Zwangshypothek / eheliche Vermögensgemeinschaft

  • Hallo guten Morgen,
    im Grundbuch sind die Eheleute A + B in ehelicher Vermögensgemeinschaft eingetragen. Laut Art. 234 EGBGB wird widerleglich vermutet, dass dies nun Bruchteilseigentum zu 1/2 Anteilen ist. Kann ich also, wie hier beantragt wurde,
    auf dem Anteil der B eine Zwangshypothek eintragen?
    Vielen Dank!

  • Bei uns wird das Gemeinschaftsverhältnis "von Amts wegen" auf 1/2 berichtigt. Das wurde mal auf einer Fortbildungsveranstaltung in Kolpin so besprochen. Als Begründung wurde angeführt, dass nur sehr wenige von der Fortgeltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben. Bei unserem Gericht sind insgesamt 0 (i.W.: Null) solcher Erklärungen eingegangen...

  • So richtig verstehe ich es trotz "Verknüpfung" noch nicht. Muss das Grundbuch vor Eintragung der Zwangshypothek hinsichtlich des Bruchteilseigentums berichtigt werden? Reicht hierzu der Antrag der Gläubigerin auf Eintragung der Sicherungshypothek "auf dem Anteil der ..."?

  • So richtig verstehe ich es trotz "Verknüpfung" noch nicht. Muss das Grundbuch vor Eintragung der Zwangshypothek hinsichtlich des Bruchteilseigentums berichtigt werden? Reicht hierzu der Antrag der Gläubigerin auf Eintragung der Sicherungshypothek "auf dem Anteil der ..."?

    Du kannst, aber du musst nicht. Zunächst ist davon auszugehen, das der gesetzliche Güterstand die Zugewinngemeinschaft ist, auch in den neuen Bundesländern. Bei uns wird auch grundsätzlich der Güterstand berichtigt, er ist ja widerleglich. Dann könntest du wie beantragt eintragen. Allerdings wird dich der § 14 GBO nicht weiterführen, da er nur das Antragsrecht des Gläubigers beinhaltet, das Grundbuch zu berichtigen, um antragsgemäß eintragen zu können. Du könntest dich aber auf die sichere Seite schlagen und die Eigentümer fragen, ob sie optiert haben. In der Regel werden sie es nicht getan haben, von der Optionsmöglichkeit haben die Leute in der Regel noch nie etwas gehört. Dann erfolgt die Grundbuchberichtigung entweder auf Antrag oder von Amts wegen, weil du nur amtliche (gesetzliche) Tatsachen berichtigst. Der Gläubiger dürfte nicht in der Lage sein in der vorgeschriebenen Form nachzuweisen, das die Eheleute optiert haben, denn das war vor jedem Amtsgericht möglich, ich denke das der Schuldner dem Gläubiger nicht verraten wird wo er optiert hat. Somit könntest du es dir bequem machen und den Antrag zurückweisen, weil es eben einen Anteil nicht gibt, oder du berichtigst das Grundbuch an Hand der oben ausgeführten Möglichkeiten.

  • Wieso führt § 14 GBO nicht weiter?


    Weil Du

    • entweder sagst, dass nur die Eigentümer entsprechend glaubhaft machen können, dass sie nicht optiert haben. (Woher soll der Gläubiger das auch wissen?) --> kein § 14 GBO
    • oder der Auffassung bist, dass Du das eh amtswegig berichtigen kannst (siehe wideerlegbare Vermutung). Dafür brauchts aber auch keinen Gläubiger nach § 14 GBO.

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  • Wieso führt § 14 GBO nicht weiter?


    Weil Du

    • entweder sagst, dass nur die Eigentümer entsprechend glaubhaft machen können, dass sie nicht optiert haben. (Woher soll der Gläubiger das auch wissen?) --> kein § 14 GBO
    • ...

    Dem Gläubiger kommt die gesetzliche Vermutung nach Art. 234 § 4 a Abs. 3 EGBGB zugute. Er muss daher nicht "glaubhaft machen können, dass sie nicht optiert haben". Er hat selbstverständlich ein Antragsrecht aus § 14 GBO.

    Stöber führt dazu im Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 867 RN 26 aus:

    „VIII) 1) Eintragung der Zwangshypothek auf dem Miteigentumsbruchteil eines Ehegatten nach Überleitung aus dem Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft (Art 234 § 4a EGBGB; sonst § 744a) erfordert Voreintrag des Sch mit seinem Miteigentumsbruchteil (§ 39 I, § 47 GBO; LG Neubrandenburg MDR 95, 525). Diese kann der Gl beantragen (§ 14 GBO); sein Berichtigungsantrag kann auch in dem Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek gesehen werden (Meikel/Böhringer § 33 Rn B 87; aA LG Berlin Rpfleger 94, 247). Nachweis des Schuldnereigentums (-anteils) ermöglicht die Vermutung von Art 234 § 4a III EGBGB.“

    Rauscher führt dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2003, Art. 234 § 4 a EGBGB RNern 32, 33 aus:

    32 Die Antragsberechtigung ergibt sich aus § 14 GBO; antragsberechtigt ist jeder Ehegatte alleine (Böhringer Rpfleger 1994, 282, 284). Antragsberechtigt sind aber auch Gläubiger, welche die Zwangsvollstreckung gegen einen Ehegatten betreiben (§ 14 GBO; LG Neubrandenburg MDR 1995, 525, 526; Grübel GBBerG § 14 Rn 11).

    33 bb) Der Antrag bedarf - wie immer - nicht der Form des § 29 GBO. Anstelle des in Form des § 29 GBO zu führenden Nachweises der Unrichtigkeit kann der Antragsteller sich auf die Vermutung des Abs 3 stützen (LG Neubrandenburg MDR 1993, 525, 526; Böhringer Rpfleger 1994, 284, dazu näher unten Rn 51 f).

    Insbesondere wird durch die Vermutung der Nachweis ersetzt, dass eine Optionserklärung nach § 4 Abs 2 nicht erfolgt ist (klarstellend § 14 S 2 GBBerG idF des SachenRÄndG, unten Rn 37; Böhringer aaO; Grübel GBBerG § 14 Rn 11; unzutreffend daher LG Chemnitz DtZ 1994, 288: Negativzeugnis). Auch der nach § 14 GBO Berichtigung betreibende Gläubiger kann sich auf die Vermutung des Abs 3 stützen und ist nicht durch § 14 GBBerG (dazu unten Rn 34 ff) beschränkt (klarstellend die Änderungen von § 14 GBBerG durch das SachenRÄndG, vgl BT-Drucks 12/7425, 94).

    Die Leitsätze des Beschlusses des LG Neubrandenburg, MDR 1995, 525 = Rpfleger 1995, 250 lauten:

    1. Die Eintragung einer Zwangshypothek "auf das Eigentum der Schuldnerin" an einem "in ehelicher Vermögensgemeinschaft" im Grundbuch eingetragenen Grundstück setzt die Voreintragung der "Schuldnerin" voraus, die durch Grundbuchberichtigung herbeizuführen ist.

    2. Das Verfahren zur Berichtigung des Grundbuchs bei Eintragung von Eheleuten in ehelicher Vermögensgemeinschaft nach dem FGB (juris: FamGB DDR) ist zwischenzeitlich wesentlich erleichtert worden. Der Antragsberechtigte kann den ansonsten nur schwer zu führenden Nachweis, dass die Eheleute bis zum 3.10.1992 eine Erklärung nach EGBGB Art 234 § 4 Abs 2 und Abs 3 (juris: BGBEG) nicht abgegeben haben, mit der Vermutung des EGBGB Art 234 § 4a Abs 3 erbringen.

    Die Grundbuchberichtigung kann aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung herbeigeführt werden, ohne dass es des Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuchs in grundbuchmäßiger Form bedarf oder dass die Unrichtigkeit sonst feststehen muss.“

    Ansonsten s. zur GB-Berichtigung auch Böhringer in OV-Spezial 1994, 13/14 und im Rpfleger 1994, 282 ff

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (12. August 2015 um 23:03) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert


  • sein Berichtigungsantrag kann auch in dem Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek gesehen werden


    Danke, Prinz, für Deine wie immer ausführlichen, hieb- und stichfesten und mit vielen Quellen belegten Ausführungen.

    Ich habe in all den Jahren schon immer in den Antrag des Gläubigers auf Eintragung der ZSH auch damit den Berichtigungsantrag als gestellt reingelesen und, dass auch ihm die gesetzliche Vermutung zugute kommt, dass die Eheleute nicht optiert haben und somit die Berichtigung vollzogen.
    Ich habe dies mir hier nur nicht "getraut" kundzutun, da mich dafür viele Kollegen für verrückt erklärt haben und dies nicht so sehen.

  • Guten Morgen,
    vielen Dank für eure ausführlichen und hilfreichen Antworten!

    Habt ihr vielleicht auch noch ein Muster, wie ihr die GB-berichtigung in Abt. I eintragt?

    Einen schönen Tag noch


    Bitte schön:

    1.1 A 1 Beteiligungsverhältnis gemäß Artikel 234 § 4a EGBGB berichtigend eingetragen am ^==Datum==.
    zu 1/2 Anteil

    1.2 B
    zu 1/2 Anteil


  • sein Berichtigungsantrag kann auch in dem Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek gesehen werden


    ...
    Ich habe in all den Jahren schon immer in den Antrag des Gläubigers auf Eintragung der ZSH auch damit den Berichtigungsantrag als gestellt reingelesen und, dass auch ihm die gesetzliche Vermutung zugute kommt, dass die Eheleute nicht optiert haben und somit die Berichtigung vollzogen.
    Ich habe dies mir hier nur nicht "getraut" kundzutun, da mich dafür viele Kollegen für verrückt erklärt haben und dies nicht so sehen.

    Der Antrag auf Voreintragung kann sich aus dem Antrag auf Eintragung der Zwangssicherungshypothek im Wege der Auslegung ergeben (s. etwa BayObLG, Beschluss vom 30.10.1978, 2 Z 78/77 = Rpfleger 1979, 106). Jedenfalls bei Gebührenfreiheit würde ich auch zu einer solchen Auslegung gelangen wollen. Dazu führt Böhringer in seiner Abhandlung, „Neuerungen bei Art. 233 EGBGB und beim Grundbuchbereinigungsgesetz“ in der DtZ 1994, 301 ff auf den Seiten 302/303 aus:

    „a) Berichtigungszwangsverfahren.

    Normalerweise muss bei einer Berichtigung des Grundbuchs der volle Beweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs erbracht werden. Für die Berichtigung des Grundbuchs aufgrund des nach Art. 234 § 4a EGBGB umgewandelten “ehelichen Vermögens” gilt eine Vereinfachung: es kann auf die Vermutung des Art. 234 § 4a EGBGB verwiesen werden. Dies ist insbesondere für einen Zwangsgläubiger 17 von großer Bedeutung, weil ja gerade in solchen Verfahren die Ehegatten keinerlei Erklärungen abzugeben bereit sind.

    b) Gebührenfreie Berichtigung.

    Durch einen neu angehängten Satz bei § 14 GBBerG ist in allen Fällen des Art. 234 § 4a EGBGB die Berichtigung des Grundbuchs gebührenfrei. Bis zum Inkrafttreten des SachenRÄndG wurde die Gebühr nach §§ 60 II, 61 KostO erhoben 18 . Dies erschien unbillig. Der Gesetzgeber hat nunmehr eine dem § 60 IV KostO entsprechende Regelung getroffen, die den Anreiz schafft, das Grundbuch dem aktuellen Stand anzupassen, vor allem bei den vielen Umschreibungen der Grundbücher bzw. bei der Umstellung auf das PC–Grundbuch. Die Neuregelung der Eigentumsverhältnisse liegt nämlich auch im öffentlichen Ordnungsinteresse (ähnlich Art. 233 § 11 III EGBGB) und nicht nur im Privatinteresse. Anders als bei § 60 IV KostO ist in § 14 GBBerG keinerlei Frist für eine gebührenfreie Grundbuchberichtigung bestimmt, weil sonst die ohnehin überlasteten Grundbuchämter mit einer Flut von nahezu zeitgleichen Anträgen überschwemmt worden wären.

    Die vor dem 1. 7. 1994 vorgenommenen Grundbuchberichtigungen bleiben gebührenpflichtig. Danach erfolgte Eintragungen – gleichgültig wann der Berichtigungsantrag gestellt worden ist – sind gebührenfrei.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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