Ausscheiden aus der GbR bei Insolvenz

  • Guten Morgen,

    über das Vermögen eines der GbR-Gesellschafter ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung haben die übrigen Gesellschafter gemäß Regelung im Gesellschaftsvertrag seinen Ausschluss und die Anwachsung seines Anteils an die übrigen Gesellschafter beschlossen. Er selbst war laut Gesellschaftsvertrag vom Stimmrecht hierbei ausgeschlossen. Das Protokoll der Versammlung und der Gesellschaftsvertrag liegen in der Form des § 29 GBO vor. Auch eine UB und eidesstattliche Versicherungen der verbleibenden Gesellschafter über den unveränderten Gesellschaftsvertrag hab ich. Beantragt ist die Berichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis. Der Insolvenzverwalter hat allerdings nicht mitgewirkt.

    Nach allem, was ich bisher gefunden hab, muss ich dem Insoverwalter vor der Berichtigung noch rechtliches Gehör gewähren. Eine Berichtigungsbewilligung kann ich nicht verlangen.

    Seht ihr das auch so?

    Vielen Dank.

  • .... gemäß Regelung im Gesellschaftsvertrag seinen Ausschluss und die Anwachsung seines Anteils an die übrigen Gesellschafter beschlossen..... und der Gesellschaftsvertrag liegen in der Form des § 29 GBO vor. ...

    Lubberich bespricht in seiner Abhandlung „Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch-Auswirkungen der Nachlassinsolvenz bei Vorliegen einer Nachfolgeklausel“ DNotZ 2018, 256 ff. den Beschl. des BGH v. 13. 7. 2017 - V ZB 136/16, und verweist auf die dortige Rz. 20, wonach in den Fällen, in denen eine Fortsetzungsklausel existiert, die Gesellschafter bei Ausscheiden eines Gesellschafters durch Insolvenz handlungsfähig bleiben und Verfügungen über Grundstücke im Eigentum der GbR ohne Verwaltermitwirkung erfolgen können. Bei Vorliegen einer Fortsetzungsklausel (§ 736 BGB) scheide der insolvente Gesellschafter aus und die verbleibenden Gesellschafter führen die Gesellschaft fort. In dem vom BGH entschiedenen Fall konnte allerdings kein formgerechter Nachweis für eine Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag vorgelegt werden. Der BGH hat dazu in Rz. 22 offen gelassen, ob ein notariell beglaubigter oder beurkundeter Gesellschaftsvertrag der GbR zu diesem Zwecke ausreiche. Dazu bemerkt Lubberich, dass davon auszugehen sei, dass das Gericht insoweit darauf abstellte, dass möglicherweise selbst die Vorlage eines solchermaßen formgerechten Dokuments nach den Umständen des Einzelfalls nicht ausreichend sein könnte, wenn bspw. Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der vorgelegte Gesellschaftsvertrag nicht der aktuellen Fassung entspricht.

    Wenn Dir ein formgerechter Gesellschaftsvertrag vorliegt, der offenbar die Fortsetzungsklausel enthält und die von Dir beschriebenen Folgen im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters beschreibt, dann würde ich auch davon ausgehen wollen, dass es keiner Mitwirkung des Insolvenzverwalters bedarf. Allerdings kommt es bei den verbleibenden Gesellschaftern zur Anwachsung gegen Abfindung (§ 738 BGB). Die Abfindung kann der Insolvenzverwalter zur Insolvenzmasse verlangen. Ein Abfindungsausschluss wäre wegen Verstoßes gegen das gesellschaftsrechtliche Gläubigerschutzprinzip nichtig (Schäfer im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 738 RNern 47, 60 mwN). Insofern -und auch weil die Löschung des Insolvenzvermerks ohne seine Bewilligung erfolgen kann- ist er zuvor anzuhören.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Kommentierung im BeckOK/Kral GBO Gesellschaftsrecht Rn. 56 bezieht sich allerdings auf den Unrichtigkeitsnachweis durch Kündigungsschreiben mit Nachweis eines wichtigen Grundes gem. § 737 BGB. Wenn der formgerechte Gesellschaftsvertrag bereits die Regelung enthält, dass im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters dieser aus der Gesellschaft ausscheidet und die Gesellschaft mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgesetzt wird, dann dürfte dieser Vertrag (i. V. mit der Eintragung des Insolvenzvermerks) als Unrichtigkeitsnachweis ausreichen, falls nicht Zweifel an seinem Fortbestand gegeben sind; s. Böttcher, „Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Juni 2018“, NJW 2018, 2936/2938; Lubberich, aaO, Keller, Anm. zum Beschluss des BGH vom 13.07.2017, V ZB 136/16, ZfIR 2017, 827/832
    https://www.juris.de/perma?d=jzs-ZFIR-2017-23-0827-01-R-01

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  • Der Beschluss über den Ausschluss des insolventen Gesellschafters könnte aber auch nur die Bedeutung haben, dass man diesen Gesellschafter nicht wieder in die GbR aufzunehmen gedenkt. Denn der Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist bereits mit dem Wirksamwerden des Insolvenzeröffnungsbeschlusses aus der Gesellschaft ausgeschieden; eines Ausschlusses bedarf es daher nicht. Der Bestimmung des § 728 Absatz 2 BGB wird insoweit zwingende Bedeutung beigemessen (Schöne im BeckOK BGB, Stand 01.08.2018, § 728 RN 9; MüKo/Schäfer, § 728 RN 31; Bergmann im jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, Stand 01.12.2016, § 728 RN 6; Habermeier im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2003, § 728 RN 4). Lediglich die in § 728 Absatz 2 BGB angeordnete Auflösungsfolge für die Gesellschaft ist dispositiv und steht unter dem Vorbehalt einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Fortsetzungsklausel (§ 736 Abs. 1) oder eines den Mitgesellschaftern vorbehaltenen Fortsetzungsbeschlusses (MüKo/Schäfer, aaO). Daher sind die Gesellschafter nicht daran gehindert, anstelle der im Gesetz vorgesehenen Auflösung der Gesellschaft das Ausscheiden des insolventen Gesellschafters aus der GbR zu beschließen (Staudinger/Habermeier; aaO, Westermann in Erman BGB, Kommentar, 15. Auflage 2017, § 728 RN 8). Enthält jedoch der Gesellschaftsvertrag bereits eine Fortsetzungsklausel, dann kann dem Ausschließungsbeschluss eigentlich nur noch die Bedeutung zukommen, dass man diese Fortsetzung nicht mit dem insolventen Gesellschafter bewirken will. Das wäre sonst möglich, weil die Mitgesellschafter nicht daran gehindert sind, einen Gesellschafter, der infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft gesellschaftsvertraglicher Fortsetzungsklausel aus der fortbestehenden Gesellschaft ausgeschieden ist, ihn unbeschadet des der Masse zustehenden Abfindungsanspruchs als neues Mitglied aufzunehmen (MüKo/Schäfer, § 728 RN 44 mwN in Fußn. 78).

    Da nach dem dargestellten Sachverhalt auch nicht erst noch ein Beschluss über die Fortsetzung der Gesellschaft gefasst wurde (daran hätte der Insolvenzverwalter mitwirken müssen, MüKo/Schäfer, § 728 BGB RN 43 mwN in Fußnote 75), muss also bereits der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzungsklausel enthalten, um zu dem von jonas recherchierten Ergebnis zu gelangen, dass eine Berichtigungsbewilligung des Insolvenzverwalters nicht verlangt werden kann.

    In diesem Fall ist jedoch das Vermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 736 BGB auf die verbliebenen Gesellschafter übergegangen (Anwachsung), ohne dass es dazu noch eines entsprechenden Beschlusses bedurft hätte (Koch im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 15.09.2018, § 736 RN 37 („Anwachsung qua Gesetz“). Dem Beschluss über die „Anwachsung seines Anteils an die übrigen Gesellschafter“ kann daher ebenfalls nur klarstellende Bedeutung zukommen.

    Auch ist davon, dass dem Gesellschafter nach § 737 BGB gekündigt wurde, im dargestellten Sachverhalt nicht die Rede. Der „wichtige Grund“, der bei einer Kündigung nachzuweisen wäre (OLG Hamm, Beschluss vom 24. Mai 2007, 15 W 145/07 = FGPrax 2007, 258; zitiert bei BeckOK/Kral GBO Gesellschaftsrecht Rn. 56) liegt in der Insolvenzeröffnung und die wird durch den eingetragenen Insolvenzvermerk in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen. Auch auf einen „Nachweis über die Nichterhebung einer Feststellungsklage“ (OLG Stuttgart 8. Zivilsenat, Beschluss vom 11.12.1989, 8 W 378/89 = NJW 1990, 2757) kann es nicht ankommen, da von einer gesellschaftsvertraglichen Regelung wie im Falle des OLG Stuttgart, wonach Gesellschafterbeschlüsse nur innerhalb einer bestimmten Frist durch Klage vor dem zuständigen Gericht angefochten werden können, im o.a. Sachverhalt ebenfalls nicht die Rede ist.

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  • Laut Sachverhalt war zum Ausschluss des insolventen Gesellschafters ein Beschluss erforderlich, was einem automatischen Ausscheiden aufgrund entsprechender bereits im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Klausel widerspricht. Ein Unrichtigkeitsnachweis zur Wirksamkeit des Ausschlusses wird dagegen kaum geführt werden können -> BeckOK/Kral GBO Gesellschaftsrecht Rn. 56 m.w.N. (s.o.).

  • Im Gesellschaftsvertrag heißt es dazu:

    "Der Ausschluss eines Gesellschafters ist zulässig, wenn über das Vermögen des Gesellschafters das gerichtliche Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse eine Eröffnung abgelehnt wird.

    Für den Ausschluss bedarf es eines Gesellschafterbeschlusses, der mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wird. Der betroffene Gesellschafter hat kein Stimmrecht."

    Ein solcher Beschluss liegt mir vor. Der betroffene (insolvente) Gesellschafter war anwesend, hat aber nicht abgestimmt. Auch seine Unterschrift fehlt unter dem Beschlussprotokoll. So dass ich mich nun auch frage, ob ich einen Zugangsnachweis brauche (737 BGB). Der Insoverwalter war geladen, aber nicht anwesend.

  • Nach § 22 GBO sind lückenlose Beweise dafür zu fordern, daß das Grundbuch in der behaupteten Weise unrichtig ist“ (OLG Stuttgart a.a.O.). Zur Wirksamkeit ist der Zugang erforderlich (§ 737 S. 3 BGB; MüKo/Schäfer BGB § 737 Rn. 14). Dass zum Unrichtigkeitsnachweis auch der Zugang einer Erklärung gehört, hatten wir hier eben noch in Bezug auf die Freigabe durch den Testamentsvollstrecker (§ 2217 BGB). Eine ausdrückliche Fortsetzung mit den übrigen Gesellschaftern war laut Gesellschaftsvertrag offenbar nicht erforderlich. Ohne Beurkundung der Erklärung und ohne Unterschriftsbeglaubigung ist die Anwesenheit des Schuldners bzw. der Zugang der Erklärung an ihn bei der Beschlussfassung nicht formgerecht nachgewiesen. Was sich aber durch ein Zustellungsprotokoll (Gerichtsvollzieher) beheben ließe. Wegen des Übergangs der Verwaltungsbefugnis (§ 80 InsO) würde ich allerdings einen Zugang an den Insolvenzverwalter erwarten.

    3 Mal editiert, zuletzt von 45 (5. November 2018 um 12:20)

  • Wenn der Gesellschaftsvertrag keine Fortsetzungsklausel enthält, sondern sich die Fortsetzung lediglich aus dem Beschluss ergibt, dass mit dem Ausschluss des Gesellschafters auch die Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftern einhergehen soll, dann reicht der Nachweis des Zugangs dieses Beschlusses beim Insolvenzverwalter nicht aus. An dem Beschluss hätte der Insolvenzverwalter vielmehr mitwirken müssen (s. die oben zitierte Kommentierung von MüKo/Schäfer, § 728 BGB RN 43 mwN in Fußnote 75). Bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens kann eine Gesellschaftsfortführung mit dem Gemeinschuldner nur nach Freigabe des Gesellschaftsanteils aus der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter erfolgen (s. Schöne im BeckOK BGB, Stand 01.08.2018, § 728 RN 11 unter Zitat Erman/H. P. Westermann Rn. 8; Soergel/Hadding/Kießling Rn. 17; Staudinger/Habermeier, 2003, Rn. 25).

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  • Ich habe fast denselben Fall:
    - Gesellschaftervertrag mit Ausschlussvereinbarung bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung sowie Nachfolgeklausel (beglaubigt)
    - PfüB hinsichtlich des Gesellschaftsanteils nebst Zustellung
    - Beschluss über den Ausschluss eines Gesellschafters wegen Zwangsvollstreckung (beglaubigt)
    - Zustellung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter (per ZU)
    - UB

    Nur war der betroffene Gesellschafter bei der Beschlussfassung nicht dabei, auch war er nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen.

    Ist der Beschluss überhaupt wirksam ? Und hab ich das als GBA zu prüfen ?

  • Der § 737 BGB setzt eine Fortsetzungsklausel voraus

    Schon. Mich macht halt stutzig, dass die Anwachsung beschlossen wurde. Wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthielte, bräuchte die Anwachsung nicht beschlossen zu werden, weil sie die gesetzliche Folge des Ausscheidens des Gesellschafters wäre (§ 738 I 1 BGB). Auch muss die Fortsetzungsklausel nicht im Gesellschaftsvertrag enthalten sein, weil die Fortsetzung der Gesellschaft auch noch im Abwicklungsstadium beschlossen werden kann (jurisPK/Bergmann, § 737 BGB RN 4; BeckOK/Schöne, Stand: 01.08.2018 § 737 BGB RN 3 mwN). Daher ist die Ausschließung aus wichtigem Grund auch noch im Abwicklungsstadium möglich (Staudinger/Habermeier § 737 BGB RN 4 mwN). Aus der Formulierung: "Der Ausschluss eines Gesellschafters ist zulässig, wenn über das Vermögen des Gesellschafters das gerichtliche Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse eine Eröffnung abgelehnt wird“, ergibt sich mE lediglich, dass der Ausschluss überhaupt zulässig sein soll. Wurde über den Ausschluss erst im Abwicklungsstadium beschlossen, hätte der ausscheidende Gesellschafter bzw. der Insolvenzverwalter der Fortsetzung zustimmen müssen (Koch im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 15.09.2018, § 737 RN 6 mwN in Fußnote 14)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es ist richtig, dass die Anwachsung als gesetzliche Folge des Ausscheidens nicht hätte beschlossen werden müssen, was außer einer Klarstellung aber keine weiteren Rückschlüsse ermöglicht. Der Ausschluss kann auch zumindest dann, wenn die Gesellschaft fortgesetzt wird, noch im Abwicklungsstadium erfolgen (MüKo/Schäfer BGB § 737 Rn. 10, 11). Was bedeutet, dass eine bereits bestehende gesellschaftsvertragliche Zulässigkeit des Ausschlusses auch einen Bestandswillen voraussetzt.

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