Nachweis Erbfolge seit 1905

  • Die Mutter des Mandanten (hochbetagt) ist Erbin eines Grundstückes. Bevor die alte Dame stirbt und die Sache noch komplizierter wird, soll nunmehr die Grundbuchlage an die materielle Rechtslage angepasst werden. Das Grundbuch hat den Stand von 1905. Seither sind die meisten Erben des damaligen Grundstückseigentümers schon vorverstorben. Gegenüber dem Grundbuchamt besteht nunmehr das Problem, die ununterbrochene Erbfolge nachzuweisen.

    M.E sind bei den zuständigen Nachlassgerichten der Reihe nach entsprechende Erbscheine zu beantragen. Oder kann ich einfach einen Erbschein nach dem im Grundbuch eingetragenen Grundstückseigentümer beantragen, und muss innerhalb dieses Verfahrens alle Erbfolgen belegen?

    Mit welchen Kosten ist pro Erbscheinsverfahren zu rechnen? So viel ich weiß, bestimmen sich die Kosten nach dem Wert des Nachlasses?

    Letztendlich ist sich die Mutter des Mandanten nicht sicher, alle verworrenen Familienverhältnisse noch richtig zussammenzubekommen. Wie können unbekannte Erben ausgeschlossen werden. Ist dies erforderlich oder reicht die eidesstattliche Versicherung, dass ihr weitere Erben nicht bekannt sind.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Grundsätzlich ist zunächst die die Rechtsnachfolge nach dem eingetragenen Eigentümer und danach wiederum jeweils nach dessen Erben (und ggf. wieder Erbeserben) entweder durch Erbschein oder durch öffentl. Test. mit Eröffnungsprotokoll nachzuweisen.

    Also muss der Reihe nach die jeweilige Rechtsnachfolge geklärt und nachgesehen werden, ob evtl. bereits nach dem damaligen Erbfall ein Nachlassverfahren durchgeführt wurde.

    Wegen der Kosten für die Beantragung der jeweiligen Erbscheine darf nicht nur der anteilige Wert der Immobilie angesetzt werden. Es ist zudem zu berücksichtigen, was der Erblasser an anderen Werten hinterlassen hat.

    Wer verwaltet und nutzt denn das Objekt die letzten 30 Jahre? Kann evtl. "Ersitzung" nach § 927 BGB geltend gemacht werden? Das ist vielleicht einfacher, als alle Eigentumsverhältnisse zu klären und zu belegen.


  • Wegen der Kosten für die Beantragung der jeweiligen Erbscheine darf nicht nur der anteilige Wert der Immobilie angesetzt werden. Es ist zudem zu berücksichtigen, was der Erblasser an anderen Werten hinterlassen hat.



    Man könnte auch einen Erbschein "nur für Grundbuchzwecke" beantragen gem. § 107a KostO. Das könnte kostengünstiger sein.

  • Danke.

    Das Grundstück in den neuen Bundesländern wurde in der Vergangenheit "mal so und mal so" genutzt. Zu DDR-Zeiten wurde eine Straße gebaut, der andere Teil liegt teilweise brach und wird in Teilen von der örtlichen Landwirtschaftsgenossenschaft genutzt. Wenn damit eine Ersitzung in Betracht käme, würde die jedenfalls nicht zugunsten meiner Mandanten erfolgen.

    Ich gehe davon aus, dass der Nachlass des Grundstückseigentümers nur aus diesem Grundstück bestand :D. Denn Anderes läßt sich nach über 100 Jahren sicher nicht mehr feststellen.

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  • Einfach immer die Tippel-Tappel-Tur machen und großzügig Auskünfte von Nachlassgerichten und Standesämtern einholen. Im schlechtesten Fall ist für jeden Erbfall ein anderes Gericht zuständig. Noch schlechter wird es, wenn gesetzliche Erbfolge vorliegt und der Mandant nur Miterbe ist.

  • Einfach immer die Tippel-Tappel-Tur machen und großzügig Auskünfte von Nachlassgerichten und Standesämtern einholen. Im schlechtesten Fall ist für jeden Erbfall ein anderes Gericht zuständig. Noch schlechter wird es, wenn gesetzliche Erbfolge vorliegt und der Mandant nur Miterbe ist.



    Ich ahne Schlimmes, zumal viele Akten während des II.WK bestimmt vernichtet worden sind.

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  • Der Nachlasswert ist nach dem Wert zum jeweiligen Zeitpunkt des Erbfall anzusetzen. In der DDR waren die Grundstücke nicht viel wert. Wenn es noch Ackerland war, würde ich jeweils den Mindestwert annehmen. Danach fallen 2 x 10,- € für den Erbschein an.Am Kostspieligsten werden die vorzulegenden Urkunden werden.
    Ein Hufen Arbeit hängt natürlich an der Klärung der Erbfolgen.
    Einige Angaben muss die Dame schon machen und je nach dem besteht natürlich die Möglichkeit unbekannte Erben durch den Erlass einer öffentlichen Aufforderung von der Erbfolge auszuschließen. So nach dem Motto "ich krieg nicht alle Verwandte zusammen" eine eidesstattliche Versicherung abgeben geht nicht.

  • Ich hole das Thema nun nochmals hoch:

    Die letzten Aussagen seitens des Nachlassgerichts in diesem K(r)ampf lauten:

    Eigene Ermittlungen nach weiteren Erben führen wir nicht durch, denn dafür sind wir nicht verantwortlich. Das Aufgebotsverfahren leiten wir erst ein, wenn Sie uns nachweisen, dass Ihrerseits umfassende Nachforschungen erfolgt sind.

    Ich meine, dass das Nachlassgericht auch zu eigenen Nachforschungen verpflichtet ist. Wie weit geht diese Pflicht und wie weit geht die Pflicht des Mandanten, eigene Nachforschungen zu führen (Nachfrage bei Standesamt und weiterem Nachlassgericht war erfolgslos)?

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  • Was kann das Nachlassgericht denn noch außer Standesämter befragen oder andere Nachlassgerichte? Einen Erbenermittlungsauftrag haben - soweit ich weiß - lediglich die AG's in Bayern und Baden-Württemberg. Vielleicht können die Kollegen von dort weitere Tipps geben.


  • Eigene Ermittlungen nach weiteren Erben führen wir nicht durch, denn dafür sind wir nicht verantwortlich.


    Grundsätzlich richtig - ist Erbensache (zumal hier ja letztendlich die verschiedensten Nachlassgerichte beteiligt sein dürften).


    Das Aufgebotsverfahren leiten wir erst ein, wenn Sie uns nachweisen, dass Ihrerseits umfassende Nachforschungen erfolgt sind.


    Um was für ein Aufgebotsverfahren geht es denn ?

  • Die Ermittlungen bei dem Standesamt und dem anderen Nachlassgericht sind durch den Mandanten erfolgt. Meine Frage ist, ob das Gericht weitere Nachforschungen verlangen kann?

    Ziel ist es, weitere Erben, die es unter Umständen geben könnte, die sich aber in einer weitverzweigten Verwandschaft unter x-Generationen teilweise im Ausland nicht mehr ermitteln lassen, von der Erbfolge entgültig auszuschließen.

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  • Ziel ist es, weitere Erben, die es unter Umständen geben könnte, die sich aber in einer weitverzweigten Verwandschaft unter x-Generationen teilweise im Ausland nicht mehr ermitteln lassen, von der Erbfolge entgültig auszuschließen.


    Das halte ich für ausgeschlossen. Meine schlimmste Erbenermittlung ging bis in das Jahre 1818 zurück, um von dort Verwandtschaft in 3., 4. und was weiß ich für eine Linie auszugraben. Teilweise mußten alte Kirchenbücher eingesehen und fotokopiert werden. Solche Ermittlungen überlassen ich aber nicht dem Mandanten, weil die wichtigen Dinge meistens auf der Rückseite von Abstammungsurkunden und Heiraturkunden stehen. Auch Randvermerke helfen meistens weiter.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Auch ein Aufgebotsverfahren nach § 2358 II BGB hat keine Ausschlusswirkung, sondern bewirkt nur die vorläufige Nichtberücksichtigung nicht angemeldeter Rechte.

    Im Übrigen tun sich Nachlassgerichte mit dem Aufgebotsverfahren oft schwer, insbesondere wenn eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass Erben vorhanden sind.

    Vielleicht wäre es im konkreten Fall wirklich sinnvoll, einen professionellen Erbenermittler zu beauftragen oder, falls die Immobilie verkauft werden soll, mit Pflegschaften (§§ 1913, 1960 BGB) zu arbeiten.

  • Ein Verfahren nach § 2358 II (Erbenaufruf), das umgangssprachlich auch (fälschlich) Erbenaufgebot (weil Aufgebotsvorschriften der ZPO für das Verfahren analog gelten) heißt, geht immer dann, wenn der Antragsteller selbst nicht weiß, ob er alle Erbberechtigten angegeben hat und das Vorhandensein von weiteren oder besserberechtigten Erben wahrscheinlich oder möglich ist.

    Mit fruchtlosem Ablauf der Veröffentlichungsfrist kann das Gericht den Erbschein dann ohne Berücksichtigung der weiteren potentiellen Erben erteilen. Ein Ausschluss des Erbrechts ist damit aber nicht (!!!) verbunden. Evtl. übergangene Erben können ohne Frist ihr Erbrecht (formal) geltend machen. Ob nach 20 Jahren allerdings vom Nachlass noch etwas zu holen ist, das ist eine andere Sache.

    Das Gericht kann sich allerdings nicht ganz auf den Beibringungsgrundsatz zurückziehen, sondern muß die vom Antragsteller vorgebrachten Beweismittel vAw. ermitteln (§ 2358 I BGB). Dies ist eine Auswirkung des für Nachlasssachen ebenfalls in Grenzen geltenden § 12 FGG.

    Wenn also der ASt verhältnsimäßige Recherchen durchgeführt hat und das Gericht ebenfalls nicht weiß, wie noch die Erbenermittlung sinnvoll durchgeführt werden kann, dann ist die Stunde des § 2358 II BGB gekommen.

    Zuletzt noch der Hinweis, dass man durchaus der Meinung sein kann, dass die Einschaltung eines EE durch den ASt als Mittel zur Erbensuche verhältnismäßig sein kann, insbesondere, wenn es sich um großes Nachlassvermögen handelt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Problem ist, dass der Mandant im Moment selbst nicht weiß, was dort geerbt wurde. Der Wert des Grundstücks wird zukünftig davon abhängig sein, ob ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen wird oder nicht. Im Moment kann man von einem großen Nachlass wahrlich nicht reden.

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