Erbeinsetzung unbestimmt

  • Habe über die SUFu nichts gefunden zu folgendem Problem.

    Ich habe ein handschriftliches Testament einer sehr alten Dame, die weder Kinder noch Geschwister hat. Der Nachlas besteht aus einem Haus und einer 6-stelligen Summe Bargeld. Geschrieben ist es 2012, völlig fehlerfrei. Einzige derzeit bekannte Angehörige ist eine Person der III. Ordnung der mütterlichen Linie. Diese Person kennt auch keine weiteren Angehörigen.

    Da es um eine Auslegungsfrage geht würde ich das ganze TES einstellen wollen:

    "Ich H.J. geb. B geb. am ....1916. Hiermit gebe ich meinen letzten Willen für den Fall meines Todes bekannt. Mein Haus soll auf keinen Fall der Familie B. zufallen. (Anmerkung: B ist ihr Mädchenname) Mein gesamtes Hab und Gut vermache ich dem lieben Bekanntenkreis. Beim schreiben dieser Zeilen war ich bei vollem Bewusstsein, Ich will, daß alles so ausgeführt wird, wie ich es in diesem Testament verfügt habe. Datum
    Ortsname des Wohnortes und dann die Unterschrift."


    Meine Fragen dazu:
    Kennt jemand Rechtsprechung wo die Problematik "Bekanntenkreis" schon mal erörtert wurde. Die Kommentierung zum § 2066 ff, insb. § 2071 lässt immer noch Fragen offen.
    Der Ausschluss der Familie B für das Haus, könnte sie da nur das Haus meinen oder den gesamten Nachlass, wobei ich hier schon zum gesamten Nachlass tendiere wegen dem folgenden Satz (Fett).
    B ist ihr Mädchenname, schließt sie damit nur die väterliche Linie aus oder auch die mütterliche Linie und damit sozusagen alle gesetzlichen Erben. Würde sie nur eine Linie meinen gäbe der Folgesatz wiederum keinen Sinn???
    Sie schreibt nicht meinem lieben Bekanntenkreis, sondern dem lieben Bekanntenkreis. Für mich ist das ein relativ bestimmter Personenkreis, zumindest klingt das so, als ob sie beim Schreiben eine genaue Vorstellung hatte wen sie damit meint und vor allem wen nicht.
    Wie schränke ich das ein.

    Danke an alle die sich die Mühe machen hierüber nachzudenken.

  • Rechtlich kann ich dich leider nicht weiterbringen, aber falls man tatsächlich dazu käme auf die Suche nach "dem Bekanntenkreis" gehen zu müssen, fielen mir als Ansatzpunkte ein das Ordnungsamt, weil die evtl. wissen, wer die Beisetzung in Auftrag gegeben hat und eine eventuelle Todesanzeige. Die kann man ja inzwischen häufig noch im Internet finden.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die Beisetzung ist vom O - amt eingeleitet worden, einige Nachbarn haben sich auch regelmäßig gekümmert, ohne diese Hilfe wäre die Frau nicht 100 in den eigenen 4 Wänden geworden. Das O Amt hat eine Pflegschaft beantragt, die auch eingeleitet wurde. Die Pflegerin hat das TES im Haus gefunden. Sie will natürlich wissen wie es auszulegen ist und in welche Richtung die Ermittlungen laufen sollen. Sie tendiert zu den einen Angehörigen der III. Ordnung. Ich gar nicht, für mich ist es der "Bekanntenkreis".
    Ich habe gerade noch mal gesucht im Netz, speziell auch zum 2071, habe aber nichts passendes gefunden, gab überhaupt wenig dazu.

  • Na § 2071 BGB passt sicher nicht, eher § 2073 BGB, aber ich denke, dass auch der nicht anzuwenden ist. Vielleicht findet die Nachlasspflegerin weitere Hinweise auf "Bekannte" im Adress- oder Notizbuch. Ich vermute mal, dass die testamentarischen Erben zu unbestimmt sind und die Verfügung als Erbeinsetzung in die Hose geht. Daher sind auf jeden Fall die gesetzlichen Erben zu ermitteln. Nächster Schritt ist dann, ob Familie B ganz ausgeschlossen ist oder nur das Haus nicht bekommt. Aber das ist erst die 2. Baustelle.

  • "Bekanntenkreis" halte ich für völlig unbestimmbar.

    Insofern ist meines Erachtens die Erbeinsetzung weg. Dann stellt sich die Frage, ob die ausdrückliche Enterbung der gesetzlichen Erben auch dann bestehen bleiben hätte sollen, wenn die Erblasserin gewusst hätte, dass die Bekannten nicht erben können und damit der Fiskus Erbe wird. Davon wird man wohl nur ganz selten ausgehen können. Oft ist so eine Formulierung eher motivunterstützend oder deswegen erfolgt, weil der Testator meinte, zuerst die gesetzlichen Erben ausdrücklich enterben zu müssen um jemand anderes zum Erben bestimmen zu können.

    Ich würde also in jedem Fall eine Nachlasspflegschaft anordnen. Sind alle gesetzlichen Erben ermittelt, können die einen Erbschein beantragten. Wenn das NLG dann Zweifel an der Auslegung hat, kann es das Verfahren in die Beschwerde schicken. Oder (einfacher und zielführend) man ordnet NLP an und stellt dann das Fiskuserbrecht wegen Vollenterbung der Verwandten fest und lässt zuvor einen Pfleger für unbekannte Beteiligte, nämlich die unbekannten gesetzlichen Verwandten/Erben, bestellen. Der kann dann gegen den Fiskusfeststellungsbeschluss Beschwerde einlegen. Der NLP kann das ja nicht aber den braucht man, damit der NL bis zum vollständigen Abschluss des Verfahrens ordentlich gesichert und verwaltet wird.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Entschuldigung, dass ich mich erst jetzt melde, war nicht im Dienst. Vielen Dank erst einmal.
    Die Pflegschaft wurde sofort angeordnet, nach Mitt. des OA, der NLPFL hat das TES im Haus gefunden.

    Nach bisherigem Erkenntnisstand gibt es nur eine gesetzliche Erbin und die stammt aus der Familie, die im TES ausgeschlossen ist.

    Aber es gibt angeblich einen recht fest gefügten Personenkreis, der sich um die alte Dame kümmerte.

    Ich glaube ich werde das O Amt noch mal Anschreiben, der Ort selbst hat vlt. 200 Einwohner, da kennt eh jeder jeden. Mal sehen, wie die den "Bekanntenkreis" der alten Dame definieren. Der Fiskus bleibt immer noch, vlt. ist das auch genau der Fall mal eine obergerichtliche Entscheidung zu den o.g. Vorschriften zu erlangen?

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