Zwangsräumung ohne Notunterkunft

  • Und selbst bei strittiger Kündigung wegen Eigenbedarfs wird das mit dem Urteil klar gestellt. Man kann auch schon vor Erlass des Urteils auf Wohnungssuche gehen. Das Risiko zu verlieren besteht immer und beträgt (geschätzt!) 99,9% bei Mietrückständen. Darum geht es aber nicht.

    Was denn nun, Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen Mietrückständen?

    Es handelt sich um eine Antwort zu #16 wegen der Verantwortlichkeit des Schuldners, die zur Kündigung führt, welche bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs natürlich eine gänzlich andere ist als bei Nichtzahlung der Miete (s. meine #14).

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Und selbst da kann man streiten.
    Klar ist jedenfalls, dass man spätestens mit formeller Feststellung des Räumungsanspruchs durch Titelschaffung als Schuldner in der Pflicht ist, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten zu bemühen.

  • Hallo zusammen,

    ich brauche mal wieder eure Hilfe.

    Ich habe gestern einen Antrag auf Räumungsschutz nach § 765a ZPO.

    Die Kündigung erfolgte wegen Eigenbedarf. Mietrückstände bestehen nicht.

    Begründet wurde der Antrag damit, dass keine Ersatzwohnung gefunden wurde und gesundheitliche Gründe (Panikattacken, Angstzustände, usw.)

    Seit Kündigungseingang im Februar wurde versucht eine Ersatzwohnung zu finden, aber ohne Erfolg (Nachweise sind nicht vorhanden, da nur telefonische Anfragen und Absagen erfolgt sind). Absagen sind wohl hauptsächlich erfolgt, weil die meisten Vermieter eher Flüchtlinge aufnehmen wollten.

    Zudem wurde beim Ordnungsamt und bei der Kirchengemeinde angefragt, dort sind keine Mietunterkünfte vorhanden (Belege liegen vor).

    Ich wurde den Antrag ablehnen, da das Fehlen einer Ersatzwohnung keine Härte (bzw. eine hinzunehmende Härte) nach § 765a ZPO darstellt, LG Stuttgart Beschluss vom 05.12.2017, 19 T 460/17, Rn. 16.

    Oder seht ihr es anders?

    Mein Problem ist jetzt der weitere Ablauf. Räumungstermin ist in der 1 KW 2023.

    Ich muss den Gläubiger jetzt ja noch zu dem Antrag anhören und kann dann erst entscheiden. Dann käme noch die RM-Frist, die dann ja praktisch nichts bringen würde, weil die Räumung schon stattgefunden hat.

    Und dann ist es ja möglich, dass das Ordnungsamt den Schuldner wieder in die Wohnung einsetzt.

    Wie läuft das ab. Schicke ich dem Ordnungsamt eine Abschrift von dem Beschluss und teile ihm den Räumungstermin mit? Oder muss der Schuldner das beantragen? Geht das schon im Voraus oder erst wenn die Räumung stattgefunden hat?

    Es kann ja alles nicht darauf hinauslaufen, dass die Schuldner dann obdachlos sind, weil das Ordnungsamt keine Wohnung für sie hat.

    Bin mir aber nicht sicher, in wie weit ich agieren bzw. informieren muss/ kann, weil es eigentlich ja eine Sache des Ordnungsamtes ist.

    Schon mal vorab vielen Dank für eure Antworten.

  • Mara2020

    Vom Ergebnis her sehe ich es wie du, zumal die erfolglose Suche nach einer Ersatzwohnung nicht nachgewiesen wurde. Gleiches gilt vermutlich für die gesundheitlichen Gründe (?).

    Eine Beteiligung des Ordnungsamtes erfolgt allenfalls durch den Gerichtsvollzieher. Grundsätzlich müsste sich aber der Schuldner selbst kümmern. Gibt es bei euch im Bezirk tatsächlich keine Obdachlosenunterkunft?

    Dass die Rechtsmittelfrist erst abläuft, wenn die Räumung bereits durchgeführt wurde, lässt sich in Fällen kurzfristiger Antragstellung nicht vermeiden.

  • Ist die Gläubigerseite anwaltlich vertreten? Dann käme man durch elektronische Übersendung ja zumindest um die Postlaufzeiten herum. Im Übrigen mache ich bei solchen Verfahren immer nur kurze und gleichzeitig präzise Anhörungsfristen, also bei Übersendung per beA heute würde ich die Frist zur Stellungnahme tendenziell bis 21.12.2022, 11:00 Uhr setzen. Dann um 11:00 Uhr nochmal den elektronischen Posteingang prüfen (lassen) und dann entscheiden. Die Entscheidung geht bei uns immer auch zur Kenntnisnahme an den zuständigen Gerichtsvollzieher. Soweit ich weiß, informiert der sonst das Ordnungsamt bzw. klärt ab, ob es Ersatzwohnraum gibt oder wie es mit Wiedereinweisung aussieht etc.

    Sollte gegen den Zurückweisungsbeschluss ein Rechtsmittel eingehen, kann im Rahmen dessen ja noch eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgen, sollte das erforderlich sein.

  • Ist die Gläubigerseite anwaltlich vertreten? Dann käme man durch elektronische Übersendung ja zumindest um die Postlaufzeiten herum....

    Das funktioniert allerdings nur, falls für die Zwangsvollstreckung bereits die elektronische Verfahrensakte eingeführt wurde. Und dank der Pflicht zur Nutzung der elektronischen Übermittlung haben etliche Kanzleien leider auch ihr Telefaxgerät abgeschafft. 8)

    Sollte gegen den Zurückweisungsbeschluss ein Rechtsmittel eingehen, kann im Rahmen dessen ja noch eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgen, sollte das erforderlich sein.

    Die einstweilige Einstellung/Anordnung müsste allerdings m. E. durch das Rechtsmittelgericht erfolgen, vgl. MüKoZPO/Hamdorf, 6. Aufl. 2020, ZPO § 570 Rn. 8:

    Zitat

    Nach Abs. 3 kann auch das Beschwerdegericht die Vollziehung aussetzen. Anders als das Untergericht kann es aber auch einstweilige Anordnungen in Bezug auf die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung erlassen. Die Maßnahme muss sich auf die Wirkungen der angefochtenen Entscheidung beziehen, das Beschwerdegericht ist aber nicht auf die Aussetzung der Vollziehung beschränkt.

  • Ist die Gläubigerseite anwaltlich vertreten? Dann käme man durch elektronische Übersendung ja zumindest um die Postlaufzeiten herum....

    Das funktioniert allerdings nur, falls für die Zwangsvollstreckung bereits die elektronische Verfahrensakte eingeführt wurde. Und dank der Pflicht zur Nutzung der elektronischen Übermittlung haben etliche Kanzleien leider auch ihr Telefaxgerät abgeschafft. 8)

    Sollte gegen den Zurückweisungsbeschluss ein Rechtsmittel eingehen, kann im Rahmen dessen ja noch eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgen, sollte das erforderlich sein.

    Die einstweilige Einstellung/Anordnung müsste allerdings m. E. durch das Rechtsmittelgericht erfolgen, vgl. MüKoZPO/Hamdorf, 6. Aufl. 2020, ZPO § 570 Rn. 8:

    Zitat

    Nach Abs. 3 kann auch das Beschwerdegericht die Vollziehung aussetzen. Anders als das Untergericht kann es aber auch einstweilige Anordnungen in Bezug auf die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung erlassen. Die Maßnahme muss sich auf die Wirkungen der angefochtenen Entscheidung beziehen, das Beschwerdegericht ist aber nicht auf die Aussetzung der Vollziehung beschränkt.

    Ja genau. Da habe ich mich zu kurz gefasst.

  • Ich muss den Gläubiger jetzt ja noch zu dem Antrag anhören und kann dann erst entscheiden. Dann käme noch die RM-Frist, die dann ja praktisch nichts bringen würde, weil die Räumung schon stattgefunden hat.

    In den Räumungsschutzsachen können i.a.R. nur sehr kurze Stellungnahmefristen gewährt werden.

    Ich gucke immer, dass ich so rechtzeitig entscheide, dass noch eine realistische Chance auf ein Rechtsmittel vor dem Räumungstermin besteht.

    Deshalb schaue ich bei Antragseingang wann ich spätestens entscheiden will und setze danach meine Stellungnahmefristen.

    Das kann dann auch mal nur ein paar Tage sein oder in Extremfällen hab ich auch schon weniger als einen Tag gewährt - bevor man gar keine Gelegenheit gibt -.

  • Ich muss den Gläubiger jetzt ja noch zu dem Antrag anhören und kann dann erst entscheiden. Dann käme noch die RM-Frist, die dann ja praktisch nichts bringen würde, weil die Räumung schon stattgefunden hat.

    In den Räumungsschutzsachen können i.a.R. nur sehr kurze Stellungnahmefristen gewährt werden.

    Ich gucke immer, dass ich so rechtzeitig entscheide, dass noch eine realistische Chance auf ein Rechtsmittel vor dem Räumungstermin besteht.

    Deshalb schaue ich bei Antragseingang wann ich spätestens entscheiden will und setze danach meine Stellungnahmefristen.

    Das halte ich auch für sinnvoll und handhabe es so. Den Gerichtsvollziehern ist im Regelfall auch eine frühzeitige Entscheidung recht. Da kann dann ggf. die Spedition noch abbestellt werden.

    Wenn allerdings - selbst schon erlebt - nach der erfolgten Anhörung des Gläubigers der RA des Schuldners noch einen Schriftsatz mit weiteren Gründen nachschiebt, weshalb seinem Antrag zu entsprechen sei, kann man nicht mehr so rechtzeitig entscheiden, dass ein Rechtsmittel vor dem Räumungstermin noch möglich wäre. 8)

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