Nachträgliche Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtung

  • s. Ausgangspost - Die Sch hatte selbst angegeben, wohl auch ggü Arbeitgeber, dass keine Unterhaltspflicht besteht.

    Was allerdings das eigene Handeln und Denken des DS nicht überflüssig macht.

    Was mir immer in den Kopf schoss beim Lesen des Threads.

    Ob das Insolvenzgericht in seiner Aufsichtsfunktion und der IV/respektive TH sich jemals Gedanken gemacht haben beim Einziehen der pfändbaren Beträge?

    Oder hat man nur dankeswerter Weise die Beträge eingezogen ohne sich über die Steuermerkmale oder sonstigen Abrechnungshinweise Gedanken zu machen?

    Ich sehe das Verschulden nicht gänzlich bei der trotteligen Schuldnerin.

  • Niemand hindert den Schuldner daran, an die Masse überobligatorische Leistungen zu erbringen. Bekanntlich kann der Schuldner mit den unpfändbaren Einkünften auch seine Gläubiger bedienen. Warum nicht auch die Massegläubiger? :flucht:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • s. Ausgangspost - Die Sch hatte selbst angegeben, wohl auch ggü Arbeitgeber, dass keine Unterhaltspflicht besteht.

    Was allerdings das eigene Handeln und Denken des DS nicht überflüssig macht.

    ... und m. E. auch die Pflicht des Verwalters nicht obsolet werden lässt, einen Antrag zu Gunsten der Masse zu stellen..... Ich dachte, wir wären darüber hinaus, dass alles auf Zuruf des Verwalters und freundlicher Aussage des Schuldners funktioniert.

    Immerhin hat der BGH schon einige Entscheidungen gefällt, die ich schon seeeeehr lange für überfällig hielt in dieser Richtung.


  • Und genau da liegt ja auch der Hase im Pfeffer- hätte die Schuldnerin sofort reagiert und mitgeteilt: Ich gewähre meinem Mann ab diesem Monat Unterhalt und beantrage daher den pfandfreien Betrag zu korrigieren- dann wäre kein Problem aufgetreten, der Betrag im ersten Monat angepasst worden und fertig.

    Ob der Drittschuldner schuldbefreiend geleistet hat oder nicht ist eine andere Sache (z. B. ArbG Wesel, Urteil vom 14.07.2011 - 5 Ca 222/11), vorliegend ist nur der Antrag des Schuldners auf Auszahlung der zu viel abgeführten Beträge vom Insolvenzgericht zu entscheiden und dieser Antrag dürfte zulässig und begründet sein.

    Wenn Du den Antrag zurückweist, dann ist das durchaus Dein Recht, dürfte aber nach der m.E. zutreffenden Entscheidung des AG Norderstedt nicht haltbar sein.

  • Die Argumentation, dass die Beträge ja noch nicht verteilt seien, halte ich für etwas schwach auf der Brust.

    Was aber beim AG Norderstedt beachtenswert ist, und damit knüpfen wir an einen weiteren, hier augenblicklich an anderer Stelle diskutierten Punkt an, ist der Geldeinzug des Verwalters auf ein Anderkonto (ob es tatsächlich eines war, sei mal dahingestellt). Dann sind die Beträge tatsächlich nicht zur Masse gelangt, BGH vom 18.12.2008, IX ZR 192/07.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LG Hildesheim 18.08.2011, 7 T 79/10

    Die Auszahlung der Abfindung an den Insolvenzverwalter kann aber in ihrer Wirkung nicht der Auszahlung an den Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren gleichgestellt werden. Im letztgenannten Fall ist die Zwangsvollstreckung beendet. Ein nachträglicher Antrag auf Vollstreckungsschutz wäre sinnlos, weshalb ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür zu Recht zu verneinen ist.

    Die Auszahlung an den Insolvenzverwalter führt jedoch für sich genommen nicht zur Beendigung des Insolvenzverfahrens und damit etwa zum Fortfall eines Interesses an einer entsprechenden Anwendung des § 850 i ZPO. Solange das Insolvenzverfahren andauert, ist über den Abfindungsbetrag noch nicht endgültig verfügt.

  • Der BGH hat aber auch gesagt, dass der Schuldner ihm günstige Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber selbst durch setzen muss und sich diesbezüglich nicht auf den Verwalter verlassen kann

    :gruebel:

    Sie hat ja wohl zunächst für sie ungünstigere Bedingungen geschaffen, indem sie sagte, dass sie nicht zum Unterhalt verpflichtet sei, weil der Ehemann eigenes Einkommen habe. Ich denke, das auch sowas nicht möglich sein sollte, sondern dass hier der Verwalter einen Antrag zu Gunsten der Masse hätte stellen müssen.

    Nun wendet sich die Schuldnerin ja ans Gericht und erklärt, dass sie nun doch zum Unterhalt verpflichtet ist. Wenn alles mit (un)rechten Dingen zuginge, müsste es jetzt wiederum Arbeitgeber und Insolvenzverwalter egal sein und der Drittschuldner auf Zuruf reagieren. Wozu braucht sie denn nun plötzlich gerichtliche Hilfe, wenn es doch vorher auf Zuruf ging? Warum wird mit zweierlei Maß gemessen? Erst sagt die Schuldnerin zu, dass der Arbeitgeber mehr zahlen darf, das funzt einfach mal so. Aber jetzt sagt die Schuldnerin was anderes und es muss gerichtlich entschieden werden? Geht das "Zurufen" immer nur in eine Richtung? :cool:

    Ein Beschluss wäre auch schon im ersten Fall notwendig gewesen - der Antrag wäre vom Verwalter zu stellen gewesen. Und der wäre wohl auch nicht rückwirkend bewilligt worden.

  • Wenn die Schuldnerin jetzt informiert das sie verheiratet ist und unterhalt leistet, halte ich es auch für richtig das der Arbeitgeber das berücksichtigt. Nur halt rückwirkend geht gar nichts mehr

    Verheiratet war sie schon bei Antragstellung.

  • ja, aber da hatte sie angegeben keinen Unterhalt zu leisten.
    Das sie Unterhalt leistet teilt sie erst jetzt mit. Es kann also erst jetzt berücksichtigt werden.

    Nicht jeder der Verheiratet ist, leistet auch Unterhalt.
    Und für die Berücksichtigung als Unterhaltspflicht kommt es nicht nur darauf an, ob eine solche besteht, sondern ob geleistet wird

  • ja, aber da hatte sie angegeben keinen Unterhalt zu leisten.
    Das sie Unterhalt leistet teilt sie erst jetzt mit. Es kann also erst jetzt berücksichtigt werden.

    Nicht jeder der Verheiratet ist, leistet auch Unterhalt.
    Und für die Berücksichtigung als Unterhaltspflicht kommt es nicht nur darauf an, ob eine solche besteht, sondern ob geleistet wird


    Mal losgelöst von der Insolvenz:

    Wie soll das ein Arbeitgeber beim Eintreffen einer Pfändung entscheiden?:gruebel:

    Muss/Darf er dann seinen Arbeitnehmer fragen, wie hoch das Einkommen seines Ehepartners ist? Nur dann könnte er ja beurteilen, ob dieser Anspruch auf (Natural-)unterhalt hat und sich in der Folge entscheiden, ob er den Ehepartner als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt.

  • Er muss seinen AN fragen ob er Unterhalt leistet. Denn genau das ist der Wortlaut des 850 c I 2 ZPO: "Gewährt der Sch Unterhalt ..." Damit kann der AG doch nicht einfach davon ausgehen, dass jeder der verheiratet ist, auch Unterhalt gewährt. Sonst müsste die Regelung lauten " Hat der Sch eine Unterhaltspflicht ..."

    Und genauso war es wohl hier, die Sch hatte selbst angegeben, niemanden Unterhalt zu leisten.

    Im Interesse der Rechtssicherheit kann sie das doch nicht rückwirkend ändern

  • Macht es nicht einen entscheidenden Unterscheid, ob die Schuldnerin:

    a) ihrem Arbeitgeber explizit gesagt hat: Nein, die Unterhaltspflicht für meinen Ehemann erfülle ich aktuell nicht - ....und danach verpasst hat, das zu ändern?

    oder "nur":

    b) im Insolvenzantrag oder dem IV gegenüber gesagt hat, sie zahle keinen Unterhalt, weil sie nicht wusste, dass sie "Naturalunterhalt" leistet und der Ehepartner nur auf 850c Abs. 4 Antrag rausgerechnet wird ?

    Falls a), dann ok, selbst schuld

    Falls b), dann stellt sich die Frage, warum der Arbeitgeber den Ehemann nicht berücksichtigt hat ? :

    1. weil der Insolvenzverwalter ihm dies gesagt hat ?

    2. ???

    Falls 1. , dann wäre dies, wenn überhaupt ja doch nur wirksam gewesen (und auch das is ja streitig) , wenn Schuldnerin und Insolvenzverwalter sich (nachweislich schriftlich) verständigt haben, dass analog 850c Abs. 4 keine Berücksichtigung stattfindet, oder eine (ebenfalls nachweislich schriftliche) Bestätigung der Schuldnerin vorlag, dass kein Unterhalt geleistet wird.

    Das "Nicht-Ankreuzen" von Unterhaltsverpflichtungen im Insolvenzantrag dürfte hierfür nicht reichen. In zahlreichen selbst ausgefüllten Anträgen führen z.B. auch Alleinerziehende ihre Kinder nicht als "Unterhaltsberechtigte" an mit dem Argument: "Nein, ich zahle keinen Unterhalt, das Kind lebt doch bei mir".

    Also das reicht sicher nicht.


    Ich würd sagen:
    - Wenn sie selbst es dem Arbeitgeber gesagt hat oder eventuell noch, wenn sie dem Insolvenzverwalter eine schriftliche und ausdrückliche Erklärung ("Ich gewähre keinen Barunterhalt und keinen Naturalunterhalt), dann Pech
    - Wenn Insolvenzverwalter eine 850c ABs.4 Entscheidung ohne Rechtsgrundlage vorweggenommen hat, dann Rückzahlung aus "Masse"
    - Wenn Arbeitgeber nicht berücksichtig hat, obwohl er keine konkreten Hinweise auf Nichtgewährung (von der Schuldnerin selbst) oder auf Herausrechnung hatte, dann Rückzahlung von Arbeitgeber

  • Mit den Schlussfolgerungen 1 und 3 von 305er gehe ich konform.
    Die 2. Kann eigentlich gar nicht passiert sein, denn auch in dem Fall hätte der Arbeitgeber zu viel an die Masse geleistet und müsste dem Schuldner den Schaden ersetzen, ein Anspruch des Schuldners gegen die Masse ergibt sich daraus aber trotzdem nicht

  • Er muss seinen AN fragen ob er Unterhalt leistet. Denn genau das ist der Wortlaut des 850 c I 2 ZPO: "Gewährt der Sch Unterhalt ..." Damit kann der AG doch nicht einfach davon ausgehen, dass jeder der verheiratet ist, auch Unterhalt gewährt. Sonst müsste die Regelung lauten " Hat der Sch eine Unterhaltspflicht ..."

    Und genauso war es wohl hier, die Sch hatte selbst angegeben, niemanden Unterhalt zu leisten.

    Im Interesse der Rechtssicherheit kann sie das doch nicht rückwirkend ändern

    Der Arbeitgeber muss m. E. im eigenen Interesse die ihm bekannten Tatsachen berücksichtigen. Dass die U-Pflicht besteht und - wenn die Ehepartner nicht gerade getrennt lebend sind - auch Unterhalt gewährt wird.

    Jeder Gläubiger, der Arbeitseinkommen pfändet, muss den Antrag auf Nichtberücksichtigung selbst stellen. Der Verwalter kriegt die Kohle auf Zuruf der Schuldnerin?

    305er:
    Darauf wollte ich raus. Entweder gibt es explizit etwas schriftliches (Abtretung eines höheren Betrages ohne U-Pflicht) oder eben einen Beschluss des Gericht. Aber es scheint sich auch 4 Jahre nach meinem Weggang vom letzten Insolvenzverwalter nicht viel in dieser Richtung getan zu haben, dass man auf Beschlüsse hinwirkt. Obwohl der BGH ja schon sehr häufig in diesem Sinne entschieden hat. Sowohl im Interesse des Schuldners als auch im Interesse der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter. Nach wie vor erfüllt es mich mit Erstaunen, dass in der Gesamtvollstreckung fast alles möglich ist, was in der Einzelvollstreckung schlicht undenkbar wäre.

  • Dass die U-Pflicht besteht und - wenn die Ehepartner nicht gerade getrennt lebend sind - auch Unterhalt gewährt wird.

    Natürlich muss der Arbeitgeber das berücksichtigen.

    Aber nur aus der Tatsache dass ein Ehepaar in einem Haushalt lebt ergibt sich doch noch lange nicht, dass sie sich gegenseitig Unterhalt gewähren.


    Ich lebe mit meinem Ehemann auch glücklich zusammen. Wir verdienen in etwa gleich viel. Wir gewähren uns gegenseitig keinen Unterhalt. Jeder hat selbst genug, um davon zu leben.

  • Dass die U-Pflicht besteht und - wenn die Ehepartner nicht gerade getrennt lebend sind - auch Unterhalt gewährt wird.

    Natürlich muss der Arbeitgeber das berücksichtigen.

    Aber nur aus der Tatsache dass ein Ehepaar in einem Haushalt lebt ergibt sich doch noch lange nicht, dass sie sich gegenseitig Unterhalt gewähren.


    Ich lebe mit meinem Ehemann auch glücklich zusammen. Wir verdienen in etwa gleich viel. Wir gewähren uns gegenseitig keinen Unterhalt. Jeder hat selbst genug, um davon zu leben.

    Mal angenommen, du hast nun Schulden und dein Gläubiger pfändet dein Arbeitseinkommen. Da gehst du natürlich zum Arbeitgeber und sagst: Ey überweis mal ohne Unterhaltszahlung... macht nix, ist halt ein bisschen mehr.

    Na klar... da würdest du sehr wohl drauf bestehen, dass der Gläubiger einen entsprechenden Antrag stellt (entweder schon direkt im PfÜB-Antrag oder später, wenn ihm die Infos vorliegen).

    Oder aber du hast nun einen Insolvenzverwalter. Dem würdest du natürlich auch freiwillig mehr überweisen lassen auf Zuruf von dir. Richtig?

  • Natürlich gibt es auch Schuldner die freiwillig mehr überweisen oder überweisen lassen als pfändbar, spricht ja auch nichts dagegen, sie haben ja schließlich die Schulden. Manche haben ja auch ein Interesse das die Masse möglichst groß wird, damit sie eine der Möglichkeiten nutzen können das Verfahren zu verkürzen

  • Er muss seinen AN fragen ob er Unterhalt leistet. Denn genau das ist der Wortlaut des 850 c I 2 ZPO: "Gewährt der Sch Unterhalt ..." ...

    Und was fragt der Arbeitgeber konkret seinen AN, für den ein Pfüb vorliegt? :gruebel:

    So in etwa vielleicht: "Herr X, leisten Sie Ihrer Ehefrau Unterhalt?" (Nach dem Einkommen des Ehepartners darf er sicher nicht fragen, oder?)

    Jeder halbwegs clevere Schuldner wird dann natürlich sagen, dass man ja zusammen in einem Haushalt lebt, er aber natürlich Naturalunterhalt leiste.

    Also wird es in der Praxis wohl darauf hinauslaufen, dass bei verheirateten Schuldnern der Ehepartner fast immer als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt wird.

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