Rechtliches Gehör zur Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks

  • Hallo,

    im Grundbuch ist ein Nacherbfolgevermerk eingetragen. "....Nacherben sind die Abkömmlinge der Vorerbin. Ersatznacherbe ist der ...e.V. Die Vorerbin ist von den Beschränkungen des § 2136 BGB befreit."
    Die Vorerbin hat einen Kaufvertrag abgeschlossen und eine Vormerkung bewilligt. "Der Erwerber beantragt die Eintragung der Vormerkung mit der Maßgabe, dass bei der Vormerkung ein Wirksamkeitsvermerk gegenüber den Nacherben eingetragen wird."

    Vor der Eintragung des Wirksamkeitsvermerks muss ja rechtliches Gehör den unbekannten Nacherben gewährt werden. Wie läuft das technisch ab? Kann das GBA bei unbekannten Nacherben dem Antragsteller aufgeben, einen Pfleger für unbekannte Beteiligte einsetzen zu lassen oder muss das GBA sich (von amts wegen) an das Betreuungsgericht wenden? Die Entscheidung OLG Düsseldorf 19.03.2012 -I-3 Wx 299/11 ist mir bekannt, dort waren es aber offensichtlich bekannte Nacherben, von denen nur die Anschrift fehlte.

    Danke im voraus.

  • Wenn ich mir den Beitrag von Uschi durchlese, ist mir nicht ganz klar aus welchem Grund für die entgeltliche/unentgeltliche Verfügung über das Grundstück die Einwilligung der Nacherben oder Ersatznacherben erforderlich sein soll. Uschi hat doch in ihrem ersten Absatz explizit erwähnt, dass die Vorerbin von den Beschränkungen des § 2113 I BGB befreit ist (vgl. § 2136 BGB). Also kann doch in dem von ihr beschriebenen Fall bei dem Eintritt des Nacherbfalls keine Unwirksamkeit der Vorerbenverfügung eintreten. Vielleicht stehe ich ja auch auf dem Schlauch ?!.

  • Es geht nicht um die Zustimmung der Nacherben, sondern um ihre Anhörung.

    Ginge es um die Zustimmung, so wäre das Ergebnis eine Zwischenverfügung, und die Frage nach der Anhörung stellte sich gar nicht.

    Vorliegend ist Uschi schon zu dem Ergebnis gekommen, dass eine den Nacherben gegenüber wirksame Verfügung vorliegt. Die am Verfahren bislang noch nicht Beteiligten sind dann aber noch anzuhören.

    In der Sache selbst hilft Dir evtl. OLG München, Beschl. v. 10.8.2012, 34 Wx 187/12 = ZEV 2012, 674 = Rechtsprechungsthread #509 weiter. Ganz am Ende lässt sich das OLG über die Anhörung der Ersatznacherben aus. Egal, was man davon halten mag, sagt es zugleich, dass auf Anregung des Grundbuchamts vom zuständigen Gericht ein Pfleger zu bestellen sein wird. Das dürfte die Frage wegen der anzuhörenden Nacherben beantworten.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Gleichwohl würde ich vorsorglich prüfen, ob tatsächlich ein Fall der "unbekannten" Nacherben vorliegt. Denn es kommt mitunter vor, dass nur der Nacherbenvermerk (und ggf. auch der Erbschein) ungenau formuliert ist, weil mit den "Abkömmlingen" die im Zeitpunkt des Vorerbfalls vorhandenen Abkömmlinge (mit Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB) gemeint sind.

    Wenn kein Fall des § 1913 BGB vorliegt:
    Etwaige Ersatznacherben sind nach meiner Ansicht nicht zu beteiligen. Sie müssten schon nicht zustimmen (dies müssten nur die Nacherben), also weshalb sollten sie neben den Nacherben noch zusätzlich angehört werden? Die Ansicht des OLG München würde dazu führen, dass wegen § 2069 BGB praktisch bei jeder Verfügung eines Vorerben ein Pfleger nach § 1913 BGB ein Pfleger zu bestellen ist, wenn bekannte und namentlich benannte Abkömmlinge zu Nacherben berufen sind. Dies ist völlig konträr zu der bisherigen und einhellig praktizierten -zutreffenden- Verfahrensweise, wonach die Ersatznacherben (im Gegensatz zu Nachnacherben) weder zustimmen müssen noch angehört werden müssen.

  • Die Vorerbin hat nach eigenen Angaben derzeit keine Abkömmlinge. Ich habe daher leider unbekannte Nacherben. Die OLG München-Entscheidung geht m.E. auch zu weit. Trotzdem habe ich schon daran gedacht, in meinem Fall ausnahmsweise dem (bekannten) Ersatznacherben (zusätzlich) rechtliches Gehör zu gewähren.

  • Nur vorsorglich ... Ich habe die Entscheidung des OLG München nicht wegen der (m. E. nicht erforderlichen) Anhörung der Ersatznacherben, sondern wegen des Prozederes der Pflegerbestellung ins Spiel gebracht.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...


  • In der Sache selbst hilft Dir evtl. OLG München, Beschl. v. 10.8.2012, 34 Wx 187/12 = ZEV 2012, 674 = Rechtsprechungsthread #509 weiter. Ganz am Ende lässt sich das OLG über die Anhörung der Ersatznacherben aus. Egal, was man davon halten mag, sagt es zugleich, dass auf Anregung des Grundbuchamts vom zuständigen Gericht ein Pfleger zu bestellen sein wird. Das dürfte die Frage wegen der anzuhörenden Nacherben beantworten.

    Ich schließe aus den bisherigen Antworten von Andreas und Cromwell, dass dieser Vorgehensweise zugestimmt wird. Liege ich richtig?

    Gehört zwar nicht in den Grundbuchtread, aber: Das heißt doch hoffentlich nicht, dass die Vergütung des Pflegers und Gerichtskosten der Pflegerbestellung zu Lasten der Staatskasse gehen!

  • Ich bin kein Experte im Betreuungs- oder Familienrecht, aber werden die Pfleger nicht normalerweise auf einen Antrag im Sinne einer Anregung bestellt? Also auch wenn die Beteiligten diesen "Antrag" stellen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es haftet der Nachlass, hier also der Vorerbe (§ 6 S.1 KostO).

    Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob nicht der Vorerbe für die Bestellung des Pflegers sorgen müsste. In jedem Fall würde ich eine Abschrift der "Anregung" an den Urkundsnotar übermitteln, damit die Beteiligten nicht aus allen Wolken fallen, wenn sie auf einmal Post vom Betreuungsgericht bekommen.

  • In jedem Fall würde ich eine Abschrift der "Anregung" an den Urkundsnotar übermitteln, damit die Beteiligten nicht aus allen Wolken fallen, wenn sie auf einmal Post vom Betreuungsgericht bekommen.

    Das werde ich machen. Dem schwante schon was. Im Vertrag steht, dass die Beteiligten darauf hingewiesen wurden, "dass das Grundbuchamt "evtl. die Einsetzung eines Ergänzungspflegers :teufel:verlangen wird"

    Danke an Euch beide und ein schönes Wochenende.

  • Hallo zusammen,

    ich würde den von Uschi geschilderten Fall nochmal aufgreifen und ein wenig vertiefen.

    Inhalt des Erbvertrages:
    " Der Überlebende setzt unseren Sohn V zum befreiten Vorerben, Nacherben sind seine Abkömmlinge, NE-Fall tritt mit dem Tod des V ein.

    Das Grundbuch ist noch nicht berichtigt. V hat volljährige Kinder A und B. Pflegerin P für unbekannte Nacherben ist bereits bestellt.

    V möchte nun das im Nachlass befindliche Grundstück an einen Dritten zum Verkehrswert veräußern.

    Und nun zum Problem:

    Ich beabsichtige den Vertrag in der Weise auszugestalten, dass V ganz normal an Käufer K verkauft. A, B und P würde ich an dem Vertrag lediglich als zustimmende Personen mitwirken lassen.

    Voreintragung des V (und somit auch des NE-Vermerks) ist erforderlich, da K finanzieren muss.


    Der zuständige GB-Rechtspfleger stellt sich jedoch (nach eigener Recherche und der Rücksprache mit Kollegen) auf den Standpunkt, dass zur Löschung des NE-Vermerks Bewilligung der A, B und P erforderlich ist. Und die Erklärung von P einer Genehmigung des zuständigen Gerichts (Vormunschaftsgerichts?) bedarf.


    Ich bin jedoch der Meinung, dass das Grundbuchamt auf Grund der Veräußerung an Dritten grundsätzlich die Entgeltlichkeit der Verfügung anzunehmen hat. So dass der NE-Vermerk nicht auf Grund der Bewilligung der Nacherben bzw. der P, sondern auf Grund der offensichtlichen Unrichtigkeit zu löschen ist.
    Nacherben sind nur anzuhören. Und da auch P lediglich angehört wird (und eben keine Erklärung abgibt), ist auch die Genehmigung nicht erforderlich. Meine beabsichtigte Gestaltung müsste also ohne weiteres funktionieren.

    Meine Fragen daher:

    muss ich wirklich das ganze (wenn auch nur vorsichtshalber) vom Gericht genehmigen lassen? Oder geht es auch ohne? Falls nicht, kennt jemand eine Entscheidung oder sonstige Quelle dafür?

  • Sehe ich grundsätzlich wie Du!

    Allerdings ist zur vollen Entgeltlichkeit m.E. trotzdem vorzutragen. Allein die Tatsache, dass an einen Dritten verkauft wird, genügt so m.E. nicht. Das ist allerdings wohl umstritten.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sehe ich auch wie Schnappi. Bei einem Verkauf an einen Dritten gehe ich zunächst von ebendiesem Verkauf als Indiz für die Entgeltlichkeit aus, überschlage, ob der Kaufpreis in etwa hinkommt (Richtwert, frühere Kaufpreise des Objekts) und höre dann die Nacherben an. Meiner Auffassung nach ist eine Bewilligung ohnehin allenfalls dann Löschungsgrundlage für den Nacherbenvermerk, wenn sie eine Berichtigungsbewilligung ist. Im vorliegenden Falle habe ich den Eindruck, dass der Kollege in dem Thema eher unsicher ist und deshalb die Prüfung auf andere Personen verlagern möchte. Und im vorliegenden Falle kann man sich die Anhörung auch sparen, wenn A, B und P ohnehin zustimmen (auch wenn P ohne Genehmigung zustimmt, weil diese Zustimmung dann nicht anders zu werten sein dürfte als das "okay" im Rahmen der Anhörung).

    Nebenbei wäre wahrscheinlich die Anhörung der P ausreichend, nachdem P wohl für die Nacherben insgesamt bestellt wurde (da noch nicht klar ist, ob A und B überhaupt Nacherben werden).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Vielen herzichen Dank für Eure Meinungen!

    Die Entgetlichkeit dürfte kaum problematisch sein, da die Immoblie an einen Dritten über einen Makler verkauft wird.

    Was ich übersehen habe, und vom Andreas richtig angemerkt, dass A und B eigentlich auch nicht angehört werden müssen, da diese auf Grund der allgemein gefassten Regelung bis zum Tod des Vaters streng genommen unbekannte Nacherben sind.

    Ich habe nun zwischenzeitlich genug Gutachten und Entscheidungen, die bestätigen dass die Anhörung der Nacherben im vorliegenden Fall absolut ausreichend ist.

    Dass im Rahmen der Anhörung der P die Genehmigung des Gericht nicht erforderlich ist, habe ich bis jetzt nocht nciht gefunden. Eigentlich logisch, ich hätte es aber trotzdem gerne Schwarz auf Weiss, um die Wahrscheinlichkeit der Beschwerde zu reduzieren.

    Sollte ich etwas finden, so poste ich das hier natürlich.

    Beste Grüsse

  • Was ich übersehen habe, und vom Andreas richtig angemerkt, dass A und B eigentlich auch nicht angehört werden müssen, da diese auf Grund der allgemein gefassten Regelung bis zum Tod des Vaters streng genommen unbekannte Nacherben sind.

    Denke ich, ja. Wobei die Zustimmung von A und B freilich auch nicht schaden wird.

    Zitat

    Dass im Rahmen der Anhörung der P die Genehmigung des Gericht nicht erforderlich ist, habe ich bis jetzt nocht nciht gefunden. Eigentlich logisch, ich hätte es aber trotzdem gerne Schwarz auf Weiss, um die Wahrscheinlichkeit der Beschwerde zu reduzieren.

    Solange sie keine Willenserklärung für die Vertretenen abgibt, kann keine gerichtliche Genehmigung erforderlich sein. An der Stelle würde ich deshalb bei der Abfassung der Urkunde aufpassen und das in etwa so formulieren, dass sie bereits jetzt erklärt, bei einer Anhörung zur Entgeltlichkeit des Kaufs keine Einwände zu erheben. Ob das dann allerdings wasserfest ist oder nicht doch wieder als (evtl. genehmigungspflichtige) Zustiimmung ausgelegt wird, wird Dir vermutlich niemand garantieren.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es geht um einen Unrichtigkeitsnachweis, daher bedarf es keiner Genehmigung des P, sondern nur seiner Anhörung und wenn der schon nur angehört werden muss, kann schon 2 x kein Genehmigungserfordernis durch das Gericht bestehen.

    Die Kinder des Vorerben spielen derzeit keine Rolle. Lediglich der Pfleger wird sich wohl zu seiner Absicherung mit ihnen abstimmen.


  • Dass im Rahmen der Anhörung der P die Genehmigung des Gericht nicht erforderlich ist, habe ich bis jetzt nocht nciht gefunden. Eigentlich logisch, ich hätte es aber trotzdem gerne Schwarz auf Weiss, um die Wahrscheinlichkeit der Beschwerde zu reduzieren.

    Beste Grüsse

    Ich habe mich missverständlich ausgedrückt, mit "eigentlich logisch" meine ich natürlich, dass die Genehmigung nicht erforderlich ist, weil bei der Anhörung gar keine Erklärung vorliegt, die zu genehmigen wäre.


    @ Andreas, Uschi

    A und B machen mit, also werden die auch beigezogen:). Je weniger Variablen, um so sicherer, zu mal das ganze ganz stark nach einer Beschwerde riecht.


    Beste Grüsse

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