegt, § 2 Abs. 2 RDG.

    Dass der Gesetzgeber durch den Verweis auf den in § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG legal definierten Begriff der "Inkassodienstleistung" einerseits die fiduziarische Abtretung mit einbezieht, man die Erstattungsfähigkeit dann aber am Begriff der "Vertretung" scheitern lässt, erscheint mir widersprüchlich.

    Ich denke daher, dass der Begriff der "Vertretung" in § 4 Abs. 4 Satz 1 RDGEG teleologisch zu erweitern ist, sodass er auch den Fall der fiduziarischen Abtretung umfasst. Gerade auch deswegen, da Stellvertretung und fiduziarische Abtretung ja gewisse dogmatische Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. Staudinger-Martinek, Vor. §§ 662 BGB Rn. 47ff).

    Für eine weite Auslegung spricht auch die Systematik von § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO: Denn hier wird wieder der weite Begriff der "Inkassodienstleistung" verwendet und gleichzeitig die Vertretung geregelt. Würde man die Fälle der "fiduziarischen Abtretung" (mangels Vertretung) von § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO ausnehmen, dürfte in diesen Fällen der Inkassodienstleister auch im streitigen Verfahren tätig werden! Gerade dies wollte der Gesetzgeber aber ja offensichtlich durch die Definition der "Inkassodienstleistung" in § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG verhindern.

    Und um "eigene Mühewaltung" geht es Konstellationen der fiduziarischen Zession ja offensichtlich nicht.

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



    3 Mal editiert, zuletzt von DeliriumDriver (25. Januar 2015 um 15:47)

  • Hallo,
    ich sehe die Kosten nach § 4 Abs. 4 Satz 1 RDGEG als erstattungsfähig an. [...]


    Hallo DeliriumDriver,

    vielen Dank für Deinen wirklich konstruktiven Beitrag, der zum Nachdenken anregt.

    Ich halte aus folgenden Gründen, die in einem etwaigen Nichtabhilfebeschluss mit einfließen würden, an meiner Rechtsauffassung fest:

    • Das Vollstreckungsverfahren ist stark formalisiert mit der Folge, dass das Vollstreckungsgericht außerhalb des Titels liegende Umstände grundsätzlich nicht berücksichtigen darf, insbesondere nicht solche, die das materielle Rechtsverhältnis der Parteien betreffen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2009 – VII ZB 42/08 Rn 11 m.w.N., juris, NJW 2010,358-360 = Rpfleger 2010, 222-224).
    • Das Vollstreckungsgericht hat sich hier in Bezug auf den Gläubiger auf die rein formale Prüfung gemäß § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO zu beschränken. Nach dieser Vorschrift ist allein maßgeblich, wer als Person, für die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, namentlich in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel bezeichnet ist.
    • Inhalt und Grenzen des Vollstreckungstitels hat das erkennende Gericht eindeutig bezeichnet (BGH, a.a.O. Rn 19): Ausweislich des der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Schuldtitels ist die xxxx-Inkasso selbst Inhaberin der zu vollstreckenden Forderung. Maßgeblich ist also allein der Vollstreckungstitel, nicht die materielle Rechtslage. Auf etwaige außerhalb des Schuldtitels liegende (auch fiduziarische) Abtretungen (die nicht einmal belegt sind) kommt es daher nicht an.

    Bislang wurde hier noch kein Rechtsbehelf eingelegt.

    Gruß
    Andreas

  • Hallo Andreas,

    danke für das Lob. :)

    Ich denke aber, dass deine Ausführungen zu der Prüfungspflicht nicht ganz passen, da es hier ja um die Prüfung der Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungskosten geht (in der von dir zitierten BGH Entscheidung ging es um die Auslegung der Schuldnerbezeichnung des Titels). Hinsichtlich der Kosten nach § 788 Abs. 1 ZPO hat das Gericht eine umfassende Prüfungspflicht hinsichtlich Entstehung und Notwendigkeit (Zöller/Stöber § 788 ZPO Rn 15).

    Allerdings gebe ich dir recht, dass im Rahmen der Prüfung der Entstehung der Gebühren natürlich glaubhaft zu machen ist, dass die Forderung nur fiduziarisch abgetreten wurde.

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Zwischenstand:

    Bis heute, also über mehr als eineinhalb Jahre, ist von den entsprechenden Inkasso-Unternehmen auf keine meiner -zig Absetzungen ein Rechtsbehelf eingelegt worden, obwohl ich inzwischen sogar eine Rechtsbehelfsbelehrung hinzufüge und stets ohne Anhörung absetze.

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