Eintragungsbewilligung und -antrag über den Tod hinaus

  • Die Erblasserin (Eigentümerin) hat in einem notariellen Testament A als Alleinerben eingesetzt und gleichzeitig die Eintragung eines Wohnungsrechts für den Vermächtnisnehmer B bewilligt und beantragt. Das Nachlassgericht hat das Eröffnungsprotokoll (ohne Ablichtung der letztwilligen Verfügung, wie in NRW vorgeschrieben) unverzüglich dem Grundbuchamt übermittelt. Nunmehr beantragt Alleinerbe A die Grundbuchberichtigung auf seinen Namen. Das Wohungsrecht wird nicht erwähnt.
    Nach OLG Stuttgart - Beschluss vom 05.03.2012 / 8 W 75/12 - ist die Eintragungsbewilligung über den Tod hinaus wirksam. Ich denke, das gleiche gilt für den Antrag.
    Dem Vermächtnisnehmer ist die eröffnete Verfügung von Todes wegen ebenfalls übersandt worden, er hat bislang keinen Eintragungsantrag hinsichtlich des zu seinen Gunsten bewilligten Wohnungsrechts gestellt.
    Da aber die Erblasserin/Eigentümerin im notariellen Testament Eintragungsbewilligung und -antrag erklärt hat, kann ich m.E. die Grundbuchberichtigung auf den Erben A nur unter gleichzeitiger Eintragung des Wohnungsrechts für B vollziehen. Bewilligung und Antrag bzgl. des Wohnungsrechts dürften dem Grundbuchamt bereits mit der Übersendung der Eröffnungsunterlagen zugegangen sein.
    Liege ich richtig?

  • OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.03.2012 - 8 W 75/12:
    Die Eintragungsbewilligung kann auch in einem notarielle beurkundeten testament erklärt werden und ist als vor dme Tod des Erblasse4rs abgegeben anzusehen, wenn das spätere Zugehen der Bewilligunmg an den begünstigten Erklärungsempfänger dadurch gesichert ist, dass die Urkunde vom Erblasser in besondere amtliche Verwahrung gebracht wurde und nach dem Tode aus dieser zu eröffnen sowie den Beteiligten, darunter auch dem Erklärungsempfänger, bekannt zu geben ist.
    Die notariell beurkundete Eintragunsbewilligung (§ k29 Abs. 1 S. 1 GBO) wird als verfahrensrechtliche Grundlage einer Eintragung durch das Grundbuchamt wirksam, wenn die Urkunde mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt oder zur Vorlage bei diesem demjenigen, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift zugeht.
    Im vorliegenden Fall hat die Eigentümerin/Erblasserin die Eintragung des Wohnungsrechts im notariellen Testament bewilligt und beantragt. Ich habe die Nachlassakte beigezogen und mir - also dem Grundbuchamt - liegt nunmehr der Eintragungsantrag und die Eintragungsbewilligung der verstorbenen Eigentümerin vor. Nach meinem Rechtsverständnis muss ich diesen (nicht zurückgenommenen) Antrag - durch Eintragung des Wohnungsrechts - bescheiden. Einen gesonderten Antrag des Berechtigten des Wohnungsrechts benötige ich m.E. nicht mehr, oder doch?

  • ... Wieso soll das Wohnungsrecht jetzt gleichzeitig eingetragen werden? Ein Antrag dafür liegt doch nicht vor.

    Den Antrag hat aber bereits die Erblasserin in notariellen Testament gestellt.

    Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, gehen in RN 86 davon aus, dass zwar der Eintragungsantrag Verfahrenshandlung sei, § 130 BGB aber trotzdem direkt oder entsprechend angewendet werde. Daher sei auch beim Eintragungsantrag § 130 Absatz 2 BGB zu beachten.

    Das entspricht der Ansicht zur (rein) verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung (Schöner/Stöber, RN 98). Dazu führt Holzer im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.08.2021, § 19 RN 10 aus: „Notwendige Konsequenz der verfahrensrechtlichen Qualifikation der Bewilligung ist die nicht direkte, sondern nur entsprechende Heranziehung der Vorschriften des BGB, insbesondere des § 130 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 BGB (Demharter Rn. 13; Ertl Rpfleger 1982, 407 (409); Holzer/Kramer GrundbuchR 4. Teil Rn. 99“).

    Verstirbt der Bewilligende vor dem Zugang der Bewilligung beim Grundbuchamt oder wird er vor diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig bzw. in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt, so tritt die Wirksamkeit der Bewilligung analog § 130 Abs. 2 BGB dann ein, wenn er alles Erforderliche getan hat, um den Zugang der Bewilligung herbeizuführen (Hügel/Holzer, RN 33 unter Zitat OLG Stuttgart FGPrax 2012, 158 (159); MittBayNot 2013, 49; Demharter Rn. 22).

    Hält man die Abgabe der Eintragungsbewilligung im notariellen Testament oder Erbvertrag für zulässig (Hügel/Holzer, RN 105 mwN; s. aber die abl. Anm Otte in der ZEV 2012, 433 ff. und die krit. Anm. von Kössinger in der MittBayNot 2013, 50,
    https://www.notare.bayern.de/fileadmin/_mig…yNot_2013_1.pdf
    dann müsste das entsprechend auch für den bereits gestellten Eintragungsantrag gelten.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das Wirksamwerden der Bewilligung durch Zugang an den Begünstigten ist aber etwas anderes als das Wirksamwerden des Eintragungsantrags, der stets erst mit Eingang beim Grundbuchamt gestellt ist.

    Nach dem Sachverhalt ist dieser Eintragungsantrag (des Erblassers, nunmehr des Erben) aber noch nicht durch aktive Übermittlung seitens des Nachlassgerichts beim Grundbuchamt eingegangen, sondern er ergibt sich lediglich aus der erfolgten Beiziehung der Nachlassakte.

    Im Rechtssinne wird es wohl darum gehen, ob aufgrund der vorliegenden Umstände von einem Vorbehalt i. S. des § 16 Abs. 2 GBO auszugehen ist.

    Noch eine Nachfrage: Aus dem Eingangsstatement ergibt sich, dass vom Nachlassgericht lediglich das Eröffnungsprotokoll "ohne Ablichtung der letztwilligen Verfügung, wie in NRW vorgeschrieben" übermittelt wurde.

    Wie hat man sich das vorzustellen? Eine entsprechende landesrechtliche Norm kann nicht § 83 GBO außer Kraft setzen. Das verstieße gegen den Vorrang des Bundesrechts.

  • Das Wirksamwerden der Bewilligung durch Zugang an den Begünstigten ist aber etwas anderes als das Wirksamwerden des Eintragungsantrags, der stets erst mit Eingang beim Grundbuchamt gestellt ist.

    Nach dem Sachverhalt ist dieser Eintragungsantrag (des Erblassers, nunmehr des Erben) aber noch nicht durch aktive Übermittlung seitens des Nachlassgerichts beim Grundbuchamt eingegangen, sondern er ergibt sich lediglich aus der erfolgten Beiziehung der Nachlassakte. .....

    Ich sehe das Problem nicht. Der das notarielle Testament beurkundende Notar konnte davon ausgehen, dass der zum Alleinerben Berufene die GB-Berichtigung unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokolls beantragen wird. Mit der Testamentsvorlage ist dann aber zugleich der im Testament enthaltene Antrag der Erblasserin auf Eintragung des Wohnungsrechts dem GBA zugegangen.

    Daran kann sich nicht dadurch etwas ändern, dass wegen des Nachweises der Erbfolge auf die bei selben Gericht geführte Nachlassakte verwiesen wird und das GBA diese Nachlassakte analog §§ 32 II, 33 II GBO beizuziehen hat (Wilsch im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.08.2021, § 35 GBO RN 98 mwN).

    Auch in diesem Fall geht dem GBA der sich aus dem öffentlichen Testament ergebende Antrag der Erblasserin zu. Maßgebend ist lediglich, dass der Antrag in den Besitz der zur Entgegennahme zuständigen Person gelangt (§ 13 Abs. 2 S. 2 GBO) und das ist auf jeden Fall (auch) der mit der Führung des Grundbuchs über das betroffene Grundstück beauftragte Rechtspfleger (BeckOK/Reetz, § 13 GBO RN 108). Der Eingang ist dann mit einer mit dem Eingangsvermerk versehenen beglaubigten Testamentsabschrift zu dokumentieren.

    Das ist nicht anders, als wenn Eintragungsanträge in einer gerichtlichen Verhandlung gestellt oder mit einer anderen, an das Amtsgericht gerichteten Angelegenheit verbunden werden. Auch in diesem Fall sind diese Anträge an die für die Entgegennahme zuständige Person abzugeben (Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.08.2021, § 13 RN 110 mwN) und gehen dann beim GBA ein.

    Davon abgesehen, hätte die Eintragung des Wohnungsrechts ohne wirksamen Antrag nicht die Grundbuchunrichtigkeit zur Folge (BayObLG, Beschluss vom 28.04.1988, BReg 2 Z 34/88, Rz 15; BGH Beschluss v. 06.05.1999, V ZB 15/99; OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.11.2020, 20 W 156/20, mwN).

    Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zulässigkeit der im notariellen Testament enthaltenen Eintragungsbewilligung der Erblasserin bejaht wird.

    Otte bezweifelt dies in seiner Anmerkung zum Beschluss des OLG Stuttgart vom 05.03.2012, 8 W 75/12. in der , ZEV 2012, 431, 433/434 indem er ausführt: „Hätte das OLG Stuttgart Recht, wäre die vom Gesetz vorgesehene Ordnung der Nachlassabwicklung, die vom Nachrang der Vermächtnisse gegenüber „gewöhnlichen” Nachlassverbindlichkeiten ausgeht (§§ 322, 327 InsO, § 5 AnfG), leicht zu unterlaufen. Der Begünstigte könnte die Eintragung des vermachten Rechts am Erben vorbei erreichen, denn er brauchte die Erfüllung des Vermächtnisses nicht mehr vom Erben zu verlangen, und diesem ginge die Überschuldungseinrede des § 1990 BGB verloren. Im Ergebnis käme das dem vom BGB aus gutem Grund nicht zugelassenen Vindikationslegat gleich (dazu Otte, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2012, § 2174 Rn. 4 ff.)“

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