Nachlasspflegschaft §1960 BGB neben §1961 BGB

  • Vlt ist das GnotKG schuld. Wir hatten jetzt auch mal so einen Vorschlag die Verwaltung wegzulassen, um damit nicht die 200,--Gebühr auszulösen. Das "gesparte Geld" stünde für die Vergütung zur Verfügung. Andere Gerichte würden das so handhaben.

  • Vlt ist das GnotKG schuld. Wir hatten jetzt auch mal so einen Vorschlag die Verwaltung wegzulassen, um damit nicht die 200,--Gebühr auszulösen. Das "gesparte Geld" stünde für die Vergütung zur Verfügung. Andere Gerichte würden das so handhaben.

    Wer schägt so einen Sch... vor? Der Bezirksrevisor? Oder sind die Rechtspfleger neuerdings zum Sparmeister für die Versäumnisse des Gesetzgebers geworden? Der Gesetzgeber beschließt (ohne Rücksicht auf die sich ergebenden Kosten) und die Rechtspfleger müssen die sich daraus ergebenden Kosten (hintenherum) einsparen?

    Ich denke nur daran, dass auch noch heute die Kosten einer 1961-er Nachlasspflegschaft durch manche Gerichte dem antragstellenden Gläubiger aufgegeben werden.

    Und: woraus ergibt sich eigentlich, dass die Verwaltung die € 200,00 Gebühr auslöst?

  • Soweit so gut, der Vermieter möchte lediglich Kündigung der Wohnung und unberäumte Übergabe.

    Außerdem, wie verfahre ich künftig bei solchen Fällen, wo mir kein Sicherungsbedürfnis bekannt ist (vorliegend liegen nur Ausschlagungen wegen Überschuldung vor), ignoriere ich den Antrag nach §1961 BGB und ordne gleich §1960 BGB mit dem Aufgabenkreis: Sicherung und Verwaltung des Aufgabenkreises an?

    Bitte um praktische Lösung!

    Ich schicke die Gemeinde auf Grundlage von § 40 Abs. 3 LFGG-BW in die Wohnung, um diese zu sichten und eventuelle Wertgegenstände bzw. Testamente zu sichern. Wenn sich - wie meist- ergibt, dass nur eine vermüllte Wohnung vorhanden ist, gestatte ich dem Vermieter nachlassgerichtlich die Räumung auf eigene Kosten und eigenes Risiko. Ende! Ich sehe nicht ein hier Steuergeld und Arbeitszeit für eine Nachlasspflegschaft zu verplempern! Der Vermieter hat sich den Mieter selbst ausgesucht und kann jetzt nicht verlangen, dass ihm irgendjemand die Räumung abnimmt. Diese Vollkaskomentalität ist mir völlg unverständlich (das sage ich den Vermietern auch genau so).

  • Wohl deswegen:

    KV 12311 GNotKG

    Jahresgebühr für jedes Kalenderjahr bei einer Nachlasspflegschaft, die nicht auf einzelne Rechtshandlungen beschränkt ist, oder bei einer Nachlass- oder Gesamtgutsverwaltung

    200,00 €

    Entgegennahme der Kündigung durch Vetmieter, ok.

    Aber:

    - Herausgabe der Wohnungsschlüssel?
    - Evtl. Sicherung von Nachlass in der Wohnung (sofern nicht Pfandrecht unterliegend)?
    - Freigabe der Wohnung zur Räumung?
    - Vertretung der Erben bei evtl. Versilberung werthaltiger Güter?
    - inempfangnahme eines Versteigerungsübererlöses?

  • @Einnotar: Wer sagt denn, dass der NLP in solchen Fällen die Wohnung räumt? Du hast eine völlig verkürzte und falsche Ansicht. Was ist denn mit dem Mietvertrag und all den anderen Verträgen; vom Handy über das Konto bis hin zur auf Ratenkredit gekauften Waschmaschine?

    Das was du machst ist leider völlig falsch und wurde vom BGH zurecht als kalte Räumung verboten. Eine NLP anzuprdnen wenn die Erben unbekannt sind hat nichts mit Vollkaskomentalität oder Steuergeldverschwendung zu tun sondern mit dem Erhalt der Rechtsstaatlichkeit und der öffentlichen Ordnung. Nur das Leben endet mit dem Tod, aber alles andere eben nicht. Auch für solche Pflegschaften bezahlt man seine öffentlichen Abgaben. Auch und gerade für solche Sachen besteht der Staat und darauf können wir stolz sein, dass eben nicht "irgendwie" sich Dinge schon regeln werden.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Eine nachlassgerichtliche Genehmigung der Räumung auf Antrag des Vermieters - welcher Genehmigungstatbestand soll da einschlägig sein?
    Oder siehst du die "Wohnungsfreigabe" als Eilmaßnahme gem. Par. 1846 BGB ?

    § 1960 BGB!

    "
    Vielmehr ist das Nachlassgericht gem. § BGB § 1960 BGB originär zur Sicherung des Nachlasses befugt und bei bestehendem Fürsorgebedürfnis im Rahmen der Voraussetzungen des § BGB § 1960 Abs. BGB § 1960 Absatz 1 BGB zur Anordnung der notwendigen Maßnahmen berechtigt und verpflichtet. Dabei hat das Nachlassgericht bezüglich der Auswahl der Mittel Ermessen; die in § BGB § 1960 Abs. BGB § 1960 Absatz 2 BGB genannten Maßnahmen stellen insofern nur Beispiele dar und sind nicht abschließend. Insbesondere ist dem Nachlassgericht auch eine unmittelbare Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis eingeräumt, indem es in dringenden Fällen bis zur Bestellung eines Nachlasspflegers oder bei dessen Verhinderung selbst an dessen Stelle die erforderlichen Maßnahmen treffen darf (§§ BGB § 1915, BGB § 1846 BGB). Es handelt dann in unmittelbarer Vertretung der Erben und kann mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die Erben über Nachlassgegenstände verfügen und Verbindlichkeiten eingehen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 1960 Rn. 2 u. 3 m. w. N.).
    "
    OLG Rostock, Beschluss vom 25.10.2012 - 3 W 155/12

    Meine Wohnungsfreigabe erfolgt schneller als jede Nachlasspflegerbestellung und danach gibt es kein Sicherungsbedürfnis mehr.
    Für die durch TL angesprochenen staatlichen Serviceleistungen stelle ich später natürlich noch das Fiskuserbrecht fest.

  • "... bis zur Bestellung eines Nachlasspflegers" und nicht anstelle der Bestellung eines Nachlasspflegers. Und das ganze auch nur als Eilmaßnahme und nicht als Regelfall. So verstehe ich den Par. 1960 BGB.

  • @Einnotar: Nett aber nach aktueller BGH-Rechtsprechung dennoch falsch bzw. falsch verstanden.

    Hier steht alles worauf es ankommt: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…kalte+r%E4umung

    Du kannst und darfst als NLG die Wohnung nicht freigeben/übergeben.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • @Einnotar:
    Du kannst und darfst als NLG die Wohnung nicht freigeben/übergeben.

    Wo soll das denn der BGH gesagt haben? Wir haben hier weder verbotene Eigenmacht des Vermieters, da ja eine Gestattung des Nachlassgerichts vorliegt, noch mache ich die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft von einem Kostenvorschuss abhängig.

  • Aber du triffst eine nachlassgerichtliche Entscheidung (für den noch nicht bestellten Nachlasspfleger und ohne einen solchen eigentlich überhaupt zu bestellen zu wollen und ohne dass eine Eilbedürftigkeit für den Nachlass vorliegt). Du stellst damit deine gerichtliche Rechtsauffassung ohne rechtsstaatliche Überprüfungsmöglichkeit bzw. rechtsstaatliche Kontrolle über die Entscheidung eines eigentlich zu bestellenden Pflegers. Und du drehst das Regel-/Ausnahmeverhältnis um. Die Regel ist die Nachlasspflegschaft, die Ausnahme das nachlassgerichtliche Ersatzhandeln. Ist bei Betreuungen, Vormundschaften und sonstigen Pflegschaften im übrigen genauso.

  • Aber du triffst eine nachlassgerichtliche Entscheidung (für den noch nicht bestellten Nachlasspfleger und ohne einen solchen eigentlich überhaupt zu bestellen zu wollen und ohne dass eine Eilbedürftigkeit für den Nachlass vorliegt). Du stellst damit deine gerichtliche Rechtsauffassung ohne rechtsstaatliche Überprüfungsmöglichkeit bzw. rechtsstaatliche Kontrolle über die Entscheidung eines eigentlich zu bestellenden Pflegers. Und du drehst das Regel-/Ausnahmeverhältnis um. Die Regel ist die Nachlasspflegschaft, die Ausnahme das nachlassgerichtliche Ersatzhandeln. Ist bei Betreuungen, Vormundschaften und sonstigen Pflegschaften im übrigen genauso.

    Auch hier darf ich wieder zitieren:
    "
    Das Nachlassgericht ist dadurch insbesondere berechtigt, Geldinstitute anzuweisen, vom Erblasserkonto Geldbeträge an bestimmte Personen zur Auszahlung zu bringen. Bei geringfügigen Nachlässen kann damit auch die Ausstellung eines Erbscheines entbehrlich und der kostenträchtige "Umweg" einer Nachlasspflegerbestellung vermieden werden (vgl. dazu Burandt/Rojahn/Trimborn von Landenberg, Erbrecht, § 1960 Rn. 15; Krug/Rudolf/Kroiß, Erbrecht, § 6 Rn. 5; Firsching/Graf, Nachlassrecht, 9. Aufl., Rn. 4.560 u. 4.585 ff.; Bestelmeyer, Rpfleger 2004, 679; Anm. z. Beschl. d. OLG Dresden v. 08.06.2010, Rpfleger 2011, 211).Ob diese langjährige nachlassgerichtliche Praxis zukünftig unter dem Eindruck der Entscheidung des OLG Dresden vom 08.06.2010 kritischer und ggf. abweichend beurteilt werden muss (ausdrücklich verneinend Bestelmeyer, Rpfleger. 2011, 211)...
    "
    OLG Rostock, Beschluss vom 25.10.2012 - 3 W 155/12

    Ich sehe keinen qualitativen Unterschied zwischen der Freigabe einer vermüllten Wohnung und Verfügung über Konten des Erblassers. Hier das Rechtsstaatsprinzip zu bemühen, halte ich für zu hoch aufgehängt. Die Frage ist halt, ob man als Nachlassgericht selbst den Mum hat die Entscheidung zu treffen, oder ob man sich lieber hinter einem Nachlasspfleger verstecken will.

  • Als NLG kannst du natürlich SICHERUNGSMASSNAHMEN veranlassen und Gelder bei Banken anweisen lassen oder diese zur Hintelegung auffordern.

    Was du aber nicht kannst, ist dich als NLG in die Position der Erben zu begeben und Mietverhältnisse kündigen, Wohnungen freigeben oder z.B. einen PKW zu verkaufen. Du kannst auch nicht als NLG stellvertretend für die Erben Erklärungen abgeben und/oder entgegennehmen (Kündigungen etc.).

    Alles das können nur die Erben und nicht das Gericht. Der Nachlasspfleger ist nicht der verlängerte Arm des Gerichts und das Gericht kann eben nicht das Gleiche tun wie der NLP, denn nur der NLP ist der gesetzliche Vertreter der (unbekannten) Erben. Das Gericht ist das nicht und kann sich auch nicht dazu aufspielen. Genau aber das machst du - mit viel Mumm aber auch mit viel falschem Rechtsverständnis. Leider.

    Und was der BGH gesagt hat?

    Na dann will ich mal nur die ersten beiden Absätze zitieren:

    "Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch einen Vermieter stellt eine unerlaubte Selbsthilfe dar, für deren Folgen der Vermieter verschuldens-unabhängig nach § 231 BGB haftet (Bestätigung der Senatsurteile vom 6. Juli 1977 - VIII ZR 277/75, WM 1977, 1126, und vom 1. Oktober 2003 - VIII ZR 326/02, WuM 2003, 708). b) Der Vermieter, der eine Wohnung in Abwesenheit des Mieters ohne Vorliegen ei-nes gerichtlichen Titels durch verbotene Eigenmacht in Besitz nimmt, hat sich auf-grund der ihn treffenden Obhutspflicht nicht nur zu entlasten, soweit ihm die Her-ausgabe nachweislich vorhandener Gegenstände unmöglich wird oder nachweis-lich eine Verschlechterung an herauszugebenden Gegenständen eintritt. Er muss aufgrund seiner Obhutspflicht die Interessen des an einer eigenen Interessen-wahrnehmung verhinderten Mieters auch dadurch wahren, dass er bei der Inbe-sitznahme ein aussagekräftiges Verzeichnis der verwahrten Gegenstände aufstellt und deren Wert schätzen lässt. Kommt er dem nicht nach, hat er zu beweisen, in welchem Umfang Bestand und Wert der der Schadensberechnung zugrunde ge-legten Gegenstände von den Angaben des Mieters abweichen, soweit dessen An-gaben plausibel sind (Anschluss an BGHZ 3, 162). "


    Willst du mir nun sagen, dass deine "nachlassgerichtliche Freigabe" ein Titel sei? Dass das Nachlassgericht für die unbekannten Erben eine solche Freigabe erklären kann? Eine grundgesetzlich geschützte Wohnung kann also durch das NLG dem Vermieter übergeben werden? Warum soll denn im Erbfall plötzlich alles anders sein als vor dem Erbfall?

    Zur "Kündigung/Freigabe der Wohnung durch das NLG" wurde hier schon ausführlich diskutiert.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nachlassgericht

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    3 Mal editiert, zuletzt von TL (12. Juni 2015 um 14:06)

  • Willst du mir nun sagen, dass deine "nachlassgerichtliche Freigabe" ein Titel sei? Dass das Nachlassgericht für die unbekannten Erben eine solche Freigabe erklären kann? Eine grundgesetzlich geschützte Wohnung kann also durch das NLG dem Vermieter übergeben werden? Warum soll denn im Erbfall plötzlich alles anders sein als vor dem Erbfall?

    Zwar kein Titel im Sinne des Zwangsvollstreckungsrechts, aber eine ausreichende Ermächtigung für den Vermieter. Und nachdem ich Richter bin, wäre sogar Art. 13 Abs. 2 GG gewahrt (wenn er denn einschlägig wäre).

  • Art. 13 Abs. 2 GG betrifft den Richtervorbehalt für Durchsuchungen, d.h. die staatlich genehmigte vorübergehende Besitzstörung durch Durchsuchungskräfte wie z.B. Polizei oder Gerichtsvollzieher. Das hat mit der von Dir verfügten Herausgabe der Wohnung an den Vermieter nichts zu tun. Du bewegst Dich im unmittelbaren Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, denn Du beendest den geschützten Besitz der (unbekannten) Erben an der Wohnung. Dafür dürfte eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich sein, die ausweislich § 564 BGB sicher nicht im Erbgang alleine liegen kann, zumal der Vermieter ja das dort geregelte Sonderkündigungsrecht samt dessen Durchsetzungsmöglichkeiten hat. Und da dürfte sich der Kreis zur NLP wieder schließen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Meine Wohnungsfreigabe erfolgt schneller als jede Nachlasspflegerbestellung und danach gibt es kein Sicherungsbedürfnis mehr.

    Genau das ist das Problem. Das Gericht gibt die Wohnung ganz schnell vom Schreibtisch aus frei, der NLP aber geht wenigstens ein Mal hin und guckt in die Schubladen.

    Zitat von einnotar

    Ich sehe keinen qualitativen Unterschied zwischen der Freigabe einer vermüllten Wohnung und Verfügung über Konten des Erblassers.

    Doch, eine Bank weiß, was auf ihren Konten ist. Aber auch in der armseligsten Wohnung kann sich Bargeld finden oder Hinweise auf eine Lebensversicherung usw.

  • Siehe #25
    Ich schicke immer vorab die Gemeinde auf Grundlage von 40 LFGG in die Wohnung und weiß daher grob was vorhanden ist.

  • Sorry, #25 hatte ich nicht gelesen. Wenn die Gemeinde nicht nur oberflächlich schaut, sondern auch in den Schubladen und Papiere sicherstellt, dann mag das angehen. Hier läuft es eher so, dass das (hessische) Ortsgericht die Wohnung versiegelt und den Rest dem NP überlässt. Der sagt dann auch dem Vermieter mit klaren Worten, dass die vermüllte Wohnung nicht auf Staatskosten geräumt wird.

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