Nichtberücksichtigung eines Kindes gem. § 850c Abs.4 wegen Unterhaltsanspruch

  • Hab zwei Anträge bekommen in denen die Nichtberücksichtigung der Kinder je zur Hälfte beantragt wird, da sie einen hälftigen Unterhaltsanspruch gegen die Mutter haben, die 1000 Euro Netto verdient und bereits unberücksichtigt bleibt. Es gibt viele Rechtssprechungen, die das befürworten. BGH hat noch nicht entschieden, es in einer anderen Entscheidung aber bereits als fraglich bezeichnet, ob schon allein der Unterhaltsanspruch an sich eigenes Einkommen ist. Hab zurückgewiesen, mit der Begründung, dass Vollstreckungsgericht nicht materielles Unterhaltsrecht des BGB prüfen kann. Hab in beiden Verfahren sofortige Beschwerde laufen. Mich würde mal eure Meinung zu dem Thema interessieren.

  • Wenn man berücksichtigt in welchem Umfang die Mutter zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sein könnte (bei einem Einkommen von 1.000,00 € und unter Berücksichtigung des Selbstbehalts nach der D´dorfer Tabelle) dürfte das nahe null gehen.

    Also fiktive Unterhaltszahlung der Mutter als Einkommen der Kinder ansetzen und feststellen, dass dieses Einkommen für eine Entscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht ausreicht.

  • hatte ich in der Art auch schon mal
    guck` mal hier

    und auch Stöber RdNr 1104 sowie Palandt RdNr 18 zu § 1606

    wenn ich mich richtig erinnere, hat mich unser LG auch gehalten

  • Es gibt tatsächlich Rechtsprechung die dies befürwortet? :eek:
    Dann müsste ich die Kinder (auf Antrag) ja immer rausnehmen gem. § 850 c IV ZPO weil sie doch immer von irgendwoher einen Unterhaltsanspruch haben. Von irgendwas müssen sie ja schließlich leben...

  • Allein aus der Logik heraus ist der Antrag zurückzuweisen : Das Kind hat stets einen Unterhaltsanspruch gegen beide Elternteile. Sowohl der Regelunterhalt als auch die Freibeträge nach § 850c ZPO etc. spiegeln also stets nur den hälftigen Anspruch des Kindes gegen einen der beiden Elternteile wieder. Würden beide Elternteile arbeiten und keiner der beiden Elternteile Naturalunterhalt leisten, so wären beide Elternteile gesetzlich verpflichtet, den Unterhalt in Form einer Geldrente zu leisten.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Der BGH sieht das leider anders:

    http://dejure.org/dienste/vernet…20ZB%20211%2F08

    Was meint ihr dazu?

    Ich bin bisher immer der Meinung von the bishop gefolgt, da ich das auch am logischsten fand...

    Ich frag mich vor allem, wie das dann jetzt ist, wenn beide Naturalunterhalt leisten. Wenn beide Elternteile ausreichend verdienen,wird dann das Kind weiterhin bei beiden voll als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt? Das ist doch irgendwie ungerecht für die Alleinerziehende, die Barunterhalt vom Vater bekommt, oder? :confused:

  • Lies mal das letzte Wort des Leitsatzes: "Barunterhalt" und den letzten Satz der Nr. 14:

    "Die von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Besserstellung von Kindern aus intakten Familien, deren Eltern gegebenenfalls den vollen Freibetrag in Anspruch nehmen könnten, weil der vom anderen Elternteil gewährte Naturalunterhalt kein anzurechnendes Einkommen im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO sei, verlangt keine andere Sicht der Dinge."

    Das ist halt eben der Unterschied mit dem man leben muss. Es gibt ja auch Fälle, in denen der Freibetrag für ein Kind bei beiden Eltern gemeinsam nicht so hoch ist wie der Freibetrag bei einem besserverdienenden Elternteil.

  • Ich weiß das ist jetzt ne blöde Frage aber wie ist es eigentlich wenn ein solcher Antrag nahträglich gestellt wird?
    Bei mir stellt der Gläubiger den Antrag nachträglich und reicht dazu seine Ausfertigung des PÜs mit ein.
    Ich mach jetzt einen entsprechenden Beschluss.
    Aber ist der irgendwie mit dem Original PÜ oder der Ausfertigung des Gläubigers zu verbinden?
    Und was ist mit der Ausfertigung beim DS?

  • Einen nachträglichen Antrag gem. § 850c Abs. 4 ZPO musst Du dem Schuldner zur Stellungnahme übersenden. Nach Ablauf der Frist muss durch Beschluss entschieden werden. Der Beschluss wird den Beteiligten (Gl., DS und Sch.) von Amts wegen zugestellt. Kosten. Weglegen.
    Du musst nichts verbinden, brauchst keine Ausfertigung des DS, nüscht.
    Aber das steht auch alles in den Kommentierungen zu § 850c Abs. 4 ZPO ;)

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Wird denn überhaupt Barunterhalt geleistet oder lebt das Kind mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt wie in dem Ausgangsfall?

  • Was ist eigentlich mit den Wohnkosten des beim Schuldner lebenden Kindes? Meiner Meinung nach hat es der BGH im o.g. Beschluss versäumt diese zu berücksichtigen. (Ich gehe davon aus, dass die Schuldnerin mit dem Kind nicht in einer 1-Zimmer-Wohnung lebt)

    Nach den sozialrechtlichen Berechnungen wird die Miete, sofern angemessen, durch die Anzahl der Bewohner geteilt.

    Daraus könnte man doch auch schließen, dass der Mietanteil des Kindes als Barunterhalt der Schuldnerin zu berücksichtigen ist und die Pfändungsfreigrenze entsprechend hochzusetzen ist. Der Pfändungsfreibetrag gem. ZPO geht schließlich nur von einem zu berücksichtigen Mietanteil (eines Schuldners, ohne Kind) aus.

    Des Weiteren ist dem Kind neben Kosten für Klassenfahrten (a) auch der Betrag für Schulbücher (b) und öffentliche Verkehrsmittel (C) und der einmalige Betrag für Schulmaterialien (d) zuzugestehen.

    Die Kosten für (b) werden von der Schulbehörde getragen, da ALG-II Kinder Schulbücher kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Über die Kosten für (c) kann man sich vielleicht streiten und die Kosten für (d) bekommt jedes ALG II - Kind seit diesem Schuljahr.

    Bei SGB - II - Schülern die Bafög erhalten, lassen die JobCenter 20 % des Bafögs für die ausbildungsbedingten Aufwendungen (Fahrgeld, Schulbücher etc.) anrechnungsfrei.

    Der Handlungsspielraum des Vollstreckungsgerichtes ist nach meiner Meinung daher größer als im BGH-Beschluss angegeben.

  • Ich muss hier auch nochmal nachhaken...

    "Die von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Besserstellung von Kindern aus intakten Familien, deren Eltern gegebenenfalls den vollen Freibetrag in Anspruch nehmen könnten, weil der vom anderen Elternteil gewährte Naturalunterhalt kein anzurechnendes Einkommen im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO sei, verlangt keine andere Sicht der Dinge."

    Hab den Satz auch gelesen, bzw. die ganze Entscheidung, aber mir ist's irgendwie immer noch nicht klar. :confused: Zählt Naturalunterhalt jetzt als anzurechnendes Einkommen oder nicht? So ganz klar sagt der BGH dazu doch nichts oder? Und in meinem Stöber Kommentar heißt es, dass Naturalunterhalt durchaus als anzurechnendes Einkommen gelten kann... nu bin ich verwirrt. Danke schon mal...

  • Naturalunterhalt ist kein bezifferbares Einkommen.
    Dass das gegenüber anderen Eltern, wo ein Elternteil Barunterhalt zahlt, für den Gläubiger ungerecht erscheint, steht außer Frage.
    Aber diese Ungerechtigkeit haben wir doch genauso bei der PKH-Raten-Berechnung. Bekommt ein Kind Barunterhalt, wird es als eigenes Einkommen gezählt mit der Folge, dass der Elternteil, der Betreuungsunterhalt leistet, am Ende höhere Raten zahlt. In den anderen Fällen, wo das Kind mit beiden Elternteilen in einem Haushalt wohnt, wird ihm kein eigenes Einkommen angerechnet.
    Das ist natürlich alles ungerecht, der Gesetzgeber will aber scheinbar insoweit nichts tun.

  • Alles klar, danke erstmal.
    Und da könnte ich dann auch die oben erwähnte Entscheidung zitieren (wie gesagt, ich finde so ganz eindeutig schreiben die zu "meinem Fall" nichts passendes) oder hat jemand vll. noch weitere Entscheidungen die eindeutig sagen, dass Naturalunterhalt kein einzusetzendes Einkommen darstellt?

  • Alles klar, danke erstmal.
    Und da könnte ich dann auch die oben erwähnte Entscheidung zitieren (wie gesagt, ich finde so ganz eindeutig schreiben die zu "meinem Fall" nichts passendes) oder hat jemand vll. noch weitere Entscheidungen die eindeutig sagen, dass Naturalunterhalt kein einzusetzendes Einkommen darstellt?

    Möchte ich auch gern wissen. Gibt es dazu inzwischen eine gute Entscheidung die man zitieren kann? :eek:

  • Alles klar, danke erstmal.
    Und da könnte ich dann auch die oben erwähnte Entscheidung zitieren (wie gesagt, ich finde so ganz eindeutig schreiben die zu "meinem Fall" nichts passendes) oder hat jemand vll. noch weitere Entscheidungen die eindeutig sagen, dass Naturalunterhalt kein einzusetzendes Einkommen darstellt?

    Möchte ich auch gern wissen. Gibt es dazu inzwischen eine gute Entscheidung die man zitieren kann? :eek:

    Ja, siehe meine Signatur;)

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