Abgabe Testament ins Ausland

  • Nachdem ich über die Suche nicht fündig wurde, frage ich auf diesem Weg und hoffe, es hat bereits jemand Erfahrungen zur Abgabe von Testamenten bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im EU-Ausland gemacht.

    Ich habe ein gemeinschaftliches Testament in amtlicher Verwahrung und nunmehr Kenntnis davon erlangt, dass der Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt (nach dem 17.08.2015) im EU Ausland verstorben ist. Mir liegt eine Sterbeurkunde und die Anforderung zur Übersendung des Testaments (im Original) von den nunmehr zuständigen Behörden im Ausland vor.
    Nach § 344 FamFG bin ich für die Eröffnung des Testaments zuständig. Für das weitere Nachlassverfahren liegt die Zuständigkeit nach der EUErbVO im Ausland.

    Hier stellt sich jetzt die Frage, ob ich nach der Eröffnung tatsächlich das Original des Testaments an die zuständige ausländische Behörde übersenden soll (wie auch bei Abgabe an das zuständige AG im Inland) oder nur eine beglaubigte Abschrift.

    Bei Abgabe des Original Testaments stellt sich auch die Frage, ob und wie die Eröffnung des Testaments beim Tod des Überlebenden sichergestellt werden kann, da es sich um eine gemeinschaftliche Verfügung handelt.

    Ich bin für Ideen und Erfahrungswerte dankbar :)

  • Ich würde auf keinen Fall das Originaltestament ins Ausland versenden.
    Versende nur eine beglaubigte Ablichtung. Die genaue gesetzliche Grundlage kann ich zurzeit nicht benennen.
    Wir müssen ja auch den Nachweis der Erbfolge für den überlebenden Ehegatten berücksichtigen wenn es dann so weit ist.


  • Nach § 344 FamFG bin ich für die Eröffnung des Testaments zuständig. Für das weitere Nachlassverfahren liegt die Zuständigkeit nach der EUErbVO im Ausland.

    Wenn nach Art. 4 ErbRVO ein Verordnungsmitgliedstaat zuständig ist, dann ist es für das gesamte Nachlassverfahren zuständig(mit Ausnahmen in Art. 13 bzw. 19 ErbRVO). Es liegt keine internationale Zuständigkeit für die Eröffnung des Testaments in Deutschland vor. Die Eröffnung kann nach dem Erbstatut materiellrechtliche Folgen haben (Ausschlagungsfristen, Beginn der Verjährungsfristen von Pflichtteilsansprüchen, Ausschlussfristen hinsichtlich Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments usw) und ist daher ein integraler Bestandteil des Nachlassverfahrens, das im zuständigen Verordnungsmitgliedstaat durchzuführen ist.

  • Mein Erblasser hatte die deutsche Staatsangehörigkeit, hat auch bis vor einigen Jahren in Deutschland gelebt und daher hier testiert und das Testament bei uns in amtliche Verwahrung gegeben. Später hat er dann seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat (hier Österreich) verlegt und ist mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt dort verstorben, weshalb ich die dortige Zuständigkeit nach Art. 4 EuErbVO bejahen würde.
    Die Frage nach der Zuständigkeit zur Eröffnung habe ich mir daher auch gestellt. Es widerspricht aber einfach völlig meinem Rechtsempfinden ein Testament ohne Eröffnung - gegebenenfalls auch noch im Original - ins Ausland zu übersenden?

  • Das deutsche Verwahrgericht ist zuständig, wenn die deutschen Gerichte international Zuständig sind. Die internationale Zuständigkeit ist von Amts wegen zu prüfen (Art. 15 ErbRVO).

    Meinem Rechtsempfinden würde es widersprechen, ohne Grundlage in ein bestimmtes System des ausländischen Nachlassverfahrens einzugreifen. Wie erwähnt, die Testamentseröffnung kann im Ausland nach dem dort anwendbaren Recht praktisch sehr wichtige Folgen haben. Die Testamentseröffnung durch das unzuständige Gericht nach dem Motto „so haben wir es immer gemacht“ eröffnet nur einen Nebenkriegsschauplatz im Nachlassverfahren. Wozu?

  • Sieht jemand eine Möglichkeit die Eröffnung der Verfügung nach dem Tod des Längstlebenden sicherzustellen?
    Welches Recht nach dem Überlebenden zur Anwendung kommen wird, ist ja noch nicht absehbar. Eine Wiederverwahrung kann jedenfalls nicht erfolgen, wenn das Original des Testaments an die für den ersten Erbfall zuständigen Behörden abgegeben wird.
    Hatte bereits jemand in der Praxis einen ähnlichen Fall?

  • Das Problem des Originals ist nicht neu. Alle Verfahrensordnungen, die ich kenne sehen vor, dass das Nachlassgericht an das Original des Testaments kommen soll um es zu eröffnen. Wenn die Österreicher diesen Versuch unternehmen und trotzdem an das Original nicht kommen, müssen die mit dem leben, was sie haben - in der Regel mit einer Ausfertigung oder Abschrift. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist es verständlich, dass Du das Original nicht übersenden kannst, weil das Testament noch Verfügungen des anderen Ehegatten enthält. Die Österreicher müssten dies gut verstehen, sie kennen ja gemeinschaftliche Testamente.

  • Das deutsche Verwahrgericht ist zuständig, wenn die deutschen Gerichte international Zuständig sind. Die internationale Zuständigkeit ist von Amts wegen zu prüfen (Art. 15 ErbRVO).

    Meinem Rechtsempfinden würde es widersprechen, ohne Grundlage in ein bestimmtes System des ausländischen Nachlassverfahrens einzugreifen. Wie erwähnt, die Testamentseröffnung kann im Ausland nach dem dort anwendbaren Recht praktisch sehr wichtige Folgen haben. Die Testamentseröffnung durch das unzuständige Gericht nach dem Motto „so haben wir es immer gemacht“ eröffnet nur einen Nebenkriegsschauplatz im Nachlassverfahren. Wozu?

    Nach § 348 FamFG hat aber das Verwahrgericht nun mal zu eröffnen, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt.


  • Nach § 348 FamFG hat aber das Verwahrgericht nun mal zu eröffnen, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt.

    Klar, sobald man die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aufgrund der anwendbaren Normen (hier die ErbRVO) bejaht, ist § 348 FamFG anwendbar. Wenn die internationale Zuständigkeit nicht gegeben ist, darf man überhaupt nichts machen.

  • Wo steht denn in der EUErbVO etwas zu verfahrensrechtlichen Aspekten bezüglich der Eröffnung von Todes wegen???

    Art 4 EUErbVO:
    "Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte."
    Ist die Eröffnung eines bei uns verwahrten Testaments eine Entscheidung??? :eek:

    Die Pauschalisierung: "(...) dann ist es für das gesamte Nachlassverfahren zuständig. (...)" " (...) da darf man garnichts machen (...)" mit Begründung der Anwendung von Art 4. EUErbVO kann so nicht korrekt sein.

    Man greift doch nicht in ein ausländisches Nachlassverfahren ein und ändert auch nichts an der materiellen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts, wenn man das in eigener Zuständigkeit gem. §§ 344 Abs. 6, 348 FamFG verwahrte Testament eröffnet.

    Ohne Tätigkeit als Verwahrgericht ein Originaltestament ins Ausland zu senden, ist weder von EUErbVO noch vom FamFG gedeckt.

  • Ohne Tätigkeit als Verwahrgericht ein Originaltestament ins Ausland zu senden, ist weder von EUErbVO noch vom FamFG gedeckt.

    Sobald ich ein Testament in meinem Herrschaftsbereich als Nachlassgericht (in "Verwahrung") habe muss ich dieses eröffnen und an das zuständige Nachlassgericht weiterleiten.

    Es ist -auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland- eine Unsitte, dass bei einem (Nachlass-) Gericht abgelieferte Verfügungen von Todes wegen ohne Eröffnung an das zuständige Nachlassgericht (im Inland) versandt werden.

    M.E. muss das AG A ein Testament eines in A wohnenden Testamentsverwahrers entgegennehmen, dieses -aufgrund der "Verwahrung"- eröffnen und das Originaltestament (unter Zurückbehaltung einer beglaubigten Abschrift) zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der Eröffnungsniederschrift an das in der Nachlasssache an sich zuständige Nachlassgericht beim AG B übersenden.

    Dies ist so mehrfach obergerichtlich entschieden, aber immer wieder werden uneröffnete Testamente versandt. Bleibt nur zu hoffen, dass alle uneröffneten versandten Testamente ihr Ziel erreichen.

    Genauso würde ich bei einem ausländischen zuständigen Nachlassgericht verfahren.

  • Klar, sobald man die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aufgrund der anwendbaren Normen (hier die ErbRVO) bejaht, ist § 348 FamFG anwendbar. Wenn die internationale Zuständigkeit nicht gegeben ist, darf man überhaupt nichts machen.

    Wie auch meine beiden Vorposter: das geht mal gar nicht !
    Du widersprichst dir auch selber, indem du einmal sagst, es sei das Testament in beglaubigter Abschrift ins Ausland zu sehen und dann wieder, dass gar nichts zu machen sei.

    Bevor ich ein Testament in beglaubigter Abschrift irgendwohin übersende, muss ich als Verwahrgericht doch erst mal dieses aus der besonderen amtlichen Verwahrung entnehmen, den Umschlag öffnen und vom Inhalt Kenntnis nehmen. Dies ist genau der Vorgang der ERÖFFNUNG ! Und darüber habe ich doch ein Protokoll zu schreiben.
    Danach kann ich dann entscheiden, ob der Inhalt des Umschlags für ein Nachlassgericht (hier: im Ausland) relevant ist. Und auch erst dann kann ich entscheiden, ob die Urschrift oder nur eine beglaubigte Abschrift übersandt werden soll.

    Hier einfach "nur" den Umschlag zu öffnen und eine beglaubigte Abschrift des Inhalts zu übersenden ist verfahrensrechtlich nun mal einfach nicht zulässig. Es kann dem Verwahrgericht auch durch keine EU-Vorschrift aufgezwungen werden, gegen das eigene geltende Recht zu verstoßen.

    Der Vorgang der Eröffnung ist - wie auch Authchirion schrieb - m.E. keine Entscheidung im Sinne von Art. 4 EUErbV.

  • Es ist -auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland- eine Unsitte, dass bei einem (Nachlass-) Gericht abgelieferte Verfügungen von Todes wegen ohne Eröffnung an das zuständige Nachlassgericht (im Inland) versandt werden.

    M.E. muss das AG A ein Testament eines in A wohnenden Testamentsverwahrers entgegennehmen, dieses -aufgrund der "Verwahrung"- eröffnen und das Originaltestament (unter Zurückbehaltung einer beglaubigten Abschrift) zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der Eröffnungsniederschrift an das in der Nachlasssache an sich zuständige Nachlassgericht beim AG B übersenden.

    :daumenrau

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Art. 4 ErbRVO ist autonom zu verstehen. Die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung ist auch keine Entscheidung. Die Zuständigkeit dafür musste jedoch in Art. 13 geregelt werden. Dies bestätigt, dass Art. 4 die Kompetenz für die Durchführung des gesamten Nachlassverfahrens in einem Mitgliedstaat konzentriert. Darum geht es, und nicht nur um das Erlassen von Akten der öffentlichen Gewalt, die Rechtsverhältnisse ändern.
    Dies wird vielleicht in dem Vorlageverfahren Oberle, C-20/17 vom EuGH geklärt. Darauf müssen wir aber ca. 2 Jahre warten.
    Habt ihr als Rechtspfleger in diesem konkreten Fall eine verfahrensrechtliche Möglichkeit, die Entscheidung eines Richters zu erhalten?

  • Hallo,
    folgende Fall:
    Mein Erblasser ist am 24.07.2018 in Thailand verstorben. Bei uns befindet sich ein Testament vom 12.01.1982, welches ich nun eröffnen muss. Der Erblasser ist deutscher Staatsangehöriger und lebt seit 2009 in Thailand. Davor hat er in einem anderen Gerichtsbezirk gewohnt. An wen muss ich das Testament schicken?
    Vielen Dank

  • Hallo,
    folgende Fall:
    Mein Erblasser ist am 24.07.2018 in Thailand verstorben. Bei uns befindet sich ein Testament vom 12.01.1982, welches ich nun eröffnen muss. Der Erblasser ist deutscher Staatsangehöriger und lebt seit 2009 in Thailand. Davor hat er in einem anderen Gerichtsbezirk gewohnt. An wen muss ich das Testament schicken?
    Vielen Dank

    § 343 FamFG.

  • Hab nun endlich eine handhabbare Klärung des Themas im Münchener Kommentar zu § 344 R.40 gefunden:

    Aus der sich nach Abs. 6 (von § 344 FamFG) ergebenden örtlichen Zuständigkeit ergibt sich nach der EU-ErbVO bzw. § 105 die internationale Zuständigkeit, und zwar auch dann, wenn dies nach der allgemeinen Bestimmung des § 343 nicht gegeben wäre.
    Grund ist, dass erst nach der Eröffnung und der Kenntnisnahme vom Inhalt der Verfügung das international zuständige Nachlassgericht bestimmt werden kann. Praktisch ist somit keine andere Handhabung möglich.
    Ist das Gericht demgemäß Eröffnung international zuständig, aber nicht für die sonstigen nachlassgerichtlichen Verrichtungen, so hat es nur die Eröffnung vorzunehmen und dann entsprechend § 350 an die zuständige diplomatische Auslandsvertretung des Heimatstaates des Erblassers im Inland zu übersenden.
    (MüKoFamFG/Grziwotz, 3. Aufl. 2019, FamFG § 344 Rn. 40)

    Das eröffnete Testament an die ausländische Botschaft in Deutschland zu schicken, dürfte weniger Bauchschmerzen bereiten. Darüber hinaus kann dem Eröffnungsgericht nicht zugemutet werden, das zuständige Gericht herauszufinden. Hier stößt nämlich auch Google an seine Grenzen und ein europäisches Orts-und Gerichtsverzeichnis sucht man vergebens. Hab es gerade erst mit Venedig durch.

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