Anfechtung für Anfänger im IK Verfahren

  • Die beiden Hamburger Regierungsräte Bruns & Schaake in der ZInsO 2011, 1581, stellen fest, dass gerade die frühzeitige Insolvenzantragstellung durch das Finanzamt erforderlich ist, um entweder noch eine Sanierung zu ermöglichen oder aber zumindest noch eine verteilbare Masse zu sichern, um die Insolvenzquoten wieder zu erhöhen. Die Autoren sprechen von einer "Ermutigung zu rechtzeitiger Insolvenzantragstellung" (Seite 1586) und davon, dass das Finanzamt als Dauergläubiger "Teil eines Frühwarnsystems" ist, "welches aber nur funktioniert, wenn der Antrag tatsächlich in einem frühen Stadium der Zahlungsprobleme gestellt wird." (Seite 1589).

    Und jetzt kommt Exec, oder?!

    nee, ich komme.

    Völlig richtig, dann muss das FA auch nicht mehr diese negativen Feststellungsklagen anstrengen, wie von Bruns, ZInsO 2014, 2008 empfohlen...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Mit steht von der ZInsO 2011 leider nur die Zusammenfassung zur Verfügung, aber Problem war oder ist eben, dass gesetzliche Aufgabe des Finanzamtes die Vollstreckung ist, und nicht die Insolvenzantragsstellung. Die Stellung des Insolvenzantrages ist nur dann ermessensgerecht, wenn durch die Vollstreckungsmaßnahmen ein Ansteigen der Rückstände nicht abgewendet werden kann.

    Wenn durch Vollstreckungsmaßnahmen und/oder weitere Maßnahmen ein Ansteigen der Abgabenrückstände jedoch gestoppt ist, dann ist die Stellung eines Inso-Antrages durch das Finanzamt nicht mehr ermessensgerecht.

    Zukünftiges Problem an der zeitnahen Insolvenzantragsstellung ist aber, dass einem Steuerzahlungen in der Krise trotzdem nichts "decken". Die Schwarzmaler sehen dann eine Finanzierung des Insolvenzverfahrens durch Anfechtungen beim Fiskus.

    Da sind wir dann wieder froh, dass Baden-Württemberg kein Informationsfreiheitsgesetz hat, und dass in dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen wird, dass die Steuerverwaltung ausgenommen ist.

  • Da sind wir dann wieder froh, dass Baden-Württemberg kein Informationsfreiheitsgesetz hat, und dass in dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen wird, dass die Steuerverwaltung ausgenommen ist.

    Mein Gott, warum sehen die meisten Finanzbeamten eine Insolvenzanfechtung immer als Angriff auf ihr eigenes Portemonnaie an.

    So wenig, wie ihr wollt, dass der Steuerschuldner sich mit allerlei Tricks seiner Zahlungspflicht entzieht, so wenig möchten wir, dass berechtigte Anfechtungsansprüche mit allerlei Ausflüchten und Tricks verhindert werden. Wobei es mit einem Informationsfreiheitsgesetz (hier in Bayern existiert auch kein derartiges Gesetz) Insolvenzanfechtung natürlich langweilig ist. Ich finde nämlich, das Ganze ist ein Sport zwischen Ermittlung / Beweisbarkeit und geschicktem Verhalten des Gläubigers.

    Im Übrigen ist wohl gerade nicht so, dass im Fall frühzeitiger Antragstellung eine Finanzierung des Insolvenzverfahrens durch Anfechtungsansprüche besteht. Denn es zeigt sich immer wieder, bei frühzeitigen Anträgen existieren meist keine Ansprüche aus Insolvenzanfechtung. Im Übrigen dient das Insolvenzverfahren auch einem geordneten Marktaustritt insolventer Unternehmen. Es ist nicht der Privatspaß von uns Verwaltern.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Mit steht von der ZInsO 2011 leider nur die Zusammenfassung zur Verfügung, aber Problem war oder ist eben, dass gesetzliche Aufgabe des Finanzamtes die Vollstreckung ist, und nicht die Insolvenzantragsstellung. Die Stellung des Insolvenzantrages ist nur dann ermessensgerecht, wenn durch die Vollstreckungsmaßnahmen ein Ansteigen der Rückstände nicht abgewendet werden kann.

    Wenn durch Vollstreckungsmaßnahmen und/oder weitere Maßnahmen ein Ansteigen der Abgabenrückstände jedoch gestoppt ist, dann ist die Stellung eines Inso-Antrages durch das Finanzamt nicht mehr ermessensgerecht.

    Zukünftiges Problem an der zeitnahen Insolvenzantragsstellung ist aber, dass einem Steuerzahlungen in der Krise trotzdem nichts "decken". Die Schwarzmaler sehen dann eine Finanzierung des Insolvenzverfahrens durch Anfechtungen beim Fiskus.

    Da sind wir dann wieder froh, dass Baden-Württemberg kein Informationsfreiheitsgesetz hat, und dass in dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen wird, dass die Steuerverwaltung ausgenommen ist.

    Dieser Maßstab war mir neu, vielen Dank dafür. Damit wird mir jetzt auch klar, warum Finanzämter so häufig, auch wenn eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerzahlers mit Händen zu greifen ist, weiterhin keinen Insolvenzantrag stellen, sondern lieber über Teilaufschub, Teilstundung und ähnliches verhandeln. Das hat dann allerdings die unangenehme Konsequenz, dass im Anfechtungsfall all das mühsam erlangte Geld wieder herausgegeben werden muss. Wir haben jedenfalls verhältnismäßig oft die Situation, dass der Steuerfiskus Federn lassen muss.

    Und daraus ergibt sich dann die Anschlussfrage: Wäre es nicht sinnvoller, einen anderen Maßstab anzulegen, nämlich dass zumindest bei Unternehmen Insolvenzantrag gestellt wird, wenn eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit auf der Hand liegt? Würde den letztlich - aufgrund erfolgreicher Anfechtung - ergebnislosen Personaleinsatz bei der weiteren Beitreibung verringern und hätte noch den Nebeneffekt, dass das Unternehmen nicht auch noch andere mit in den Abgrund zieht, weil es früher aus dem Verkehr gezogen wird.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Da sind wir dann wieder froh, dass Baden-Württemberg kein Informationsfreiheitsgesetz hat, und dass in dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen wird, dass die Steuerverwaltung ausgenommen ist.

    Mein Gott, warum sehen die meisten Finanzbeamten eine Insolvenzanfechtung immer als Angriff auf ihr eigenes Portemonnaie an.

    Ich sehe die Anfechtung nicht als Angriff auf mein eigenes Portmonnaie, aber meine Aufgabe als Finanzbeamter ist die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern und da gehört es meines Erachtens dazu, dass ich einerseits versuche Anfechtungsgründe zu verhindern, so weit es mir möglich ist und die Anfechtungen auch prüfe, bevor ich letztlich (doch) auszahle.

    Warum reagieren Insoverwalter auf Widersprüche bei Anfechtungen so, als ob es ihr persönliches Einkommen ist? Ganz böse würden sagen, weil es zur Hälfte so ist, aber das ist meines Erachtens unteres Niveau; ich gehe davon aus, dass sie anfechten, weil es ihre Aufgabe ist.


    Vorsicht reine Polemik (bitte nicht als Angriff oder Anfeindung auffassen):

    Wir könnten § 15b InsO einführen:

    Antragspflicht des Fiskus

    (1) Stellt eine Finanzbehörde (§ 6 AO) einen Eröffnungsgrund fest, so hat sie Eröffnungsantrag zu stellen.

    (2) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Person im Sinne von § 304 InsO kann von der Stellung des Antrages abgesehen werden.

    Im maschinellen Mahnverfahren ergeht circa zwei Wochen nach Fälligkeit eine Mahnung, circa zwei Wochen danach eine Vollstreckungsankündigung. Zwei Wochen nach der Vollstreckungsankündigung wird dann maschinell geprüft ob 90% der Forderungen beglichen wurden. Ist dies nicht der Fall geht maschinell der Eröffnungsantrag an das Insolvenzgericht.

    Ein rechtzeitiges Insolvenzverfahren könnte für viele Bürger eine Rettung und echte Sanierungsmöglichkeit sein, aber wir gehen ja schließlich von mündigen Bürgern aus. Sollte es wirklich Aufgabe des Staates sein, diese Entscheidung in jedem Fall für den Bürger zu treffen?

  • Ihr persönliches Einkommen ist? Ganz böse würden sagen, weil es zur Hälfte so ist

    Nein ist es nicht, ich verweise hierzu auf § 2 InsVV.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

    Einmal editiert, zuletzt von Gegs (7. November 2014 um 15:12)

  • Die Frage, aus wessen Portmonnaie in wessen Tasche die Anfechtungsvaluta fließt ist tatsächlich Ansichtssache. Das Geld stammt ja vom Schuldner und fließt in dessen Vermögensmasse zurück. Sei's drum, Deine Hinweise aus der Sicht eines Finanzbeamten kann ich nachvollziehen, mit Ausnahme von:

    Da sind wir dann wieder froh, dass Baden-Württemberg kein Informationsfreiheitsgesetz hat, und dass in dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen wird, dass die Steuerverwaltung ausgenommen ist.

    Diese Aussage heißt doch übersetzt: Wir verhindern bewusst die Durchsetzung der der Insolvenzmasse kraft Gesetzes zustehenden Anfechtungsansprüche, indem wir alle Steuerdaten und im Besonderen die erfolgten Zahlungen des Schuldners vor dem Insolvenzverwalter verheimlichen. Was er - wie Gegs es darstellt: in mühevolller Kleinarbeit - nicht herausfindet, fällt unter den Tisch. Das meine ich ist die falsche Art, den Umfang der Insolvenzanfechtungen einzudämmen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Gegs

    Ich möchte am Rande nur anmerken, dass ich die Vergütung für Insoverwalter nicht für unangemessen halte. Ich würde den Job für kein Geld der Welt machen wollen.

    Silberkotelett

    Dann hast Du meine Aussage falsch übersetzt. Sie heißt, wir geben der Masse die Anfechtungsansprüche die der Insolvenzverwalter berechtigt geltend macht. Die Grundlagen für die Ansprüche muss er sich aber, wie bei jedem anderen Gläubiger auch, erarbeiten, notfalls in mühevoller Kleinarbeit; aber das ist der Sport von dem Gegs sprach.


    In der Praxis, wissen aber letztlich beide Seiten, dass man sich immer zwei Mal sieht.

  • Meandor, Du bist ein Gewinn für dieses Forum !
    gruß Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich hole das Thema, welches hier zwischenzeitlich thematisiert wurde, nochmals hoch. In unserer Kanzlei geht gerade die Aussage um, dass die Reform des § 133 InsO nunmehr kurzfristig, evtl. innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens zum Konzerninsolvenzrecht, erfolgen soll. Ist da jemanden etwas bekannt?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Möööönsch, mein Anfechtungsseminar zum derzeitigen Recht hat noch gar nicht stattgefunden, da ist es möglicherweise schon veraltet? Immer langsam. :(

  • Nicht wirklich, eher das Gegenteil:

    Pressemitteilung der Fraktionen der CDU und CSU vom 20.10.2014

    "Union hält an Änderungen im Insolvenzanfechtungsrecht fest

    Reformverweigerung des Bundesjustizministeriums ist unverständlich

    In einem Presseartikel berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am vergangenen Samstag, dass die Koalition die Pläne, das Insolvenzanfechtungsrecht zu ändern, gestoppt habe. Hierzu erklären die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker und der zuständige Berichterstatter Heribert Hirte:

    Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Die Union tritt weiterhin für Änderungen im Bereich der Insolvenzanfechtung ein. Unser Ziel ist es, Unternehmen besser vor ungerechtfertigten Rückforderungen eines Insolvenzverwalters zu schützen. Zudem müssen sich die Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens darauf verlassen können, dass sie ausgezahlte Löhne im Regelfall behalten dürfen.


    Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass der Gesetzgeber den betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmern mit gezielten Änderungen zügig helfen kann. Das wäre auch im Rahmen eines eigenständigen Gesetzgebungsverfahrens denkbar. Die Union hält selbstverständlich an diesem wichtigen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag fest.


    Dass die Rechtslage nicht so bleiben darf wie bisher, hat auch Minister Maas erkannt, dessen Haus erst jüngst ein Eckpunktepapier zur Reform des Anfechtungsrechts vorgelegt hatte. Insofern ist es unverständlich und widersprüchlich, wenn der Minister den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nun als erledigt betrachtet.“


    Heribert Hirte: „Das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums enthält zwar richtige Ansätze, geht aber in zwei wesentlichen Punkten über die Zielsetzung des Koalitionsvertrages hinaus und wird insofern auch in der Fachöffentlichkeit zurecht kritisiert. Das betrifft insbesondere die geänderte Behandlung von Zahlungen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung, die gravierende Folgen für die Eröffnungsquote von Insolvenzverfahren haben könnte. Mit der Union wird es keine neuen Privilegien für Fiskus, Sozialkassen oder Banken im Insolvenzverfahren geben. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ist eine zentrale Errungenschaft der Insolvenzordnung, die wir erhalten wollen. Außerdem ist nicht einzusehen, warum auch Manager und Mitarbeiter aus der Finanzbuchhaltung besser gestellt werden sollten. Denn mit uns wird es keine Prämie für diejenigen geben, die die Krise eines Unternehmens zu verantworten haben.“

    Zitatende.

    Soweit, sogut.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nicht wirklich, eher das Gegenteil:

    Pressemitteilung der Fraktionen der CDU und CSU vom 20.10.2014

    ...

    Heribert Hirte: „.... Außerdem ist nicht einzusehen, warum auch Manager und Mitarbeiter aus der Finanzbuchhaltung besser gestellt werden sollten. Denn mit uns wird es keine Prämie für diejenigen geben, die die Krise eines Unternehmens zu verantworten haben.“

    Zitatende.

    Soweit, sogut.

    Was immer eine Lohnsachbearbeiterin auch mit der Verursachung der Krise eines Unternehmens zu haben mag. Wie schön, wenn man Dinge zusammenwirft, die nicht zusammen gehören.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Nicht wirklich, eher das Gegenteil

    Welche Schlüsse ziehst Du aus dem Papier; die Reform wird kommen - aber nicht sofort :gruebel:.

    Unsere Kenntnisse beziehen wir von diesem Kollegen, der wohl in seiner Kanzlei die Parole ausgegeben hat, alle Ansprüche gemäß § 133 Abs. 1 InsO noch bis Jahresende zu erledigen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Eine neues Anfechtungsrecht wird sicher nicht die bereits eröffneten Verfahren betreffen können, sondern nur künftige. Eine "Jahresendparole" halte ich vor diesem Hintergrund für etwas abwegig.

    Uninteressant in diesem Zusammenhang ist auch noch das Folgende:

    Quelle: BvCM e.V. vom 21.10.2014


    "Insolvenzanfechtung: Eckpunktepapier sorgt für Verschiebung der Reform


    Ein durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangtes Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums brachte die von der großen Koalition geplante Reform der Bestimmungen zur Vorsatzanfechtung im Insolvenzrecht zurück in die öffentliche Diskussion. Ein eilends einberufenes Kolloquium unter Leitung von Prof. Bork präsentierte eine „Schlusserklärung“ im Sinne der Reformgegner, und die FAZ berichtete am Wochenende unter der Überschrift: „Insolvenzverwalter behalten volle Rechte“. Was an diesen Meldungen dran ist, erläutert in einem provokanten Zwischenruf Rechtsanwalt Lutz Paschen, Hauptstadt-Repräsentant des BvCM:


    Wer kennt es nicht: Area 51, das streng geheime Sperrgebiet des US-Militärs, auf dem so ziemlich alles, was nicht mit natürlichen Ursachen erklärt werden kann, vermutet wird. Sogar außerirdische Lebensformen sollen dort erforscht werden.


    Aber wer hätte gedacht, dass auch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz mit ähnlich spektakulären Vorgängen aufwarten kann. Von dort – so die Gegner einer Reform der Insolvenzanfechtung – solle ein Eckpunktepapier stammen, welches die geheimen Pläne des Ministeriums zur weitgehenden Reform der bestehenden Regelungen zur Vorsatzanfechtung im Insolvenzrecht skizziere.


    Wie bei den geheimen Vorgängen in Nevada ist auch in diesem Falle der Urheber nicht bekannt. Wie beruhigend, dass sich die Mahner gegen jede Reform in diesem Bereich hiervon nicht haben täuschen lassen. Kurzerhand wurde am 13.10.2014 ein Kolloquium unter Leitung des Hamburger Insolvenzrechtsexperten Prof. Bork einberufen, um sich einen ganzen Tag lang umfassend dem mysteriösen Papier unbekannter Herkunft zu widmen. Die vom Versammlungsleiter formulierte Schlusserklärung wurde gerade noch rechtzeitig fertiggestellt, um die Diskussion in der nichtöffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages zu dem Thema in der gleichen Woche zu bereichern.


    Einen Zweck haben Papier und Stellungnahme jedenfalls einstweilen erfüllt: Die FAZ konnte am 18.10.2014 vermelden, die Rechtspolitiker der Regierungsfraktionen hätten sich mit Minister Maas nicht einigen können. Zwischen Union und SPD habe es Meinungsverschiedenheiten gegeben, wie weit die Reform gehen solle.


    Ob die FAZ mit Ihrer Überschrift „Die Insolvenzverwalter behalten volle Rechte“ am Ende Recht behält, darf aber bezweifelt werden. Darin, dass eine maßvolle Reform des Anfechtungsrechts unabdingbar ist, besteht weithin Konsens. Vom Tisch ist lediglich eine schnelle Lösung durch Verknüpfung mit der unmittelbar bevorstehenden Reform zum Konzerninsolvenzrecht.


    Keineswegs liegt das Problem in den volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Gesamtbetrags, der den Unternehmen durch die Vorsatzanfechtung verloren geht. Folgenschwer sind vielmehr die Auswirkungen für die Kreditvergabe. Gemeint ist hier nicht vorrangig die Gewährung von Bankdarlehen, sondern vor allem der Lieferantenkredit, also die Einräumung von Zahlungszielen gegenüber gewerblichen Abnehmern.


    Deren Summe macht in der Bundesrepublik jährlich einen dreistelligen Milliardenbetrag aus. Die Folgen der Auslegung der derzeitigen Regelung durch den Bundesgerichtshof für die Vergabe von Lieferantenkrediten sind dramatisch. Rund zwei Drittel der Befragten haben in einer Umfrage des BvCM anlässlich seines letztjährigen Bundeskongresses angegeben, die aktuelle Situation in Sachen Vorsatzanfechtung habe sich nachteilig auf die Gewährung von Lieferantenkrediten durch ihre Unternehmen ausgewirkt. Die Hebelwirkung des Themas ist also gewaltig. Höchste Zeit, in eine ernsthafte Diskussion über die Ausgestaltung der Reform einzutreten.


    Eine Verbändeinitiative, der auch der BvCM angehört, hat hierzu bereits vor geraumer Zeit einen ausgewogenen Reformvorschlag vorgelegt, der die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Die Mitglieder der Initiative stehen jederzeit bereit, diesen zu erläutern und hierüber zu diskutieren. Der Gesetzgeber und alle anderen Beteiligten sind herzlich eingeladen, hiervon Gebrauch zu machen."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nachdem ich jetzt kanzleiintern ein Thesenpapier erstellen darf / muss, will ich Euch an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen.

    In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen vom 18. Oktober 2014 "Insolvenzverwalter behalten volle Rechte" wurde mitgeteilt, dass sich die Koalitionsparteien im Rechtsausschuss des Bundestages nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten. Insbesondere wohl auch nicht über die Frage, ob die Reform in das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Konzerninsolvenzrecht aufgenommen werden soll. Während Maas seinen Prüfauftrag aus dem Koalitionsvertrag damit wohl für erledigt ansieht, war dieser FAZ-Artikel Grundlage für die von Silberkotelett gepostete Presseerklärung der CDU /CSU.

    Ich werde meinen Kollegen also ein Vorgehen mit Sinn und Verstand vorschlagen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Hirte weiß normalerweise wovon er redet..

    Vielleicht hat eine Finanzbuchhalterin in mal abblitzen lassen..


    Ob eine Finanzbuchhalterin anfechtbar Gehalt bezogen hat (weil sie vertiefte Kenntnisse hat - oder auch nicht nach BAG) oder ob sie für die Krise des Unternehmens verantwortlich ist, das sind m.E. doch zwei verschiedene Paar Stiefel.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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