vollstreckbarer Tabellenauszug vbuH --> Pfändung nach § 850 f II ZPO möglich?

  • Hierzu ergibt sich jedoch eine weitere Fragestellung:

    Es soll manche Gerichte geben, welche die Aufnahme einer vbuH im Tabellenblatt nicht wollen in den Fällen, bei denen kein Antrag auf Erteilung der RSB durch den Schuldner gestellt worden ist. Begründung: § 301 InsO, folglich auch kein § 302 InsO.


    Das hat mich nie so richtig überzeugen können, zumal ich nicht erkennen kann, dass § 174 II InsO nur anwendbar ist, wenn die RSB angekündigt worden ist. Das sie evtl. keinen Sinn macht (gemacht hat) steht auf einem anderen Blatt.

    Jetzt werden die Gläubiger mit Forderungen aus vbuH aber immer ein Interesse daran haben, dass, egal wie ein Verfahren ausgeht, also auch eines nach § 207 InsO, diese vbuH auf dem Tabellenblatt notiert ist. Übersehe ich etwas?

    Mosser war schneller

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    2 Mal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (2. Oktober 2019 um 11:24) aus folgendem Grund: @mosser war schneller

  • Tja, damit ist dieses "Problem" wohl gelöst: BGH, Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZB 91/17 -

    Ich finde die Begründung schlüssig. Gute Entscheidung.

    Ich finde sie gerade nicht schlüssig. Aber sie ist nun mal in der Welt. Deshalb lohnt sich ein diskutieren da drüber nicht mehr;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Tja, damit ist dieses "Problem" wohl gelöst: BGH, Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZB 91/17 -

    Ich finde die Begründung schlüssig. Gute Entscheidung.

    Ich finde sie gerade nicht schlüssig. Aber sie ist nun mal in der Welt. Deshalb lohnt sich ein diskutieren da drüber nicht mehr;)

    Da sich ja der eine oder andere auf seine Unabhängigkeit beruft und auch der BGH gelegentlich ignoriert wird, lohnt sich eine Diskussion bestimmt.

    Was sind denn deine Bedenken?

  • Ich finde die Begründung, insbesondere Rn. 18 auch etwas arg dünn, was mich an dieser Stelle jedoch nicht zu interessieren braucht.

    Unabhängigkeit hin oder her. Mit dem Beschluss im Rücken wird sich kein Gläubiger zufrieden geben, wenn mit seiner Forderung anders umgegangen wird.

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  • Tja, damit ist dieses "Problem" wohl gelöst: BGH, Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZB 91/17 -

    Ich finde die Begründung schlüssig. Gute Entscheidung.

    Ich finde sie gerade nicht schlüssig. Aber sie ist nun mal in der Welt. Deshalb lohnt sich ein diskutieren da drüber nicht mehr;)

    Da sich ja der eine oder andere auf seine Unabhängigkeit beruft und auch der BGH gelegentlich ignoriert wird, lohnt sich eine Diskussion bestimmt.

    Was sind denn deine Bedenken?

    1. ich kann nicht auf der einen Seite eine richterliche Schlüssigkeitsprüfung verlangen und hier sagen es ist mir egal. Denn hier wird nur eine Begründung verlangt, damit dem Schuldner "die daraus hergeleitete Forderung in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird". Eine Schlüssigkeitsprüfung, dass es sich dabei wirklich um eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung handeln könnte, findet gerade nicht statt.

    2. der Schuldner wird nur da drüber belehrt, dass die Forderung nicht der RSB unterliegt. Das der BGH keine weitergehende Belehrung fordert (siehe letzter Absatz) ist auch wiederum unlogisch. Denn ansonsten müssen wir den Schuldner über - sorry- jeden Sch… genau belehren, ausgerechnet in diesem Fall ist eine Belehrung egal ?

    Aber - wie gesagt- ich kann mich damit abfinden, wenn das zweithöchste ;) Gericht das so entscheidet.

    Mich umtreiben da eher die Konsequenzen, weil ich es genauso gesehen habe, wie es bei La Flor steht. Ich habe die bei Nichtvorliegen eines RSB-Antrags nicht belehrt und - sofern ein Gläubiger da drauf bestanden hat - die Prüfung per Beschluss abgelehnt. Und das muss ich ja jetzt überdenken.

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  • das zweithöchste ;) Gericht

    ...in Deutschland. :cool:

    Konsequenz aus der - zugegebenermaßen unbefriedigenden - Begründung dieser Entscheidung könnte doch nun für den Gesetzgeber sein, auch im Mahnverfahren die Titulierung einer vbuH zu ermöglichen. Einfach eine schlüssige Begründung durch den Antragsteller fordern, um dem Antragsgegner selbst eine Prüfung zu ermöglichen. Dann den Antragsgegner auf den besonderen Antrag und die Konsequenzen der Titulierung hinweisen. Schon kann aus dem VB vorrangig vollstreckt werden...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • das zweithöchste ;) Gericht

    ...in Deutschland. :cool:...

    Haste Recht. aber ich bin mal davon ausgegangen, dass diese Entscheidung weder an den europäischen Gerichtshof noch an den UNO-Gerichtshof für Menschenrechte geht;)

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  • Nicht zu vergessen das jüngste Gericht. :kardinal:

    Aber was hältst Du von einer Gleichstellung von Tabellenauszug und VB, de lege ferenda. Dann kann man sich die abenteuerliche Begründung des BGH, warum beide Verfahren unterschiedlich behandelt werden können sollen, sparen.

    (Fünf Prädikate am Stück. Besser als Gnabry gestern...)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nicht zu vergessen das jüngste Gericht. :kardinal:

    Aber was hältst Du von einer Gleichstellung von Tabellenauszug und VB, de lege ferenda. Dann kann man sich die abenteuerliche Begründung des BGH, warum beide Verfahren unterschiedlich behandelt werden können sollen, sparen.

    (Fünf Prädikate am Stück. Besser als Gnabry gestern...)

    Im Grunde gebe ich Dir Recht. Das macht ja keinen Sinn, im Mahnbescheidsverfahren darauf noch zu verzichten. Baut man halt ne Belehrung ein und fertig ist die Laube. Und bei der Belehrung reicht ja nach Senat VII - wenn ich es jetzt mal frei interpretieren darf- theoretisch: "Achtung, es kann was passieren", über sämtliche rechtliche Konsequenzen muss ja gar nicht belehrt werden;).

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  • Der BGH hat doch aber gerade klargestellt, das mit dem VB nur "Geld" tituliert werden kann und der Antragsgegner mit seinem Widerspruch nur deutlich macht, dass er sich gegen "Geld" wehrt. Deliktscharakter ist im Mahnverfahren gar nicht vorgesehen.

    Im Insolvenzverfahren könnte er gegen "Geld" und / oder "v.b.u.H." Widerspruch erheben. Hier ist der Deliktscharakter ja ausdrücklich möglicher Teil des Verfahrens.

    Tut er das nicht, gesteht er den Vortrag des Gläubigers doch quasi zu. Durch den Widerspruch könnte er die richterliche Prüfung einfordern.

    Den letzten Teil der Bedenken (ohne RSB) kann ich nachvollziehen.

  • Tut er das nicht, gesteht er den Vortrag des Gläubigers doch quasi zu. Durch den Widerspruch könnte er die richterliche Prüfung einfordern.

    Dann komme ich, da ohne richterliche Prüfung, durch wenn entweder

    a. Der Schuldner nicht besonders helle ist;

    b. Der Gläubiger sich eine abenteuerliche Begründung einfallen lässt und der Schuldner nicht besonders helle ist;

    "Der Schuldner schlich schon in verdächtiger Manier um das Regal, so wie es Ladendiebe normalerweise machen. Dann traute er sich doch nicht und kaufte den Eimer mit Farbe auf Rechnung, wobei er von Anfang an vorhatte, diese nicht zu bezahlen".

    Eine schöne Schilderung des "Lebenssachverhalts", eine Einordnung muss ja durch den Gläubiger nicht erfolgen.

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  • Wir gehen hier doch immer vom mündigen Schuldner aus.

    Wenn das Gericht ordnungsgemäß belehrt, dann ist der Schuldner in der Pflicht. Das ist er in allen anderen normalen Verfahren ja auch.

    "Wir" als Insolvenzverwalter belehren auch: Der Schuldner kriegt vor Niederlegung eine Tabelle mit den Feststellungshinweisen und einen ausdrücklichen Hinweis, wenn v. b. u. H.-Forderungen angemeldet wurden.

    Ich weiß nicht, warum wir den Schuldner gelegentlich pampern wollen, gelegentlich aber auch sagen: Es kann nicht sein, was nicht sein darf und dann nerven wir ihn, bis zur RSB-Versagung. Zweierlei Maß?

    Der Schuldner kann zu seinem Schuldnerberater gehen, das konnte er ja für die Beantragung des Insolvenzverfahrens auch. Dafür muss er nicht mal zum Anwalt, wenn er wissen will, was die v.b.u.H.-Anmeldung für Konsequenzen haben kann.

    Er konnte auch Schulden machen. Von daher finde ich, dass auch mal gute Entscheidungen zu Gunsten der Gläubiger akzeptiert werden sollten. Ich sehe nicht das große Problem dabei.

  • Für mich gehts garnicht um ne gute oder schlechte Entscheidung für oder gegen Schuldner oder Gläubiger. Sondern um konsequente Entscheidungen. Ich kann mittlerweile nicht mehr einschätzen, was der BGH so entscheidet; mal hü mal hopp. Mal soll ich bis in die letzte Spitze belehren, mal ist ne Belhrung bei solchen Folgen wie hier nicht notwendig. Bei Antrag auf RSB soll ich bzw. der Richter genau belehren, welche Folgen das hat. Genauso bei der FavbuH hinsichtlich RSB. Und jetzt hier ist das egal.
    Des halb zu meiner eigentlichen Ausgangsfrage: wie gehts jetzt bei den Verfahren ohne Antrag auf RSB? Theoretisch brauche ich ja dann garnicht zu belehren ;): RSB-Einschränkung ist ja keine Folge und hinsichtlich verschärfte Pfändung brauche ich nicht belehren...

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  • Ich kann mittlerweile nicht mehr einschätzen, was der BGH so entscheidet; mal hü mal hopp. Mal soll ich bis in die letzte Spitze belehren, mal ist ne Belhrung bei solchen Folgen wie hier nicht notwendig. Bei Antrag auf RSB soll ich bzw. der Richter genau belehren, welche Folgen das hat. Genauso bei der FavbuH hinsichtlich RSB. Und jetzt hier ist das egal.
    Des halb zu meiner eigentlichen Ausgangsfrage: wie gehts jetzt bei den Verfahren ohne Antrag auf RSB? Theoretisch brauche ich ja dann garnicht zu belehren ;): RSB-Einschränkung ist ja keine Folge und hinsichtlich verschärfte Pfändung brauche ich nicht belehren...

    Ich sehe das Hüh-und-Hott nicht wirklich.

    Der Beklagte wird im Zivilprozess auch nicht belehrt, dass - wenn der Kläger beantragt, die v. b. u. H. festzustellen - eine privilegierte Pfändung in sein Einkommen möglich ist. Da wird ihm die Klage zugestellt und der Beklagte entscheidet dann, ob er sich einen Anwalt nimmt oder ob er ein VU fängt oder ob er sich allein wehren will. Im Zweifelsfalle weiß der Anwalt eh nichts von privilegierter Pfändung.

    Und von daher bleibt es sicherlich auch dabei, dass in RSB-freien Verfahren weiterhin nicht belehrt werden muss.

  • Die extensive Bekehrungspflicht ist doch Sache des IX. Zivilsenats, während hier der für Vollstreckungsfragen zuständige VII. Senat entschieden hat, oder?

    Und schon klärt sich m.E. die Frage des "Hü-Hott". Man darf nie den BGH als ganzes betrachten, es kommt immer auf den Senat an (manchmal sogar auf die Spruchgruppe eines Senats).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die extensive Bekehrungspflicht ist doch Sache des IX. Zivilsenats, während hier der für Vollstreckungsfragen zuständige VII. Senat entschieden hat, oder?

    Und schon klärt sich m.E. die Frage des "Hü-Hott". Man darf nie den BGH als ganzes betrachten, es kommt immer auf den Senat an (manchmal sogar auf die Spruchgruppe eines Senats).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Schön, dass Du mal wieder dabei bist (schleim;)). Da hast Du natürlich Recht. Wenn ich da an den Streit IX. gegen XII. zum Lastschriftwiderruf denke...

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  • Man kann jetzt als VG eigentlich nur noch im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung nach § 850f Abs. 2 ZPO entscheiden, ob man den erweiterten Pfändungszugriff denn entsprechend anordnet bei diesen Titeln. Man könnte sich dann ja die Insolvenzakten beiziehen und nachsehen, ob der Schuldner ordnungsgemäß belehrt wurde, wenn z.B. gar keine RSB beantragt war, usw. Zudem kann das VG auch den Grad der Verwerflichkeit der vbuH mit in die Entscheidung einfließen lassen (Zöller/ Herget § 850f Abs. 2 Rdnr. 10). Stellt sich nur die Frage, ob man überhaupt noch an die Anmeldeunterlagen herankommt.

    Ist nur blöd, wenn das alles gleich mit Erlass des PfÜbs beantragt wird … eine umfassende Ermessensentscheidung kann dann eigentlich erst nach Erinnerung des Schuldners erfolgen.

    Im Ergebnis wieder sehr unbefriedigend.

  • Wenn man schon bei dem isolierten Bestreiten dem Schuldner die Verfolgung im Wege der Vollstreckungsgegenklage aufbürdet (BGH vom 03.04.2014, IX ZB 93/13, Rn. 19), kann man dies jetzt bei der strittigen Anwendung des § 850f ZPO auch in Erwägung ziehen. Außer, der VII. Senat hat da wieder eine andere Lösung :flucht:

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