Einbenennung hier erleichtert möglich??

  • Ich habe gerade einen etwas unüblichen Antrag zu § 1618 BGB:

    Das gemeinsame Kind führt den Geburtsnamen der Ehefrau als ehemaligen gemeinsamen Ehenamen der Eltern. Nach der Scheidung hat der Vater seinen alten Geburtsnamen wieder angenommmen und die Mutter nach Wiederheirat den Namen ihres jetzigen Mannes.
    Ich soll die Zustimmung des Vaters ersetzen, damit das Kind den jetzigen Ehenamen der Mutter annehmen kann. Der Vater beteiligt sich überhaupt nicht am Verfahren und zeigt keinerlei Interesse am Kind, obwohl gemeinsame elterliche Sorge besteht.

    Wenn man die gängige Rechtsprechung verfolgt, werden sehr hohe Anforderungen für die Zustimmungsersetzung gefordert. M.E. beziehen sich die dortigen Argumente immerauf die Fälle, bei dem das Kind (zumindest teilweise) den väterlichen Namen führt.

    Ich denke, dass ich hier das das Gewicht des (nicht feststellbaren) väterlichen Interesses gegenüber dem Kindeswohl vernachlässigen kann. Er hat sich ja auch sehr schnell vom Namen des Kindes getrennt.


    Wie seht ihr das?

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Guten Morgen,

    ich bin mir nicht 100%tig sicher, aber bei gemeinsamer elterlicher Sorge müsste der Richter zuständig sein (§ 14 Nr. 5 RpflG). Ich meine, dass dieses so auch im Staudinger irgendwo steht, kann dass aber jetzt nicht überprüfen. :confused:

    Sollte dem nicht so sein, und der Vater überhaupt kein Interesse an seinem Kind zeigen (keine Stellungnahme, kein Erscheinen zu einer persönlichen Anhörung), würde ich sein Rechtschutzbedürfnis in Frage stellen und nur noch darauf abstellen, ob die Einbenennung dem Kindeswohl dienlich ist.

  • Aus dem Thema "Fragen bei Einbenennungsanhörung":

    Zitat

    Ich bin zufällig über Bamberger/Roth, BGB, Rdnr. 14 zu § 1618 (in beck-online)über einen neuen Aspekt gestoßen.

    "Sind beide Eltern sorgeberechtigt, muss der Familienrichter entscheiden, da es sich inhaltlich um die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sorgeberechtigten handelt (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 RPflG)."


    Zitat

    Das Problem, das Bamberger/Roth anspricht gibt es wohl erst seit 2002, seit die Einbenennung durch eine Änderung des § 1618 BGB auch bei gemeinsamer Sorge möglich ist.



    Ich könnte mir schon vorstellen, dass im geschilderten Fall die Hürden für eine Ersetzung niedriger als normal sind.

  • Ich denke auch, dass die Einbenennung erleichtert möglich sein sollte. Das Zustimmungserfordernis bezweckt den Schutz des "namensrechtlichen Bandes" zw. Vater und Kind, das hier nicht mehr besteht. Die Einbenennung kann m.E. schon deshalb erforderlich sein, damit das Kind überhaupt wieder den Namen eines Elternteils trägt.

  • Also, bei gemeinsamer Sorge ist die Zustimmung des Vaters immer erforderlich. Muss diese gerichtlich ersetzt werden, so gelten m.E. bei einem Vater, der sich nicht am Verfahren aktiv beteiligt, dennoch die gleichen Voraussetzungen, wie in anderen Fällen. Die Einbenenung muss nach BGH ganz klar zum Wohl des Kindes erforderlich sein und diese Voraussetzungen hat das FamG von Amts wegen zu prüfen und zu beachten (FGG-Verfahren!).

    Ich folge übrigens nicht der Meinung, dass hier die Richterzuständigkeit gegeben sein soll.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich meine auch, dass der Rechtspfleger im Rahmen des § 1618 Satz 4 BGB zuständig ist und nicht der Richter.
    Das OLG Karlsruhe (FamRZ 2004, 831-832) schreibt hierzu:

    "Gleichzeitig hat das KinderRVerbG § 1618 S. 3 BGB dahin erweitert, dass die Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung nicht nur dann erforderlich ist, wenn das Kind seinen Namen führt, sondern auch dann, wenn ihm lediglich die elterliche Sorge gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, der die Einbenennung betreibt. Sinn dieser Erweiterung ist es, bei der Verweigerung der ZUstimmung nicht die §§ 1628, 1687 BGB anwenden zu müssen, sondern von der Ersetzungsmöglichkeit von § 1618 S. 4 BGB Gebrauch machen zu können (Schomburg KindPrax 2002, 77 f.; Palandt/Dieterichsen, BGB, 62. A., § 1618 Rn. 13

  • @ Icemen

    Zitat

    Sinn dieser Erweiterung ist es, bei der Verweigerung der ZUstimmung nicht die §§ 1628, 1687 BGB anwenden zu müssen, sondern von der Ersetzungsmöglichkeit von § 1618 S. 4 BGB Gebrauch machen zu können



    Das ist zwar richtig, sagt aber doch über die Zustänigkeit nichts aus. Ob das Gericht bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern in einem Verfahren nach § 1628 BGB entscheidet, oder ob es nach § 1618 BGB die Einwilligung ersetzt, ändert doch nichts an der Tatsache, dass sich die Eltern hier streiten -oder gerade nichtstreiten-.

  • @ Manfred:

    Bamberger/Roth, BGB, Rn 8 zu § 1618 BGB vertritt ebenfalls die Auffassung, dass Rechtspflegerzuständigkeit gegeben ist:

    Beruht das Erfordernis der Zustimmung darauf, dass dem anderen Elternteil die [Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_links.gif]gemeinsame[Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_rechts.gif] [Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_links.gif]Sorge[Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_rechts.gif] zusteht, ist die Ersetzung der verweigerten Zustimmung trotz anderer Interessenlage nur zulässig, wenn die Einbenennung erforderlich ist. Die Ersetzung der Einwilligung kommt bei gemeinsamer [Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_links.gif]Sorge[Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_rechts.gif] inhaltlich einem Eingriff in das http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…748&words#hit11elterliche Sorgerecht des anderen Elternteils gleich, der nur deshalb nicht einer richterlichen Entscheidung über § 1628 S. 1 unterstellt wird, weil S. 4 den besonderen Maßstäben des § [Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_links.gif]1618[Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/nav_pfeil_rechts.gif] zuordnet. Es besteht daher kein Grund, die Erforderlichkeit anders als bei alleiniger http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…748&words#hit13Sorgehttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…748&words#hit15 des einbenennenden Elternteils zu bestimmen.75 Die materielle Beweislast trägt der einbenennende Elternteil.

  • @ Icemen


    Bamberger/Roth vertritt in Rn 14 zu § 1618 BGB die folgende Auffassung:

    Sind beide Eltern sorgeberechtigt, muss der Familienrichter entscheiden, da es sich inhaltlich um die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sorgeberechtigten handelt (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 RPflG). Die Entscheidung ist näher zu begründen (OLG Rostock FamRZ 2000, 695 ff.)

    Die von Dir zitierte Kommentarstelle bezieht sich auf das Erfordernis der Ersetzung, und ob dieses bei alleiniger oder gemeinsamer Sorge anders zu beurteilen ist. Dieses hat aber mit der Zuständigkeit nichts zu tun.

    Losgelöst von aller Theorie: Ich würde die Sache dem Richter vorlegen. Falls dieser anderer Meinung ist, sollte er einen Beschluss nach § 7 RpflG erlassen. Falls hier der Rechtspfleger entscheidet und der Vater sich plötzlich seines Kindes erinnert und beim OLG Beschwerde einlegt, kann es sonst passieren, dass das OLG die Sache wegen funktioneller Unzuständigkeit aufhebt. Die ganze Mühe mit einem solchen Verfahren wäre dann für die Katz und der Richter dürfte von vorne beginnen.

  • Hallo Manfred!

    Danke für die Fundstelle im Bamberger/Roth! Die hatte ich bisher wohl immer überlesen. Jedenfalls war ich bisher genau der gleichen Meinung wie Icemen, mit genau der gleichen Begründung.

    Werde beim nächsten Fall meine Meinung überdenken und mal genauer nachlesen. Jetzt gerade fehlt mir dazu leider die Zeit!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ Manfred:

    Diese Fundstelle hatte ich leider auch noch nicht. Ich habe über B.-Online gesucht und nur die von mir angegebene Fundstelle gefunden.

    Auf Grund dieser Fundstelle und den o.a. Ausführungen des OLG Karlsruhe, bin ich davon ausgegangen, dass über die Ersetzung der Einwilligung nach § 1618 Satz 4 BGB, in den dort genannten Fällen immer der Rechtspfleger zu entscheiden hat, weil nach § 14 RPflG insoweit kein Richtervorbehalt gegeben ist.

    Sofern aber, wie es wohl auch die Kommetarmeinung wiedergibt, der Vorbehalt nach § 14 Ziff. 5 RPflG greift, wäre natürlich der Familienrichter zuständig.

    Ich lasse mich da gerne eines besseren belehren, schließlich bedeutet das ja auch in gewissem Umfang weniger Arbeit.

    Vor kurzem habe ich in einem Fall mit gemeinsamer elterlicher Sorge entschieden.
    Nachdem die Kindesmutter Rechtsmittel eingelegt hat, liegt die Sache jetzt beim OLG Karlsruhe.
    Bin mal gespannt wie das OLG die Sache sieht.

  • @ Icemen

    Würde mich auch mal interessieren. Zu überlegen wäre, ob die Entscheidung des OLG im Rechtspfleger veröffentlicht werden sollte.

  • Habe jetzt die erste Sache mal dem Abteilungsrichter mit dem Hinweis auf die Kommentarstelle bei Bamberger/Roth vorgelegt und um Übernahme des Verfahrens gebeten.

    Mal sehen, was passiert...! :teufel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich sehe hier auch die Problematik der funktionellen Zuständigkeit - die Argumentation der Richterzuständigkeits-Befürworter ist durchaus nachvollziehbar, habe aber Zweifel, ob § 14 Abs. 1 Nr. 5 RPflG hier einschlägig ist und zwar aus folgenden Gründen:

    § 14 Abs. 1 Nr. 5 RPflG "Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sorgeberechtigten" ist m.E. nur auf die funktionelle Zuständigkeit für Entscheidungen gem. § 1628 BGB gemünzt.
    Ich denke auch, dass § 1618 S. 4 BGB kein Unterfall von § 1628 BGB ist.

    § 1628 BGB sieht nur vor, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sorgeberechtigten, die Entscheidungskompetenz einem Elternteil alleine zu übertragen. Im Online-Kommentar Bamberger/Roth,steht bei § 1628 BGB folgendes: "Sie regelt den Konflikt zwischen den Eltern im Sinn einer Familienautonomie,2 indem sie dem Gericht keine Sachkompetenz, sondern nur die Kompetenz zuweist, einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis zu übertragen."

    Bei § 1618 BGB liegt sehr wohl eine Sachkompetenz des Gerichts vor, hier ist die Erforderlichkeit der Einbenennung f.d. Kindeswohl und gem. Rechtsprechung auch eine Abwägung zu den Interessen des anderen Elternteils zu treffen.
    In meinem konkreten Fall könnte man argumentieren, dass der Vater bzgl. dem Kinde überhaupt keine Meinung vertritt, diese daher mit der Meinung der Mutter auch nicht verschieden sein kann. Zugegebenermaßen eine etwas spitzfindige Argumentation.

    Aber ich denke, dass ich diesen Antrag (wenn die Mutter dann auch mal Zeit findet) mit der oben stehenden Begründung meinem Abteilungsrichter vorlege.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Na ja, mich persönlich überzeugt diese neue Ansicht mit der Richterzuständigkeit auch nicht. Aber da es sie nun mal gibt und ich jetzt davon auch Kenntnis habe, muss ich zumindest auf Nummer sicher gehen und die Sache (erst mal) dem Richter vorlegen.

    Im Zweifel ist es sinnvoller, wenn der Richter entscheidet, da dann der Beschluss in jedem Fall wirksam ist. Entscheidet der Rpfl. und stellt sich irgendwann mal heraus, dass dieser (nach Meinung des OLG oder gar des BGH) unzuständig war, ist die Entscheidung des Rpfls. fürn A...!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat

    Ich habe gerade einen etwas unüblichen Antrag zu § 1618 BGB:

    Das gemeinsame Kind führt den Geburtsnamen der Ehefrau als ehemaligen gemeinsamen Ehenamen der Eltern. Nach der Scheidung hat ... die Mutter nach Wiederheirat den Namen ihres jetzigen Mannes.
    Ich soll die Zustimmung des Vaters ersetzen, damit das Kind den jetzigen Ehenamen der Mutter annehmen kann.

    Wie seht ihr das?



    Hallo,

    Wenn ich das richtig verstanden habe, führt das Kind nicht den Namen des Vaters. Diese Namensänderung ist m.E. ein reines Verwaltungsverfahren nach Namensänderungsgesetz und keine Einbenennung. Das Amtsgericht dürfte daher unzuständig sein.

    Ich bitte um lebhafte Diskussion!!!

  • Hallo frankenstein!

    Du hast vermutlich im Ausgangsfall überlesen, dass der Vater mit sorgeberechtigt ist. Daher greift hier das Zustimmungserfordernis der 1. Alternative des § 1618 S. 3 BGB ("Die Erteilung [...] bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht").

    Hätte die Mutter die elterliche Sorge allein inne, hättest Du Recht! Dann wäre die Zustimmung des Vaters gar nicht notwendig, da weder sein Sorgerecht noch sein Namensband tangiert werden würde.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!