Vorsorgevollmacht im Insolvenzverfahren

  • Hallo an alle,
    ich habe nun das erste Mal eine Vorsorgevollmacht im Insolvenzverfahren erhalten.

    Ausgestellt wurde sie von der 1935 geborenen Schuldnerin.
    Die Vollmacht ist auch für die ganze Vermögenssorge erteilt und nicht auf einen bestimmten Beginn festgelegt. Es heißt: "Durch diese Vollmachtserteilung soll eine vom Gericht angeordete Betreuung vermieden werden."
    Die Bevollmächtigte ist kein Familienangehöriger (§ 79 InsO).

    Also gilt meiner Meinung nach über § 4 InsO § 51 Abs. 3 ZPO.

    Muss ich mir dann neben der Originalvollmacht auch einen Nachweis über die Prozessunfähigkeit der Schuldnerin vorlegen lassen, z. B. ärztliches Attest, um die Vollmachtsinhaberin als gesetzliche Vertreterin im Verfahren zu vermerken?
    Was wähle ich als Vertretungsgrund aus (eine Verfahrensbevollmächtigte ist sie m. E. dann nicht).
    Und was wäre, wenn es doch die Tochter ist (muss ich noch abklären, die Namen sind zumindest unterschiedlich), kann ich dann einfach die Tochter als Verfahrensbevollmächtigte gem. § 79 ZPO eintragen oder geht das bei dem o. g. Wortlaut nicht (dass durch die Vollmacht eine Betreuung vermieden werden soll, oben drüber steht nur "Vollmacht", sie ist auch nur formlos erteilt).

    Ich würde mir ein Attest vorlegen lassen. Meine Kollegin ist der Ansicht, dass - wenn der Bevollmächtigte, der das Vertrauen des Vollmachtgebers genießt, die Vollmacht vorlegt - der Fall, für den die Vollmacht erteilt wurde, eingetreten ist und deshalb kein gesonderter Nachweis vorgelegt werden muss.

    Ich hoffe, es liegen alle Infos vor, damit man sich eine Meinung bilden kann und bin gespannt auf Antworten...

  • Enthält die Vollmacht eine Bedingung, die die Wirksamkeit der Vollmacht im Außenverhältnis einschränkt?

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • "Die Vollmacht ist nur wirksam, solange die bevollmächtigte Person die Vollmachtsurkunde besitzt und bei Vornahme eines Rechtsgeschäftes die Urkunde im Original vorlegen kann."
    Das Original habe ich schon erfordert, ist noch nicht da.
    Sonst keine Einschränkung.

  • Das Problem ist doch, dass der Bevollmächtigte nicht zum "erlauchten Kreis" der in § 79 ZPO benannten Personen zählt und daher an sich von der Vertretung im Inso-Verfahren ausgeschlossen ist.

    Unter Umständen kann der Bevollmächtigte einem gesetzlichen Vertreter gleichgestellt sein, sofern die Schuldnerin nicht prozessfähig ist und die Vollmacht inhaltlich geeignet ist, eine Betreuung abzuwenden. a
    § 51 Abs. 3 ZPO stellt aber einen Unterschied zur Bevollmächtigung dar.

    Sofern sich bislang keine Erkenntnisse hinsichtlich der fehlenden Prozessfähigkeit der Schuldnerin ergeben, wäre die Vollmacht m.E. nach § 79 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen.

    Sofern die bevollmächtigte Person die Tochter der Schuldnerin ist, darf sie diesen nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ohne Probleme vertreten.

  • Hmmm, so richtig nachvollziehbar ist das noch nicht.... .Wenn die Vollmacht erlöschen würde, müsste das Betreuungsgericht gesetzlich einen Betreuer bestellen. Das soll die Vollmacht doch aber gerade verhindern.

    Wenn ein Insolvenzschuldner durch einen Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigten vertreten wird, ist er doch gerade nicht prozessfähig, § 53 ZPO. Entsprechend gilt der § 79 ZPO hier m.E. nicht. Ich würde mir die Voraussetzung der Vorsorgevollmacht durch ein ärtzliches Attest nachweisen lassen und dann den Bevollmächtigten als Vertreter eintragen. Nichts anderes macht man bei einer gesetzlichen Betreuung auch, nur das die Voraussetzungen bereits durch das Betreuungsgericht geprüft worden sind.

  • Ich meine, dass § 117 InsO in dieser Richtung eindeutig ist. Im Kommentar finde ich zur Vorsorgevollmacht nichts.

    Im Netz habe ich das hier gefunden. Auf Seite 19 steht folgendes:
    Erlöschen durch Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Vollmachtgebers,
    soweit in vermögensrechtlicher Hinsicht eine Vollmacht erteilt war.

  • Die Vorsorgevollmacht erlischt bzgl. der Vermögenssorge, weil die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den IV/Treuhänder übergegangen ist -das ist logisch. Hier geht es aber um die Vertretungsbefugnis im Insolvenzverfahren.

  • Hmmm, so richtig nachvollziehbar ist das noch nicht.... .Wenn die Vollmacht erlöschen würde, müsste das Betreuungsgericht gesetzlich einen Betreuer bestellen. Das soll die Vollmacht doch aber gerade verhindern.

    Wenn ein Insolvenzschuldner durch einen Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigten vertreten wird, ist er doch gerade nicht prozessfähig, § 53 ZPO. Entsprechend gilt der § 79 ZPO hier m.E. nicht. Ich würde mir die Voraussetzung der Vorsorgevollmacht durch ein ärtzliches Attest nachweisen lassen und dann den Bevollmächtigten als Vertreter eintragen. Nichts anderes macht man bei einer gesetzlichen Betreuung auch, nur das die Voraussetzungen bereits durch das Betreuungsgericht geprüft worden sind.


    sehe ich auch so :daumenrau

  • Uhlenbruck sagt in Rn 12 zu § 117 InsO folgendes:

    Nicht erfasst werden Vollmachten, die keinen Bezug zu Vermögensangelegenheiten des Schuldners aufweisen (BFH 10. 11. 07 – IV R 52/04, DB 2008, 267 Rn 17–20 für die gesonderte Gewinnfeststellung gem § 180 Abs 1 Nr 2 AO) oder Gegenstände betreffen, die nicht zur Insolvenzmasse gehören (§ 36). Dies führt ggf zu einem teilweisen Erlöschen. So bleibt die Vollmacht zur Durchführung eines Ehescheidungsverfahrens bestehen, während sie für Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich oder Unterhalt erlischt (MüKo-Ott/Vuia § 117 Rn 6; FK-Wegener § 117 Rn 2).

    Und in Rn 8:

    Auch eine vom späteren Insolvenzschuldner vorinsolvenzlich einem Rechtsanwalt allgemein erteilte Vollmacht zur Vertretung im Insolvenzverfahren erlischt nicht gemäß § 117. Sie umfasst jedenfalls noch die Vertretung im Rahmen von Rechtsbehelfen, die dem Schuldner im Insolvenzverfahren persönlich zustehen, zB zur sofortigen Beschwerde gegen einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss für den vorläufigen Insolvenzverwalter (OLG Dresden 23. 7. 02 – 13 W 1466/01, ZIP 2002, 2000).

    So völlig ausgegoren ist das Ganze dann doch nicht, da es nach obigen Ansichten doch zu einem teilweisen Erlöschen der Vollmacht kommen kann. Das erscheint mir vom Sinn und Zweck der Vorsorgevollmacht auch sachgerecht.
    Allerdings wird man im vorliegenden Fall wohl die Original-Vollmacht bei der Insolvenzakte belassen müssen, zumindest wenn eine permanente Vertretung erfolgen soll.

    Ich revidiere meine Aussage in #4 und schwenke um zu Manja :).

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  • Nach dem Sinn und Zweck des § 117, so wie er sich aus der Kommentierung ergibt: Ja.

    Ggf. müsste man sich nochmal in die BT-Drucksachen hierzu vertiefen. Oder einfach einen Tag sacken lassen und entscheiden.

    Oder gucken, ob sich im in #1 geschilderten Fall das Problem durch eine neue Prozessvollmacht der Schuldnerin (bezogen nur auf die Vertretung in diesem Insolvenzverfahren) an einen Familienangehörigen lösen lässt.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Ich wollte mit meinem Beitrag in # 6 darauf hinweisen, dass man - im zweiten Schritt - überhaupt erst zur etwaigen Relevanz eines Vertretungsverbots kommt, wenn man - im ersten Schritt - verneint hat, dass die Vollmacht aufgrund der Insolvenzvollmacht (auch) insoweit erlischt. Denn wenn sie erloschen ist, braucht man über Vertretungsverbote nicht mehr zu diskutieren.

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