Gutgläubiger Erwerb

  • Es kommt hier nicht darauf an, was die Beteiligten sich dachten (wie in BGH, X ZR 177/97 - dort war das Grundbuch richtig gewesen, und die Beteiligten hatten die unrichtige Vorstellung, sie seien zu Bruchteilen eingetragen). Hier sind die Beteiligten zu Bruchteilen eingetragen, und nicht die Vorstellung der Beteiligten hierüber ist falsch, sondern das Grundbuch.

    Der gutgläubige Käufer hat

    • von dem, der im Grundbuch steht
    • das gekauft, was im Grundbuch als dessen Eigentum eingetragen ist
    • und eine entsprechende Vormerkung ist an dem vermeintlichen Miteigentumsanteil eingetragen worden.


    ...und damit sind wir wieder bei OLG Schleswig OLGR 2004, 461 = FGPrax 2004, 264

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  • Auf die Vorstellungen der Parteien kommt es tatsächlich nicht an, sondern darauf, ob der Verpflichtete den Anspruch erfüllen kann. Nach OLG Schleswig ist Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb der Vormerkung, dass "der dadurch gesicherte Anspruch unstreitig oder bewiesen ist." Läßt sich so vorliegend nicht behaupten (vgl. BGH a.a.O.). Im Fall des OLG Schleswig wurde ein verkaufter Miteigentumsanteil als solcher im Eigentum übertragen. Die Grundbuchunrichtigkeit bestand darin, dass das Recht eines Miterben nicht im Grundbuch vermerkt war. Hier geht es dagegen um ein unrichtiges Gemeinschaftsverhältnis. Und wie sich ein gutgläubiger Erwerb z.B. auch für den am Rechtsgeschäft nicht beteiligten aber im Grundbuch eingetragenen Miterben auswirkt. Wenn ein gutgläubiger Erwerb vorliegt, müßte der verbliebene Anteil immer noch gesamthänderisch sein.

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (30. Dezember 2016 um 15:57)

  • Das Gutachten des DNotI verstehe ich so, dass die Vormerkung am Miteigentumsanteil gutgläubig von C erworben wurde - dadurch dass sich die Erbengemeinschaft zur Übertragung eines halben Anteils hätte verpflichten können.

    Fraglich ist nun, ob A und B für den restlichen Anteil tatsächlich in Erbengemeinschaft weiterhin Eigentümer sind, wie 45 erläutert.

    Ziel der Parteien war es, dass A seine gesamte Erbquote am Grundstück, die fälschlicherweise als Miteigentum im Grundbuch steht, veräußern wollte. Im Ergebnis sollte B seine Erbquote behalten. Kann dann der gutgläubige Erwerb etwas zur Folge haben, was die Parteien nicht gewünscht haben, nämlich dass A immer noch Miteigentümer ist?

    Ich danke euch für eure Zeit und eure Beiträge :).

  • Vorliegend ist der Veräußerer nicht als Gesamthänder, sondern als Miteigentümer eingetragen. Als solcher konnte er sich allein zur Verschaffung (bzw. Übertragung) des Miteigentums gegenüber dem Erwerber verpflichten. Angesichts des Umstands, dass sich aus dem Grundbuch nichts anderes als die Miteigentümerstellung ergibt, konnte der Erwerber auch von der Vermutung der Richtigkeit des GB ausgehen. Auf den Inhalt der Grundakte (Erbschein) kommt es nicht an, da die Grundbuchlage der Erbscheinslage vorgeht (LG Freiburg, Beschluss vom 25.11.1980, 4 T 100/80 = BWNotZ 1981, 38). Ob der Veräußerer tatsächlich lediglich Mitglied einer Erbengemeinschaft ist, ist unerheblich, weil weder eine Zustimmung des noch nicht im Grundbuch eingetragenen wahren Berechtigten, also beider Erbengemeinschafter, noch ein sonstiger Nachweis über die fortbestehende Verfügungsbefugnis des Veräußerers vorgelegt werden muss (OLG Köln, Beschluss vom 15. 9. 2010 - 2 Wx 54/10 = DNotZ 6/2011, 441, Rz. 14 ff. mwN). Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Erwerber C zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Eintragung der Vormerkung gutgläubig war (s. Gutachten des DNotI vom 31.12.1998, geändert am 15.01.2008, Abrufnummer: 11059). Also ist der Miteigentumswechsel auf ihn zu vollziehen. Hinsichtlich des bei B verbliebenen Miteigentumsanteils dürfte ein Amtswiderspruch zugunsten der aus A und B bestehenden Erbengemeinschaft einzutragen sein. Allerdings stellt sich mir die Frage, wann denn die Erbfolge eingetreten ist und ob es sich evtl. um ein Grundstück aus der Bodenreform handelt, also möglicherweise eine Zuteilung nach Art 233 § 11 EGBGB erfolgt ist; s. https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post981693

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  • Es geht allerdings immer noch darum, dass das Grundbuchamt wenigstens dann einen gutgläubigen Erwerb herbeiführen darf, wenn die Vormerkung bereits gutgläubig erworben wurde. Und dass es dazu eines wirksamen Anspruchs bedarf. Und in Bezug auf den Anspruchs hilft die Grundbucheintragung als Bruchteilseigentümer nicht weiter. ich fand es nur seltsam, dass man die für das Bestehen des Anspuchs erforderliche Zustimmungsbereitschaft des Miterben so ohne Weiteres voraussetzt.

  • Die Zustimmung des Miterben (oder seine Bereitschaft) braucht es eben nicht, weil sich der gutgläubige Dritte auf die Richtigkeit des Grundbuchinhalts auch hinsichtlich der Art und Weise, wie mehrere Personen am Grundstück Eignetümer sind - hier also: Bruchteilseigentum - verlassen darf.

    Dass sich der Verkäufer schuldrechtlich sowieso wirksam zur Verschaffung eines Miteigentumsanteils verpflichten kann, steht außer Frage. Nur erfüllen kann er den Anspruch möglicherweise nicht, wenn nicht noch andere Personen miutwirken. Das ist aber für die Frage, ob ein Anspruch gegen den Verkäufer besteht, egal.

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  • Nur erfüllen kann er den Anspruch möglicherweise nicht, wenn nicht noch andere Personen miutwirken. Das ist aber für die Frage, ob ein Anspruch gegen den Verkäufer besteht, egal.

    Und damit sind wir wieder beim Fall "des subjektiven anfänglichen Unvermögens" (BGH) und der Frage, ob sich der Dritte aller Voraussicht nach der Mitwirkung verweigern würde (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O. Rn 25). Wenn ja, landet man bei § 275 Abs. 1 BGB. Und sofern man ihm nicht ein Angebot macht, das er nicht ausschlagen kann, würde er sich wohl weigern. Schon weil er sich nun zusätzlich in einer Miteigentümergemeinschaft befindet und sich der verbliebene gesamhänderische Anteil noch schlechter verwerten läßt.

  • Nur erfüllen kann er den Anspruch möglicherweise nicht, wenn nicht noch andere Personen miutwirken. Das ist aber für die Frage, ob ein Anspruch gegen den Verkäufer besteht, egal.

    Und damit sind wir wieder beim Fall "des subjektiven anfänglichen Unvermögens" (BGH) und der Frage, ob sich der Dritte aller Voraussicht nach der Mitwirkung verweigern würde (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O. Rn 25). Wenn ja, landet man bei § 275 Abs. 1 BGB. Und sofern man ihm nicht ein Angebot macht, das er nicht ausschlagen kann, würde er sich wohl weigern. Schon weil er sich nun zusätzlich in einer Miteigentümergemeinschaft befindet und sich der verbliebene gesamhänderische Anteil noch schlechter verwerten läßt.


    Und genau davor, sich darüber Gedanken machen zu müssen, schützt § 891 BGB den gutgläubigen Erwerber des Grundstücks und auch der Vormerkung.

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  • Dann würde ich bei dem bei B verbliebenen ½ MEA einen Amtswiderspruch eintragen. Da es keine objektbezogene Erbteilsübertragung gibt, könnte dem Umstand, dass B den ½ Anteil allein beanspruchen kann, dadurch Rechnung getragen werden, dass A und B die Auflassung des 1/2 MEA auf B erklären oder aber –noch besser- bestätigen, dass sie sich bereits vor der Veräußerung des ½ Anteils von A an C darüber einig waren, dass die bereits erfolgte Eintragung ihrem Auseinandersetzungswunsch entspricht (die Einigung also der Eintragung nachgefolgt ist).

    Was den an C veräußerten ½ Anteil anbelangt, so gibt es kein „subjektives anfänglichen Unvermögen“, nachdem A als Miteigentümer eingetragen ist und den Anspruch allein erfüllen kann.

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  • Was den an C veräußerten ½ Anteil anbelangt, so gibt es kein „subjektives anfänglichen Unvermögen“, nachdem A als Miteigentümer eingetragen ist und den Anspruch allein erfüllen kann.

    Ist recht. Wir sind uns aber schon darüber einig, dass er nur Buchberechtigter ist? Und wenn in Wirklichkeit die Miterben Eigentümer des Grundstücks sind, wer müßte sich dann hinsichtlich der Übertragung eines Hälftemiteigentumsanteils verpflichten?

  • Was den an C veräußerten ½ Anteil anbelangt, so gibt es kein „subjektives anfänglichen Unvermögen“, nachdem A als Miteigentümer eingetragen ist und den Anspruch allein erfüllen kann.

    Ist recht. Wir sind uns aber schon darüber einig, dass A nur Buchberechtigter ist? Und wenn in Wirklichkeit die Miterben Eigentümer des Grundstücks sind, wer müßte sich dann hinsichtlich der Übertragung eines Hälftemiteigentumsanteils verpflichten?


    A ist nur Buchberechtigter, und es müßten eigentlich (wenn es § 891 BGB nicht gäbe) sich alle Mitglieder der Erbengemeinschaft zur Übertragung eines 1/2 Anteils verpflichten.

    Ob B übrigens nun einen Anspruch gegen A auf Auflassung (zusammen mit B) des verbleibenden 1/2 MEAs auf B hat, weiß ich nicht. Vielleicht bekommt B auch nur den halben Erlös aus dem Kaufvertrag.

    Kann aber C wie gesagt alles egal sein. Zumal er keine Möglichkeit hat, herauszufinden, wer wirklich alles Mitglied der Erbengemeinschaft hat, auch ein Erbschein würde ihm nur wieder guten Glauben vermitteln.

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  • Was ohne Anspruch aber nichts nützen würde, weil die Vormerkung als Folge des § 275 Abs. 1 BGB zusammen mit dem Anspruch erlöschen würde (vgl. MüKo/Ernst BGB § 275 Rn. 68). Oder eben erst gar nicht entsteht. Wie gesagt: War nur so eine Idee.


    Wie der Fall zeigt, ist es eigentlich nicht wirklich verständlich, weshalb die Möglichkeit des gutgläubigen Eigentumserwerbs von der vorherigen Bewilligung einer Vormerkung abhängen soll.

    (Ob mit oder ohne Vormerkung, in beiden Konstellationen ist C im geschilderten Fall gutgläubig.)

  • Es kommt nicht auf die Bewilligung, sondern auf den Erwerb der Vormerkung (durch Eintragung) ab. Der Unterschied ist, dass der Zeitpunkt, von dem an man bösgläubig sein kann und dennoch erwirbt, nach vorne verlegt wird. Ohne Vormerkung muss man bis zur Umschreibung gutgläubig bleiben.

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  • Zunächst verhält es sich so, dass ein gutgläubiger Erwerb auch dann möglich ist, wenn der Grundbesitz in Wahrheit im erbengemeinschaftlichen Eigentum steht, die beiden Erben aber unrichtigerweise als hälftige Bruchteilseigentümer eingetragen sind und einer der Erben sodann an seinem vermeintlichen Hälftemiteigentumsanteil ein Grundpfandrecht bestellt (KGJ 51, 220; OLG Hamm DNotZ 1954, 256). Dass für den gutgläubigen Erwerb des vermeintlichen Miteigentumsanteils als solchen dann nichts anderes gelten kann, bedarf keiner weiteren Begründung.

    Da das Grundbuchamt nach einhelliger Rechtsprechung grundsätzlich nicht zu einem erkannermaßen nur aufgrund guten Glaubens möglichen Erwerb verhelfen darf (das ist auch zutreffend, weil die Auflassung und die Bewilligung eines Nichtberechtigten ja unwirksam sind und die diesbezügliche Heilung erst mit dem vollzogenen gutgläubigen Erwerb einträte), kommt die Vormerkungsfrage nur für die Frage ins Spiel, ob bereits die Vormerkung gutgläubig erworben wurde, weil das Grundbuchamt in diesem Fall - und hier schließt sich der Kreis, vgl. OLG Schleswig - auch den nachfolgenden Eigentumserwerb ausnahmsweise eintragen muss. Ansonsten wäre der erfolgte gutgläubige Erwerb der Vormerkung sinnlos.

    Im vormerkungsfähigen Anspruch sehe ich im Gegensatz zu manchen Vorrednern überhaupt kein Problem. Ich kann mich wirksam verpflichten, das Grundstückseigentum eines Dritten zu veräußern und wenn ich unrichtigerweise in dessen Grundbuch als Eigentümer eingetragen bin, steht der Eintragung der Vormerkung auch das Identitätsgebot nicht entgegen. Es gilt nämlich bei der Bewilligung einer Vormerkung durch einen eingetragenen Nichtberechtigten nicht, weil es ansonsten nie einen gutgläubigen Ersterwerb der Vormerkung gäbe und wir die Diskussion über einen gutgläubigen Erwerb der Vormerkung daher umgehend einstellen könnten.

    Richtig interessant wird es, wenn man nach den Folgen des gutgläubigen Erwerbs des Miteigentumsanteils des A durch den Erwerber fragt. Wenn man dabei im Ausschlussverfahren vorgeht, wird die von meinen Vorrednern kontrovers diskutierte Frage vielleicht transparenter:

    Der gutgläubige Erwerber und nunmehrige hälftige Bruchteilseigentümer E kann mit dem verbliebenen anderen Eigentümer B nicht erbengemeinschaftlicher Eigentümer sein, weil E weder Miterbe ist noch er den Erbanteil des A erworben hat. Ein erbengemeinschaftliches Eigentum von E und B am Grundbesitz ist daher ausgeschlossen.

    A kann auch nicht mehr (gleich in welcher Form) Eigentümer sein, weil er seine eigentumsrechtliche erbengemeinschaftliche Beteiligung am Grundbesitz kraft gutgläubigen Erwerbs in Form des von § 891 BGB fingierten Hälftemiteigentumsanteils verloren hat. Damit ist auch ausgeschlossen, dass A und B weiterhin in irgendeiner Weise erbengemeinschaftliches Eigentum am Grundbesitz innehaben können.

    Dann bleibt aber nur noch eine Möglichkeit übrig: Mit dem gutgläubigen Erwerb des Hälftemiteigentumsanteils durch den gutgläubigen Erwerber E wandelt sich auch das bislang erbengemeinschaftliche Eigentum des B in hälftiges Bruchteilseigentum um, weil es begrifflich nicht möglich ist, dass nur ein einziges Mitglied der Erbengemeinschaft Grundstückseigentümer ist, sofern der einzige andere Miteigentümer dieser Erbengemeinschaft nicht ursprünglich oder infolge Erbteilsübertragung angehört. Diese Umwandlung ist daher sowohl Reflex als auch zwingende Folge aus dem gutgläubigen Erwerb eines Miteigentumshälfteanteils durch den Erwerber B.

    Ergebnis: Der Eigentumsübergang des Hälftemiteigentumsanteils muss eingetragen werden, weil der Erwerber bereits die sich hierauf beziehende Vormerkung gutgläubig erworben hat. B und der Erwerber sind fortan Bruchteilseigentümer je zur Hälfte.

  • Ergebnis: Der Eigentumsübergang des Hälftemiteigentumsanteils muss eingetragen werden, weil der Erwerber bereits die sich hierauf beziehende Vormerkung gutgläubig erworben hat. B und der Erwerber sind fortan Bruchteilseigentümer je zur Hälfte.

    :gruebel: C kann von A gutgläubig den Anteil durch Rechtsgeschäft erwerben, weil A insoweit fälschlich als (Mit-)Eigentümer eingetragen ist. Damit entsteht zwingend auch der weitere Miteigentumsanteil. Aber wie genau soll B den jetzt allein erworben haben?

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