Rangverhältnisse über Abteilungen hinweg

  • Hallo zusammen,

    brauche in einem Fall Hilfe, der mein Gehirn verknotet hat:

    Vereinfachte Darstellung:

    Abt. II, lfd. Nr. 1: Altenteil, wird vom Gutachter mit 40.000 EUR bewertet

    Abt. III. Nr. 1: GS 50.000 EUR, Rang nach Abt. II Nr. 1
    Abt. III, Nr. 2: GS 40.000 EUR, Rang VOR Abt. II Nr. 1 aber nach Abt. III Nr. 1

    Sowohl Nr 1 und Nr 2 der Abt. III betreiben das Verfahren. Daher erlischt mit Zuschlag das Recht Abt. II Nr. 1, Zuschlag erfolgt zu 75.000 EUR.

    Frage: wer kriegt das Geld?

    Jedes der Rechte ist einem anderen gegenüber vor- und nachrangig. Wie verteilt man in so einem Fall?

    Ich komme mir vor, als stünden vier Autos an einer rechts-vor-links-Kreuzung und keiner kann fahren. :confused:

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ist der Zuschlag schon erteilt und das Altenteil erloschen? Es gäbe da, länderspezifische, Feinheiten, ich meine aus EGZVG bzw. den Ausführungsgesetzen der Länder zum ZVG .

    Wohl ein klassischer Fall des relativen Rangverhältnisses. Der Wert des Gutachters ist nicht maßgebend, kann aber einer Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

    Ich meine, dass III/2 an Stelle II/1 rutscht, bis zur Höhe II/1, da III/1 nicht mehr vor sich gelten lassen muss. (Bitte keine Steinigung, es ist früh!)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Auch wenn es bei dir früher war, sehe ich das eine Stunde später genauso.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Bitte erteilt mir doch hier mal Nachhilfe: Laut Sachverhalt muss sich jedes Recht ein anderes Recht vorgehen lassen. Bei Verteilung gehen also die Werte des vorgehenden Rechts dem anderen Recht vor.

    II/1 muss sich 40.000 EUR (Wert III/2) vorgehen lassen.
    III/1 muss sich 40.000 EUR (Wert II/1) vorgehen lassen
    III/2 muss sich 50.000 EUR (Wert III/1) vorgehen lassen.


    Das Meistgebot belief sich auf 75.000,00 EUR.

    In meiner Rechnung wird es jetzt bizarr:
    II/1 beansprucht alles bis auf den ihm vorgehenden Teil, also (75000-40000) 35000 EUR
    III/1 beansprucht alles bis auf den ihm vorgehenden Teil, also (75000-40000) 35000 EUR
    III/2 beansprucht alles bis auf den ihm vorgehenden Teil, also (75000-50000) 25000 EUR

    Dummerweise ergibt das in Summe: 95000 EUR. Die haben wir aber doch gar nicht. Wo ist mein Fehler?

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (14. Oktober 2015 um 17:22)

  • Wenn die Summe reichen würde, wäre es ja kein Problem mehr.

    Es geht glaube ich nicht darum, wer sich was vorgehen lassen muss, sondern wer nicht benachteiligt sein darf. Das wäre III/1 als Zwischenrecht.

    Also bekommt III/2 40.000 (an Stelle von II/1)
    III/1 35.000 (den Rest)

    II/1 hätte seinen Rang halt nicht verschenken dürfen, denn der nächste freie Platz war eben nach den 50.000.

    Aber ich hab jetzt nicht mehr nachgelesen, ist zu spät.

  • Hat III/2 seinen Vorrang vor II/1 aufgrund eines Rangvorbehalts? Dann liegt ein relativer Rang vor und es ist lt. Palandt (Rn 11 zu § 881 BGB)wie folgt zu verteilen:

    II/1 erhält 75000-50000= 25000

    III/1 erhält 75000-40000 = 35000

    III/2 erhält den Rest also 10000

    Hat dagegen das Recht II/1 dem Recht III/2 den Vorrang eingeräumt, gibt es keinen relativen Rang. III/2 tritt in die Rangstelle von II/1 ein (Rangtausch). Dann ist zu verteilen wie von naja dargestellt. Da beide Rechte den gleichen Wert haben ist das dann relativ einfach. Wäre II/1 mehr als III/2 würde II/1 noch seinen übersteigenden Wert vor III/1 bekommen. Ist II/1 weniger wert als III/2 bekommt III/2 vorrangig vor III/1 nur diesen Betrag; dann kommt III/1 und dann erst der Rest von III/2.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Hat III/2 seinen Vorrang vor II/1 aufgrund eines Rangvorbehalts? Dann liegt ein relativer Rang vor und es ist lt. Palandt (Rn 11 zu § 881 BGB)wie folgt zu verteilen:

    II/1 erhält 75000-50000= 25000

    III/1 erhält 75000-40000 = 35000

    III/2 erhält den Rest also 10000

    Hat dagegen das Recht II/1 dem Recht III/2 den Vorrang eingeräumt, gibt es keinen relativen Rang. III/2 tritt in die Rangstelle von II/1 ein (Rangtausch). Dann ist zu verteilen wie von naja dargestellt. Da beide Rechte den gleichen Wert haben ist das dann relativ einfach. Wäre II/1 mehr als III/2 würde II/1 noch seinen übersteigenden Wert vor III/1 bekommen. Ist II/1 weniger wert als III/2 bekommt III/2 vorrangig vor III/1 nur diesen Betrag; dann kommt III/1 und dann erst der Rest von III/2.

    Nein, ein Rangvorbehalt war nicht im Spiel. II 1. hat III 2. den Vorrang eingeräumt, ohne dass mit III. 1. gesprochen wurde.

    Die Verteilung nach naja ist mir sehr sympathisch und ich beginne sie zu verstehen.

    Araya hat darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung von II. 1. die Angabe im Gutachten nicht verbindlich ist. Wird das also zur Verteilung vom Rechtspfleger selbst berechnet? Und auf welchen Zeitpunkt wird das bezogen? Den die Berechtigten des Rechts II. 1. sind seit Gutachtenerstellung schon wieder 2 Jahre älter geworden.

    Vorab schon einmal vielen Dank für die Hilfe.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Der relative Rang entsteht doch nicht nur bei Rangvorbehalt sondern auch bei nachträglicher Vorrangeinräumung, das Benachteiligungsverbot fürs Zwischenrecht in § 880 Abs. 5 BGB entspricht dem in § 881Abs. 4 BGB.
    Darüber haben wir vor einiger Zeit erst diskutiert- nur verlinken kann ich auf dem Sofa mit dem Tablet nicht.

    Aber zur richtigen Verteilung muss ich auch erst wieder nachlesen. Nur Delphina5s Lösung kann nicht richtig sein. II/1 hat III/2 den Vorrang eingeräumt, also müsste III/2 vor II/1 bedient werden. Die Frage ist nur, kriegt er alles oder nur 25.000 ( weil ihm 50.000 vorgehen) und II/1 den Rest?
    Der Wertersatz nach § 92 ZVG muss angemeldet und anerkannt sein- sofern kein Ablösebetrag in der Bewilligung enthalten ist.

  • Komplizierter wir die Verteilung noch dadurch, dass für ll/1ein Deckungskapital zu bilden sein wird, weil es ein Recht von unbestimmter Dauer ist und damit Hilfsverteilungen erforderlich werden. Deshalb kein Schnellschuss möglich.

  • Der relative Rang entsteht doch nicht nur bei Rangvorbehalt sondern auch bei nachträglicher Vorrangeinräumung

    Bei einem reinen nachträglichen Rangtausch entsteht gerade kein relativer Rang, da sich der Rang für alle gleich darstellt. II/1 hat dadurch, dass er III/2 den Vorrang eingeräumt, seine Rangposition aufgegeben und er muss sich daher (wenn II/1 und III/2 gleichwertig sind) auch - weil dieser durch den Rangtausch nicht beeinträchtigt sein darf - III/1 vorgehen lassen. Nachdem hier auch ein Rangtausch vorliegt ist daher die Verteilung nach der Berechnung von naja richtig.

    Etwas anderes wäre es wenn III/2 aufgrund eines Rangvorbehalts den Vorrang vor II/1 hätte (was im geschilderten Fall nicht so ist). Dann stellt sich die Rangposition nämlich aus der Sicht eines jeden Beteiligten anders dar (= relativer Rang). II/1 muss sich aufgrund des Rangvorbehalts III/2 vorgehen lassen, aber nicht das nach ihm eingetragene "Zwischenrecht" III/1. III/1 dagegen muss sich das vor ihm eingetragene II/1, aber nicht das nach ihm eingetragene III/2 vorgehen lassen, weil bei ihm ja kein Rangvorbehalt ausgenutzt wurde. III/2 dagegen muss sich das vor ihm eingetragene III/1 vorgehen lassen, aber aufgrund der Ausnutzung des Rangvorbehalts nicht II/1. Die Verteilung ist dann nur dergestalt möglich, da bzgl. zweier Rechte jeweils das ihm vorgehende vom Erlös in Abzug gebracht wird und das dritte den Resterlös erhält. Bei welchem man anfängt, darüber kann man sicher streiten. Die von mir dargestellte Lösung ist die des Palandt.

    Natürlich kann ein relativer Rang noch anders entstehen als durch Rangvorbehalt, aber eben nicht durch einen einfachen Rangtausch.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!