§ 120 a ZPO Erfahrungen ?

  • Oje, da habe ich ja etwas ins Rollen gebracht :oops:.

    In meinen Verfahren habe ich jetzt erstmal den Parteien bzw. den RAen mitgeteilt, dass ich nicht beabsichtige abzuhelfen und das Verfahren dem OLG vorzulegen.

    Und egal, wie ich nach Stellungnahme entscheiden werde, einfach so über die fehlende Mitwirkung hinwegsehen werde ich auch nicht.

    Wenn ich etwas vom OLG bekommen sollte, werde ich berichten.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who


  • Gut, dann eben noch einmal von vorne. Ob PKH Vorschriften Sanktionscharakter haben war von jeher heftig umstritten und zwar sogar innerhalb des BGH, wenn ich mich recht erinnere. Mit der 2012er Entscheidung wurde vom IV. Zivilsenat dann ein "Machtwort" gesprochen, dem sich der Gesetzgeber 2013 wohl (denn wenn du dir die angeführte BT-Drs. anschaust wirst du feststellen, dass man da schon zwischen den Zeilen lesen muss, um den Sanktionscharakter rauszulesen) angeschlossen hat.


    Wie Du selbst schreibst: Der Sanktionscharakter der PKH-AUfhebungsnormen war heftig umstritten und ist es seit der Novellierung nicht mehr.
    Und tatsächlich muss man auch nicht "zwischen den Zeilen lesen", um den Sanktionscharakter aus der BT-Drs herauszulesen, denn er wird explizit erwähnt: "Nicht nur das Unterlassen einer Änderungsmitteilung führt zu einer Aufhebung, sondern auch eine zwar erstattete, aber inhaltlich unrichtige Änderungsmitteilung. Diese Sanktion ist in der Regel angemessen, weil die bedürftige Partei bei der Antragstellung auf ihre Mitteilungspflichten und auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes hingewiesen worden ist."


    Dennoch bleibe ich dabei: Weder das Sozial- noch das Prozesskostenhilferecht sollte dazu instrumentalisiert werden, die Bedürftigen zu sanktionieren, mit anderen Worten zu bestrafen und zu schikanieren.

    Das Prozesskostenhilferecht wird keineswegs instrumentalisiert um zu schikanieren.
    Es hält lediglich Instrumente bereit, durch generalpräventive (Sanktions-)Normen Prozesskostenhilfeparteien zur Befolgung zumutbarer Mitwirkungspflichten anzuhalten. Dass die Mitteilungspflichten des § 120a Abs. 2 S. 1 - 3 ZPO zumutbar sind, stellen die mir bekannten Entscheidungen zu dem Thema nicht in Frage.

    Was spricht für Dich dagegen, rechtswidriges Verhalten zu sanktionieren?

  • Das ist ja eine verwirrend anmutende Geschichte.

    So ganz erschließt sich mir eigentlich der § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (zusätzlich zur Nr. 2) nicht auf Anhieb.

    Grundsätzlich kann das Gericht jederzeit in die Überprüfung im Rahmen eines Änderungsverfahrens eintreten, § 120a Abs. 1 ZPO; dies wirkt sich aber (in harten Euros) nur unter den Voraussetzungen des § 115 ZPO aus, klassisches Beispiel: jetzt ergibt sich eine mtl. Ratenfestsetzung zu ehemals Null-Raten.

    Für die Durchführung dieses Überprüfungsverfahrens wäre § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als gerichtliches Handlungsdruckmittel eigentlich ausreichend.

    Warum noch Nr. 4 ? :gruebel:

    Zum Ausgangsfall von Grottenolm:

    Wenn nach PKH-Bewilligungs-Aufhebung gem. § 124 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 ZPO der Schuldner mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde die Erklärung auch für den vergangenen Zeitraum ab der eigentlichen unverzüglichen Mitteilungspflicht (Anschriftenänderung oder 100-€-Verbesserung) lückenlos nachholt /-weist ... (jetzt Luft holen, Satz zu lang, pardon :D)

    ... und sich daraus ergibt, dass gleichwohl zu keinem Zeitpunkt eine Änderung der ursprünglichen PKH-Bewilligung möglich gewesen wäre (also von bspw. Null-Raten auf mehr), der Verstoß sich also nicht zu Lasten der Staatskasse ausgewirkt hätte, wüsste ich nicht so recht, weshalb an der Aufhebung festgehalten werden müsste (finde in diesem Sinne die von Reaktor eingestellte Entscheidung des LArbG Baden-Württemberg vom 29.10.2015 überzeugend).

    Etwas anderes mag gelten, wenn sich bei nachgeholter Erklärung zwar aktuell keine Änderung (mehr) ergibt, in der Vergangenheit aber in nicht unwesentlicher Höhe ergeben hätte, wenn der Schuldner seinen unverzüglichen Mitteilungspflichten nachgekommen wäre; dann Sanktionscharakter von Nr. 4 gerechtfertigt.

    Wie ist das denn eigentlich so rein praktisch nach der Aufhebung ?
    > Sollstellung der Kosten an JK; die stellt aktuell Nicht-Beitreibbarkeit fest und schlägt nieder nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 LHO.
    Wann findet dort noch mal eine Überprüfung der Beitreibbarkeit in der Zukunft statt und verjährt ggf. die niedergeschlagene Kostenforderung / wann endgültig ?


  • Nochmals: Was nutzt (nicht wozu dient) eine Pflicht, bei deren Verstoß praktisch keinerlei Rechtsfolgen geküpft sind? Eine derartige Pflicht ist sinnfrei.

    Betrachten wir die Sache noch einmal im Gesamtzusammenhang: Über § 124 I Nr. 4 ZPO versucht der Gesetzgeber die unterbliebene Mitteilung der geänderten Vermögens-/ Einkommenssituation und Anschriftenmitteilung - bleiben wir dabei - zu "sanktionieren".

    Dabei muss aber stets im Blick behalten werden, um was es dem Gesetzgeber überhaupt nur gehen kann: Eine ordnungsgemäße Ermöglichung der Durchführung des Überprüfungsverfahrens. Oder, wie es das LAG BaWü (4 Ta 26/15) ausdrückt: "Es geht darum, eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zu verhindern." Nicht Sinn und Zweck ist es also, Mitteilungen von der PKH Partei um ihrer selbst Willen zu erzwingen.

    Weiterhin sind die verfassungsmäßig verbrieften Rechte des Antragstellers zu würdigen. Das LAG BaWü (4 Ta 26/15) bringt es auf den Punkt: "Dabei ist jedoch der Justizgewährungsanspruch und das Sozialstaatsgebot zu beachten. Keine Partei darf dazu gezwungen werden, zur Verfolgung ihrer Rechte ihr Existenzminimum einzusetzen (BT-Drs. 17/11472 S. 17). Geht es aber um die Verhinderung von Missbrauch und um die Bekämpfung ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe, so ist eine Sanktion für Fehlverhalten, das sich auf den Prozesskostenhilfeanspruch nicht ausgewirkt hätte, unverhältnismäßig und mit dem Sozialstaatsgebot nicht vereinbar."

    Was bedeutet das nun für eine sinn- und zweckorientierte Auslegung von § 124 I Nr. 4 ZPO unter Würdigung der verfassungsrechtlicher Aspekte?

    Die Mitteilungpflicht zu etwaigen Verbesserungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse besteht nur, wenn diese "wesentlich" waren, d.h. sich auf die Ratenhöhe/ Anordnung einer Einmalzahlung potentiell auswirken würden. Man kann die gebotene verfassungskonforme und am telos des Gesetzes orientiere Auslegung also an dem Begriffe "wesentliche" in § 124 I Nr. 4 ZPO normativ verankern. Dies entspricht - wie dargelegt - auch der Judikatur des BGH (BGH, Rpfleger 2007, 270).

    Um auch bei der Pflicht zur Mitteilung der Anschrift diesen Prinzipien zu entsprechen muss als Gegenstück zu dem "Sanktionscharakter" ein subjektives Verschuldensmoment, dass das Gericht positiv festzustellen hat (Baumbach/Lauterbach, § 124 Rn. 38), bestehen. Schließlich ist "Sanktion" ein originär strafrechtlicher Begriff. Und im Strafrecht gilt bekanntlich das Schuldprinzip ("nulla puena sine culpa", Verfassungsrang gemäß Art. 20 III GG), wobei die Schuld dem Angeklagten vpm Gericht nachzuweisen ist. Die Anforderungen im Prozesskostenhilfeverfahren kann man gut der oben zitierten Entscheidung des LAG BaWü (4 Ta 8/15) entnehmen. In diese Richtung argumentierte übrigens auch schon der VI. Zivilsenat des BGH (BGH, MDR 2013, 1307).

    Damit bleibt von dem vielbeschworenen "Sanktionscharakter" natürlich wenig übrig. Und soll ich etwas sagen: Das ist auch gut so.

    Du zitierst den irregeleiteten BGH, muss ich mir Sorgen machen? Wer hat eigentlich gesagt, dass das Neu wäre?

    Als "fehlgeleitet" bezeichnete ich den IV., nicht aber den XII. Zivilsenat. Da hast du etwas verwechselt.

    Strohmann-Argument. Merkst du das nicht oder glaubst du, ich merke das nicht?

    Leider kein Strohmann Argument sondern die pointierte Zusammenfassung deiner hier dargelegten Auffassung. Eine Sanktion ohne ausgleichendes Gegenstück auf der subjektiven Seite bzw. im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung - wie du es ja offensichtlich forderst - kann man nur als Bestrafung und Schikane der Prozesskostenhilfeberechtigten bezeichnen.

    Einmal editiert, zuletzt von Reaktorschaden (20. November 2015 um 20:01)

  • An dieser Stelle muss ich Reaktorschaden einmal beipflichten. Das hast du sehr schön herausgearbeitet. Ich kann es nur begrüßen, wenn Kollegen auch mal "weiter" denken und nicht nur streng an den Gesetzestext halten, ohne die Systematik und Hintergrund zu berücksichtigen und an ihrer interessanten Auffassung festhalten, weil "es keinen Ermessensspielraum mehr gibt" -> aha:gruebel:.

    Natürlich soll die Vorschrift nach dem Wunsch des Gesetzgebers sanktionieren, aber eben nicht die Fälle, in denen Raten gezahlt werden - sondern die Fälle, wo sich versucht wird der Überprüfung oder der Ratenzahlung zu entziehen. Das ergibt sich auch für mich unwiderlegbar aus dem Gesamtzusammenhang. Ich verzichte jetzt mal auf die Wiederholung der genannten Vorschriften und Entscheidungen, das hat Reaktorschaden ja wunderbar vorgebracht bisher.

    Mich wundert es aber nicht, dass einige in unserem Berufsstand auf diese Förmelei Wert legen, ohne das eigentliche Ziel der Vorschriften im Blick zu haben.

    Eine Aufhebung einer PKH, bei der die Raten bezahlt werden, aber die Anschrift nicht mitgeteilt wird - gibts in meinem Dezernat jedenfalls nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Smith (22. November 2015 um 13:41)

  • Eine Aufhebung einer PKH, bei der die Raten bezahlt werden, aber die Anschrift nicht mitgeteilt wird - gibts in meinem Dezernat jedenfalls nicht.

    :daumenrau Und wenn er dabei regelmäßig auf die Rückstände bezahlt , schieße ich auch mit Kanonen nicht auf Spatzen.

  • ...

    Natürlich soll die Vorschrift nach dem Wunsch des Gesetzgebers sanktionieren, aber eben nicht die Fälle, in denen Raten gezahlt werden - sondern die Fälle, wo sich versucht wird der Überprüfung oder der Ratenzahlung zu entziehen. ...

    Und da das Gericht dies, d.h. Absicht oder grobes Verschulden, nach der LAG-Rspr. nachweisen muss, aber nicht kann, kann man nie aufheben, selbst wenn nach Einkommen oder Vermögen eine Zahlung veranlasst gewesen wäre, sofern die Partei dies pflichtgemäß mitgeteilt hätte.


    (Wenn die Raten pünktlich gezahlt werden, prüfe ich gar nicht, sodass ich die Anschriftenänderung nicht bemerke.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • @Smith, Hast du dir die Begründung des Gesetzgebers mal selbst durchgelesen? http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/114/1711472.pdf S. 33 ff.

    "...unbestimmten Rechtsbegriff der Wesentlichkeit an. Die Bestimmung des neuen Absatzes 2 Satz 2 gibt für den besonders relevanten Fall der Einkommensverbesserung eine feste Wertgrenze für das Vorliegen einer wesentlichen Veränderung vor. Danach ist eine Einkommensverbesserung erst ab einer Erhö- hung von monatlich 100 Euro mitteilungspflichtig. Maß- geblich ist der Bruttobetrag, da er für die Partei anders als ein Nettobetrag einfach und ohne weitere Rechenschritte zu ermitteln ist. Inwieweit wegen dieser Erhöhung des Brutto- einkommens auch eine Änderung der Bewilligungsentschei- dung gemäß Absatz 1 veranlasst ist, hat das Gericht
    in einem zweiten Schritt nach Berechnung des gemäß § 115 Absatz 1 einzusetzenden Einkommens zu entscheiden. ..."

    Besteht also die Mitteilungspflicht bei einer festen Grenze oder nur dann, wenn dies zu Zahlungen führt, wie das LAG Ba-Wü. meint? Und geht es ausschließlich tatsächlich darum, Missbrauch zu bekämpfen, wie das LAG B. meint, davon steht nämlich kein Wort drin. Lies selbst.


    Und was glaubst du, was sanktioniert werden soll, wenn das steht " Kommt die bedürftige Partei ihren Mitteilungspflichten nach § 120a Absatz 2 Satz 1 – neu – nicht nach, soll dies in der Re- gel ebenso zur Aufhebung der Bewilligung der Prozesskos- tenhilfe führen wie die Verweigerung einer Erklärung nach Aufforderung ...
    Diese Sanktion ist in der Regel angemessen, weil die bedürftige Partei bei der Antrag- stellung auf ihre Mitteilungspflichten und ..."
    "§ 120 Absatz 4 Satz 1 nunmehr als Soll-Vorschrift ausge- staltet, um zu verdeutlichen, dass dem Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung in der Regel kein Ermessensspielraum eingeräumt ist. .."
    "


    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • "Sollte eine Aufhe- bung der Bewilligung gemäß § 124 Absatz Nummer 1 – neu – ausgeschlossen sein, weil die Aufhebungsvoraussetzun- gen – etwa Absicht oder grobe Nachlässigkeit der Partei – nicht vorliegen, so bleibt eine rückwirkende Änderung der Zahlungen gemäß Absatz 1 möglich ...Die Einschrän- kung auf absichtliche und grob nachlässige Pflichtverletzun- gen entspricht den subjektiven Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß Absatz 1 Nummer 2. Sollten diese Vor- aussetzungen nicht vorliegen, bleibt gleichwohl die Möglich- keit einer rückwirkenden Änderung der Bewilligung gemäß § 120a Absatz 1 – neu – (bisher: § 120 Absatz 4). "

    D.H. Teilt sie nicht mit, kann rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Änderung eine Zahlung angeordnet werden. Was macht ihr damit praktisch?

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • (Wenn die Raten pünktlich gezahlt werden, prüfe ich gar nicht, sodass ich die Anschriftenänderung nicht bemerke.)


    Mach ich ja auch nicht; aber :
    Die Landesoberkasse hier, die für den Rateneinzug sorgt, teilt Anschriftsänderungen automatisch mit.
    Diese werden von der Partei nicht ; aber von der LOK mitgeteilt.


  • (Wenn die Raten pünktlich gezahlt werden, prüfe ich gar nicht, sodass ich die Anschriftenänderung nicht bemerke.)


    Mach ich ja auch nicht; aber :
    Die Landesoberkasse hier, die für den Rateneinzug sorgt, teilt Anschriftsänderungen automatisch mit.
    Diese werden von der Partei nicht ; aber von der LOK mitgeteilt.


    Wie kommt die LOK eigentlich zur neuen Anschrift? :gruebel: Wenn die PKH-Partei die Raten (wie üblich) mittels Dauerauftrag bezahlt, hat diese doch gar keinen Anlass der Kasse die neue Adresse mitzuteilen.


  • Die PKH-Partei schuldet im Rahmen der Überprüfung die Mitteilung der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. der neuen Anschrift, daher "Schuldner".


  • Wie kommt die LOK eigentlich zur neuen Anschrift? :gruebel: Wenn die PKH-Partei die Raten (wie üblich) mittels Dauerauftrag bezahlt, hat diese doch gar keinen Anlass der Kasse die neue Adresse mitzuteilen.


    Schätze mal , das die eine EMA macht, wenn deren Mahnschreiben bei der PKH-Partei nicht ankommt.

  • Eine, wie ich finde hervorragend begründete Entscheidung zur "Anschriftenänderung", die sich wirklich mit der Gesetzesbegründung auseinandersetzt, LAG Ba-Wü., 17 Ta 2/15 (also 17.Kammer), und auch genügend Raum für Augenmaß lässt, ohne gleich die Änderungen zu konterkarieren.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Das BAG, 8 AZB 16/16 hat das vorstehende LAG aufgehoben und zurückverwiesen. Nur warum? Kann mir das mal jmd. erklären?

    "...Die Entscheidung, ob im Einzelfall von einfacher Fahrlässigkeit oder grober Nachlässigkeit auszugehen ist, erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Umstände..... Hierzu hat die Partei, die diesen Umstand berücksichtigt wissen möchte, substantiiert vorzutragen. ...

    Da das Landesarbeitsgericht bislang keine Feststellungen getroffen hat, die die Annahme grober Nachlässigkeit des Klägers begründen könnten, ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert."

    Hat die Partei, zumal anwaltl. vertreten, nichts hierzu vorgetragen, kann es folgl. auch nicht berücksichtigt werden. Die Sache war beim LAG und BAG entscheidungsreif.

    Ich hoffe, dass das neue Ergebnis wieder veröff. wird.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Naja das LAG Düsseldorf ging bisher davon aus, dass sich die Frage nach Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gar nicht stellt und das subjektive Tatbestandsmerkmal im Wort "unverzüglich" liegt.

    Die Sache mag entscheidungsreif gewesen sein, aber da das BAG nun zur Erkenntnis gekommen ist, das Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit sehr wohl Voraussetzung für die Aufhebung wegen Verletzung der Mitteilungspflichten ist, muss sich das LAG in seiner Entscheidung auch ausdrücklich dazu äußern, ob diese Voraussetzung für eine Aufhebung vorliegt.

    Das LAG hat sich aber in seiner Entscheidung gerade nicht dazu geäußert, ob die Partei zu Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit etwas vorgetragen hat und wenn ja, ob nach dem Sachverhalt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgelegen hat. Deswegen wurde die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen.

    Nachdem das BAG dem LAG nun mitgeteilt hat, welche Voraussetzungen für die Aufhebung erfüllt sein müssen, soll das LAG den Sachverhalt nach den gewonnenen Erkenntnissen neu beurteilen.

  • Naja, entscheidender ist wohl, dass das BAG ausführt, dass eine Partei nicht dann schon grob Nachlässig handelt, wenn sie die Mitteilung einfach vergisst oder ihr nicht nachkommt, Rndnr 23 der Entscheidung...:confused:

    So, und jetzt ? Also vergessen oder einfach nicht machen, ist nicht grob nachlässig.... das sollte ich mir mal merken...

  • Das Argument einfach nicht machen könnte schon fast unter Vorsatz fallen.

    Ich werde jedenfalls in meinen künftigen Entscheidungen gesondert zum Thema grobe Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz argumentieren. Beispielsweise würde ich schon von grober Fahrlässigkeit ausgehen, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt argumentiert, Mitteilungspflichten bei Adressänderungen gäbe es nicht, weil er ja als Rechtsanwalt beigeordnet ist und das Überprüfungsverfahren über ihn laufen soll.

    Und wenn nun obergerichtlich entschieden ist, dass bloßes Vergessen für die Aufhebung nicht ausreicht, soll es so sein. Die Aufhebung wegen nicht mitgeteilter neuer Anschrift bei mittellosen Personen, die vielleicht noch alleinerziehend mit 3 Kindern sind o. ä., widerstrebt mir sowieso.

    Ich werde wohl aber nachträgliche Ratenzahlungen ab dem Zeitpunkt der Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anordnen. "Neuer Job seit 01/2015, aber Mitteilung vergessen? Super, also monatliche Raten in Höhe von ...€ beginnend ab 01/2015 - Übrigens ist der Gesamtbetrag der Forderung damit bereits fällig."

    - Kommt irgendwie der Aufhebung gleich.... :gruebel:

  • Ich finde die Sache mit der Anschriftenmitteilung auch nicht gut, grade bei mittellosen Personen: Viel Papier für letztendlich nichts.

    Aber ein Gesetz so unanwendbar zu machen ? Find ich auch nicht gut

    Ich hoffe da mal auf andere Obergerichte...

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