Urteilsanmerkungen/Kommentare

  • Ich habe gerade dieses neue Anfechtungs-Urteil gesehen, das ist ja ein wirklicher Hammer. Insbesondere in Konzern-Verfahren kann man damit sehr viel anfechten, aber auch in den Fällen von Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter, also allen, die linke Tasche - rechte Tasche spielen. Den eigentlichen Hammer finde ich aber, dass der Zuwendungsempfänger / Lieferant nach meiner Lesart keine Kenntnis von der ZU gehabt haben muss, denn § 134 InsO setzt hier ja wirklich sehr geringe Anforderungen an die Anfechtbarkeit.

  • @ kaalstraat:

    Cool oder? Dazu gibt es aber schon seit einiger Zeit vermehrt Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Interessanz ist dies insbesondere bei Steuerorganschaften und Gesellschafts-/Gesellschafterverhältnissen. Wir diskutieren gerade die steuerlichen Auswirkungen bei Umsatzsteuerorganschaften, wenn einer der Insolvenzverwalter anficht.

    @ Rainer:

    Ich sage nur: AG Tirschenreuth/ LG Weiden, stimmts :D?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • IX ZR 201/08 betrifft das selbe Insolvenzverfahren, wie die unsägliche Entscheidung IX ZR 62/08 vom Feb. d.J.

    Unterschied ist lediglich, dass man hier noch längeren Lohnrückstände hatte und der Gegner kein Wasserträger, sondern Bauleiter.

    MaW: Tätigkeiten in höheren Stellungen sind mit Gefahr verbunden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • zu IX ZB 119/09

    leider hat es der BGH versäumt in dieser Entscheidung zu klären, ob ein Selbstständiger seine Verpflichtung gem § 295, II InsO auch erst zum Schluss der Laufzeit der Abtretungeerklärung zu erbringen braucht, um so seine Obliegenheiten zu erfüllen.

    Der zugrunde liegende Versagensantrag stützte sich ja nicht auf § 295, II InsO.

    Ein Gericht (na, welches wohl) geht davon aus, dass es reicht, wenn die Zeche zum Schluss bezahlt wird, dann allerdings mit Zinsen.

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    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (25. November 2009 um 07:56)

  • zu IX ZB 119/09

    leider hat es der BGH versäumt in dieser Entscheidung zu klären, ob ein Selbstständiger seine Verpflichtung gem § 295, II InsO auch erst zum Schluss der Laufzeit der Abtreungeerklärung zu erbringen braucht, um so seine Obliegenheiten zu erfüllen.



    Aber dann wäre doch auch schon die ganze Spannung raus gewesen. Ein paar Punkte sollten doch immer geheimnisvoll bleiben. Wie in einer Ehe;)...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • BGH, IX ZA 29/09 vom 9.11.2009, ohne Leitsatz:

    Zur Frage, ob PKH in einem Anfechtungsrechtstreit gem. § 133 InsO gewährt werden kann:

    Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die Gewährung und Entgegennah-me einer inkongruenten Deckung ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläu-bigerbenachteiligungsvorsatz und die entsprechende Kenntnis des Anfechtungsgegners dar.

    Nach allgemeiner Lebenserfahrung sind Schuldner regelmäßig nicht bereit, anderes oder mehr zu leisten, als sie schulden. Tun sie das dennoch, so müssen dafür im Allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Das weiß auch der Leistungsempfänger; eine entsprechende Bevorzugung weckt in ihm den entsprechenden Verdacht.

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  • Die Änderung eines objektiv falschen Schlussverzeichnisses kann noch in der Frist des § 197 InsO vorgenommen werden.

    BGH, Beschl. v. 22.10.2009, IX ZB 49/09

    Interessant, interessant. Widerspricht m.E. zwar teilweise früheren Entscheidungen, eröffnet den Verwaltern aber neue Möglichkeiten.



    Unglaublich, was der BGH da wieder hingebogen hat. Ist doch m. E. ein klarer Verstoß gegen § 193 InsO.



  • Die Entscheidung habe ich auch überhaupt nicht verstanden. Einerseits entscheiden die ganz formal (IX ZB 8/05) und ich denke, nun gut alles klar; und dann wieder das. Aber das kennen wir ja mittlerweile auch in anderen Fällen so.

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  • Die Entscheidung ist m. E. grundfalsch. Vielmehr ist ein offensichtlicher Druckantrag unzulässig und sollte als rechtsmissbräuchlich abgewiesen werden. Bei einer Erledigungserklärung soll halt der missbräuchliche Gläubiger die Kosten bekommen.

    Hier den Dispositionsgrundsatz im Antragsverfahren zu negieren und ein Amtseröffnungsverfahren entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers durchzuführen, geht völlig fehl. Auch darf das Insolvenzgericht nicht selbst die Insolvenzanfechtung feststellen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • @ Exec:

    Die Feststellung, dass der Gläubiger eine nach § 131 InsO anfechtbare Zahlung zurückweisen darf, ist doch nur dem Jammern der institutionellen Gläubiger geschuldet. Diese legen doch so gern dar, dass sie Zahlungen des Schuldners auch dann nicht zurückweisen können, wenn sie sehenden Auges damit rechnen müssen, diese später nach §§ 129 ff. InsO erstatten zu müssen.

    Im Übrigen stellt sich mir die Frage, wie ein Insolvenzgericht denn feststellen will, dass es sich um einen Druckantrag handelt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die Feststellung hat das Gericht hier doch gemacht: Die KK hat Antrag gestellt, kurz danach Geld erhalten und ohne dass der Insolvenzgrund an sich entfallen ist, den Antrag zurückgenommen.

    Richtige Schlussfolgerung aus diesem Sachverhalt wäre: Offensichtlich unzulässiger Druckantrag, KK trägt Kosten.

    Hier: Unzulässiger Druckantrag, also eröffnen wir das InsVerf, obwohl Schuldner + Gläubiger das nicht wollen. :daumenrun

    Also: Unzulässiger Antrag + Unzulässige Erledigungserklärung = Insolvenzeröffnung. :confused:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • @ Exec:

    Das Missliche ist doch, dass nach einem derartigen erledigten Antrag der offensichtlich zahlungsunfähige Schuldner mal eben so weiter macht, wie bisher. Manche Unternehmen muss man zu einem geordneten Marktaustritt zwingen.

    Darüber hinaus wissen wir nicht, was die Krankenkasse will. Außer einer Erledigungserklärung hat sie nämlich keine anderen Möglichkeiten.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die Entscheidung des LG Duisburg greift der schon seit langem im Raum schwebenden Änderung des §14 InsO vor, die aus Gründen, wie auch immer, nicht kommt.

    in BT-Drucks 16/886 vom 8.03.2006 war ursprünglich vorgesehen:

    Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837), wird wie folgt geändert:

    1. Dem § 14 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
    „Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass der Schuldner nach Antragstellung die Forderung erfüllt." 

    Damit hätten sich die Sozialversicherungsträger viel Ärger vom Hals halten können, weil sich dann der Insolvenzantrag durch Zahlung nicht erledigt hätte, so dass es einem Verwalter dann endlich, nachdem der 25. Antrag zur Eröffnung geführt hat, keine Beträge mehr hätte zurückfordern können, weil schon der 1. zur Eröffnung geführt hätte.

    Andererseits: Da man häufig erst, wenn überhaupt, vom Schuldner darauf gestoßen wird, dass da ja schon mal Anträge gestellt und befriedigt worden sind, sind da sicher viele Sachverhalte noch nicht aufgedeckt.

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  • Andererseits: Da man häufig erst, wenn überhaupt, vom Schuldner darauf gestoßen wird, dass da ja schon mal Anträge gestellt und befriedigt worden sind, sind da sicher viele Sachverhalte noch nicht aufgedeckt.



    Diese Aussage verstehe ich nicht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Es soll Amtsgerichte geben, die bei jedem Antragsverfahren einen Schuldner betreffend, einen neuen Sachverständigen einsetzen und keinen Hinweis mitliefern über die Antragsverfahren, die bereits zuvor ihre Erledigung gefunden haben.

    Insbesondere, wenn der letzte Antrag schon zwei Jahre her ist, findet man nur schwerlich etwas in den Unterlagen des Schuldners, wenn man nicht weiß, dass da eigentlich etwas sein müsste.

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