Ist das schon inkonkgruent?

  • Angenommen, S zahlt auf eine Vollstreckungsankündigung des Finanzamts - genügt das schon für die 'Inkongruenz' gem. § 131 InsO? Ist die Vollstreckungsankündigung also schon eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung oder nur eine Vorstufe (wie eine Mahnung)?

  • Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist eine inkongruente Deckung, wenn der Schuldner zur Zeit seiner Leistung damit rechnen muß, daß ohne sie der Gläubiger nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung beginnt.

    BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02

    Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kann auch dann als inkongruente Deckung anfechtbar sein, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung zur umgehenden Leistung auffordert, ohne eine letzte konkrete Frist zu setzen (Ergänzung zu BGH, ZInsO 2003, 611).

    BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 8/10

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wie La Flor de Cano . Entscheidend ist, wie sich der Vollstreckungsdruck aus der objektivierten Sicht des Schuldners darstellt. Gerade mit der zweitgenannten Entscheidung, zuletzt bestätigt durch Beschl. v. 09.10.2014 - IX ZR 250/12, kann man bei formularmäßigen Vollstreckungsankündigungen eine Inkongruenz begründen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Es muss sich m.E. dann um die Zahlung handeln, für die die Vollstreckung angedroht wird.

    Teils wird versucht, mit Vollstreckungsdruck für andere Zahlungen (teils sogar andere Gläubiger) die Inkongruenz für alles insgesamt herbeizuschreiben. Also z.B. Ankündigung der ZV für die Sozialversicherungsbeiträge für Monat 02/2022, angefochtene Zahlung 04/2022. Mir geht das dann zu weit.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Teils wird versucht, mit Vollstreckungsdruck für andere Zahlungen (teils sogar andere Gläubiger) die Inkongruenz für alles insgesamt herbeizuschreiben. Also z.B. Ankündigung der ZV für die Sozialversicherungsbeiträge für Monat 02/2022, angefochtene Zahlung 04/2022. Mir geht das dann zu weit.

    In solchen Fällen wäre ich auch eher zurückhaltend. Da kommt es sehr auf den Einzelfall an, ob und wie stark der Druck einer früheren Vollstreckungsandrohung fortwirken kann.

    Aber hier gab es laut Sachverhalt nur eine Vollstreckungsankündigung, auf die gezahlt wurde. Und wenn es der (selbst-)titulierte Betrag oder ein Abschlag ist, dürfte nichts einzuwenden sein.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Aber hier gab es laut Sachverhalt nur eine Vollstreckungsankündigung, auf die gezahlt wurde. Und wenn es der (selbst-)titulierte Betrag oder ein Abschlag ist, dürfte nichts einzuwenden sein.

    Genau so ist es hier. Ist denn nicht schon die Vollstreckungsankündigung ein Teil des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens?

  • Auf derlei Formalismen kommt es nicht an. Entscheidend ist, wie der Schuldner die Mahnung/Erinnerung/Vollstreckungsandrohung/Vollstreckungsankündigung aus objektivierter Sicht verstehen konnte. Handelt es sich um eine bloße Erinnerung, die jeder Gläubiger ohne Titel versenden könnte, fehlt es an einem Vollstreckungsdruck. Versteht der Schulder indes: "Wenn ich jetzt nicht (freiwillig) zahle, wird die Zahlung zwangsweise durchgesetzt.", dann leistet er unter dem Druck einer ihm drohenden Vollstreckung und es handelt sich um eine inkongruente Deckung.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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