angemessene Aufwandsentschädigung ehrenamtlicher Nachlasspfleger

  • Hallo,

    folgender Sachverhalt:

    Es wurde ein ehrenamtlicher Nachlasspfleger für dieSicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben bestellt.

    Der Nachlasspfleger, der selbst Miterbe ist, hat denNachlass – zumindest nach Aktenlage – super verwaltet.
    Die Erben der dritten Ordnung hat er ermittelt. Er wirddemnächst einen Erbschein beantragen. Sodann kann die Nachlasspflegschaftaufgehoben werden.
    Nun hat er schon seinen Schlussbericht nebst Rechnungslegungeingereicht.
    Der Nachlass ist vermögend.
    Er beantragt nun eine angemessene Aufwandsentschädigung. DieAuslagen sind unstreitig. Er beantragt aber auch die Entschädigung seinesZeitaufwandes. Er hat glaubhaft gemacht, dass er einen Zeitaufwand von ca. 52Stunden hatte. Das ist plausibel.

    Welche Entschädigungfür die Stunden ist angemessen?
    Analog zur Aufwandsentschädigung der ehrenamtlichen Betreuerkönnte man
    gem. § 22 JVEG, 21 €pro Stunde nehmen. Das sind aber bei 52 Stunden aber 1.092 €. Das erscheintmir etwas hoch….

  • Was würdest du einem Berufsnachlasspfleger als Stundensatz zukommen lassen? EUR 100,00/Stunde.

    Wieso sollen dann 20 % zuviel sein?

    Die Vergütung soll angemessen sein. Und das JVEG getriftet -außer bei dürftigem Nachlass- nicht.

  • Das erscheintmir etwas hoch….

    Warum etwas hoch?

    Ein Rechtsanwalt als Berufsnachlasspfleger hätte bei dem von der obergerichtlichen Rechtsprechung als angemessen erachteten Stundensatz von 110 € zzgl. Umsatzsteuer bei 52 Stunden einen Vergütungsanspruch von 6.635,20 € inkl. USt.

    Wenn der ehrenamtliche Nachlasspfleger alles gut gemacht hat ist doch fraglich, ob die übrigen Miterben nicht damit einverstanden wären, dass er mit 21 €/Stunde entschädigt wird. Die sind erfahrungsgemäß in aller Regel froh, wenn der Nachlasspfleger alles zur Zufriedenheit erledigt hat.

    Es sollte auch bedacht werden, dass der Nachlasspfleger gegenüber den Miterben für schuldhafte Pflichtverletzungen persönlich haftet.

  • Danke für die Antworten. Ich war mir etwas unsicher, weil ich bisher noch nie eine Aufwandsentschädigung für einen ehrenamtlichen Nachlasspfleger festgesetzt habe.
    Aber stimmt, ein Berufsnachlasspfleger würde 100 - 110 € Stundenlohn bekommen. Das käme den Erben wesentlich teurer.

  • Danke für die Antworten. Ich war mir etwas unsicher, weil ich bisher noch nie eine Aufwandsentschädigung für einen ehrenamtlichen Nachlasspfleger festgesetzt habe.

    Begrifflich dürfte es sich eher um eine Ermessensvergütung des § 1836 II BGB handeln. Mit Aufwandsentschädigung verbinde ich persönlich nur den reinen Auslagenersatz ohne Zeitaufwand.
    Ansonsten wie die Vorredner :daumenrau.

  • Es geht hier nicht um eine „Aufwandsentschädigung“, sondern um eine Vergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB.

    Hierfür gelten folgende Grundsätze:

    Bei fehlendem Aktivnachlass steht ehrenamtlich tätigen Nachlasspflegern kein Vergütungsanspruch zu (§ 1836 Abs. 2 HS. 2 BGB). Ist Aktivnachlass vorhanden, kann ihnen aber nach dem Ermessen des Nachlassgerichts in Abweichung vom Grundsatz der unentgeltlichen Amtsführung eine Vergütung bewilligt werden, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der Pflegergeschäfte dies rechtfertigen (§ 1836 Abs. 2 HS. 1 BGB). Voraussetzung für die Bewilligung einer Vergütung ist dabei, dass der Umfang oder die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte und der hiermit verbundene Zeitaufwand über das hinausgehen, was vom Pfleger üblicherweise ohne die Beanspruchung einer Vergütung verlangt werden kann und dass die Tätigkeit des Pflegers ein solches Maß erreicht, dass eine unentgeltliche Führung der Nachlasspflegschaft von ihm billigerweise nicht mehr erwartet werden kann. Für den Bereich der Betreuung wird eine solche vergütungsbegründende Tätigkeit bereits angenommen, wenn sich der wöchentliche Zeitaufwand des Betreuers auf mehr als zwei Stunden beläuft oder die Umstände des Einzelfalls ein das normale Maß übersteigende Engagement des Betreuers erforderlich machen (OLG Frankfurt FamRZ 2008, 2153 (LS) = openJur 2012, 30191; Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1836 Rn. 8). Dieses zeitliche Kriterium dürfte bei Nachlasspflegern regelmäßig erfüllt sein, weil der in besagter Größenordnung entstehende Zeitaufwand für die Erledigung der im Rahmen der Erbenermittlung sowie bei der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses anfallenden Geschäfte in der Natur der Dinge liegt. Man kann daher davon ausgehen, dass auch ehrenamtliche Pfleger im Regelfall nicht darauf verwiesen sind, die Nachlasspflegschaft unentgeltlich zu führen, zumal es kaum gerechtfertigt erscheint, dass ein ehrenamtlicher Pfleger seine Arbeit umsonst verrichtet und die von ihm ermittelten Erben den Nachlass später ungeschmälert einstreichen. Für eine derartige monetäre "Fürsorge" zugunsten der unbekannten Erben besteht kein Anlass.

    Über die Höhe der Vergütung von ehrenamtlichen Nachlasspflegern enthält § 1836 Abs. 2 HS. 1 BGB keine gesetzlichen Vorgaben. Es handelt sich somit um eine reine Ermessensvergütung (BayObLG FamRZ 1999, 681; LG Kassel NJWE-FER 2001, 208), die an den konkreten Umständen des Einzelfalls auszurichten ist und demzufolge einmalig oder periodisch, in Pauschalbeträgen (OLG München FamRZ 2009, 78 (monatliche Nettopauschale von 930,00 €; bei 16 % USt. brutto 1.078,80 €) oder nach Zeitaufwand unter Zugrundelegung eines Stundensatzes erfolgen kann, so dass sich insoweit keine festen Regeln aufstellen lassen (zu den bewilligten Stundensätzen vgl. OLG Hamm Rpfleger 2002, 518 = FamRZ 2003, 116: Nettostundensatz von 50,00 €; OLG Köln FamRZ 2009, 76 = FGPrax 2008, 246: Nettostundensatz von 43,50 €; OLG Düsseldorf Rpfleger 2014, 518 = FamRZ 2014, 1656 = FGPrax 2014, 258 m. Anm. Bestelmeyer: Nettostundensatz von 100,00 €; LG Mainz Rpfleger 2013, 395: Nettostundensatz von 38,50 € für ehrenamtlichen Betreuer bei einem monatlichen Zeitaufwand von 2 Stunden). Insbesondere gibt es keine vom Gesetz vorgegebenen Mindest- oder Höchstbeträge, sodass die Vergütung eines ehrenamtlichen Nachlasspflegers diejenige eines Berufsnachlasspflegers im Gegensatz zu der vor dem 01.07.2005 bestehenden Rechtslage auch übersteigen kann (OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1270 = NJW-RR 2007, 1084; OLG Köln FGPrax 2008, 246 = FamRZ 2009, 76; OLG Frankfurt FamRZ 2008, 2153 (LS) = openJur 2012, 30191 unter Heranziehung der Sätze des § 3 VBVG als Vergleichswert; OLG München FamRZ 2009, 78; LG München II FamRZ 2008, 1118; Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1836 Rn. 10; Bienwald FamRZ 2006, 1302; zur früheren abweichenden Rechtslage vgl. etwa OLG Hamm Rpfleger 2002, 518 = FamRZ 2003, 116). Eine auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ist zusätzlich zu ersetzen. (BayObLG FamRZ 1995, 692; OLG Köln FamRZ 2009, 76 = FGPrax 2008, 246).

    Für ehrenamtliche Nachlasspfleger gibt es keine gesetzliche Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Vergütung, weil § 1836 Abs. 2 BGB im Gegensatz zur Rechtslage beim Berufsnachlasspfleger (§ 1836 Abs. 1 S. 3 BGB) nicht auf die Vorschriften des (§ 2) VBVG verweist. Außerdem ist eine vergütungsrechtliche Ausschlussfrist beim ehrenamtlichen Pfleger schon begrifflich nicht denkbar, weil dessen Vergütungsanspruch im Gegensatz zu demjenigen eines Berufspflegers erst durch den Festsetzungsbeschluss des Nachlassgerichts begründet wird (Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1836 Rn. 7). Anders als beim Berufspfleger kann die einer Verfristung zugängliche Geltendmachung eines bereits entstandenen Vergütungsanspruchs somit von vorneherein nicht in Frage stehen. Die besagte Ausschlussfrist gilt aber für die Geltendmachung von Aufwendungsersatz (§§ 1835 Abs. 1 S. 3, 1835 a Abs. 4 BGB). Dabei hat der ehrenamtliche Pfleger im Gegensatz zu Berufspflegern bei vergütungslosen Verfahren ein Wahlrecht, ob er nach § 1835 BGB seine entstandenen konkreten Aufwendungen oder den pauschalierten Aufwendungsersatz nach § 1835a BGB geltend macht (Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl., § 1960 Rn. 22, 28; a. A. MüKo/Wagenitz, BGB, 6. Aufl., § 1835 a Rn. 2, der aber nicht berücksichtigt, dass Vergütung und Aufwendungsersatz auch im vorliegenden Kontext strikt voneinander zu trennen sind).

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