Zuständigkeit für ausländischen Erbteil an deutschem Grundstück

  • In einem deutschen Grundbuch ist eine Erbengemeinschaft eingetragen. Einer der Erben ist Pole und wiederum verstorben. Ein polnischer Erbschein liegt vor, wird aber vom deutschen Grundbuchamt nicht anerkannt.

    Ich frage mich nun, ob überhaupt ein deutsches Gericht für die Erteilung eines Erbscheins nach dem Polen zuständig ist. § 343 FamFG verlangt einen Nachlassgegenstand in Deutschland. Das Grundstück liegt in Deutschland. Nachlassgegenstand des Polen ist aber nur der Erbteil, in dem sich das Grundstück befindet. Ein Erbteil wird sonst im IPR als bewegliches Vermögen behandelt, das sich am Wohnsitz des Gläubigers befindet. Der Pole wohnte in Polen. Demnach gäbe es schlimmstenfalls gar keinen Anknüpfungspunkt für eine deutsche Zuständigkeit. Wie wird diese Frage so gehandhabt?

  • Es handelt sich hier nicht um einen unbeweglichen Nachlass, den der Pole in Deutschland hinterlassen hat, sondern einen Anspruch auf Auseinandersetzung an der Immobilie. Das ist dann ein beweglicher Nachlass, weil Forderung.

    Im übrigen ist dem deutschen Grundbuchamt ein ausländischer Erbschein iRd. egal. Es muss ein gegenständlich für das Vermögen in der BRD beschränkter ES (§ 2369 BGB) erteilt werden. Welches Recht dabei zur Anwenung kommt, ist eine andere Frage.

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  • Bei einem erbengemeinschaftlichen Anteil kommt es nach MüKo/Mayer § 2369 Rn.15 auf die Belegenheit der Beteiligung an. Da es sich um eine Erbengemeinschaft nach deutschem Recht handelt, an welcher lediglich ein Ausländer beteiligt ist, dürfte der Erbteil demnach im Inland belegen sein. Wenn alle Stricke reißen, kommt man jedenfalls im Wege der Notzuständigkeit zu einem deutschen Erbschein, weil sonst mangels Anerkennung des polnischen Erbscheins überhaupt keine Grundbuchberichtigung möglich wäre (Stichwort: Rechtsverweigerung).

  • § 343 Abs. 3 FamFG stellt auf Nachlassgegenstände im Inland ab. Gegenstände sind nicht nur Sachen (§ 90 BGB). Streng gesehen ist § 343 Abs. 3 FamFG eine Norm des Sachrechts (internationale Zuständigkeit), bei der es nicht auf das kollisionsrechtliche Verständnis von Rechtsbegriffen ankommt. IMHO hat man in dem beschrieben Fall mit Nachlassgegenständen im Inland zu tun.

    Sollte das Nachlassgericht Probleme mit der Anwendung des polnischen Rechts haben, kann ich auf die Möglichkeit der Einholung eines Gutachtens bei meinem Lehrstuhl hinweisen.
    http://www.rewi.euv-frankfurt-o.de/de/lehrstuhl/p…echt/index.html
    Wir, ein Kollege in streitigen Sachen – insbesondere Handels- und Schuldrecht – und ich in FGG-Sachen – insbesondere Erbrecht –, schreiben zwar bis jetzt nur Gutachten zum deutschen Recht für polnische Gerichte. Zum polnischem Erbrecht würde ich persönlich bei Bedarf gern ein Gutachten schreiben.

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