Das Geliebtentestament und die Sittenwidrigkeit letztwilliger Verfügungen

  • Staubbedeckte, verzweifelte Anwärter, die für ihre Diplomarbeit in weggelegten Aktenstapeln nach Fällen aus der Praxis mit seltsamen Randproblemen suchen ...;)

    Bin ich froh, dass wir damals keine Diplomarbeit schreiben mussten!

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Das wird aber eine kurze Diplomarbeit:

    1. Grundsatz: Testierfreiheit (Art. 14 GG): Der Erblasser darf (abgesehen vom Pflichtteilsrecht) sein Vermögen zuwenden, wem er will
    2. Ausnahme: § 138 I BGB, sittenwidrig ist das, was nach der Ansicht aller billig und gerecht Denkenden nicht sein darf. (oder so ähnlich)
    3. Handlungsfreiheit, Art. 2 I GG: Der Erblasser darf sexuell wann er will, mit wem er will und wie er will.
    Ergebnis: Keine Sittenwidrigkeit.

    Ich würde das Thema wechseln. Wie umfangreich muss die Sache denn sein? Und welche Themenkomplexe kommen denn grundsätzlich in Betracht?

  • Die Arbeit soll ca. 40 Seiten umfassen..
    Am Anfang gehts natürlich erst mal um allgemeine Dinge wie z.B. wie sich Sittenwidrigkeit definiert, welche Moralvostellungen etc. dabei eine Rolle spielen und vor allem von wem. Dann die Bedeutung der Grundrechte, insbesondere der Testierfreiheit, die Bestimmung des maßgebenden Zeitpunkts für die Beurteilung von Testamenten, solche Entscheidungen wie die über die Hohenzollern etc.
    An Literatur gibts zu dem Thema wirklich ne menge, ich würde halt nur gerne ein konkretes Beispiel angeben um alls diese Punkte zu veranschaulichen

  • ... welche Moralvostellungen etc. dabei eine Rolle spielen und vor allem von wem.

    Sittenwidrig ist das, was die Ehefrau eines obersten Bundesrichters für sittenwidrig hält.

    Zur Sittenwidrigkeit werden doch auch das Behindertentestament und das Bedürftigentestament heiß diskutiert. Vielleicht ist das ein besserer Ansatz. Es könnte allerdings auch den Rahmen sprengen. Wie wäre es mit dem Behindertentestament für das steinreiche Kind, das die Kosten des Pflegeheims schon aus den Zinserträgen zahlen könnte?

  • Ich bearbeite jetzt seit drei Jahren Nachlasssachen. Ein Geliebtentestament ist mir bislang noch nicht untergekommen. Behindertentestamente habe ich hingegen schon häufiger eröffnet. In meiner Diplomarbeit hatte ich damals auch einen praktischen Teil - kam bei der Dozentin sehr gut an.

  • Du könntest allerdings auch die Entwicklung näher beleuchten. Ich meine damit, dass, was damals als sittenwidrig empfunden wurde, ist es heute schon lange nicht mehr.
    Dies anhand des Geliebtentestaments belegen.

    Früher war es ja unvorstellbar, dass man seine Geliebte wirksam als Erbin einsetzen konnte. Heute ist es möglich.
    Nur so eine Idee.
    "Der Wandel der Moralvorstellung innerhalb des 20. Jahrhunderts und die Auswirkung auf die Wirksamkeit von Testamenten diesbezüglich." ;)

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Also das Thema kann ich natürlich nicht mehr ändern, aber da es sehr allgemein gefasst ist kann ich natürlich in der Einleitung darauf eingehen, welche Aspekte in der Arbeit näher beleuchtet werden sollen.
    An so eine Entwicklung hatte ich auch schon gedacht, da gerade anhand der Beurteilung des Gliebtentestaments eine erhebliche moralische Wandlung zu erkennen ist.. naja mal schaun was sich so draus machen lässt.
    Behindertentestament wäre wie gesagt auch interessant, würde aber den Rahmen sprengen. Letztes Jahr wurde wohl auch schon eine Arbeit zu diesem Thema geschrieben.
    Schön wärs halt einfach noch gewesen ein Beispiel aus der Praxis zu haben, aber ich glaube diesen Wunsch kann ich so langsam begraben

  • Also, mit einem Geliebtentestament kann ich auch nicht diesen. Ich habe jetzt gerade eine Sache in bearbeitung, wo der Erblasser seiner thailändischen Geliebten ein Vermächtnis in Höhe von 10.000,- € ausgesetzt hat. Aber das trifft die Sache nicht so ganz.

    Die Dame ruft hier laufend aus Thailand an in sehr gebrochenem Englisch und starkem Akzent. Keiner versteht sie. Aber das ist jetzt ein anderes Problem.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Jetzt mal dumm gefragt: Gibt es Beispiele aus der Rechtsprechung, wo ein solches Testament als sittenwidrig angesehen wurde?


    Klar, war ja früher herrschende Meinung. Schau mal in Palandt bei § 138 BGB, Rdnr. 50. Da ist eine Entscheidung aus 1964 zitiert.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Das habe ich jetzt leider schon so oft gehört, aber wahrscheinlich hilft mir die aktuelle Sache von PuCo schon erheblich weiter!!
    Trotzdem vielen Dank für die zahlreichen Antworten :blumen:

  • So meine Gute. Hab dir die Unterlagen kopiert, die Namen geschwärzt und alles auf den Postweg gebracht. Mit ein wenig Glück, hast du die Unterlagen am Freitag.

    Mach was draus! ;)

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Auf der ersten Umschlagseite des Doppelheftes 9/10 des Rpfleger ist in der Vorschau auf die nächsten Hefte ein Aufsatz von Gebhardt über den Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Testaments angekündigt. Evtl. wird dort auch auf das Geliebtentestament eingegangen. Nur ein Hinweis, vielleicht bringt es was.

  • Heute in der NJW-Spezial zu Heft 22/2008 S. 680 gelesen:

    Vererbt der Erbl. seiner langjährigen Geliebten einen Miteigent.Anteil am ehel. Wohnhaus, ist das Test. nicht deswegen sittenwidrig, weil der andere Anteil seiner Ehefrau zusteht und deshalb nach dem Erbfall die Teilungsversteigerung der Immobilie droht. (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.08.2008 - 3 Wx 100/08)

    .... Da hat der Ehemann seiner Frau sozusagen postmortal nochmals eine Freude bereitet... das gibt bestimmt eine nette Eigentümergemeinschaft....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Leider kann auch ich nur in dasselbe Horn stoßen:

    Auch wir in der Kanzlei (der älteste Kollegen von uns vieren ist seit 1977 zugelassen) hatten noch nie ein "Geliebtentestament" auf dem Tisch.

    Vom Studium weiß ich noch, dass es da eine witzige Formel gab, wonach die Sittenwidrigkeit davon abhing, dass der Nachlass sozusagen als Belohnung für sexuelle Dienste verstanden wurde. "Hergabe für die Hingabe" nannte man das scherzhaft.

    Du kannst ja, um die Seiten zu füllen, diskutieren, ob es sittenwidrig war oder ist, den oder die homosexuelle(n) Partner(in) letztwillig zu bedenken. Immerhin war die Ausübung männlicher Homosexualität nach § 175 StGB a. F. bis Anfang der 90er Jahre in bestimmtem Umfang strafbar.

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