Funktionelle Zuständigkeit bei Enterbung eines gesetzlichen Erben

  • Der Erblasser enterbt in einem notariellen Testament seinen einzigen Sohn.
    Die Erben der 2. Ordnung stellen nun einen Erbscheinsantrag.
    Wer ist hier funktionell zuständig?

  • Der Richter kann dann aber nach § 16 II RflG übertragen?
    Ich bin mir nicht sicher, denn der § 1938 BGB formuliert: ".... kann von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen."
    Heißt das nun, ich habe bei Enterbung nach wie vor die gesetzliche Erbfolge unter Wegfall des Ausgeschlossenen? Oder habe ich gewillkürte Erbfolge? Im letzteren Fall dürfte der Richter nicht zurückübertragen!

  • Gefühlt würde ich auch sagen, dass eine testamentarische Erbeinsetzung vorliegt (alle Verwandten außer ...) und der Richter damit nicht übertragen kann.

    Die Kommentierung im Palandt zu § 1938 BGB führt als Rechtsfolge des § 1938 auf, dass gesetzliche Erbfolge ohne den Ausgeschlossenen eintritt.
    Danach könnte er übertragen.

  • Heißt das nun, ich habe bei Enterbung nach wie vor die gesetzliche Erbfolge unter Wegfall des Ausgeschlossenen? Oder habe ich gewillkürte Erbfolge? Im letzteren Fall dürfte der Richter nicht zurückübertragen!



    Praxisgerecht ist es im Hinblick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RPflG jedenfalls, wenn der Richter den Erbschein erteilt. Ich neige auch dazu, die Übertragung in diesem Fall für unzulässig zu halten, denn es handelt sich um eine testamentarisch beeinflusste und damit gewillkürte Erbfolge. Das wird noch deutlicher, wenn der enterbte Sohn Kinder hat. Sollen diese dann nachrücken oder ist der gesamte Stamm enterbt? Diese Frage lässt sich nur durch Auslegung des Testaments klären, was ebenfalls für die Richterzuständigkeit spricht.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Praxisgerecht ist es im Hinblick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RPflG jedenfalls, wenn der Richter den Erbschein erteilt. Ich neige auch dazu, die Übertragung in diesem Fall für unzulässig zu halten, denn es handelt sich um eine testamentarisch beeinflusste und damit gewillkürte Erbfolge.

    Genau das halte ich auch für das Hauptargument.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Danke. :daumenrau
    Ich sehe das genauso und werde die Akte dem Richter zurück schreiben.


    Wenn der Richter einen Beschluss nach 16 Abs. 2 gemacht hat nicht, da Du an die Auffassung gebunden bist.

  • Danke. :daumenrau
    Ich sehe das genauso und werde die Akte dem Richter zurück schreiben.


    Wenn der Richter einen Beschluss nach 16 Abs. 2 gemacht hat nicht, da Du an die Auffassung gebunden bist.

    Die Entscheidung soll er erst nochmal überdenken! :gruebel:

    Vielleicht wäre es einfacher, hinzugehen und darüber zu sprechen? Natürlich nur sinnvoll, wenn man mit ihm sprechen kann.

  • Danke. :daumenrau Ich sehe das genauso und werde die Akte dem Richter zurück schreiben.

    Wenn der Richter einen Beschluss nach 16 Abs. 2 gemacht hat nicht, da Du an die Auffassung gebunden bist.

    Die Entscheidung soll er erst nochmal überdenken! :gruebel:

    Vielleicht wäre es einfacher, hinzugehen und darüber zu sprechen? Natürlich nur sinnvoll, wenn man mit ihm sprechen kann.


    Wenn er mal anwesend wäre ....

    Ich halte aber die Übertragung nach § 16 II RpflG nicht für bindend! Sonst gäbe es ja den § 7 RplfG nicht!

  • Ich halte aber die Übertragung nach § 16 II RpflG nicht für bindend! Sonst gäbe es ja den § 7 RplfG nicht!

    Die vom Richter im Rahmen der Übertragung mitgeteilte Rechtsauffassung ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 RPflG zwar bindend; sollte sie allerdings unzutreffend sein, wäre die auf dieser Grundlage ergehende Entscheidung des Rechtspflegers unwirksam, weil die Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 2 RPflG nur für den Fall einer richterlichen Entscheidung nach § 7 RPflG gilt. Eine solche liegt indessen bei einer bloßen internen "Zuschreibung" der Sache an den Rechtspfleger nicht vor. Vielmehr bedarf es -auch wenn die richterliche Entscheidung nach § 7 RPflG unanfechtbar ist- dafür einer Verfahrensentscheidung in Form eines Beschlusses, der den Verfahrensbeteiligten und dem Rechtspfleger bekannt zu machen ist (Arnold/Meyer-Stolte, RPflG, 7. Aufl., Rn 7-9 zu § 7).

    Vor diesem Hintergrund solltest Du, wenn keine gütliche Einigung mit dem Richter gelingt, die Sache zur Entscheidung nach § 7 RPflG vorlegen (a.a.O., Rn 6 am Ende).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich halte aber die Übertragung nach § 16 II RpflG nicht für bindend! Sonst gäbe es ja den § 7 RplfG nicht!

    Die vom Richter im Rahmen der Übertragung mitgeteilte Rechtsauffassung ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 RPflG zwar bindend; sollte sie allerdings unzutreffend sein, wäre die auf dieser Grundlage ergehende Entscheidung des Rechtspflegers unwirksam, weil die Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 2 RPflG nur für den Fall einer richterlichen Entscheidung nach § 7 RPflG gilt. Eine solche liegt indessen bei einer bloßen internen "Zuschreibung" der Sache an den Rechtspfleger nicht vor. Vielmehr bedarf es -auch wenn die richterliche Entscheidung nach § 7 RPflG unanfechtbar ist- dafür einer Verfahrensentscheidung in Form eines Beschlusses, der den Verfahrensbeteiligten und dem Rechtspfleger bekannt zu machen ist (Arnold/Meyer-Stolte, RPflG, 7. Aufl., Rn 7-9 zu § 7).

    Vor diesem Hintergrund solltest Du, wenn keine gütliche Einigung mit dem Richter gelingt, die Sache zur Entscheidung nach § 7 RPflG vorlegen (a.a.O., Rn 6 am Ende).

    :daumenrau:daumenrau:daumenrau

  • Nochmal zurück zum Ausgangspunkt. Ich weiß nicht, wie es im Verfahrensrecht ist. Aber im materiellen Recht wird durch eine isolierte Enterbung aus einer gesetzlichen Erbfolge keine gewillkürte Erbfolge. Das merkt man insbesondere beim Voraus des Ehegatten, den es nur bei gesetzlicher Erbfolge gibt.

  • Bei der Enterbung eines Kindes fragt sich, wie weit die Enterbung - also die rein negative letztwillige Verfügung- greift, ob sie sich also nur auf das Kind in persona oder auf dessen ganzen Stamm erstreckt. Sofern der Richter für die Erteilung des Erbscheins beim Vorhandensein einer letztwilligen Verfügung zuständig ist, weil von der Öffnungsklausel des § 19 RpflG in dem betreffenden Bundesland nicht Gebrauch gemacht wurde, kann die Entscheidung, wie weit die Enterbung reicht, demzufolge nicht dem Rechtspfleger obliegen. Aber auch wenn das enterbte Kind keine Abkömmlinge hat, tritt nicht die sich beim Hinwegdenken der letztwilligen Verfügung geltende gesetzliche Erbfolge ein, sondern eine durch die letztwillige Verfügung des Erblassers modifizierte gesetzliche Erbfolge, weil der oder die primär berufenen gesetzlichen Erbprätendenten vom Erblasser ausgeschlossen wurden.

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