Guthaben des Erblassers vs. Aufrechnung

  • Eine Betreuter ist verstorben. Die Pflegeanstalt hat noch einen nachweisbaren Anspruch gegen den Verstorbenen. Gleichzeitig weist das Taschengeldkonto des Verstorbenen ein plus von 300,00 € auf.

    Nun meldet sich der Nachlaßpfleger und verlangt Überweisung der 300,00 €.

    Bzgl. der Forderung der Pflegeanstalt, macht der Nachlasspfleger die 3 Monatsfrist des § 2014 BGB geltend.

    Nachlaß ist überschuldet, Erben werden daher nicht ermittelt.

    Kann man denn nicht mit der Forderung aufrechnen ?

  • Mit dem Tod des Betroffenen ist die Betreuung beendet. Über Gelder des Verstorbenen dürfen nur noch die Erben bzw. der Nachlassverwalter verfügen. Es ist m.E. richtig, wenn der NL-Verwalter die Überweisung der 300,00 EUR verlangt. Nur er kann entscheiden, was mit diesem Geld passiert. Die Pflegeanstalt kann dem NL-Verwalter ihre Rechnung schicken und der Verwalter wird ihr dann mitteilen, ob und wieviel er aus dem Nachlass auszahlen kann.

  • Ich wüsste nicht, warum das Heim bei einer berechtigten Forderung gegen den Nachlass die € 300 an den Nachlasspfleger auszahlen sollte. Als Heim würde ich daher keinesfalls auszahlen und nach "Ablauf der Dreimonatseinrede" die Aufrechnung erklären und gut. Wenn die auszahlen würden, dann sehen sie doch das Geld nie wieder.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Eine Aufrechnung der Nachlaßgläubiger gegen Nachlaßforderungen oder ein Zurückbehaltungsrecht wird nicht gehindert (Palandt, 65.Aufl., Anm.3 zu § 2014 BGB).

    Damit dürfte der Nachlaßpfleger wohl daneben liegen.

  • Taschengeld ist bei Sozialhilfeempfängern als sogenannter Barbetrag unpfändbar, so dass eine Aufrechnung des Gläubigers unzulässig ist. Bei Selbstzahlern ist das Heim hingegen grundsätzlich nicht an der Aufrechnung gehindert.

    Jedoch besteht zusätzlich das Problem der treuhänderischen Verwahrung. Das Taschengeld wird von der Pflegeeinrichtung auf einem sogenannten Taschengeld-/Verwahrgeldkonto verwahrt (näheres dazu regelt die HeimSichVO). Krankenhäusern ist es beispielsweise untersagt, mit eigenen Forderungen gegen die Auszahlung in Verwahrung gegebenen Geldes des Patienten aufzurechnen. Fundstellen habe ich hier zu Hause nicht parat, bei Bedarf kann ich aber in der Kanzlei nachsehen.

  • Oh, das war mir neu...


    Wäre wirklich interessant, dazu noch einige Fundstellen zu erfahren.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Oh, das war mir neu...


    Wäre wirklich interessant dazu noch einige Fundstellen zu erfahren.



    :dito:

    ansonsten wäre meine Meinung auch gewesen wie #3, #4

    edit:
    ... und es wäre sicherlich einen Gedanken wert, ob die Grundsätze aus #5 auch gegenüber dem Nachlass gelten ...

  • Zitat von Ratlos:
    Taschengeld ist bei Sozialhilfeempfängern als sogenannter Barbetrag unpfändbar, so dass eine Aufrechnung des Gläubigers unzulässig ist.

    Unterstellt die Aufrechnung ist zu Lebzeiten unzulässig, stellt sich zusätzlich die Frage, ob dieser Schutz nach dem Tode des Sozialhilfeempfängers weiter besteht.
    Ob die Erben desselben Schutzes bedürfen, ist mir zumindest nicht sofort einsichtig.

  • Zitat von Ratlos:
    Taschengeld ist bei Sozialhilfeempfängern als sogenannter Barbetrag unpfändbar, so dass eine Aufrechnung des Gläubigers unzulässig ist.

    Unterstellt die Aufrechnung ist zu Lebzeiten unzulässig, stellt sich zusätzlich die Frage, ob dieser Schutz nach dem Tode des Sozialhilfeempfängers weiter besteht.
    Ob die Erben desselben Schutzes bedürfen, ist mir zumindest nicht sofort einsichtig.


    Zumal der Nachlasspfleger mitteilt, dass Erben aufgrund der finanziellen Situation des Nachlasses nicht ermittelt werden.

  • Gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII sind Sozialhilfeleistungen unpfändbar. Taschengeld wird Sozialhilfeempfängern in stationären Einrichtungen als Barbetrag gemäß § 35 Abs. 2 SGB XII ausgezahlt.

    Zur generellen Unzulässigkeit der Verrechnung mit verwahrten Geldern in Altenheimen Gaiser, Fallstricke bei der Altenheim-Vertragsgestaltung, NJW 1999, 2311 ff. mit weiteren Nachweisen:

    Zitat

    4. Taschengeldverwahrung und Aufrechnungsbefugnis
    Die Klausel, daß die Heimleitung auf Wunsch des Heimbewohners Taschengeldbeträge verwaltet, stößt auf keine rechtlichen Bedenken. Wenn aber in AGB gleichzeitig normiert wird, daß sich ein Heimträger gegebenenfalls wegen noch bestehender Heimkostenforderungen aus diesem Treugut befriedigen darf, so ist eine solche Regelung unwirksam i.S. von § 9 I AGBG. Durch die Verwahrung von Geldbeträgen wird eine fremdnützige Verwaltungstreuhand begründet. Daraus folgt, daß dem Heimträger dieAufrechnung mit seiner Heimkostenforderung nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt ist. Wird dem Heimträger die Möglichkeit eingeräumt, sich aus diesemTreugut zu befriedigen, wird aus der fremdnützigen Treuhand eine verschleierte Kaution.

    Ebenso v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stichwort Heimverträge, Stand Oktober 2005, Rn. 39

    Da eine Verrechnung in Verwahrung gegebener Gelder ohnehin unzulässig ist, kommt es weder darauf an, ob der Heimbewohner Sozialhilfeempfänger war oder zwischenzeitlich verstorben ist.

  • Danke RATlos.

    Wenn sich das Heim nicht gegen die Auskehrung des Taschengeldes wehren kann, frage ich mich, was der Nachlassverwalter mit dem Betrag "anstellt", wenn er doch keine Erben finden will.

  • Danke RATlos.

    Wenn sich das Heim nicht gegen die Auskehrung des Taschengeldes wehren kann, frage ich mich, was der Nachlassverwalter mit dem Betrag "anstellt", wenn er doch keine Erben finden will.





    ... seine Vergütung sichern.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • oder für unbekannte Erben hinterlegen (das Heim kann sich dann einen Titel besorgen und pfänden :teufel:)

    Da werden sich die Mdt. freuen. Ausstehende Rechnungen i.Hv. 3.000,00 € und jetzt ist das Taschengeld auch weg !? :mad:

  • Der Hinweis mit Fundstellen von RAtlos ist ja wirklich interessant.
    Und warum hätte hier die aufgezeigte Rechtslage den Sachverhalt vereinfachen sollen.?
    Das wär ja mal ganz was neues.:D

  • Hallo,

    mich würde interessieren, wie die Sache ausgegangen ist und ob es zu der Problematik neue Erkenntnisse gibt (bei Tod des Betreuten).


  • Da eine Verrechnung in Verwahrung gegebener Gelder ohnehin unzulässig ist, kommt es weder darauf an, ob der Heimbewohner Sozialhilfeempfänger war oder zwischenzeitlich verstorben ist.

    Wo steht das, dass eine "Verrechnung" (oder Aufrechnung) mit in Verwahrung genommenen Geldern ohnehin unzulässig ist?


  • Da eine Verrechnung in Verwahrung gegebener Gelder ohnehin unzulässig ist, kommt es weder darauf an, ob der Heimbewohner Sozialhilfeempfänger war oder zwischenzeitlich verstorben ist.

    Wo steht das, dass eine "Verrechnung" (oder Aufrechnung) mit in Verwahrung genommenen Geldern ohnehin unzulässig ist?

    Bei fremdnütziger Verwaltungstreuhand habe ich z. B. folgende weitere Fundstelle: E. Wagner in: Erman BGB, Kommentar, § 387 BGB Rn. 6, zum Altenheimvertrag explizit LG Hamburg, Urteil vom 19. November 1991 – 302 S 56/91 –, juris

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