Zwangssicherungshypothek + Antragsrücknahme + Form

  • (Danke für den sachlichen Einstieg in die Diskussion jenseits des § 31, Andreas.)

    Ausgangspunkt für eine Ermittlung des noch vorhandenen Rechtsbegehrens muß m. E. die vorangegange Beanstandung sein.
    Je nach Art und Inhalt (Handelt es sich um einen behebbaren Mangel, einen nur theorethisch behebbaren Mangel oder ist der Antrag so verkorkst, dass man nur wegen der Kosten Gelegenheit zur Antragsrücknahme gegeben hat?) ist die konkrete Erklärung auszulegen.

  • Ausgangspunkt für eine Ermittlung des noch vorhandenen Rechtsbegehrens muß m. E. die vorangegange Beanstandung sein.


    Warum? Meine Beanstandung hat doch nicht unbedingt damit etwas zu tun, ob das Rechtsschutzbedürfnis noch vorliegt?

    Meine Beanstandungen unterliegen hinsichtlich ihrer Behebung grundsätzlich den §§ 29 ff GBO (soweit unsere obergerichtliche Rechtsprechung das nicht anders sieht). Wenn eine Antragsrücknahme oder -einschränkung ohne irgendwelche Hinweise auf die Gründe hierfür hier eingeht: Nicht wirksam zurückgenommen, § 31 GBO.

    Wenn solche Gründe ersichtlich werden: Zwar nicht wirksam zurückgenommen, aber nunmehr Rechtsschutzbedürfnis entfallen und daher zurückzuweisen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ausgangspunkt für eine Ermittlung des noch vorhandenen Rechtsbegehrens muß m. E. die vorangegange Beanstandung sein.


    Warum? Meine Beanstandung hat doch nicht unbedingt damit etwas zu tun, ob das Rechtsschutzbedürfnis noch vorliegt?



    Beides scheint mir je nach Einzelfall denkbar.

  • Nur so zum Weiterdiskutieren:

    Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009 führt in Rn 2 aus:
    Formzwang gilt auch, wenn ein (gemischter) Antrag eine Erklärung ersetzt (§ 30 GBO) und für die Rücknahme des Antrags (§ 31 GBO), zur Fussnote [7] die bis zur Eintragung möglich ist (§ 44 GBO). Fehlt eine formgerechte Rücknahme, ist einzutragen oder bei Eintragungshindernissen zurückzuweisen.

    Fussnote [7]

    OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 271; OLG Hamm Rpfleger 1985, 231.

    Das OLG Zweibrücken, a.a.O. führt aus:
    ….Denn die Eintragung einer Zwangshypothek als Vollstreckungsakt wird aufgrund ihrer formellen Zuweisung zum Grundbuchverfahren verfahrensrechtlich nur nach den Vorschriften der GBO behandelt. Das Grundbuchamt wird insoweit in erster Linie als Grundbuchbehörde tätig. Die Eintragung der Zwangshypothek ist eine Entscheidung des Grundbuchamtes; sie ist nicht als Entscheidung im Vollstreckungsverfahren zu qualifizieren (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1973, a.a.O. (= S. 440)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hatte deutlich gemacht (#38), dass ich mit meinen Ausführungen nur den Fall der "nackten" Antragsrücknahme im Auge habe, während andere das Rechtsschutzbedürfnis bemühten, für deren Wegfall bei dieser Fallgestaltung für das Grundbuchamt nichts ersichtlich ist (wie Andreas).

    Prinz: Ist ja schon immer meine Rede.

  • Ich weiß, der Vergleich hinkt etwas, aber nehmen wir mal an, der Antrag sei die stärkste Form der Bewilligung und der Vollstreckungsantrag die stärkste Form der Bekräftigung eigenen Rechtsschutzinteresses.

    Was läßt sich dann für die regelmäßige Auslegung folgern, wenn das Vollstreckungsorgan Kenntnis von einer "nackten", formunwirksamem Rücknahme des Vollstreckunsgantrags erlangt?

  • M. E. nichts, woraus sich mit Sicherheit das eine oder das andere ergäbe. Die reine Antragsrücknahme heißt nur, dass die Hypothek jetzt nicht eingetragen werden soll, warum auch immer. Ergebnis: Rücknahme formunwirksam, zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis komme ich nicht ==> einzutragen oder wegen anderer Gründe zurückzuweisen.

    Wenn ich bekräftige, dass Blau meine Lieblingsfarbe ist, dann führt die Rücknahme dieser Bekräftigung nicht dazu, dass Blau keine Farbe mehr ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn ich bekräftige, dass Blau meine Lieblingsfarbe ist, dann führt die Rücknahme dieser Bekräftigung nicht dazu, dass Blau keine Farbe mehr ist.


    Wenn ich aber mit dem Geld ein Armnia-Trikot kaufen will und jetzt warum auch immer sage, ich storniere den Auftrag, dann läßt das schon Rückschlüsse auf das Interesse des Begehrenden zu. (Und natürlich auf seinen Charakter.)
    Bevor wir also aneinander vorbeireden: Ich scheine das Rechtsschutzinteresse eher im Hinblick auf die einzelne Vollstreckungsmaßnahme zu betrachten, Ihr auf die gesamte Vollstreckung.

  • versucht doch, diesen fred mal einem Gläubiger, der jedenfalls zur zeit keine Eintragung will, so darzustellen, dass er gern bereit ist, die Kosten für die formbedürftige Antragsrücknahme zu übernemhen oder vorzustrecken. Ich denke, dass diese Antragsrücknahme eine formlose Vollstreckungshandlung ist; anders lässt es sich weder Gläubiger noch Schuldner darstellen.

  • Notwendigkeit von Formhindernissen kann man schon noch vermitteln.
    Aber viel weniger kapiert ein Laie, wenn man einträgt, obwohl Jurist wie Laie einhellig wissen, dass nicht mehr eingetragen werden soll. Das kapier ja nicht mal ich mit meinem juristischen Halbwissen.

  • Das ist nicht nur bei der Vollstreckung, sondern bei jedem Eintragungsantrag so. Wenn der Eigentümer privatschriftlich die Eintragung einer von ihm bewilligten Grundschuld beantragt und er den Antrag vor erfolgter Eintragung ebenso privatschriftlich wieder zurücknehmen will, dann begreift er auch nicht, weshalb die Rücknahme im Gegensatz zur Antragstellung formbedürftig sein soll. Trotzdem ist es so (siehe #32).

  • Wenn ich aber mit dem Geld ein Armnia-Trikot kaufen will und jetzt warum auch immer sage, ich storniere den Auftrag, dann läßt das schon Rückschlüsse auf das Interesse des Begehrenden zu.


    Es lässt eben - wenn man sonst nichts weiß - nur den Rückschluss zu, dass ich es jetzt nicht (mehr) will. Der Gründe können viele sein (monetärer Engpass, zu voller Kleiderschrank, ungünstige Jahreszeit - lieber später, weil dann neuer...). Daraus zu folgern, ich würde es nie mehr wollen (oder gar, ich hätte nun gar kein Recht mehr, wieder eines zu bestellen), halte ich für sehr gewagt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • M.E. ist es in dem in # 3 genannten Thema (#18) bereits alles auf den Punkt gebracht worden.

    grundbuchrechtlich:
    beglaubigte Erklärung der teilweisen Rücknahme nebst beglaubigterVollmacht
    vollstreckungsrechtlich:
    einfache Erklärung der teilweisen Rücknahme durch den RA reicht aus.
    eigene Meinung:
    Aufklärungsverfügung -> korrigierter ("neuer")Antrag -> Eintragung



    Sauberer geht´s wohl nimmer, wenn es nicht gerade eine Tabelle ist.

    Wobei das Verständnis eines juristischen Laien im übrigen weder eine grundbuch- noch vollstreckungsrechtliche Eintragungs- bzw. Löschungsvoraussetzung darstellt.;)


    Vollstreckungsrechtlich mag die mehr oder weniger formlose Rücknahme ausreichen, grundbuchrechtlich gelten aber halt die strengeren Formvorschriften, auf die auch Cromwell zu recht permanent hinweist.

    Und an die habe ich mich zu halten.

    Das ist nun mal meine Vorgabe und wie heißt es doch so schön: Da beißt die Maus keinen Faden ab.

  • @ cromwell

    das mag ja so sein; aber niemand wird verstehen, dass eine nicht (mehr)
    gewollte Eintragung erfolgt.

    Die formlose - unstreitig materiell rechtlich wirksame - Antragsrücknahme - kann allenfalls zu einer Aufklärungsverfügung führen, wobei nach Fristablauf nur eine Zurückweisung des Antrags wegen eines Formmangels der Rücknahmeerklärung in Frage kommt.

    Würde eine Eintragung erfolgen, wenn der Gläubiger in einer Privaturkunde mitteilt, dass er Stundung bewilligt hat. ( § 775 Ziffer 4 ZPO).

  • Ob eine Antragsrücknahme wirksam ist oder nicht, ist keine materiellrechtliche Frage, sondern eine Frage der Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Ist diese nicht eingehalten, ist die Antragsrücknahme nicht wirksam. Das war schon immer so und ist überhaupt nichts Neues. Eine Änderung des § 31 GBO obliegt dem Gesetzgeber.

    Im übrigen hatte ich bereits dargelegt, dass es für die Formbedürftigkeit der Antragsrücknahme gute Gründe gibt. Diese bestehen unverändert fort und deshalb gibt es keinen Anlass, § 31 GBO zu ändern. Außerdem halte ich es für eine durch nichts begründete Vermessenheit, dass Vollstreckungsgläubiger in ihrer Eigenschaft als Antragsteller trotz eindeutiger Gesetzeslage anders behandelt werden wollen wie jeder andere Antragsteller.

  • Die formlose - unstreitig materiell rechtlich wirksame - Antragsrücknahme - kann allenfalls zu einer Aufklärungsverfügung führen, wobei nach Fristablauf nur eine Zurückweisung des Antrags wegen eines Formmangels der Rücknahmeerklärung in Frage kommt.


    :confused: Wieso führt der Formmangel bei der Rücknahmeerklärung zur Zurückweisung des Antrags? Demharter § 31 Rn. 12: Die formgerechte Rücknahme führt zur Unterlassung der Eintragung. Irgendwie kommt mir das wie ein Anschlag auf mein Logikzentrum vor...

    Würde eine Eintragung erfolgen, wenn der Gläubiger in einer Privaturkunde mitteilt, dass er Stundung bewilligt hat. ( § 775 Ziffer 4 ZPO).


    :confused::confused: Ja, natürlich. Die Bewilligung der Stundung bedeutet doch nicht notwendig, dass der Gläubiger auf die Sicherung verzichten will, die die Hypothek bietet. Wieviele Zwangssicherungshypotheken werden denn (fast) nur zu Sicherungszwecken eingetragen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Meiner Ansicht nach wird der nach § 867 I 1 ZPO erforderliche Antrag nicht durch die Bestimmung des § 13 GBO überlagert, d.h. der Antrag ist nicht (nur) ein rein grundbuchrechtliches Erfordernis (so aber Demharter, GBO, 27. Auflage 2010, Anhang zu § 44 RN 69). Vielmehr ist ein wirksam gestellter Antrag auch Vollstreckungsvoraussetzung (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Auflage, § 867 RN 2; Schöner/Stöber, GBR, 14. Auflage 2008, RN 2169; Dümig, Rpfleger 2004, 1/5 m.w.N. in Fußn.; OLG Naumburg, B. v. 20.12.1999, 11 Wx 11/99, NotBZ 2000, 193 (Ziff. 26 der Gründe).

    Nimmt der Gläubiger seinen Antrag formlos zurück (was nach Vollstreckungsrecht zulässig ist), fehlt es an einer Vollstreckungsvoraussetzung, um dennoch eine Eintragung vornehmen zu können (OLG Naumburg, a.a.O.). Da die Rücknahme jedoch grundbuchrechtlich der Form des § 31 GBO bedarf (OLG Hamm, Rpfleger 1985, 231 = MittRheinNotK 1985, 76; OLG Düsseldorf, Rpfleger 2000, 62; OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 271 = Rpfleger 2001, 174; KEHE/Herrmann, Grundbuchrecht, 6. Auflage, 2006, § 31 GBO RN 14; Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, 2. Auflage 2006, § 31 RN 31; Hügel/Otto, GBO, 1. Auflage 2007, § 31 RN 32; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage 2008, RNrn. 94 und 2203; Meikel/Hertel, GBO, 10. Auflage 2009, § 31 RN 24; Demharter, GBO, 27. Auflage 2010, § 31 RNrn. 2, 6 und Anhang zu § 44 RN 69; Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009 RN 2), kann die Entscheidung nach formloser Antragsrücknahme m. E. nach nur auf Zurückweisung des (formell fortbestehenden) Antrags (und nicht auch auf Eintragung des nicht mehr Gewollten) lauten.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • So wie Prinz sehe ich es auch, diese These wird auch gestützt durch das Handbuch Zwangsvollstreckung von Hintzen/Wolf, RdNr. 10.15 und 10.16.
    Vielleicht ist diese Fundstelle schon vorher aufgeführt worden, was ich dann übersehen habe, aber auf jeden Fall ist die Zurückweisung eine Möglichkeit der Erledigung.

  • Aus Deiner Sicht ist diese Argumentation natürlich konsequent. Sie setzt aber natürlich voraus, dass im Rechtssinne zwei Anträge vorliegen, nämlich ein Vollstreckungsantrag, dessen Rücknahme keiner Form bedarf, und der Eintragungsantrag, der nur förmlich zurückgenommen werden kann. Für diese künstliche Auspaltung gibt es nach meiner Ansicht aber keine Rechtsgrundlage, sondern es verhält sich so, dass nur ein einziger Antrag (mit inhaltlich verschiedenen Komponenten) vorliegt, dessen Rücknahme insgesamt dem Formerfordernis des § 31 GBO unterstellt ist. Wer im Grundbuch vollstrecken will, muss eben auch die Förmlichkeiten des Grundbuchrechts beachten - wie jeder andere auch.

    Und deshalb ist es aus meiner Sicht nicht nur konsequent, sondern die einzig zutreffende Lösung, die Zwangshypothek einzutragen, wenn der Antrag nicht wirksam zurückgenommen wurde.

    Die abweichende Ansicht läuft im Ergebnis darauf hinaus, § 31 GBO durch bloße Behauptungen für den Bereich der Vollstreckung außer Kraft setzen zu wollen.

  • Ich verweise auch noch auf die Begründung zum Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz, mit dem die jetzt geltende Fassung des § 31 GBO (Formerleichterung nur für die Rücknahme von Berichtigungsanträgen) eingeführt worden ist (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/055/1205553.pdf, besonders S. 65 f.).
    Auszugsweise: "Nicht mehr begehrte Anträge sind, obwohl das Grundbuchamt Kenntnis von dem nicht mehr vorhandenen Interesse des Antragstellers an der Vollziehung seines Antrags hat, nach Beanstandung der mangelnden Form für eine Antragsrücknahme zu vollziehen. ... Eine weitergehende Befreiung von der Formvorschrift des § 29 auch für Anträge auf Eintragung einer dinglichen Rechtsänderung ... wurde ebenfalls erwogen. Sie schien jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit ... nicht angezeigt."

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