Banken und das Vollmachtsproblem

  • Ist jemand bekannt nach welchen Kriterien die Banken die Vorlage einer Vollmacht ignorieren und auf einen Erbschein bestehen? Irgendwie kann ich da kein System erkennen. Hier werden zB von manchen Banken Vorsorge- und Generallvollmachten durchweg ignoriert weil anscheinend dort der irrige Glaube besteht, dass Vollmachten auf jeden Fall immer mit dem Tode erlöschen. Andere akzeptieren sie anscheinend abhängig vom Forderungsbestand, wieder andere akzeptieren sie immer. Gerade hatte ich jemanden mit einer privatschriftlichen Kontovollmacht explizit zur Regelung über den Tod hinaus hier. Bank lehnt ab. Kosten für Erbschein ca. 1600 EUR.

    Einmal editiert, zuletzt von Juergen (11. September 2014 um 12:58)

  • "Regeln" habe ich auch noch nicht erkannt.
    Im konkreten Fall dürfte die Sache aber an dem "rivatschriftlich" gescheitert sein, da nach meiner Erfahrung Banken nur Vollmachten anerkennen, die entweder bei ihnen selbst gefertigt wurden oder notariell beurkundet sind. Grund soll die Identitätsprüfung auf der Seite des Vollmachtgebers sein.

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  • Bei den Vollmachten haben wir hier schon alles erlebt: notarielle General- und Vorsorgevollmachten werden nicht akzeptiert, manchmal werden (auch) privatschriftliche Vollmachten akzeptiert. Es kam sogar schon vor, dass ohne Vollmacht und ohne Erbnachweis der Zugriff möglich war. Es kommt halt immer drauf an, an wen man bei der Bank kommt. Und wenn die Banken den Zugriff aufgrund der Vollmacht verweigern wird regelmäßig auf den Rechtsweg verwiesen. Und der ist lang. So bleibt den Erben meines nichts anderes übrig -außer es gibt ein -auch privatschriftliches- Testament-, einen (manchmal sehr teueren) Erbschein zu beantragen. Bitter ist dies insbesondere dann, wenn eine Bank den Erbschein verlangt, bei der nur verhältnismäßig wenig Nachlassvermögen ist. Die Kosten der Erbscheinserteilung rechnen sich halt aus dem gesamten Nachlass.

  • Der XI. Zivilsenat hat kürzlich erst entschieden, dass Banken nicht generell auf einem Erbschein bestehen (Fundstelle kann ich nachliefern am Montag). Allerdings lässt diese Entscheidung durchaus noch Spielraum für unterschiedliche Anwendungspraxis.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich hatte noch keinen Fall, bei der die Bank nicht sofort eingeknickt wäre, wenn der Erbe nach entsprechendem Hinweis von mir, der Bank die Kosten des Erbscheins "angedroht" hatte.

  • Der XI. Zivilsenat hat kürzlich erst entschieden, dass Banken nicht generell auf einem Erbschein bestehen (Fundstelle kann ich nachliefern am Montag). Allerdings lässt diese Entscheidung durchaus noch Spielraum für unterschiedliche Anwendungspraxis.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Ist aber eine Einzelfallentscheidung gewesen.

    Trotzdem haben die meisten Banken ihre AGB geändert. Im Einzelfall hilft ein Blick in die AGB (bei jeder Bank übers Internet möglich). Dann die Bank mit ihren eigenen AGB schlagen. :wechlach:

  • Entschuldigung, aber wenn der "Bankensenat" eine Banken-AGB für unwirksam hält, dann ist das nie eine Einzelfallentscheidung, wie ja auch die
    Reaktion der Banken, die ihre AGB alsbald geändert haben, zeigt. Recht gebe ich Dir allerdings insoweit, dass die Sachverhaltskonstellation meiner Erinnerung nach nicht alltäglich war. Darauf kommt es bei AGB-Fragen aber m.E. nicht an.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (13. September 2014 um 12:27) aus folgendem Grund: Ergänzungen

  • Der Sachverhalt in #1 spricht von einer trans- oder postmortalen Vollmacht des Kontoeigentümers und nicht von einem Erbnachweis.

    Das Gesetz sieht zwar keine besondere Form der Vollmacht vor (§ 167 II BGB), doch verlangen die Kreditinstitute regelmäßig schriftliche Erteilung aus Nachweisgründen.

    Die Namen der vertretungs- und verfügungsbefugten Personen sind den Kreditinstituten auf besonderen Vordrucken mit eigenhändigen Unterschriftsproben bekannt zu geben - so steht´s z.B. in Nr. 20 Ia der Sparkassen AGB.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Entschuldigung, aber wenn der "Bankensenat" eine Banken-AGB für unwirksam hält, dann ist das nie eine Einzelfallentscheidung, wie ja auch die
    Reaktion der Banken, die ihre AGB alsbald geändert haben, zeigt. Recht gebe ich Dir allerdings insoweit, dass die Sachverhaltskonstellation meiner Erinnerung nach nicht alltäglich war. Darauf kommt es bei AGB-Fragen aber m.E. nicht an.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Die meisten Sachbearbeiter bei den Banken verweisen auf ihre Handreichungen. Und dort soll wohl immer noch drinstehen: Erbschein. Den Sachbearbeitern dürften die BGH-Entscheidungen einfach (noch) nicht bekannt sein. Und die Handreichungen wohl etwas veraltet.

  • Das kann ich so nicht bestätigen. Die Änderung der AGB ging so ziemlich durch alle bankinternen Blätter und Arbeitsanweisungen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Meine Mutter hat meinem Bruder und mir auch notariell beurkundete Generalvollmacht erteilt (selbstverständlich mit Wirkung über den Tod hinaus). Trotzdem hat eine Bankerin ihr vor kurzem gesagt, mein Bruder und ich sollten zur Bank kommen und irgendwas unterschreiben, sonst könnten wir nach ihrem Tod nicht ohne Erbschein über das Konto verfügen. Das verstehe ich nun überhaupt nicht. Seit wann brauchen die vor dem Tod Unterschriften der Bevollmächtigten bzw der späteren Erben? Ich hab meiner Mutter gesagt, dass das Blödsinn ist in Hinblick auf die Generalvollmacht und dass sie sich da keine Sorgen machen muss. Ich sehe das ja schon mal aus Prinzip nicht ein, mir freizunehmen und zur Bank zu traben, nur weil die sich nicht auskennt und ruft.

    Von einer anderen Dame weiß ich, dass ihre Bank sie dermaßen verunsichert hat, dass sie trotz notarieller Vollmacht glaubte, sie müsste noch ein notarielles Testament machen, damit ihre Erben später über ihr Konto verfügen können.

    Beide Fälle waren erst deutlich NACH der BGH-Entscheidung. Hat doch irgendwie Methode.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Hier wird von dir der Erbnachweis mit der Vollmacht vermischt oder verwechselt. Ich hatte doch schon geschrieben, dass die Banken-AGB eine Vollmachtserteilung auf Bankformular vorsieht, wenn damit noch zu Lebzeiten über das Konto verfügt werden soll. Und die AGB ist nunmal Teil des Kontovertrages. Wenn im Falle der Gebrauchmachung von der Vollmacht deine Person nicht legitimiert (Unterschriftsprobe und Kopie Personalausweis) ist, kannst du keine Überweisungen tätigen...

    Die Banken unterliegen da auch strengen Regelungen wie z.B. § 154 II AO. Das was du als unsinnig ansiehst ist eben Gesetz.

    Und abgesehen davon ersetzt eine Vollmacht kein Testament, denn der Bevollmächtigte muss ja nicht unbedingt auch immer der gesetzliche Alleinerbe sein. Vielleicht war die Auskunft des Bänkers ja doch nicht so falsch...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    4 Mal editiert, zuletzt von TL (14. September 2014 um 22:18)

  • Ich sag doch: das BGB gilt für die Banken nicht. Eine Vollmacht nach BGB genügt den Banken nicht. Sie wollen eine Vollmacht auf eigenem Formular, die Unterschrift des Bevollmächtigten (im BGB nicht als Bestandteil einer Vollmacht vorgesehen) und eine Kopie des Personalausweises des Bevollmächtigten (im BGB auch nicht vorgesehen). Und das alles vor dem ersten Handeln des Bevollmächtigten. So sagen es Bankmitarbeitern (am sog. Front-Office) nach Auskunft von Vollmachtgebern ihren Kunden.

    Also doch: das BGB gilt für Banken nicht.

    Alles Quatsch. Kann alles vor dem ersten Handeln des Bevollmächtigten nachgeholt werden.

    Viel schlimmer find ich die Aussagen der Bankmitarbeiter wie z.B.:

    "Vollmachten berechtigen zur Verfügung, nicht aber zum Auflösen des Kontos, deshalb Erbschein" oder "Vollmachten erlöschen mit dem Tod". Das ist so bei vielen Bankvollmachten -nach Aussage der Kunden bzw. deren Erben- so vorgesehen. Deshalb immer wieder das Verlangen nach dem Erbschein. Und zwar auch bei General- und Vorsorgevollmachten nach Muster BMJ.

    Diese Aussagen habe ich in aktiven Zeiten fast täglich gehört.

    Gelobt sei der (Un-) Ruhestand. Geändert hat sich bis heute offenbar noch nichts.

    Zumindest kann ich TL dahingehend bestätigen, dass schon früher Vollmachtgeber der Meinung waren, mit einer Vollmacht sei alles geregelt.

    Es gab aber auch früher schon Kollegen, die die Trennung zwischen Vollmacht und Testament nicht so genau genommen hatten. War dann lustig, wenn man als NG eine Vollmacht eröffnen musste. Die Vollmacht war natürlich nicht in der besonderen amtlichen Verwahrung des NG und auch nicht beim Geburtsstandesamt registriert.

  • Hier wird von dir der Erbnachweis mit der Vollmacht vermischt oder verwechselt. Ich hatte doch schon geschrieben, dass die Banken-AGB eine Vollmachtserteilung auf Bankformular vorsieht, wenn damit noch zu Lebzeiten über das Konto verfügt werden soll. Und die AGB ist nunmal Teil des Kontovertrages. Wenn im Falle der Gebrauchmachung von der Vollmacht deine Person nicht legitimiert (Unterschriftsprobe und Kopie Personalausweis) ist, kannst du keine Überweisungen tätigen... Die Banken unterliegen da auch strengen Regelungen wie z.B. § 154 II AO. Das was du als unsinnig ansiehst ist eben Gesetz. Und abgesehen davon ersetzt eine Vollmacht kein Testament, denn der Bevollmächtigte muss ja nicht unbedingt auch immer der gesetzliche Alleinerbe sein. Vielleicht war die Auskunft des Bänkers ja doch nicht so falsch...

    Kann sein, dass es Dir vorkommt, als ob ich da was vermische. Ich kann es nur so wiedergeben, wie meine Mutter es mir gesagt hat. § 154 II AO sagte mir nichts, hab ich jetzt nachgeschaut. Ist mir völlig schleierhaft, warum soll es nicht ausreichen soll, wenn der Bevollmächtigte eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht vorlegt und sich dann ausweist. Damit hat er doch seine Identität und Verfügungsbefugnis nachgewiesen. Es kann doch nicht darauf ankommen, ob der Bevollmächtigte vorher mit dem Vollmachtgeber zur Bank getrabt ist und dort ein Formular unterschrieben hat. Und dass so ein Mist in AGB's rechtmäßig vorgeschrieben werden kann, kann ich mir auch nicht vorstellen.

    Natürlich ist ein Bevollmächtigter nicht automatisch Erbe. Habe ich ja auch nicht behauptet. Ich wundere mich aber schon, dass Vollmachten, mit denen beim Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis für die Veräußerung des gesamten Grundbesitzes - zu Lebzeiten und nach dem Tod des Vollmachtgebers - als m. E. schärfsten Eingriff ins Vermögen nachgewiesen werden kann, bei Banken nicht zum Geldabheben oder zur Auflösung eines Kontos ausreichen sollen. Dafür sind doch diese Generalvollmachten allumfassend formuliert.


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  • Ich sag doch: das BGB gilt für die Banken nicht. Eine Vollmacht nach BGB genügt den Banken nicht. Sie wollen eine Vollmacht auf eigenem Formular, die Unterschrift des Bevollmächtigten (im BGB nicht als Bestandteil einer Vollmacht vorgesehen) und eine Kopie des Personalausweises des Bevollmächtigten (im BGB auch nicht vorgesehen). Und das alles vor dem ersten Handeln des Bevollmächtigten. So sagen es Bankmitarbeitern (am sog. Front-Office) nach Auskunft von Vollmachtgebern ihren Kunden.

    Also doch: das BGB gilt für Banken nicht.

    Alles Quatsch. Kann alles vor dem ersten Handeln des Bevollmächtigten nachgeholt werden.


    Zunächst will ich festhalten, dass auch für Banken das BGB gilt, aber damit auch die Vertragsfreiheit und folglich auch die Möglichkeit, in gegenseitigem Einvernehmen AGB´s zu gestalten.

    Was nun zu diesen AGB´s führt, können sowohl eigene Interessen der Bank, als auch anderweitige rechtliche Verpflichtungen der Bank sein. Dass es solche Verpflichtungen und Regelungen nach zig Gesetzen und Verordnungen gibt, die wir Rechtspfleger vielleicht nicht kennen, ist eine andere Sache. Ich darf hier nochmals insbesondere auf steuerrechtliche Bezüge des Bankgeschäftes verweisen und dabei erneut auf § 154 II AO. Solche Sachen gibt es im Bankenrecht zu Hauf.


    Ich wundere mich aber schon, dass Vollmachten, mit denen beim Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis für die Veräußerung des gesamten Grundbesitzes ....nachgewiesen werden kann, bei Banken nicht zum Geldabheben oder zur Auflösung eines Kontos ausreichen sollen. Dafür sind doch diese Generalvollmachten allumfassend formuliert.

    Und ich sage nicht, dass eine Generalvollmacht nicht von der Bank anerkannt werden muss. Ich sage nur, dass die Bank verpflichtet ist, bei Kenntnis von dieser Vollmacht gewissen weitere Informationen zu fordern um den an sie gerichteten Vorschriften gerecht zu werden. Hier muss man als "unbedarfter Rechtsanwender" einfach mal versuchen etwas über den eigenen Tellerrand hinauszusehen und akzeptieren, dass es auch andere und einem selbst vielleicht unbekannte spezielle Vorschriften und Anordnungen z.B. der Bafin gibt, mit denen die Banken geradezu genötigt werden.

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