Falsche Versicherung an Eides statt - Abgabe?

  • Hallo zusammen,

    ich versuche mal schnell zu den "roots" zurückzukehren:

    Die Befugnis zur Weitergabe entsprechender Informationen an die Staatsanwaltschaft stammt aus 17 Nr. 1 EGGVG. Ein nicht bei den Ermittlungsbehörden tätiger Rechtspfleger dürfte nicht "zur Mitwirkung im Strafverfahren" berufen sein und daher regelmäßig als Täter des 258a StGB ausfallen. Selbst für Staatsanwälte, bei denen diese "Berufung" unzweifelhaft ist, wird nach h.M. danach unterschieden, ob sie die Kenntnisse dienstlich oder privat erlangt haben. Bei privat erlangten Erkenntnissen gilt, neben 138 StGB, nur bei besonders hervorgehobenen Straftaten eine Offenbarungspflicht.

    Für die Zivilgerichte hat das BVerfG kürzlich - in einer allerdings umstrittenen (und mir unverständlich gebliebenen) Entscheidung - judiziert, dass Zivilrichter nur dann weiterleiten dürfen (!), wenn sie zuvor die Frage der Weiterleitung mit den Parteien erörtert haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • In der Regel habe ich in BerH-Sachen auch keine förmliche Versicherung an Eides statt abgenommen. Wenn ich das Gefühl hatte, jetzt wird aber gelogen, dass sich die Balken biegen, schon. Ich habe mir die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben oft nur "einfach" versichern lassen.

    Wenn die "einfache" Versicherung falsch ist, ist das zwar keine falsche Versicherung an Eides statt, aber ggf. anderweitig strafrechtlich relevant (Betrug o. ä.). Das reicht mir.

    In einer Sache hat es sich sogar mal "gelohnt" dass ein Kollegen (im Gegensatz zu mir) stets die e. V abgenommen hat. Promt war diese nämlich falsch, wurde ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet und derjenige wegen falscher e. V. zu einer empfindlichen Geldstrafe verdonnert.

    Eine Mittelungspflicht sehe nicht, eine Mitteilungsmöglichkeit hingegen schon.

    Wo wäre auch der Sinn, den Leuten ein eV abzunehmen, wenn diese wüssten, ich kann ruhig falsches versichern, weil es ja keiner erfährt, weil der Rpfl. ja nichts weiterleiten darf. Dies würde den Sinn der eV m. E. ad absurdum führen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Vielen Dank für die Aufklärungen, insbesondere im Hinblick auf den 258a!

    Dann möchte ich meine Aussage dahingehend relativieren, dass zwar eine dienstliche Verpflichtung zur Weiterleitung offenbar nicht versteht, aber die Möglichkeit gegeben ist und die "Verpflichtung" zur Weiterleitung aus moralischer Sicht dennoch bestehen kann, je nach gusto :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • ...Für die Zivilgerichte hat das BVerfG kürzlich - in einer allerdings umstrittenen (und mir unverständlich gebliebenen) Entscheidung - judiziert, dass Zivilrichter nur dann weiterleiten dürfen (!), wenn sie zuvor die Frage der Weiterleitung mit den Parteien erörtert haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    :gruebel: Soweit ich gelesen habe, ist es damit (nur) der jahrzehntelangen h.M. gefolgt, wonach die Weiterleitung an die StA auch außerhalb des § 183 GVG zulässig ist, aber die umfassende Abwägung der Verdachts- und Entlastungsmomente und ! die Gewährung der Stellungnahmemöglichkeit voraussetzt, sonst Ablehnung wg. Befangenheit. Für den Rpfl. gilt nichts anderes. Ergo, auf jeden Fall anhören.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ...Für die Zivilgerichte hat das BVerfG kürzlich - in einer allerdings umstrittenen (und mir unverständlich gebliebenen) Entscheidung - judiziert, dass Zivilrichter nur dann weiterleiten dürfen (!), wenn sie zuvor die Frage der Weiterleitung mit den Parteien erörtert haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    :gruebel: Soweit ich gelesen habe, ist es damit (nur) der jahrzehntelangen h.M. gefolgt, wonach die Weiterleitung an die StA auch außerhalb des § 183 GVG zulässig ist, aber die umfassende Abwägung der Verdachts- und Entlastungsmomente und ! die Gewährung der Stellungnahmemöglichkeit voraussetzt, sonst Ablehnung wg. Befangenheit. Für den Rpfl. gilt nichts anderes. Ergo, auf jeden Fall anhören.

    Das BverfG hat dabei behauptet, der h.M zu folgen. Das stimmt jedoch nicht, nicht umsonst wurde als einzige Bezugsentscheidung eine solche des OLG Naumburg genannt. Dass das Unsinn ist, zeigen schon folgende Beispiele:
    Die Parteien streiten über die Honorierung von Ausfuhren in ein Land für das ein UN-Embargo gilt. Oder die Parteien streiten über die Honorierung von Beraterleistungen, die sich dem Kundigen ohne weiteres als sog "nützliche Aufwendungen" d.h. verbotene Bestechungszahlungen im Ausland darstellen. Oder, wie kürzlich in Norddeutschland geschehen, die Parteien streiten über Mängel an einer Tierlieferung, bei der der Kunde die gesetzlich zugelassenen Grenzen seines maximalen Tierbestandes um rund 20% überschreitet.

    In allen Fällen erledigt die nach BVerfG notwendige Erörterung den Erfolg entsprechender Ermittlungshandlungen nach Erörterung und dann folgender Abgabe nachhaltig.


    Ich sollte ergänzen: Im konkreten Einzelfall war die Entscheidung des BVerfG m.E. richtig, der zuständige Richter war hier arg aus der Spur geraten. Was nicht stimmt, ist der daraus gebildete Leitsatz in seiner Absolutheit.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (28. April 2014 um 23:04) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Reden wir über diesselbe Entscheidung, ich meine BVerfG, http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen…2bvr061511.html . Dort gibt es gar keinen Leitsatz und nicht nur eine Fundstelle für die Darstellung der h.M.

    Das BVerfG hatte im konkreten Fall beanstandet, dass nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für die Annahme einer Straftat vorlagen und auch nach der fachgerichtl. h.M. eine Vorlage nicht gerechtfertigt war.

    Eine Auseinandersetzung hat es bewusst abgelehnt, da bereits bei Zugrundelegung dieser Rspr. ein Verfassungsverstoß vorläge. Ich kann nicht erkennen, dass das BVerG keinerlei Ausnahmen von der Notwendigkeit der Anhörung vorsieht, vielmehr hat gerade die vom BVerG auch zitierte Entscheidung des OLG Naumburg, 10 W 26/05 ein solches Absehen im Einzelfall für zulässig erachtet. Dies kann, schaut man sich das OLG Naumb. an, auch dann gelten, wenn die ansprochene Verdunkelungsgefahr besteht.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • So, um das Thema nochmal auszugreifen, unabhängig davon welche Pflichten ich als Beamter, als denkender Mensch oder als Rechtspfleger habe: Im vorliegenden Fall höre ich gerade die Betroffene unter Fristsetzung an. Ich habe ihr angedroht, dass sowohl

    a) die mit besagtem Schein bewilligte Beratungshilfe aufgehoben wird als auch
    b) die StA die Sache als Strafsache bekommt,

    wenn sie sich nicht äußert. Damit ist wohl automatisch das Hintertürchen offen gelassen, dass ich auf eine der beiden Sachen verzichten könnte, wenn sie sich meldet. Ich kann aber auch beides trotzdem tun, je nachdem.
    (Eine Abschrift hiervon geht an den RA der hier den Antrag gestellt hat, aber bloß zur Kenntnis, und in der Anhörung fordere ich die Betroffene zudem auf, den Anwalt, den sie ggf. mit dem erteilten Schein schon aufgesucht hat, zu benachrichtigen.)

    Als Mensch denke ich, habe ich momentan mein Möglichstes getan, als Beamter erfülle ich meine Aufklärungspflicht und als Rechtspfleger halte ich mich an das Prinzip des rechtlichen Gehörs.

    Und alles in allem bin ich gespannt, was passieren wird.

  • Ich würde es in solchen Schreiben dringend vermeiden, den Anschein zu erwecken, dass die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft (möglicherweise) von einem bestimmten Verhalten des Adressaten abhängig gemacht wird. Hierzu verweise ich auf das nächste strafrechtliche Problem, das da lautet: ist die Drohung mit einer Strafanzeige eine Straftat?

    Da gem. #1 "tatverdächtig" nicht das Verfahren ist, in dem jetzt der nachträgliche Antrag gestellt wurde, ist es sicherlich richtig, die Anhörung an den Rechtsanwalt nur zur Kenntnisnahme zu schicken. Anderenfalls dürfte sie an den Bevollmächtigten zu adressieren sein.

    Ferner dürfte meines Erachtens darauf hinzuweisen sein, dass keine Verpflichtung zur Selbstbelastung besteht.

    Das sollte alles so neutral wie möglich formuliert werden, etwa:

    Zitat

    In dem Verfahren ... wurde Ihnen im März 2014 Beratungshilfe in der Angelegenheit ... bewilligt, nachdem Sie u.a. an Eides Statt versichert haben, dass ... Ausweislich des Vergütungsantrages im Verfahren ... haben Sie in derselben Angelegenheit jedoch bereits im Januar 2014 einen Rechtsanwalt aufgesucht.

    Es ist daher beabsichtigt, die Akten der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung auf strafrechtliche Relevanz vorzulegen. Sie erhalten hierzu die Gelegenheit zur Stellungnahme binnen ... ab Zustellung dieses Schreibens. In diesem Zusammenhang werden Sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie nicht verpflichtet sind, Angaben zu machen, durch die Sie sich selbst wegen einer Straftat belasten würden.

    Und noch einmal in aller Deutlichkeit: Wenn man das Schreiben so verfasst, dass der Eindruck entstehen kann, die Aktenübersendung wird von einem bestimmten Verhalten abhängig gemacht, kann das nach hinten losgehen.

  • . Ferner dürfte meines Erachtens darauf hinzuweisen sein, dass keine Verpflichtung zur Selbstbelastung besteht.

    Aus welchem Grund sollte ich extra darauf hinweisen?

    Ich habe ihr nur angekündigt, wie mein zukünftiges Vorgehen aussehen wird, was für mich unter "Information betreffend den Verfahrensablauf" fällt.
    Sie bekommt lediglich Gelegenheit, sich dazu zu äußern, und wenn sie sich entschließt, das nicht zu tun, geht das Verfahren seinen Gang.

    Wenn du das schon als Drohung auffasst, solltest du dir mal die Schreiben der Landkreise vornehmen, in denen sie ein Owi-Verfahren bei der Unterlassung von Auskünften ankündigen...


  • Aus welchem Grund sollte ich extra darauf hinweisen?

    Weil deine Verfügung eine Art "Vorermittlung" darstellt, obgleich du nicht für die Strafverfolgung zuständig bist. Eine etwaige Stellungnahme auf deine Verfügung hin kann die Partei belasten, die Partei hätte bereits im Ermittlungsverfahren einen erheblichen Nachteil. Daher ist auch die Belehrung, dass eine Stellungnahme nicht erfolgen muss, m.E. sehr wichtig.

    Daher halte ich es auch für vertretbar, wenn nicht gar sinnvoller, eine Aktenübersendung unmittelbar an die zuständige Behörde vorzunehmen. Ich bin nicht für "Vorermittlungen" zuständig und möchte der Partei keine Nachteile durch solche verschaffen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ah, okay, das verstehe ich. Hm, dann schaue ich mal, was passiert. Sofern da tatsächlich was kommt, werde ich dann den Hinweis geben und ihr die Möglichkeit geben, ihre Aussage unter dem Gesichtspunkt evtl zu ändern.

    Auf die Anhörung ganz verzichten konnte ich in diesem Fall ja nicht weil auch die Aufhebung der Beratungshilfe geplant ist.
    Und ihr da zu verschweigen, dass ich vorhabe, es an die StA abzugeben, geht m E. natürlich auch nicht.

  • ...Daher halte ich es auch für vertretbar, wenn nicht gar sinnvoller, eine Aktenübersendung unmittelbar an die zuständige Behörde vorzunehmen. Ich bin nicht für "Vorermittlungen" zuständig und möchte der Partei keine Nachteile durch solche verschaffen.

    Ah, das setzt voraus, dass 1. das Ergebnis, nämlich Vorlage an die StA schon feststeht, egal was die Partei schreibt und 2. du die Strafanzeige selbst nicht als Nachteil ansiehst. Auch ne Ansicht, nicht meine. Das ist keine Vorermittlung, sondern SV-aufklärung, unter Abwägung, ob auch nach der (frei gestellten) Stellungnahme ein StA-vorlage angezeigt ist. Und dafür bist du zuständig.

    Es besteht keine Hinweispflicht, ich halte es für kontraproduktiv (ohne dass ich letzteres näher begründen/diskut. will). Den Gedanken, wie BReamter, hatte ich bei der Formulierung hier im Forum auch. Sein Bsp. halte ich für wesentl. "gelungener".

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich dachte, Patweazle will darauf hinaus, gar nicht anzuhören sondern ab an die StA?

    Wenn du das Ergebnis der Anhörung nicht nutzen willst, um dir eine Meinung zu bilden, weil du das als Ermittlung ansiehst, ist diese Anhörung m.E. überflüssig.

    (Ich wollte hier aber wirklich keine Kontroverse auslösen. Mein Post oben gibt nur in Kurzform den ungefähren Inhalt wieder, so drastisch formuliere ich in Schreiben an Laien niemals, und habe es auch in Zukunft nicht vor, aber das ist meine persönliche Meinung. Offenbar sollte ich hier Zusammenfassungen meiden.)


  • Ah, das setzt voraus, dass 1. das Ergebnis, nämlich Vorlage an die StA schon feststeht, egal was die Partei schreibt und 2. du die Strafanzeige selbst nicht als Nachteil ansiehst. Auch ne Ansicht, nicht meine. Das ist keine Vorermittlung, sondern SV-aufklärung, unter Abwägung, ob auch nach der (frei gestellten) Stellungnahme ein StA-vorlage angezeigt ist. Und dafür bist du zuständig.

    Wobei da die Abgrenzung zwischen "Vorlage von einem Handeln abhängig machen" und "SV-Aufklärung zur Prüfung der Frage, ob Vorlage überhaupt erfolgt" eine Gratwanderung ist, die derart detailliert so darzustellen, dass sowohl Partei, als auch ggf. StA diese Intention richtig zu deuten, eine kleine linguistische Herausforderung darstellt. Und irgendjemand versteht es dann ja doch wieder falsch.

    Gerade in den BerH-Fällen verspreche ich mir im Rahmen der SV-Aufklärung wenig, was für mich als nicht zur Strafverfolgung befugten Rpfl dazu führen sollte, dass eine Vorlage an die StA nicht erfolgt.

    Wenn eine solche Überlegung angestellt wird, ist häufig der SV hinreichend aufgeklärt, z.B.: Es wurde versichert, dass kein Vermögen im Wert von über 2.600,- € vorhanden ist. Es stellt sich heraus, dass ein Bausparvertrag mit einem Guthaben von 5.000,- € vorhanden ist, der trotz Belehrung nicht angegeben wurde.
    In diesem Fall sehe ich, dass eine strafrechtlich relevante Handlung vorliegt. Ob Entschuldigungsgründe o.ä. vorliegen, habe ich nicht zu prüfen.
    Meine Sachentscheidung werde ich mit den o.g. Angaben i.d.R. sachgerecht und zutreffend treffen können. Vor der Entscheidung erfolgt die Anhörung. Da würde ich maximal den Satz "Es ist beabsichtigt, die Akte aufgrund der falschen Versicherung an Eides statt nach Abschluss des Verfahrens an die StA abzugeben" am Ende der Anhörung aufnehmen.

    Habe ich meine Sachentscheidung bereits getroffen und bekanntgegeben und stelle dann fest "Oh, das war ja auch möglicherweise strafrechtlich relevant", sehe ich keinen Raum für eine erneute Anhörung aus der Verfahrensakte heraus.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Das sehe ich ebenfalls so.

    Zumindest in klaren Fällen dürfte die Möglichkeit der Stellungnahme vor Abgabe an die StA zu nichts führen.


    Um beim Beispiel von Patweazle zu bleiben:


    Die BerH wurde gewährt, weil die Partei trotz entsprechender eV einzusetzendes Vermögen nicht angegeben hat. Nun gewähre ich dem Ast. Gelegenheit zur Stellungnahme. Er schreibt mir z. B., dies versehentlich vergessen zu haben, weil...


    Wenn ich nun deshalb von einer Zuleitung an die StA absehen würde, müsste ich quasi an deren Stelle beurteilen, ob z. B. vielleicht kein Vorsatz vorlag. Das steht mir aber nicht zu, da der Rechtspfleger in BerH-Sachen natürlich nicht die Ermittlungsbehörde ist.

    Gebe ich hingegen trotz der Stellungnahme (korrekterweise) an die StA ab, hätte ich zuvor auch nicht zur Stellungnahme auffordern müssen. Die Einlassung kann genauso gegenüber der StA erfolgen bzw. in der polizeilichen Vernehmung und die StA entscheiden, ob Anklage erhoben oder Strafbefehl beantragt wird.

  • ... Wenn ich nun deshalb von einer Zuleitung an die StA absehen würde, müsste ich quasi an deren Stelle beurteilen, ob z. B. vielleicht kein Vorsatz vorlag. Das steht mir aber nicht zu, da der Rechtspfleger in BerH-Sachen natürlich nicht die Ermittlungsbehörde ist.

    Gebe ich hingegen trotz der Stellungnahme (korrekterweise) an die StA ab, ....

    Doch, genau das steht dir zu. Ich mache davon auch fairerweise (das zu meinem Verständnis von Moral) Gebrauch. Du bist, um es nochmal zu wiederholen, (rechtl.) nicht verpflichtet vorzulegen.

    Wenn du schon eine derartige (moralisch) Verpflichtung siehst, hoffentlich konsequent und zeigst jeden Parksünder und Temposünder inc. dir selbst, an.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Reden wir über diesselbe Entscheidung, ich meine BVerfG, http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen…2bvr061511.html . Dort gibt es gar keinen Leitsatz und nicht nur eine Fundstelle für die Darstellung der h.M.

    Das BVerfG hatte im konkreten Fall beanstandet, dass nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für die Annahme einer Straftat vorlagen und auch nach der fachgerichtl. h.M. eine Vorlage nicht gerechtfertigt war.

    Eine Auseinandersetzung hat es bewusst abgelehnt, da bereits bei Zugrundelegung dieser Rspr. ein Verfassungsverstoß vorläge. Ich kann nicht erkennen, dass das BVerG keinerlei Ausnahmen von der Notwendigkeit der Anhörung vorsieht, vielmehr hat gerade die vom BVerG auch zitierte Entscheidung des OLG Naumburg, 10 W 26/05 ein solches Absehen im Einzelfall für zulässig erachtet. Dies kann, schaut man sich das OLG Naumb. an, auch dann gelten, wenn die ansprochene Verdunkelungsgefahr besteht.


    Ein später Nachtrag
    Ich habe nochmal überprüft, ob wir von der gleichen Entscheidung reden: Da ich nichts anderes gefunden habe, muss es die von Dir, Wobder, genannte Entscheidung sein. Und dann hast Du mit mehreren Kritikpunkten an meinen Ausführungen recht (kein Leitsatz, mehr als OLG Naumburg zitiert). Ich habe mich hier offenbar gründlich fehlerinnert und bitte um Entschuldigung. :oops:

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ... Wenn ich nun deshalb von einer Zuleitung an die StA absehen würde, müsste ich quasi an deren Stelle beurteilen, ob z. B. vielleicht kein Vorsatz vorlag. Das steht mir aber nicht zu, da der Rechtspfleger in BerH-Sachen natürlich nicht die Ermittlungsbehörde ist.

    Gebe ich hingegen trotz der Stellungnahme (korrekterweise) an die StA ab, ....

    Doch, genau das steht dir zu. Ich mache davon auch fairerweise (das zu meinem Verständnis von Moral) Gebrauch. Du bist, um es nochmal zu wiederholen, (rechtl.) nicht verpflichtet vorzulegen.

    Wenn du schon eine derartige (moralisch) Verpflichtung siehst, hoffentlich konsequent und zeigst jeden Parksünder und Temposünder inc. dir selbst, an.

    Dazu möchte ich aber doch meinen Senf abgeben:
    Ich halte es für zutreffend, dass regelmäßig keine Verpflichtung zur Vorlage besteht, habe ich ja weiter oben schon angegeben. Aber eine Befugnis zur Beurteilung der Vorsatzfrage sehe ich dennoch nicht, denn diese kann regelmäßig erst nach ggf. langwierigen Ermittlungen geklärt werden, die dem prüfenden Rechtspfleger gerade nicht zur Verfügung stehen. Oder ist einer von Euch schon mal Durchsuchen gegangen? Wenn man also nicht vorlegt, dann halte ich das im Grundsatz für ok. Aber bitte keine langen Ausführungen, dass man nicht vorlegt, weil aus folgenden Gründen nicht von einem Vorsatz auszugehen ist. Das geht nämlich regelmäßig schief. Ich habe früher mehr als einen Vermerk einer "Nicht-Fachbehörde" gesehen, warum angeblich kein Vorsatz vorliegen soll, kann mich aber nicht an einen erinnern (mag natürlich an meinem Gedächtnis liegen), der letztlich richtig gewesen wäre.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Nachdem ich mich aus gegebenem Anlass noch mehr mit der Sache beschäftigt habe, noch einmal ein wesentlicher Hinweis:

    Die Vorlage an die StA oder eine andere nicht am Verfahren beteiligte Dritte (z.B. RAK) stellt einen Akt der Justizverwaltung dar, §§ 5 BerHG, 13 II FamFG, 12 ff. EGGVG.
    Es dürfte daher grundsätzlich eine Rücksprache mit der Verwaltung erforderlich sein, die jedoch die Befugnis hat, die Entscheidung, ob eine Weiterleitung erfolgt, auf den jeweiligen Sachbearbeiter zu übertragen.

    Eine Differenzierung ist da wichtig: In einigen Behörden erfolgt überhaupt keine Übertragung der Entscheidung über Akteneinsichten nach §§ 299 II ZPO, 13 II FamFG, in anderen nur eine Übertragung der Entscheidung hinsichtlich von Dritten gestellten Gesuchen.

    Meiner Meinung nach müsste auch die "Übersendung von Amts wegen", wenn man es so nennen will, ausdrücklich übertragen werden - andernfalls bleibt die Bekanntgabe von Akteninhalten an Dritte zunächst ein Akt der Justizverwaltung.

    Ich nehme also so ziemlich alles, was ich bisher behauptet habe, zurück, und behaupte von vielem das Gegenteil ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • @ AndreasH: Erstmal danke und Respekt für die Rückmeldung (erlebe ich hier ganz selten).

    Zum letzten Punkt, mir ging es nur darum klarzustellen, dass, obwohl ggf. noch Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen, auch nach Anhörung noch die Freiheit besteht, nicht vorzulegen und man auch mal Gnade vor Recht ergehen lassen kann.

    Letzteres aber nur im Ausnahmefall, da man sich sonst später unglaubwürdig und angreifbar macht. Vermerke gehören (natürlich) nicht in die Akte.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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