Was für die Experten in Sachen pfändbares Einkommen

  • 850f halte ich schon für möglich, allerdings muss da der SN akiv werden, und das macht er nicht.


    Es ihm hinterherzutragen ist doch aber nicht unser Job!



    Das sehe ich auch so, aber spricht eigentlich (rechtlich) was dagegen, ihn ausdrücklich auf 850f hinzuweisen? Fände ich eigentlicht fair, aber:

    Es könnte ja immerhin ein Gläubiger ankommen und sagen: Hättest Du den Hinweis nicht gegeben, wäre mehr Masse rausgekommen, ich hätte mehr Quote gekriegt, also her mit der Differenz.

    Oder seh ich hier Gespenster?

  • Gespenster ;)

    Zwar vertreten wir in erster Linie die Gläubiger, aber es gehört zum Job auch dazu, allen Beteiligten mit Respekt und Augenmaß zu begegnen. Wäre der Schuldner beraten, hätte er den Antrag gestellt, und das wäre auch sein gutes Recht, weil er in einer blöden Konstellation verdient und der 850f genau dafür da ist, diese Konstellation zu entschärfen. Was ich meinte ist, dass ich keine Sonderwege in eigener Verantwortung gehen, ihn aber über die Möglichkeit des Antrags informieren würde. Nur stellen muss er ihn halt selbst.

  • :daumenrau
    Als Gerichtsmensch hab ich kein prob damit, wenn der Schuldner aufgrund entsprechenden Hinweises des Verwalters bei mir aufschlägt. Wie dies bei anderen Gerichten genommen wird, vermag ich nicht zu beurteilen.
    Das "ob" eines Hinweises ist m.E. uneingeschränkt mit Ja zu beantworten. Es geht nur um den Umfang des Hinweises. Wer aus Verwaltersicht - unter Einbeziehung möglicherweise gegebener gerichtlicher Befindlichkeiten - auf ein m.E. gebotenes ! Minimum reduzieren will, mag dem Schuldner sagen, dass sich die Situ so darstellt, dass er die Sache zunächst seinem insolvenzgerichtlichen SB vortragen soll.
    Der gerichtliche SB ist m.E. über 139 ZPO zu entsprechendem Hinweis des weiteren Vorgehens verpflichtet, freilich ohne Rechtsberatung zu erteilen. Nun kommt noch eins drauf: im Rahmen der Rechtsantragstellentätigkeit ist sodann ein sachdienlicher Antrag aufzunehmen.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Eine neue Frage mit einem ähnlichen Fall:

    Der Schuldner hat Steuerklasse 3. Nunmehr wurde die Einkommensteuererklärung durch die Eheleute abgegeben und die Ehefrau hat die getrennte Veranlagung gewählt. Aufgrund dessen muss der Schuldner nun etwas nachzahlen. Jetzt möchte er, dass die pfändbaren Anteile entsprechend gemindert werden.

    Laut Stöber Rdnr. 1134 c bleibt die Einkommensteuerabschlusszahlung jedoch unberücksichtigt. Allerdings könnte der Schuldner danach weiter einen Antrag nach § 850 f ZPO stellen.

    Hatte hier schonmal jemand so einen Fall? Wie wurde vorgegangen (bewilligt oder abgelehnt)? Und wenn es bewilligt wurde, wie hat man das Ganze dann berechnet?

    Vielen Dank schonmal,
    LG kiki2208

  • Nur mal am Rande und leicht OT, weil es hier ja vorrangig um die WVP geht...

    Na ja, im eröffneten Verfahren hätte ich natürlich Masseverbindlichkeiten in Form der Steuerbescheide, die könnte ich natürlich einfach zahlen.



    Ich würde das nicht tun. Die ESt auf Lohneinkünfte nach Eröffnung ist nämlich laut BFH gerade keine Masseverbindlichkeit:

    Zitat

    BFH, Urt. v. 24.02.2011 - VI R 21/10
    Gelangt pfändbarer Arbeitslohn des Insolvenzschuldners als Neuerwerb zur Insolvenzmasse, liegt allein darin keine Verwaltung der Insolvenzmasse in anderer Weise i. S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, so daß die auf die Lohneinkünfte zu zahlende Einkommensteuer keine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit ist.
    [16] Einkommensteuer, die auf einen Neuerwerb anfällt, ... führt ebenso wie die Aufwendung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu einer mit einem Neuerwerb in Verbindung stehenden Verbindlichkeit und ist somit grundsätzlich aus dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zu begleichen. [17] Etwas anderes gilt auch nicht, wenn -wie vorliegend- die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer nicht ausreicht, um die endgültige Jahreseinkommensteuer abzudecken.

    Wenn das absehbar ist, muß in der Tat der Schuldner sich im Vorfeld darum kümmern, daß der pfändungsfreie Betrag heraufgesetzt wird. Aus der Masse zahle ich ESt-Abschlußzahlungen jedenfalls nicht. Gegen Bescheide, die so etwas als Masseverbindlichkeit gegenüber dem IV festsetzen, ist m.E. Einspruch einzulegen.

  • Wenn das absehbar ist, muß in der Tat der Schuldner sich im Vorfeld darum kümmern, daß der pfändungsfreie Betrag heraufgesetzt wird. Aus der Masse zahle ich ESt-Abschlußzahlungen jedenfalls nicht. Gegen Bescheide, die so etwas als Masseverbindlichkeit gegenüber dem IV festsetzen, ist m.E. Einspruch einzulegen.



    Das IG möchte ich sehen, das das mitmacht und einen zusätzlich pfandfreien Betrag auf künftig nachzuzahlende Einkommensteuern gewährt :confused:


  • Das IG möchte ich sehen, das das mitmacht und einen zusätzlich pfandfreien Betrag auf künftig nachzuzahlende Einkommensteuern gewährt :confused:


    Alternative? Punktuelle Berücksichtigung über § 850f, wenn der an den Schuldner gerichtete Bescheid über die ESt-Nachzahlung da ist? Den Schuldner darauf verweisen, aus seinem unpfändbaren Nettoeinkommen entsprechende Rücklagen anzusparen? Ansonsten laufen halt Neuverbindlichkeiten auf, mit denen der Schuldner nach Verfahrensabschluß noch Freude hat.
    Was auf keinen Fall geht, ist, dem Schuldner aus der vereinnahmten Masse irgendwelche Beträge wieder auszuzahlen zwecks Begleichung von gegen sein insolvenzfreies Vermögen gerichteten Neuverbindlichkeiten.

  • Punktuelle Berücksichtigung über § 850f, wenn der an den Schuldner gerichtete Bescheid über die ESt-Nachzahlung da ist? Den Schuldner darauf verweisen, aus seinem unpfändbaren Nettoeinkommen entsprechende Rücklagen anzusparen? Ansonsten laufen halt Neuverbindlichkeiten auf, mit denen der Schuldner nach Verfahrensabschluß noch Freude hat.

    Ich halte es für die richtige Alternative, den Schuldner auf die Rücklagenbildung hinzuweisen. Die Insolvenzmasse hat jedenfalls nichts mit den Steuernachzahlungen zu tun. Gegebenenfalls muss sich der Schuldner vielleicht darüber Gedanken machen, warum zu wenig Lohnsteuern abgeführt werden. Bei normalen Gehalts- oder Lohnzahlungen passiert sowas ja im Normalfall nicht, dass zu wenig abgeführt wird. Warum über § 850 f ZPO gehen?

    Wie kann/soll es denn zu den Rückständen kommen, wenn es allein um die EKSt. aus dem Arbeitsverhältnis geht? Und wenn der Schuldner nebenberuflich selbstständig ist, muss er halt für Rücklagen sorgen.

  • ...
    Wie kann/soll es denn zu den Rückständen kommen, wenn es allein um die EKSt. aus dem Arbeitsverhältnis geht? Und wenn der Schuldner nebenberuflich selbstständig ist, muss er halt für Rücklagen sorgen.




    Häufige Ursache ist bei meiner Kundschaft der Bezug von Kurzarbeitergeld, nicht eine Selbstständigkeit...


    cam

  • Ich hab keine Ahnung, wie das ausgezahlt wird. Läuft das nicht über die Agentur für Arbeit? Ziehen die nicht schon alles ab?

  • Das ist dann aber nicht viel. Die Steuernachforderung kommt dann durch den Progressionsvorbehalt. Mehr wird das bei der Altersteilzeit.

    Aber vorliegend ging es ja darum, dass getrennte Veranlangung beantragt wurde, was wieder eine ganz andere Baustelle ist.

    Alternative für die Folgejahre ist die Änderung der Steuerklasse, was aber wieder zu Ärger mit dem TH kommen kann.

  • ich denke, dass es da Spielräume gibt. Der Schuldner hat hier die für ihn steuerrechtlich günstigere Klasse III gewählt. Damit sollten entsprechend höhere Einkommensanteile pfändbar sein, als wie wenn (kölsch - sorry :D) ) er in Klasse IV wäre. Dem sollte irgendwie Rechnung getragen werden....... Prob ist halt, wie will man das rechtlich verorten.... oki, ich bin da stets kreativ unterwegs, ob dies immer richtig ist, ist eine andere Frage....

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    :daumenrau

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