Vollstreckung Finanzamt im laufenden Insoverfahren

  • Finde sowohl # 13 als auch # 14 gut - jeweils mit kleineren, nahezu gefühlten Einschränkungen - aber die spare ich mir an dieser Stelle.

    Letztlich war die Ausgangsfrage beantwortet: Nein, das FA als solches genießt dabei keine "Sonderstellung".

    (FA "bevorzugt" ab dem 1.7.2014 über §§ 174 Abs. 2, 302 InsO n.F.; aber hat hier nichts mit dem SV zu tun. :D)

    Also schönes Wochenende @ all

    :)

  • Nach Insolvenzeröffnung ist weder für Insolvenzgläubiger noch für Neugläubiger eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zulässig (§ 89 InsO).

    Eine Ausnahme davon bilden nach § 89 Abs. 2 InsO nur Ansprüche von Unterhalts(neu-)gläubigern und Forderungen aus vbuH von Neugläubigern, also Ansprüche dieser Art, die erst nach Insolvenzeröffnung entstanden sind. Diese (Neu-)Gläubiger können in den Teil der Bezüge pfänden, der für die andere Gläubiger nicht pfändbar ist.

    Wegen der vom TH/IV freigegebenen Gegenstände siehe:

    BGH, Beschl. v. 12. 2. 2009 – IX ZB 112/06
    Leitsatz des Gerichts:
    Gibt ein Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand aus der Insolvenzmasse frei, unterliegt dieser als sonstiges Vermögen des Schuldners dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO.

    Wegen der unzulässigen Pfändung kann auch der Drittschuldner (um insbesondere die Verstrickung zu beseitigen) Erinnerung (§ 766 ZPO) einlegen. Zuständig hierfür ist das Insolvenzgericht (§ 89 Abs. 3 InsO).

  • Guten Morgen Michel aus L,

    nur kurz abschließend:
    ".. Liegt uns eine P-Konto-Freigabe des Verwalters/TH vor, behandeln wir das Konto so, als sei keine InsO vorhanden. Also Auskehrung pfändbarer Beträge an den (neuen)Pfändungsgläubiger. Warum sollte hier nochmals eine Information an den TH/Verwalter erfolgen? Hier handeln wir nach der Feststellung "Ein bisschen schwanger geht nicht" :D ..."
    Wie wohl auch bei Euch treffen/arbeiten wir ja doch fast immer die selben TH/Verwalter. Das "P-Konto"/die Gesetzgebung ist neu, da ist noch Bewegung drin. Wenn mir jetzt also mal so ein Fall mit "pauschaler" Kontofreigabe auffällt, kostet es mich ein kurzes Telefonat, meistens kommt anschließend ein Schreiben vom TH/Verwalter "mit aktuellem" Freigabetext. Und schon sind wir Beide auf derzeit aktueller Rechtsauffassung.

    ".. Wie wäre es denn, wenn das P-Konto freigegeben ist und keine Pfändung vorliegt? Dann erhält der Verwalter ja auch keine Nachricht über entstandene Guthaben. .."
    Ja dann ist es so. Aber wie oben schon gesagt, wenn es mir gerade auffällt .....

    ".. Aber über dieses Thema und evtl. Haftungsansprüche der anderen Insolvenzgläubiger an den Verwalter wurde schon in einem anderen Thread diskutiert und löst ja das Eingangsproblem hier nicht.[/QUOTE]"
    Richtig. Nicht unsere Baustelle.
    Dank für Deine kurze Bestätigung der grundsätzlich gleichen Betrachtungs-Arbeitsweise und
    noch ein schönes Wochenende

    Gruß Thomas

  • Hallo Zwangsvollstreckungsrecht,

    "..Wegen der unzulässigen Pfändung kann auch der Drittschuldner (um insbesondere die Verstrickung zu beseitigen) Erinnerung (§ 766 ZPO) einlegen. Zuständig hierfür ist das Insolvenzgericht (§ 89 Abs. 3 InsO).[/QUOTE]"

    Es würde uns aber Zeit und Geld kosten, dass wir nicht erstattet bekommen. Wir haben schon als DS entgeltfrei den Pfändungseingang zu bearbeiten.
    Und dann sollen wir uns auch noch um die Aufhebung kümmern, obwohl dies vom TH/Verwalter bzw. vom Schuldner zu veranlassen wäre? Was haben wir im Normalfall davon?

    "Lustig" wird es immer dann, wenn der PfÜB.schuldner mit dem Schreiben seiner Restschuldbefreiung kommt und das Konto auf Grund der vorliegenden (Alt-)PfÜB noch gepfändet ist.
    Der TH/Verwalter ist "raus", da das Verfahren beendet ist(sein Schlussrechnung wird er aber noch ordentlich geschrieben haben).
    Dann darf der (Ex-)Schuldner sich mit seiner Restschuldbescheinigung an seine (Alt-)PfÜB.gläubiger wenden und sich um die PfÜB-Rücknahmen kümmern.
    Die Amtsgerichte haben ja nach 5 Jahren auch keine PfÜB-Akten mehr.
    Zum Glück gibt es für die überforderten (Ex-)Schuldner die über Transferleistungen finanzierten Schuldnerberatungsstellen, die das wieder richten, was zuvor nach meiner Ansicht verschlampt wurde (aber die Schlussrechnung stimmt )

    Bitte nicht falsch verstehen oder persönlich nehmen.
    Vielleicht schauen ich auch zu einseitig nur aus einer Richtung. aber dafür ist ja vllt. das Forum da, mir auch Einblicke über dem Tellerrand zu geben.
    So wie ich es erlebe, halte ich "das Ganze" zum großen Teil für ineffizient.
    Vermutlich "muß" es aber so sein, damit man als TH/Verwalter seinen Betrieb aufrecht erhalten kann.

    Gruß Thomas

  • Es würde uns aber Zeit und Geld kosten, dass wir nicht erstattet bekommen. Wir haben schon als DS entgeltfrei den Pfändungseingang zu bearbeiten.
    Und dann sollen wir uns auch noch um die Aufhebung kümmern, obwohl dies vom TH/Verwalter bzw. vom Schuldner zu veranlassen wäre? Was haben wir im Normalfall davon?

    Gruß Thomas


    Hallo Thomas. Ich hatte geschrieben: "kann" und nicht "muss". Neben dem Schuldner und dem TH/IV kann auch der DS die Aufhebung der Pfändung betreiben (wenn er das will). Eure Bank hat doch sicherlich einen Vertragsanwalt, der sich darum kümmert und der für die Erinnerung auch Kosten geltend machen kann, die dem Gläubiger bei der Aufhebung der unzulässigen Zwangsvollstreckungsmaßnahme im Beschluss aufzuerlegen sind.

    Und bei dem Gläubiger Finanzamt ist ja wohl anzunehmen, dass dieses (trotz massiver Steuerhinterziehung :D) noch soviel Geld hat, um diese Kosten bezahlen zu können. :wechlach:

  • Der DS ist in diesem Falle aber wohl nicht beschwert, oder? Womit sollte die Bank eine mögliche Erinnerung denn begründen? "Wir wissen, dass über das Vermögen des Schuldners ein Inso-Verfahren anhängig ist. Da wir aber nicht wissen, ob die Pfändung rechtens ist, legen wir mal so vorsorglich Erinnerung ein."?

    Klar kann der DS sich wehren, wenn er denn einen Grund dafür hat. Hier muss sich m.E. allein der Schuldner wehren.

  • @Jamie

    Aber Jamie, gerade weil der DS weiß, dass ein Insolvenzverfahren anhängig ist und dass wegen § 89 InsO die nach Eröffnung erfolgte Konto-Pfändung nicht rechtens sein kann, ist die Bank beschwert, weil bei ihr als Drittschuldner gepfändet wurde.

    Will die DS'in keine Erinnerung einlegen, muss sie eben abwarten, bis entweder der TH/IV oder der Schuldners die Aufhebung der Pfändung betreibt.

    Dazu Berliner Kommentar Insolvenzrecht, Blersch/olshausen, § 89 Rn 20:

    Als Rechtsbehelf gegen nach § 89 Abs. 1 oder 2 InsO unzulässige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (bzw. gegen die Verweigerung der Aufhebung einer solchen) steht regelmäßig die Erinnerung nach § 766 ZPO zur Verfügung. Erinnerungsbefugt sind bei einer Vollstreckung in die Insolvenzmasse der Insolvenzverwalter (als Amtswalter sowohl für den Insolvenzschuldner als auch für die Insolvenzgläubiger), bei einer Vollstreckung in insolvenzfreies Vermögen und im Falle der Eigenverwaltung (§§ 270 ff.) der Insolvenzschuldner und bei einer Forderungspfändung auch der Drittschuldner (BegrRegE, in: BT-Drs. 12/2443, S. 138; App, NZI 1999, 138 (139); HambKomm-Kuleisa, § 89 Rn. 18; Kübler/Prütting-Lüke, § 89 Rn. 37; MünchKomm-Breuer, § 89 Rn. 39; Nerlich/Römermann-Wittkowski, § 89 Rn. 24; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 89 Rn. 25.), dagegen niemals die Insolvenzgläubiger. Abweichend von der Regelung des § 766 Abs. 1 ZPO ist für die Entscheidung über diese Rechtsbehelfe aber nicht das Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO), sondern das Insolvenzgericht (§§ 2, 3) zuständig. Diese Verlagerung der Zuständigkeit wird mit der größeren Sach- und Verfahrensnähe des Insolvenzgerichts begründet, wodurch es zur besseren Beurteilung der Voraussetzungen der Vollstreckungsverbote in der Lage sei.

    Die Eingangsfrage lautete übrigens, ob die Pfändung des Finanzamtes zulässig ist und ob das Finanzamt "besondere Rechte" (bei der Pfändung) hat. Letzteres hat ja TJ bereits ausreichend beantwortet.

    Und schon aus den von Coverna genannten Gründen des § 836 Abs. 2 ZPO würde ich als DS den Gläubiger zur Aufhebung der Pfändung auffordern und dies notfalls auch gerichtlich betreiben.

  • Ich hab das bisher immer so gemacht:

    Nimmst Du die Pfändung zurück, sonst lege ich Erinnerung ein. Erinnerung habe ich erst einmal eingelegt, weil mir das Mädel von der Stadtverwaltung etwas patzig kam und scheinbar nicht sehr helle war was "ihre" Rechte angeht.

  • @Jamie

    Aber Jamie, gerade weil der DS weiß, dass ein Insolvenzverfahren anhängig ist und dass wegen § 89 InsO die nach Eröffnung erfolgte Konto-Pfändung nicht rechtens sein kann, ist die Bank beschwert, weil bei ihr als Drittschuldner gepfändet wurde.

    Die Bank weiß doch aber gar nicht, ob wegen Neu- oder Inso-Verbindlichkeiten vollstreckt wird. Kann man wegen bloßer Vermutungen Erinnerung einlegen? "Es könnte sein, dass...."?

    Wenn es nämlich Neuverbindlichkeiten sind - und darauf könnte man wegen des Zeitablaufs durchaus kommen (EÖ 2012, Pfändung 2014) - dann ist die Pfändung nämlich doch rechtens. Prüfungsrecht wegen Vermutungen?

    Wenn ich etwas übersehe, einfach mal bitte mit der Nase draufstoßen. :)

  • § 89 InsO verbietet die Zwangsvollstreckung nach Insolvenzeröffnung sowohl für "Alt-" als auch für "Neugläubiger" (Ausnahme siehe # 22, dort 2. Absatz).

    Also kommt es gar nicht darauf an, ob die Forderung nun vor oder nach Insolvenzeröffnung entstanden ist.

    Der Neugläubiger muss nämlich das Ende des Insolvenzverfahrens abwarten und kann erst dann vollstrecken. Nachdem also keiner der beiden nach Insolvenzeröffnung pfänden kann (darf), ist der Drittschuldner mit der Erinnerung auf der sicheren Seite. :)

  • Wenn Anfragen an das Forum gerichtet werden (wie z.B. # 1), werden diese beantwortet. Welche Erkenntnisse und Entschlüsse dann der Einzelne daraus zieht, bleibt jedem selbst überlassen. :D

  • Ich verstehe diese Diskussion zu § 89 Abs. 1 InsO nicht. Das Vollstreckungsverbot richtet sich tatsächlich nur an Insolvenzgläubiger, also diejenigen, deren Forderungen vor der Insolvenzeröffnung begründet wurden. "Neugläubiger" können - mit Einschränkungen (Gehalt etc.) - in das insolvenzfreie Vermögen vollstrecken.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • AG Bonn · Beschluss vom 15. Januar 2009 · Az. 98 IN 90/07

    Tenor:

    Die Erinnerung der Gläubigerin gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung - Weigerung des OGV G N, die Zwangsvollstreckung aufgrund des Auftrages der Gläubigerin vom 19.06.2008 weiter auszuführen - wird zurückgewiesen……..

    Das Insolvenzgericht schließt sich der Auffassung des Vollstreckungsgerichtes und der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung an, dass das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO auch Neugläubiger erfasst. (vgl. hierzu die Zitate in dem Beschluss des Vollstreckungsgerichts).

    Darüber hinaus haben Neugläubiger entgegen der Auffassung des Vollstreckungsgerichtes aber auch nicht die Möglichkeit, in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zu vollstrecken (vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Ausl. Rnr. 18 zu § 89).

    Das Vollstreckungsverbot erfasst nämlich nicht nur die Insolvenzmasse, sondern auch das sonstige Vermögen des Schuldners (§ 89 Abs.1 InsO). Es gilt somit auch für die vom Insolvenzverwalter freigegebenen Vermögensgegenstände des Schuldners ( vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. Rnr.15 zu § 89). Auf die Frage, in welcher Form die Freigabe von Vermögensgegenständen durch den Verwalter zu erfolgen hat, braucht deshalb nicht näher eingegangen zu werden.

  • Dieser Beschluss ist nicht zutreffend. Neugläubiger können in das insolvenzfreie Vermögen vollstrecken. Die Zitierung im MünchKomm ist falsch, an dieser Stelle steht (auch in der zitierten Altauflage) zu Neugläubigern nichts.

    MünchKomm-InsO/Breuer, 3. Auflage 2013, § 89 Rn. 16:

    "Gläubiger, die erst nach der Verfahrenseröffnung einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner (nicht: gegenüber der Masse) erlangt haben, sind keine Insolvenzgläubiger, sondern „Neugläubiger“ oder „Nachinsolvenzgläubiger“. (...) Die Zwangsvollstreckung kann hier nur in das insolvenzfreie und (soweit überhaupt) pfändbare Vermögen des Schuldners erfolgen. Da aber auch der Neuerwerb zur Masse zählt (§ 35), wird allerdings idR kaum insolvenzfreies Vermögen vorhanden sein, in welches der Neugläubiger erfolgreich wird vollstrecken können. In Betracht kommen hier in der Hauptsache nur noch die vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse freigegebenen Gegenstände sowie die Differenz zwischen dem nach § 850c ZPO und den nach §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO pfändbaren Teil der Bezüge des Schuldners, soweit der Neugläubiger Unterhaltsansprüche oder deliktische Forderungen geltend macht."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • ... Es gilt somit auch für die vom Insolvenzverwalter freigegebenen Vermögensgegenstände des Schuldners ( vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. Rnr.15 zu § 89).

    :hetti: vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl. Rnr. 19 zu § 89: "Neugläubiger sind aber nicht gehindert, in das insolvenzfreie pfändbare Vermögen des Schuldners zu vollstrecken."

    ;)

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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