Ergänzungspflegschaft für Strafverfahren / Ermittlungsverfahren

  • Ich schiebe dieses Thema mit meiner Frage, die wahrscheinlich total doof ist, nach oben.
    Ich habe einen Akte, wo ein Ergänzungspfleger für ein mj. Kind in einer Strafsache (sexueller Missbrauch) bestellt wurde. Der Ergänzungspfleger möchte nunmehr, dass sein Aufgabenkreis für das Zivilverfahren (Schadensersatz) erweitert wird. Mein Kollege, der die anderen Ergänzungspflegschaften macht, ist sich nicht sicher, ob wir im VG überhaupt für die Bestellung zuständig sind. Bin der Meinung, ja, warum auch nicht. Habe nichts Gegenteiliges entdecken können. Seid ihr meiner Meinung? Frage 2: Würde man dann einfach den Aufgabenkreis erweitern oder eine Art Neubestellung machen?

  • Nicht nur einfach erweitern, sondern sehr präzise:

    Geltendmachen, vereinnahmen, verwalten und verwenden der Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld, Opferentschädigung und Sozialleistungen in Verbindung mit ....

  • ich habe dann auch mal eine verfahrenstechnische Frage:
    Anklage gegen beide Adoptiveltern wegen Körperverletzung, die Geschädigte Minderjährige will nun als Nebenklägerin auftreten. Ich bin jetzt soweit, dass ich die elterliche Sorge nach 1796 BGB entziehe und hierfür einen Ergänzungspfleger bestelle.
    Jetzt muss ich ja eigentlich nach § 50 a FGG die Eltern anhören, reicht da schriftlich oder fällt die Erhebung der Nebenklage eher in die Personensorge?

    Danke schon mal :)

  • Und wenn wir schon dabei sind, hat jemand freundlicherweise einen Vordruck für mich?
    1. ich will im Wege der Amtshilfe die Minderjährige vor einem anderen AG anhören lassen....
    2. (falls persönliche Anhörung der Eltern tatsächlich erforderlich): Ladung der Eltern.

    Ich bin noch nicht so lange dabei und meine Kollegen haben in den Verfahren auch nicht so den Plan :(

  • :confused: Hat nicht die Adoption nach § 1754 BGB die Wirkung, dass das Kind wie ein leibliches Kind gestellt wird? Da ist doch dann am Ende das Familiengericht zuständig, wenn es um den Ausschluss der Adoptiveltern geht.

    § 1796 BGB dürfte hier für mich gar nicht anwendbar sein.

    PS: Ist nur so mein erster Gedanke und als Denkansatz zu verstehen....habe das aufgrund chronischen Zeitmangels jetzt nicht bis ins Letzte durchdacht.

  • Ich stehe auch gerade wie der Ochs vorm Berge und wäre für jeden Tipp dankbar.

    Polizei übersendet im Auftrag der StA eine Ermittlungsakte und regt die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die drei mdj. Geschwister A, B und C an.

    Als Wirkungskreis wird vorgeschlagen:
    "Vertr. in Behördenangelegenheiten, gerichtl. Verfahren, Auskünfte, schriftl. Stellungnahmen, Diagnosen, Gutachten pp."

    Hintergrund:

    Der minderjährige Halbbruder T soll die drei mehrfach sexuell belästigt haben.
    Die Kinder A (10 J.), B (7 J.), C (6 J.), und T (17 J.) haben alle die selbe Mutter M, die den T angezeigt hat. Der Vater des T ist verstorben. Die Kinder A, B, C leben bei ihrem Vater V, der von M geschieden ist. Die eSO über A, B u. C haben M und V gemeinsam.

    Fragen:

    1. Einen Vertretungsausschluss kraft Gesetzes kann ich nicht erkennen. Insbes. liegt kein Fall des § 52 StPO vor.
      Demnach müsste ein Vertretungsausschluss über §§ 1629, 1796 BGB erfolgen. Richtig?
      .
    2. Dann wäre eine F-Akte anzulegen und dann geht es los:
      Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG bestellen und schriftliche Anhörung des Verfahrensbeistands sowie persönliche Anhörung von M u. V.
      Oder kann man sich das hier irgendwie sparen?
      .
    3. Der Beschluss am Ende dürfte dann der M und dem V - zugleich als gesetzl. Vertreter für die Kinder - sowie dem Beistand zuzustellen sein, denke ich. Oder?
      .
    4. Ist Eurer Meinung nach außerdem für das hiesgie Verfahren noch ein Erg.Pfleger zu bestellen oder teilt Ihr meine Ansicht, dass die Eltern die Kinder hier insoweit vertreten können?
      .
    5. Wie ist der Wirkungskreis zu fassen?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.



  • zu 1.: aus § 52 StPO geht der Ausschluss tatsächlich für den konkreten Fall nicht hervor. Da aber M sowohl den Beschuldigten als auch die Zeugen vertritt, die ggf. ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, sollte die Mutter und damit auch V tatsächlich, so wie von dir vorgeschlagen, von der Vertretung ausgeschlossen werden, und so der Weg frei für einen Ergänzungspfleger gemacht werden. Aber dann wäre wohl sowohl für die Kinder A, B und C einerseits und den T andererseits ein solcher Pfleger erforderlich.

    zu 2./3.: Ich denke, dass man sich den Verfahrensbeistand hier sparen kann, wenn man einen geeigneten Ergänzungspfleger bestellt. Die Bekanntmachungen können dann tatsächlich wohl an M und V erfolgen, da sie im Verfahren auf Bestellung eines Ergänzungspflegers ja von der Vertretung der Kinder nicht ausgeschlossen sind.

    zu 4.: nicht noch ein extra Pfleger für das Verfahren (für jedes Verfahren, in dem es gerade um die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters geht)

    zu 5.: Ich denke schon, dass man das so ungefähr wie vorgeschlagen machen kann.


  • zu 1.: (...) Aber dann wäre wohl sowohl für die Kinder A, B und C einerseits und den T andererseits ein solcher Pfleger erforderlich.


    Der T braucht mich zum Glück nicht zu kümmern, da er anderswo wohnt und wir daher für ihn nicht zuständig sind. :D


    zu 2./3.: Ich denke, dass man sich den Verfahrensbeistand hier sparen kann, wenn man einen geeigneten Ergänzungspfleger bestellt. Die Bekanntmachungen können dann tatsächlich wohl an M und V erfolgen, da sie im Verfahren auf Bestellung eines Ergänzungspflegers ja von der Vertretung der Kinder nicht ausgeschlossen sind.


    Das verstehe ich nicht so ganz. :confused:
    In meinem Verfahren gibt es ja noch keinen Erg.Pfleger, der die Kindesinteressen wahrnimmt. Und da es darum geht, den Eltern teilweise die Personensorge zu entziehen, hätte ich gedacht, dass nach § 158 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ein Beistand zu bestellen ist (Meine Rechtsgrundlage § 1796 BGB ist dort zwar nicht genannt aber es kann ja keinen Unterschied machen, ob man nach § 1666 BGB oder eben nach § 1796 BGB teilweise die Personensorge entzieht, oder?). Aber wenn es ohne ginge, wäre das natürlich schön! (Btw: Bräuchte man hier eigentlich einen Beistand für alle oder jeweils einen Beistand für A, B u. C?)


    zu 4.: nicht noch ein extra Pfleger für das Verfahren (für jedes Verfahren, in dem es gerade um die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters geht)


    Sehr schön! Das finde ich gut! :daumenrau

    Ulf

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  • Gibt es noch weitere Meinungen dazu - insbesondere zu der Frage, ob ein Verfahrensbeistand (bzw. mehrere Beistände?) nach § 158 FamFG für mein Verfahren nach §§ 1629, 1796 BGB erforderlich ist und dazu, wie man dann später den Wirkungskreis formuliert!?!

    :habenw

    Ulf

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  • Nochmal ergänzend:
    Der Entzug der Vertretungsmacht nach § 1796 ist nicht so gravierend wie Maßnahmen nach §§ 1666 (a) - denn bei dem einen liegt in der Regel ein Verschulden der Eltern vor, bei dem anderen nicht. Der Fall des § 1796 ist nunmal in § 158 FamFG nicht mit aufgeführt, und man braucht nun wirklich nicht noch mehr aus dem Gesetz herauslesen als erforderlich.
    Gegen den Entzug der Vertretungsmacht haben die Eltern ja auch ein Beschwerderecht, da man ja ihre Rechte einschränkt. Man könnte ja in diesem Zusammenhang noch an Nr. 1 des § 158 denken (die Kinder A B C haben ein starkes Interesse an der Strafverfolgung des T, während die Mutter M hier vielleicht eine etwas andere Sicht hat, weil sie auch die Mutter des T ist). Aber letztlich muss ich ja bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht zwischen den Interessen von Mutter und Kind entscheiden (wie das vielleicht etwa beim Sorge- oder Umgangsrecht ist), sondern dem Kind einen Vertreter bestellen, den ich als geeignet ansehe.

    Der eventuelle Interessengegensatz liegt auf der Hand - wenn ich dann die Vertretungsmacht entziehe, können Mutter und Vater ja Beschwerde einlegen.
    Wenn ich es allerdings ablehne, die Vertretungsmacht zu entziehen und einen Ergänzungspfleger zu bestellen, würde ich schon eher ein Problem für die Kinder sehen: Wer nimmt dann deren Interessen war, etwa Beschwerde gegen die Ablehnung einzulegen (da ist bei einem unter 14-jährigen niemand, denn zumindest M wird es wohl nicht tun).

    So würde ich mal zu folgendem Schluss kommen:
    - Wenn ich beabsichtige, Vertretung zu entziehen und einen ErgPfl zu bestellen: kein Verfahrensbeistand (Eltern haben ja Beschwerderecht)
    - wenn ich beabsichtige, die Vertretung nicht zu entziehen, würde ich einen Verfahrensbeistand bestellen (dann nach Nr. 1), da dieser dann im Interesse der Kinder gegen meine Entscheidung auch Beschwerde einlegen könnte.


  • zu 1.: (...) Aber dann wäre wohl sowohl für die Kinder A, B und C einerseits und den T andererseits ein solcher Pfleger erforderlich.


    Der T braucht mich zum Glück nicht zu kümmern, da er anderswo wohnt und wir daher für ihn nicht zuständig sind. :D




    Ganz so würde ich es nicht sehen.

    Falls nämlich für T bereits ein Ergänzungspfleger bestellt sein sollte, würden daher M und V diesen bzgl. der Strafsache nicht vertreten.

    Somit läge dann wohl kein Interessengegensatz vor, da nur die Opferseite durch M und V vertreten würde.

  • Hier geht es aber darum, inwieweit die 3 Kinder als Zeugen aussagen. Und da ist der Interessengegensatz schon existent, nur weil der Beschuldigte auch ihr Sohn ist, unabhängig davon, ob er nun schon von einem Ergänzungspfleger vertreten wird oder nicht.

  • Das sehe ich wie Andy.K. Hinzu kommt noch, dass die M ja ebenfalls als Zeugin beteiligt ist.

    Ulf

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  • Also, ich denke, ich werde jetzt tatsächlich ohne Beistände und Pfleger die Sache über die Bühne bringen. Danke für Eure Meinungen dazu!

    Jetzt hab ich aber noch ein paar Fragen zur praktischen Handhabung:

    Da die Kinder hier (zum Glück) unter 14 sind, brauche ich die ja nicht persönlich anzuhören. Die Eltern M und V hingegen (eigentlich) schon. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die froh wären, nach den ganzen Vernehmungen bei der Polizei usw. und dem auf sie noch zukommenden Prozess, hier wegen dieser Geschichte nicht auch noch erscheinen zu müssen (zumal M auch noch 150 km entfernt wohnt).

    Haltet Ihr es für möglich, die Eltern schriftlich zu informieren, was hier anliegt und was beabsichtigt ist und dann darauf hinzuweisen, dass hierzu noch ein persönlicher Anhörungstermin erfolgen muss, zu dem sie aber nicht erscheinen müssen. Im Falle eines Fernbleibens wird dann davon ausgegangen werden, dass keine Bedenken gegen die Pflegerbestellung bestehen.

    Ulf

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  • Eigentlich darf gemäß § 160 Abs. 3 von der persönlichen Anhörung nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden. Aber wenn jemand zum Anhörungstermin einfach nicht kommt, ist es ja nicht mein Problem, dann reicht mir auch aus, dass er schriftlich zu verstehen gegeben hat, nichts einwenden zu wollen.

  • Es läuft ein Strafverfahren gegen den KV wegen sexuellen Mißbrauchs und gegen die KM wegen Beihilfe usw. Geschädigte ist die 16jährige eheliche Tochter.

    Der Richter hatte bereits vor einiger Zeit die eSO teilweise entzogen (nach § 1666 BGB).

    Nun teilt die StA mit, dass die Tochter als Nebenklägerin gegen ihre Eltern vorgehen will und dafür soll ein Erg.Pfleger bestellt werden.

    Fragen:

    1. Ist die Nebenklage ein Rechtsstreit i.S.d. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 - also besteht ein Vertretungsausschluss kraft Gesetzes? Oder muss die eSO nach § 1796 BGB entzogen werden?
      .
    2. Wenn ein gesetzl. Vertretungsausschluss bestünde, würde wohl die Erweiterung des Aufgabenkreises des bereits eingesetzten Pflegers angezeigt sein, oder?
      .
    3. Bestünde kein Ausschluss nach § 1795 BGB, würdet Ihr dann die Sache tatsächlich nach § 1796 BGB selbst machen oder würdet Ihr wegen eines Sachzusammenhangs mit dem damaligen 1666-Verfahren dem Richter vorlegen?

    Ulf

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  • Ich denke nein. Palandt 67. Aufl. Rd. Nr. 6 spricht von der Anwendbarkeit des § 1795 I Nr. 3 BGB bei "Zivilprozess" und in den "echten Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit". Beide Fälle sind nicht gegeben. Die Nebenklage verfolgt doch das Ziel, aktiv an einer Bestrafung mitzuwirken, nicht, einen Anspruch einzuklagen.

  • Ich denke, dass beim vorliegenden Alter der Geschädigten diese ggf. selbst einen RA für die Nebenklage beauftragen könnte? :gruebel:

    Im Falle der hier sehr wahrscheinlichen Beiordnung erhält diese ihre Vergütung ja aus der Staatskasse.

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