"einseitige" Vermächtniserfüllung

  • Guten morgen allerseits, habe folgenden Magengrummeln verursachenden Fall:

    Nichtehelich zusammenlebende sind zu je 1/2 Eigentümer (gemeinsam gekauft). Finanzierungsgrundschuld in Abt. III.

    Erbvertrag zwischen den beiden: Keine Erben bestimmt, nur Vermächtnis, der Überlebende soll den Hälfteanteil des Erblasser vermächtnisweise erhalten und hat dafür den Nachlass von allen hiermit zusammenhängenden Verbindlichkeiten freizustellen. Testamentsvollstreckung (zur Verwaltung des Nachlasses bis zum 27ten Lebensjahr des jüngsten dereinstigen Erben) ist angeordnet, aber keiner bestimmt, sondern Nachlassgericht muss jetzt erst einen suchen. Erben sind noch nicht ermittelt, bekannt sind hier bisher 2 Kinder aus der geschiedenen Ehe des Erblassers.

    Die Lebensgefährtin geht am Tag nach dem Sterbetag zum Notar, läßt sich die Hälfte des Erblassers auf, handelnd aufgrund Generalvollmacht über den Tod hinaus,
    ABER: nur unter Übernahme der Grundschuld. Von Freistellung des Nachlasses ist hier nicht die Rede.

    Dann wird die AV am 1/2 Anteil des Erblassers eingetragen. Jetzt beantragt Notar Eintragung der Auflassung und Löschung der AV.

    Zermartere mir jetzt schon länger den Kopf, ob bei der als "Vermächtniserfüllung" benannten Auflassung mich der nicht-dingliche Teil der Schuldübernahme als nur schuldrechtlich nicht zu interessieren hat => müsste ich eintragen.
    oder ob die Generalvollmacht dahingehend der Auslegung zugänglich ist, dass die Überlebende zwar grds. bevollmächtigt ist, aber natürlich nur bevollmächtigt ist das Vermächtnis nur "im Ganzen" dh. also nur unter gleichzeitiger Schuldübernahme zu erfüllen => Vollzug erst mit Nachweis der tats. Schuldbefreiung der Erben.

  • Wenn eine transmortale Generalvollmacht und Befreiung von § 181 BGB vorliegt, kann die Bevollmächtigte nach außen hin tun und lassen, was sie will. Das Vermächtnis hat daher m.E. hier gar nicht zu interessieren.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Guten Morgen,

    Erbvertrag und Vollmacht stammen vom selben Tag, erst Erbvertrag, dann eine URNr. dazwischen (schätze dass ist dann ihre Vollmacht zu seinen Gunsten gewesen) und dann die nun mitvorgelegte seine Vollmacht zu ihren Gunsten.

  • Das eigentliche Problem scheint mir zu sein, ob der Bevollmächtigten des Erblassers, die mit dem Eintritt des Erbfalls zur Bevollmächtigten der Erben geworden ist, mehr Befugnisse zukommen können als den vertretenen Erben selbst, die ihrerseits durch eine angeordnete Testamentsvollstreckung beschränkt sind. Die von mir für zutreffend gehaltene Ansicht verneint dies (Staudinger/Reimann Vorbem. zu §§ 2197 ff, Rn. 68 und § 2211 Rn. 12), sodass die Vermächtniserfüllung im vorliegenden Fall vom noch zu ernennenden Testamentsvollstrecker vorzunehmen bzw. zu genehmigen wäre.

    Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich allerdings, wenn der Erblasser die Befugnisse des Testamentsvollstreckers i.S. des § 2208 Abs.1 S.1 BGB in der Weise dinglich beschränkt hat, dass sich seine Verfügungsbefugnis nicht auf den Vermächtnisgegenstand erstreckt (Staudinger/Reimann a.a.O. m.w.N.). Ob das der Fall ist, ist letztlich eine Auslegungsfrage, die auch erklärt, weshalb ich wissen wollte, ob in der Vollmacht auch von der im Erbvertrag angeordneten Testamentsvollstreckung die Rede ist (was verneint wurde).

    Eine solche Einschränkung der TV-Befugnisse dürfte jedenfalls anzunehmen sein, wenn die Vollmachtserteilung in der notariellen letztwilligen Verfügung selbst erfolgt (Bengel/Reimann/Bengel, Handbuch der TV, 1. Kap. Rn. 39). Dieser Fall liegt nicht vor.

    Keine solche Einschränkung ist anzunehmen, wenn die Anordnung der TV erst nach der Vollmachtserteilung erfolgte und in der letztwilligen Verfügung nicht auf die Vollmacht eingegangen wird (Staudinger/Reimann § 2211 Rn. 12; Bengel/Reimann/Bengel a.a.O., 1. Kap. Rn. 40). Auch dieser Fall liegt nicht vor.

    Beim vorliegenden Sachverhalt handelt es sich um die dritte denkbare Fallgestaltung, bei welcher die Vollmacht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der letztwilligen Verfügung erteilt wurde, in welcher die Anordnung der Testamentsvollstreckung enthalten ist. Hier wird vertreten, dass die "Begleitumstände" in diesem Fall ergeben können, dass der Bevollmächtigte nicht den sich aus der Testamentsvollstreckung ergebenden Beschränkungen unterliegen soll (Staudinger/Reimann § 2211 Rn. 12; Bengel/Reimann/Bengel a.a.O., 1. Kap. Rn. 39), wobei allerdings auch darauf hingewiesen wird, dass zur Vermeidung von Unklarheiten in jedem Fall eine ausdrückliche Regelung zu dieser Frage in der letztwilligen Verfügung und/oder in der Vollmacht zu empfehlen ist (woran es im vorliegenden Fall fehlt).

    Die Problematik wird von Zimmermann (im Müko, Vorbem. zu § 2197 Rn. 15, auch § 2211 Rn. 13) wie folgt auf den Punkt gebracht:

    "Im Allgemeinen wird es dem maßgeblichen Willen des Erblassers entsprechen, dass keine voneinander unabhängigen Machtbefugnisse verschiedener Personen mit gegenseitiger Störungsmöglichkeit nebeneinander bestehen, sondern dass die einem Dritten erteilte Vollmacht nur Vermögensteile betrifft, die nicht unter die Testamentsvollstreckung fallen oder dass im Umfang der dem postmortalen Bevollmächtigten zugeteilten Vertretungsmacht der Machtbereich des Testamentsvollstreckers nach § 2208 Abs.1 eingeschränkt ist. Es handelt sich also um eine Auslegungsfrage."

  • ich habe diesbezüglich folgenden Fall/Frage:

    - Kaufvertrag beurkundet 2013-
    - Auflassungsvormerkung eingetragen 2013-

    Käufer verstirbt 2014

    Der Käufer hat gleichzeitig mit dem Kaufvertrag 2013 einen Erbvertrag beurkunden lassen, in dem er X den im Kaufvertrag von 2013 erworbenen Grundbesitz im Wege des Vermächtnisses vermacht und X Vollmacht über den Tod hinaus erteilt - befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB -.

    Nunmehr geht der Kaufvertrag ein, zusammen mit einer Urkunde, in der X unter Bezugnahme auf die im Erbvertrag enthaltenen Vollmacht den Grundbesitz als Bevollmächtigter der Erben auf sich, als Vermächtnisnehmer, auflässt.

    Der Notar beantragt die direkte Eigentumsumschreibung auf den Vermächtnisnehmern X und zugleich die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung für den Verkäufer, die im ursprünglichen Kaufvertrag bewilligt wurde.

    Ich muss eine Zwischenverfügung machen, da mir der Erbvertrag nicht vorgelegt wurde aus der sich die Vollmacht des Vermächtnisnehmers X ergibt.

    Sehe ich es richtig, dass sofern mir der Erbvertrag nebst Eröffnungsprotokoll in begl. Abschrift vorgelegt wird, die Eigentumsumschreibung auf den Vermächtnisnehmer (sofern er wirklich gemäß § 181 GBG befreit ist) X vollziehen kann?

    Oder ist die Urkunde (Erbvertrag) in Ausfertigung bzw. im Original zusammen mit der Nachlassakte anzufordern, um prüfen zu können ob die Vollmacht nicht mittlerweile widerrufen wurde?

    Danke für die Hilfe

  • In den Nachlassakten habe ich dann ja das Original des Erbvertrags, in dem auch die Vollmacht festgehalten sein soll. Da sich im Erbvertrag auch die genannte Vollmacht befindet, müsste doch auch der Vermächtnisnehmer eine Ausfertigung erhalten haben, oder?

    Wie sollte er sich sonst im Rechtsverkehr gegenüber Dritten als ordnungsgemäßer Bevollmächtigter der Erben ausweisen können? Bzw. müssten die Erben auch einen Widerruf der Vollmacht zur Nachlassakte einreichen? Nur für einen fiktiven Fall eines möglichen Widerrufs?

    Die begl. Abschrift des Erbvertrages nebst Eröffnungsprotokoll ist - so denke zumindest ich - nicht ausreichend.

  • Ich schiebe es noch einmal hoch und noch eine Frage nach.

    Ich muss eine Zwischenverfügung machen, da der Erbvertrag nebst der darin enthaltenen angeblichen Vollmacht nicht mit eingereicht wurde.

    Deswegen meine Frage, ob ich eine Ausfertigung der Vollmacht (Erbvertrag) vom Notar anfordern kann (sofern in diesem Fall eine Ausfertigung existiert) oder ob ich die Nachlassakte anfordern muss, da sich dort der Originalerbvertrag befindet. Oder reicht die dritte Option (begl. Abschrift des eröffneten Erbvertrages nebst Eröffnungsprotokoll) ?

  • habe noch einmal nachgelesen. Der Bevollmächtigte muss die Ausfertigung im Besitz haben. EÖ-Protokoll nebst begl. Abschrift des Erbvertrags nicht ausreichend. Werde diesbezüglich zwischenverfügen.

  • Keine Ahnung, wie das geht. Die Urschrift ist beim Nachlassgericht, das darf aber keine Ausfertigung erteilen.
    Das bestätigt mich, in so einem Fall den Vermächtnisnehmer zum TV zu ernennen.

  • Ich habe mir nunmehr die Nachlassakten beigezogen.

    Der Vermächtnisnehmer ist Partei des Erbvertrages. Im Erbvertrag wurde nur das Vermächtnis hinsichtlich des Grundbesitzes geregelt. Dem Vermächtnisnehmer wurde entsprechende Vollmacht erteilt (Befreiung von § 181 BGB) den vermachten Grundbesitz auf sich zu übertragen.

    Des Weiteren gibt es noch ein handschriftliches Testament, in dem der Erblasser seine Tochter zur Alleinerbin und einen Testamentsvollstrecker ernannt hat. Dieser hat das Amt angenommen und ein entsprechendes TV-Zeugnis wurde erlassen.

    Gibt es jetzt noch irgendeine Konkurrenz zwischen Vermächtnisnehmer und Testamentsvollstrecker, die es zu beachten gibt?

  • ich habe überlegt, dass der Testamentsvollstecker, auch wenn er nunmehr zwar verfügungsberechtigt ist, die Vollmacht gegen sich gelten lassen muss, genauso wie der Erbe.

    Die Vollmacht ist bisher nicht widerrufen und der Vermächtnisnehmer ist laut Erbvertrag auch nicht mit der Testamentsvollstreckung belastet, da diese ausschließlich den Erben trifft.

  • Sehe ich auch so.

    Außerdem könnte man sich zusätzlich fragen, ob sich die TV überhaupt auf den vermachten Gegenstand bezieht, wenn der Erblasser offenbar wollte, dass der Vermächtnisnehmer sich den Anspruch selbst erfüllen können soll.

    Ulf

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