Nachverhaftung = "Bestellung" i.S.d. § 1193 BGB n.F. ?

  • Die betreffenden Passagen aus der in Rpfleger 2009, 377 veröffentlichten Entscheidungsanmerkung lauten:

    „Wird ein mit einem Einzelrecht als Altrecht i. S. des Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB belastetes Grundstück unter gleichzeitiger Pfanderstreckung dieses Rechts mit einer unselbständigen Teilfläche vereinigt, so gilt für die nachverhaftete Teilfläche im Hinblick auf die Kündigungs- und Fälligkeitsbestimmungen die unabdingbare gesetzliche Regelung des § 1193 Abs. 1 BGB, weil die Nachverpfändung im Hinblick auf die pfandunterstellte unselbständige Teilfläche im Rechtssinne eine Neubestellung des Grundpfandrechts darstellt, auch wenn durch eine solche Nachverpfändung kein Gesamtrecht entsteht und man solche Pfanderstreckungen aus pragmatischen grundbuchtechnischen Gründen gemeinhin wie eine Inhaltsänderung nach § 877 BGB behandelt (Palandt/Bassenge § 877 Rn. 3 m. w. N.). Die gelegentlich in der Grundbuchpraxis anzutreffende Ansicht, dass in diesem Fall in Bezug auf die Fälligkeitsregelungen in Abweichung von § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB eine Hafterstreckung mit dem bisherigen Inhalt des Einzelrechts möglich sei, verdient somit keine Zustimmung, zumal sie die Rechtswirkungen einer erfolgenden Vereinigung ohne Rechtsgrundlage mit denjenigen einer Bestandteilszuschreibung gleichsetzt.“



    Was würde das denn jetzt konkret für eine Realteilung bedeuten, so wie z.B. in #85 aufgeworfen? Der Bestandsschutz für die "alte" Fälligkeit der Grundschuld am bisherigen Miteigentumsanteil einerseits, die Erstreckung der Grundschuld mit der "neuen" Fälligkeit auf den bisher noch nicht belasteten ideellen Anteil des Flurstücks nach Teilung andererseits.

    Im Ergebnis eine Grundschuld - kein Gesamtrecht - auf einem Flurstück mit unterschiedlichen Fälligkeiten ?

  • Darf ich dieses Thema nochmal hervorkramen ?

    Würde eine Erklärung der Beteiligten genügen, dass für die neue unselbständige Fläche die neue Fälligkeitsregelung gelten soll ?

  • Nach meiner Auffassung gilt für die nachverhaftete Teilfläche die neue Fälligkeitsregelung kraft Gesetzes. Das Problem liegt daher nicht in der Fälligkeit, sondern darin, dass sich der Eigentümer bei der Pfandunterstellung darüber zu erklären hat, ob es sich bei dem betreffenden Recht um eine Sicherungsgrundschuld handelt (Böhringer Rpfleger 2009, 124, 131; Bestelmeyer Rpfleger 2009, 377, 378). Fehlt diese Erklärung, kann sie in der Form des § 29 GBO nachgeholt werden, was auch durch eine Eigenurkunde des Notars möglich ist, weil keine Rechtsänderung, sondern nur die Bestätigung einer ohnehin gegebenen Rechtslage in Frage steht (Bestelmeyer Rpfleger 2009, 377, 378). Bei der Eintragung der Pfandunterstellung in den Spalten 5-7 der Abteilung III ist die abweichende Fälligkeit durch ausdrücklichen Vermerk zum Ausdruck zu bringen (Böhringer und Bestelmeyer je a.a.O.).

  • Danke auf jeden Fall schon einmal. Dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, setze ich voraus; hab allerdings noch folgenden Zweifel: Ich würde daher in Sp. 5-7 zum Ausdruck bringen, dass bzgl. der nachverpfändeten Fläche § 1193 n.F. gilt, dann habe ich aber immer noch kein Gesamtrecht; wie wird dann die Zwangsversteigerungsabteilung im Falle einer Versteigerung damit umgehen ?

  • Das Problem stellt sich aber auch, wenn für ein Wohnungseigentum, das bislang mit einem Pfandrecht belastet ist, für das die sofortige Fälligkeit vereinbart wurde, ein hinzuerworbener Miteigentumsanteil nachverpfändet wird (s. dazu etwa Mottau, Rpfleger 1990, 455, Böttcher, BWNotZ 1996, 80/85) und bestimmt wird, dass für die nachverpfändeten Miteigentumsanteile die gesetzliche Fälligkeitsregelung gelten soll. Die Umstellung insgesamt auf eine einheitliche Fälligkeitsregelung wird man nicht verlangen können. Dann gelten jedoch für das einheitliche Recht unterschiedliche Fälligkeitsbestimmungen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ok, danke, dann trag ich es ein. Hoffe nur, dass die Zwangsversteigerungsabteilung - wenn es soweit kommt - nicht den Kopf über mich schüttelt.

  • Ich muss zu diesem Thema mal etwas fragen.

    Am 13.08.2008 wird eine sofort fällige Gesamtgrundschuld bestellt und am 27.08.2008 eingetragen. In der Grundstücksliste ist ausdrücklich bezüglich eines Grundstücks vermerkt, das aus diesem Grundstück nur eine Teilfläche Belastungsgegenstand sein soll. An diesem (alten) Grundstück wird die Grundschuld nicht eingetragen. Am 30.09.2010 reicht der Notar nach Vermessung eine Identitätserklärung bzgl. der Teilfläche ein und beantragt neben der Eigentumsüberschreibung u.a. die Pfanderstreckung des jetzt genau benanten Grundstücks unter ausdrücklichem Hinweis auf die ursprüngliche Bestellungsurkunde vom 13.08.2008. Ich überlege nun, ob bezüglich diese Grundstücks die Regelung des § 1193 BGB n.F. greift. Was meint ihr?

  • Da der Antrag erst jetzt gestellt wird, würde - aus dem Bauch heraus - ich auf neues Recht abstellen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Grundschuld wurde bereits vor dem 20.08.2008 als Gesamtrecht bestellt. Sie wird nur bezüglich eines der Grundstücke nachträglich eingetragen, weil dieses Grundstück erst durch Vermessung gebildet werden musste. Da es für die "Bestellung" auf den notariellen Bestellungsakt ankommt, gilt demnach altes Recht (Bestelmeyer Rpfleger 2009, 377 m.w.N.).

    Dies setzt allerdings voraus, dass die Teilfläche bereits in der Grundschuldbestellungsurkunde belastet wurde und dort auch in genügender Form (z.B. durch Karte) bezeichnet wurde. Dies scheint aber vorzuliegen, denn sonst würde eine Identitätserklärung des Notars von vorneherein nicht ausreichen.

    Wenn altes Recht zur Anwendung kommt, würde ich dies ausdrücklich im Grundbuch vermerken und des weiteren in jedem Fall auch eine Bezugnahme auf die ursprüngliche Grundschuldbestellungsurkunde vornehmen. Anderenfalls könnte für den unbefangenen Betrachter nämlich der Eindruck entstehen, dass für das jetzt belastete Grundstück § 1193 BGB n.F. gilt.

  • Überzeugt!

    (Davon ausgehend, dass die "Identitätserklärung" wirklich nur eine solche und nicht tatsächlich eine Neubewilligung der GS für den später vermessenen Gegenstand ist.)

    Ulf

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  • Ich danke euch, waren meine Überlegungen doch richtig. Den Hinweis der ausdrücklichen Bezugnahme auf die alte Bestellungsurkunde finde ich gut. Alle eure genannten Voraussetzungen liegen in diesem Fall vor.

  • Aus gegebenem Anlass: Würdet Ihr bei einer Nachverpfändung - Grundschuld ist nach altem Recht eingetragen - auf eine Bewilligung bzgl. der Fälligkeitsregelung bestehen oder könnte ich auch von Amts - wegen - ohne dass dies nochmals extra bewilligt würde - im Grundbuch vermerken, dass die Fälligkeit hinsichtlich des nachverpfändeten Objekts geändert ist ?

  • Muss bei einer Nachverpfändung einer Grundschuld (altes Recht) die gesetzlich geänderte Fälligkeit ausdrücklich erwähnt/bewilligt werden?
    Wenn in der Urkunde nichts erklärt wird gilt ja wohl trotzdem neues Recht, aber was trage ich dann ein? Eine Bezugnahme auf die Bewilligung der Pfandunterstellung, die nichts zur Fälligkeit sagt?
    :confused:

  • Ich bin der Auffassung, dass ich der Nachverpfändungsbewilligung abweichende Vereinbarungen zur Fälligkeit getroffen werden müssen, die der neuen Rechtslage entsprechen, da m.E. andernfalls die Fälligkeitsregelungen aus der ursprünglichen Bewilligung als auch für die Nachverhaftung vereinbart gelten würden, was aber regelmäßig nicht zulässig sein dürfte (da in alten Bewilligungen Grundpfandrechte meist "sofort" oder "jederzeit" fällig bewilligt wurden).

    Ulf

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  • Jetzt habe ich noch eine Frage zur Formulierung:
    Nachdem ich in der letzten Zeit einige Nachverhaftungen auf dem Blatte der usprünglichen Grundbucheintragung eingetragn habe, liegt mir jetzt ein Antrag vor, in dem ein Grundstück, das auf einem anderen Blatt gebucht ist, bezüglich einer Grundschuld nach "altem" Recht nachverhaftet werden soll.
    Auf das "neue" Blatt trage ich ja nun die Gesamtgrundschuld ein, auf dem alten Blatt den Mithaftvermerk. Die Ausführungen von Bestelmeyer im RPfleger 2009, 377ff. betreffen ja den Fall, dass die Eintragung einer Nachverhaftung auf demselben Blatt der ursprüngelichen Eintragung erfolgen soll.
    Bei der Eintragung der Gesamtgrundschuld nehme ich Bezug auf die Nachverpfändungserklärung (die keine Angaben zur Sicherungsgrundschuld pp. enthält, sodass ich noch nachfragen muss) und auf die ursprüngliche damalige Eintragungsbewilligung. Bedarf es jetzt dennoch eines Vermerks, dass hier die gesetzliche Regelung des § 1193 BGB gilt? Ich bin mir nicht so sicher.
    Dafür würde sprechen, dass auf die alte Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird, andererseits ist das Recht auf diesem Blatt komplett neu, sodass wohl niemand von der alten Rechtslage ausgehen dürfte.

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