Bestimmtheit Dienstbarkeit Naturschutz

  • Hallo zusammen,

    beantagt ist die Eintragung einer bpDbk zugunsten desFreistaats xxx, vertreten durch xxx, mit folgendem Inhalt:

    Der Eigentümer verpflichtet sich gegenüber xxx alleMaßnahmen zu unterlassen und keine Maßnahmen zu dulden, die der Entwicklung derWald-/Uferfläche in naturschutzrechtlicher Hinsicht entgegenstehen. Auf demGrundstück ist es verboten, Maßnahmen durchzuführen, die den Naturhaushaltschädigen und das Landschaftsbild verunstalten. Hierunter fallen insbesondere…
    Bestehen Zweifel, ob eine Maßnahme zulässig ist, entscheidetabschließend das LRA xxx, Unter Naturschutzbehörde.

    Ich habe etwas Bauchschmerzen, weil ich schon mal davongelesen habe, dass bei solchen Dienstbarkeiten oft der Bestimmtheitsgrundsatznicht gewahrt ist. Würdet dir die Dienstbarkeit so eintragen?

  • Ein bisschen schwammig ist es schon - allerdings wirst du vermutlich nicht die eine Antwort dazu finden.

    Laut OLG Düsseldorf, Rpfleger 1979, 305 ist zu unbestimmt: "... das Gebot Maßnahmen zu unterlassen, die den allgemeinen Grundsätzen der Denkmalpflege widersprechen." So ähnlich könnte man jedoch die folgende von dir beschriebene Verpflichtung werten:

    ... alle Maßnahmen zu unterlassen und keine Maßnahmen zu dulden, die der Entwicklung der Wald-/Uferfläche in naturschutzrechtlicher Hinsicht entgegenstehen.

    Auch die Frage, was den Naturhaushalt letztlich schädigt oder vielmehr, was das Landschaftsbild verunstaltet und was nicht, mag im Einzelfall im Auge des Betrachters liegen. Die Formulierung

    die den Naturhaushalt schädigen und das Landschaftsbild verunstalten.

    halte ich daher für zu unbestimmt.

    Ein Lösungsansatz findet man unter anderem im Staudinger/Weber, 2017, § 1019 BGB, Rn. 89. So soll es dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen, "wenn wegen der zu unterlassenden Handlungen auf die Bestimmung des Art 6a BayNatSchG verwiesen wird (LG München II MittBayNot 2004, 366)." Vielleicht gibt es für dein Bundesland eine ähnliche Vorschrift, auf die Bezug genommen werden könnte?

  • Ähnliche Formulierungen habe ich als zu unbestimmt beanstandet. Der Eigentümer bzw. sein Rechtsnachfolger weiß ja gar nicht, was für eine Nutzung übrig bleibt.

    Zum Teil wurde dann dahingehend geändert, dass die verbleibenden zulässigen Nutzungen (z.B. Beschränkung auf Nutzung als Streuobstwiese) + konkrete Unterlassungspflichten (Düngung, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln) genannt wurden.

  • Ähnliche Formulierungen hab ich jetzt schon mehrmals zurückgewiesen und kein Rechtsmittel bekommen.

    Ich habe u.a. immer mit LG Ravensburg BWNotZ 1992,99 und LG Dortmund, Rpfleger 1993, 108 begründet.

    Das Abhängigmachen der Zulässigkeit von Maßnahmen von Entscheidungen des Landratsamts geht meiner Ansicht nach auch nicht, OLG München vom 07.05.2013, 34 Wx 115/13 und vom 19.12.2011 - 34 Wx 417/11.[FONT=&quot][/FONT]

    Die Geschichte mit § 6a BayNatschG / LG München II hab ich momentan in der Beschwerde, s. hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ubgeh%C3%B6lzen

    Das LG München II hat eigentlich keine Begründung für seine Entscheidung geliefert, nur, dass man die "Anforderungen nicht überspannen soll".

  • @ Martin: es wäre sehr nett, wenn du die Entscheidung einstellen könntest, sobald sie vorliegt.

    Ich tendiere im Moment dazu, die Dienstbarkeit einzutragen, da in meiner Bewilligung zumindest beispielhaft Maßnahmen aufgeführt sind, welche zu unterlassen sind. Im Zweifel müsste dann entsprechend der Entscheidung des LG München II der Richter entscheiden, ob etwaige Maßnahmen hierunter fallen. Auch ist anders als im Fall des OLG München, BS vom 19.12.2011, Az 34 Wx 417/11 im Zweifel die Untere Naturschutzbehörde entscheidungsprivilegiert.

    Meint ihr von der Formulierung her würde "Unterlassungsdienstbarkeit (Naturschutz) genügen?

  • Es ist schön, wenn sie Maßnahmen konkret bezeichnen, aber sobald sie sagen, die sind jetzt nur beispielhaft und vielleicht fallen uns später noch andere ein, dann sind wir bei der Unbestimmtheit. Worüber soll ein Richter denn entscheiden, wenn sich die Maßnahme gar nicht aus der Bewilligung ergibt.

    Zu den beispielhaften Maßnahmen schreib ich immer:

    Die Aufführung einzelner zu unterlassender Maßnahmen ist durch die Verwendung des Worts "insbesondere" nur beispielhaft und läßt den genauen und vollständigen Inhalt des Rechts nicht erkennen (OLG München, Beschluss vom 07.05.2013 - 34 Wx 115/13 sieht in der Formulierung "insbesondere" nur eine beispielhafte Erwähnung konkreter Rechte; enbenso der BGH, Beschluss vom 06.11.2014 - V ZB 131/13, NJW-RR 2015, 208 -"das Wort "insbesondere" wird in Rechtstexten dazu verwendet, um zu kennzeichnen, dass die nachfolgende Enumeration nicht abschließend, sondern beispielhaft sein soll"-)

  • Gibt es eine aktuelle obergerichtliche Entscheidung zur Problematik?

    Bei uns gehen immer noch ab und zu solche Dienstbarkeitsbestellungen ein...


  • Wäre das nicht diese aus einem ähnlichen Thread? :)

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?23752-Dienstbarkeit-Bepflanzung-mit-heimischen-Laubgehölzen/page3

    Einmal editiert, zuletzt von Liza (28. August 2019 um 11:11) aus folgendem Grund: Einfügung Link

  • Danke!

    Leider setzt sich auch diese Entscheidung nicht abschließend mit allen Fragen der Bestimmbarkeit von Naturschutzdienstbarkeiten auseinander...

    vgl. Absatz 26 der Entscheidung: "Eine grundsätzliche Entscheidung ist hier aber nicht zu treffen, auch nicht zu den weiteren Fragen, ob der in das Grundbuch Einsicht nehmende Laie die rechtlichen Folgen der Bezugnahme erkennen kann (kritisch: Demharter GBO 31. Aufl. § 44 Rn. 35) und ob die Bezugnahme allein auf § BNATSCHG § 14 BNatSchG ohne Erwähnung landesrechtlicher Sonderbestimmungen (etwa Art. BAYNATSCHG Artikel 6 BayNatSchG; Guckelberger in Frenz/Müggenborg § 15 Rn. 9 f.)…"

    In meinem aktuellen Fall wird nicht einmal auf das BNatSchG Bezug genommen. Es heißt lediglich "alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Naturhaushalt schädigen oder das Landschaftsbild verunstalten. Hierzu fallen VOR ALLEM die Verbote …
    Ferner sind für Zwecke der Erfolgskontrolle in kassenmäßiger und naturschutzrechtlicher Hinsicht entsprechende Untersuchungen zuzulassen."


    Das ist doch nicht bestimmt genug, oder!? Was verunstaltet denn alles das Landschaftsbild? Welche konkreten Untersuchungen sind gemeint!?

    Wie handhabt ihr das?

  • Hallo,
    ich habe einen ähnlichen Fall und das mehrfach.
    Es geht um eine BPD hinsichtlich einer Kompensationsfläche.

    Es heißt: "Die Fläche darf nur für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege genutzt werden. Alle Handlungen, die dazu führen, dass das Kompensationsziel nicht erreicht wird, wie zB Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung sind zu unterlassen. Eine Nutzung darf nur in Form der Auflagen aus der Baugenehmigung AZ 1234 erfolgen."

    Ich halte das alles für zu unbestimmt. Ich habe nach Anforderung nun die entsprechende Baugenehmigung vorliegen. Darin ist u.a. die Anpflanzung einer Hecke etc. aufgeführt.

    Gibt es eine Entscheidung o.ä., dass ein Verweis auf die Baugenehmigung zulässig/unzulässig ist?
    Und geht es, dass solche Anpflanzungen etc. dann Inhalt der DBK werden? Ich störe mich vor allem auch an der beispielhaften Aufzählung, was zu unterlassen ist.

    Die Entscheidung des LG Dortmund vom 23.06.1992, 9 T 427/92 (zur Unbestimmtheit einer BPD, wenn eine Nutzung nur im Interesse des Natur-und Landschaftsschutzes zulässig ist) liegt mir vor.

    Wie handhabt ihr das mittlerweile? Gibt es da noch neuere Rspr.?

  • Ich habe hier auch jedes Mal Bauchschmerzen. Wir verweisen in der Regel auf die entsprechende Einbezugssatzung, den Bebauungsplan etc. und fügen die Satzung bzw. den Bebauungsplan (ggfs. im Auszug) informatorisch der Urkunde bei. Bei uns heißt es in der eigentlichen Dienstbarkeit aber häufig auch nur sinngemäß:

    Zitat

    Der Eigentümer des dienenden Grundstücks verpflichtet sich zugunsten (...), alle Nutzungen zu unterlassen, die den auf dem Grundstück (...) bezweckten Ausgleichsmaßnahmen (Nutzung einer Teilfläche von xxx qm für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege) nicht dienlich sind.

    Mit etwas Glück finden sich in den Dokumenten dann noch einzelne untersagte Maßnahmen, die man aufnehmen kann, z.B. Eigentümer darf nicht düngen, usw. Manchmal geben sie aber wirklich nicht mehr her.

    Für den Fall der Nichterfüllung räumen wir dem Berechtigten dann noch das Recht ein, alle Maßnahmen, insb. Gestaltungs-, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, die zur Schaffung und Erhaltung der Ausgleichsmaßnahmen entsprechend der Satzung bzw. des Bebauungsplans erforderlich oder zweckdienlich sind, und zu diesem Zweck das Grundstück zu betreten und zu befahren bzw. betreten und befahren zu lassen.

    Den Eigentümern wird halt einerseits immer aufgegeben, die Ausgleichsfläche dinglich zu sichern. Aber bei den Maßnahmen finden sich oft nur Verpflichtungen, bestimmte Bäume, Hecken, Sträucher etc. zu pflanzen. Da stößt man dann schnell an die Grenzen einer Dienstbarkeit. Andererseits halte ich es für absurd, die Pflanzverpflichtung - auch wenn das natürlich möglich wäre - mittels Reallast und damit mit einem Verwertungsrecht zu sichern.

    Aus der Not heraus ringt man sich dann zu einer mehr oder weniger bestimmten Dienstbarkeit durch. Aber ich muss offen gestehen, dass ich bei diesen Ausgleichsflächendienstbarkeiten von meinen eigenen Urkunden manchmal denke, dass sie sowohl beurkundungstechnisch als auch inhaltlich grauenvoll sind :oops:.

    Mir ist bisher nur noch nichts besseres eingefallen. Wenn jemand einen Tipp für Literatur oder sogar ein Muster für eine vernünftige Ausgleichsflächendienstbarkeit hat, würde ich mich über einen Hinweis sehr freuen ;).

    Ansonsten scheinen jedenfall hier in der Gegend die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sehr großzügig zu sein, was die Anforderungen an die Bestimmtheit betrifft. Trotzdem will man es eigentlich halt richtig machen, sich einigermaßen sicher sein, dass das Ding auch wirksam ist und sich nicht nur freuen, dass man die Dienstbarkeit mal wieder eingetragen bekommen hat ;).

  • Mit Baugenehmigungen kann man in solchen Fällen durchaus verfahren. Dann muss man aber mE den textlichen Teil der Baugenehmigung lesen und die naturschutzrechtlichen Nebenbestimmungen lesen (das ist regelmäßig zumutbar) und speziell zum Dienstbarkeitsinhalt machen, und siehe da, es geht.
    Aber warum ist es zu unbestimmt, wenn der Dienstbarkeitsinhalt dahin geht, dass dem Grundstückseigentümer alle Maßnahmen untersagt sind, die Beeinträchtigungen oder vermeidbare Beeinträchtigungen gemäß § 15 Abs. 1 BNatSchG sind? Denn diese Rechtsnormen sind durch Rechtsprechung konkretisiert.
    Dann hat man doch einen Fall wie den groben Undank.
    Die Alternative besteht darin, die Dienstbarkeit etwas weiter zu fassen als es sein muss und dann schuldrechtlich ggf. das zu regeln, was man genau haben möchte.

    Die Probleme sind eigentlich nur Scheinprobleme, weil sie in erster Linie von Denkfaulheit und/oder der Vollkaskomentalität ("irgendwie halt so gegen unseren B-Plan nicht verstoßen oder gegen Pups-Satzung, und irgendwie halt so in Grundbuch") geprägt sind. Mir ist schon bewusst, dass sie immer wieder kommen aus den von mir beschriebenen Gründen.

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