Hey liebes Rechtspflegerforum,
Ich werde voraussichtlich zum 01. Oktober als Anwärter anfangen zu studieren. Ich habe mich hier jetzt schon gut im Forum durchgestöbert und bin auf sehr gemischte Gefühle gestoßen die jetzt dazu geführt haben, dass ich doch nochmal sehr am Grübeln über das Studium bin. Schließlich übt man den Beruf i.d.R. ein ganzes Leben aus.
Vorab, das wird ein längerer Beitrag. Ich verstehe, dass nicht jeder alle Fragen beantworten kann, das ist auch nicht die Absicht. Fühlt euch aber bitte frei, zu den Punkten in denen ihr euch auskennt mir eure Expertise mitzuteilen. Den Rest regelt dann die Masse an User. Ihr würdet damit nicht nur meinen jetzigen großen Sorgen bezüglich meiner Zukunft helfen, sondern auch anderen Anwärtern die eventuell ähnliche Fragen haben, bezüglich des Rechtspflegerstudium.
Für Rechtspfleger im Beruf erscheinen manche der Fragen eventuell simpel. Seid allerdings sicher, dass ich vorher die Such-Funktion auf jedenfall genutzt habe und nicht klüger wurde.
Vor dem Studium:
1. Studieren werde ich an der HWR-Berlin, ich habe versucht ein paar Reviews hier zu finden, die einen sagen sehr gut, die nächsten sehr schlecht. Weiß jemand mehr zu dem Ruf? Kommt man durchs Studium oder ist es ein Albtraum bezüglich Dozenten?
2. Bei der Frauen und Männer Verteilung sehe ich einen klaren Trend, dass deutlich mehr Frauen diesen Studiengang wählen. Warum ist das so? Es studieren allgemein mehr Frauen als Männer, aber hier ist der Unterschied ja schon extrem. Ich habe gelesen, dass Frauen von deutlich mehr Vorteilen profitieren im ÖD und man als Mann fast schon besser in der freien Wirtschaft dran ist?
3. Was machen die Studenten die mittendrin aufhören oder die Urkunde am Ende nicht annehmen? Haben die bessere Ideen? Gibt es da durchaus attraktive Wege die man einschlagen kann? Oder waren die primitiv ausgedrückt „zu schlecht“?
Allgemein, was kann man noch in der freien Wirtschaft anfangen mit dem Studium zum Rechtspfleger?
4. Ist das Studium wirklich so schwierig? Ich habe Tabellen gesehen mit ca. 10% overall Durchfallquote. Im Forum habe ich allerdings von teilweise 70% gelesen, die anfangen aber nicht beenden. (https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/…icationFile&v=3)
5. Ich habe einen Beitrag von jemanden gelesen der schrieb, dass die Behörde nach klugen leistungswilligen Schülern sucht. Aber wo gehen genau diese Schüler nicht hin? Zur Rechtspflege. Warum gehen die nicht zur Rechtspflege? Gehen die in die freie Wirtschaft oder in andere ÖD Stellen?
Im Beruf:
6. Zur Beförderung. Wird man nach Leistung befördert, oder eher nach Alter? Klar ist das sicher von Behörde zu Behörde unterschiedlich, aber ein allgemeines Bild sollte es doch schon geben. Ich habe Fälle gelesen von 20 Jahre A9, andere sagen, dass alle Kollegen mit Mitte 30 in A12, mit 40 in A13 gehen. Andere wiederum gehen in Pension mit A11? Da stimmt doch etwas nicht? Wie ist es denn im Regelfall? Wann kann man mit welcher Beförderung ungefähr rechnen?
7. In der RP gibt es ja die Vertrauensarbeitszeit. Es gab ja allerdings den Beschluss vom Europäischen Gerichtshof gegen diese. Wie ist da im Moment die Lage und wie wird sie in der Zukunft sein? Gibt es noch Vertrauensarbeitszeit? Lese hier verschiedene Dinge.
8. Wie lange arbeiten man wirklich? Wird man schief angeschaut, wenn man zu regulären Zeiten geht und sind Überstunden die Regel? Normal soll das ja genau nicht der Fall im ÖD sein.
9. Würdet ihr sagen, dass die meisten eurer Kollegen die sich um die 40 oder älter befinden eher entspannt und glücklich, oder vom Burnout verfolgt sind?
10. Wie kann ich es mir vorstellen, wenn ich lese, dass die Privilegien vom ÖD schwinden? Was wird schlechter? Woran scheitert es komplett? Was macht die freie Wirtschaft besser?
11. Ich habe von einer Konjunktur gelesen, dass die Umstände wieder besser werden im ÖD, speziell in der Justiz. Was ist damit gemeint? Mehr Nachkommen? Wann kann man damit rechnen?
12. Ich habe noch etwas parallel als Diplom-Finanzwirt laufen. Hat man ja doch auch sehr viele Möglichkeiten später durch Weiterbildungen an verschiedene Berufe zu kommen. (Steuerberater, Steuerfahndung,..) Weiß jemand da zufällig wie es dort so aussieht? Hört man da gutes, oder eher auch negative Resonanz? Die haben ja nicht so ein Forum wie hier wo ich mir ein Bild machen könnte.
Nun meine letzte Frage. Habe öfter gehört, dass viele ihren Kinder NICHT das Studium empfehlen würden. Schlechte Beförderungsmöglichkeiten, wenig Gehalt für die Leistung, schwieriges Studium, Unterbesetzung,…
Habt ihr als Insider, die ja von der Arbeitswelt auch deutlich mehr mitbekommen als ein Abiturient wie ich, Infos welcher Job im ÖD, oder ganz allgemein in der freien Wirtschaft zu empfehlen ist?
Vielleicht habt ihr irgendwas aufgeschnappt wo ihr sagen würdet „Die haben’s auf jedenfall besser/ leichter/ besseren Weg gewählt“
Bzw. was würdet ihr euren Kindern, oder einen Abiturienten jetzt in 2022 für eine Route empfehlen? Könnte jedes Gebiet sein bin vielfältig.
Vielen Dank für eure Zeit, ich hoffe auf hilfreiche Antworten.
Grüße