Einziehung Erbschein, Grundbuchberichtigung

  • Guten Morgen,
    ich habe einen Fall, bei dem ich nicht ganz weiter weiß:

    Mann (M) und Frau (F) sind im Grundbuch als Eigentümer in Abteilung I zu je 1/2 Anteil eingetragen.
    M stirbt und es wird folgender Erbschein erteilt: F 1/2 und K1 und K2 je 1/4.

    F, K1 und K2 machen einen Erbteilsauseinandersetzungsvertrag nebst Auflassung, wobei sie sich im 1. Schritt den Grundbesitz in Bruchteilen aufteilen und im 2. Schritt die Auflassung an K2 allein erklären.
    Im Grundbuch in Abt. I wird nach Antrag folgendes eingetragen: F 10/16, K1 und K2 je 3/16.

    Da K2 das Grundstück ja erhalten soll wird zur Finanzierung eine Grundschuld in Höhe von 50.000 Euro auf dem gesamten Grundbesitz eingetragen.

    Auf dem Anteil von K1 wird eine Zwangssicherungshypothek eingetragen.

    Der Antrag auf Eigentumsübertragung auf K2 geht ein.

    Es taucht ein notarielles Testament auf, in dem sich F und M zu gegenseitigen Alleinerben einsetzen.
    Der Erbschein wird daraufhin eingezogen.

    Nun weicht die materielle Rechtslage von der im Grundbuch verlauteten ab, das GB ist unrichtig.
    Ein gutgläubiger Erwerb von K1 und K2 ist m.A. nach nicht möglich gewesen, da der Erwerb durch Erbfall erfolgte, nicht durch Rechtsgeschäft, vgl. https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-400-W-S…GL-ud3-VIII-B-3.

    Der Antrag auf Eigentumsumschreibung auf K2 ist nicht vollziehbar und daher zurückzuweisen, da das GBA nicht zum gutgläubigen Erwerb verhelfen kann, vgl.
    https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-400-W-S…GL-ud3-VIII-B-5.

    Nun meine Fragen:
    Wie bekomme ich das GB wieder richtig?
    Die Parteien rühren sich nicht.
    Reicht der Antrag der wahren Berechtigten F nach §22 GBO nebst not. Testament und Eröffnungsprotokoll?
    Diesen könnte ich ja nach §82 GBO "erzwingen".
    Inwieweit sind K1 und K2 zu Beteiligen?

    Was ist mit der eingetragenen Zwangssicherungshypothek?
    Die "wahre" Berechtigte könnte einen Widerspruch nach §899 BGB eintragen lassen, aber wie bekommt man die Sicherungshypothek wieder raus? Auch diese kann wie im ersten Link oben erwähnt nicht gutgläubig erworben werden.

    Und was ist mit der Grundschuld?

    Ist für mich als GBA erstmal nur wichtig, dass Abt. I wieder richtig wird und um den Rest müssen sich die Beteiligten selbst kümmern?

    Ich bin noch nicht so lange im GBA und es sind so viele Probleme auf einmal.

    Vielen Dank für eure Antworten im Voraus.

  • Im Grundbuch ist nicht die Erbengemeinschaft nach M eingetragen. Der Erwerb der Miteigentumsanteile erfolgte auch nicht aufgrund der Erbfolge, die nur zu einem Gesamthandserwerb hätte führen können, sondern aufgrund der Erbauseinandersetzung. Daher kann die materielle Rechtslage von der im Grundbuch verlautbarten auch nicht abweichen.

    Grundlage der Eintragung war die abstrakte Auflassung zwischen der Witwe F und den Kindern des Erblassers („Im Grundbuch in Abt. I wird nach Antrag folgendes eingetragen: F 10/16, K1 und K2 je 3/16“); siehe dazu diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1043961

    Dieser abstrakten Auflassungserklärung kann auch nicht nur die Erbauseinandersetzung nach M (nicht: „Erbteilsauseinandersetzung“) zugrunde liegen, denn da der Erblasser nur über einen ½ Miteigentumsanteil am Grundstück verfügte, hätten seine Kinder anhand der im eingezogenen Erbschein ausgewiesenen Quoten von je ¼ nur je 1/8 (oder umgerechnet je 2/16) Miteigentum am Grundstück beanspruchen können. Sie haben aber je 3/16 Miteigentum am Grundstück erhalten. Also muss die Witwe F von ihrem eigenen ½ Anteil einen Miteigentumsanteil abgespalten haben. Genau genommen könnte sie die je 3/16 Miteigentumsanteile auch nur von ihrem ½ Miteigentumsanteil (= 8/16 MEA) abgegeben haben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es der Witwe bei Abgabe der Auflassungserklärung nicht mehr bewusst gewesen sein soll, dass sie mit ihrem verstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Testament errichtet hatte, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben berufen haben. Da es trotz eingezogenen Erbscheins offensichtlich kein Interesse an einer Grundbuchberichtigung gibt, ist wohl auch davon auszugehen, dass die Eintragung der Einigung entspricht; siehe dazu den vorgenannten Thread.

    Das Grundbuch ist daher richtig.

    Wie hier ausgeführt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1224488
    ist auch kein Amtswiderspruch einzutragen. Der im Bezugsthread zitierte Leitsatz aus dem Beschluss des OLG Frankfurt/Main vom 19.10.1978, 20 W 262/78 = Rpfleger 1979, 106, lautet:
    „Das Grundbuchamt hat gesetzliche Vorschriften nicht i. S. von § 53 Abs. 1 S. 1 GBO verletzt, wenn es den Eigentumserwerb auf Grund einer bei Erbauseinandersetzung erklärten Auflassung eingetragen hat, weil die Erbfolge durch Erbschein nachgewiesen war, der sich später (infolge einer im Erbschein nicht bezeichneten Nacherbfolge) als unrichtig erwiesen hat, sofern diese Unrichtigkeit des Erbscheins dem Grundbuchamt nicht bekannt war und sich auch nicht feststellen lässt, dass sie ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht hätte entgehen können“

    Im Übrigen geht die speziellere Vermutung des § 891 BGB der allgemeineren des § 2365 BGB vor (LG Freiburg, BWNotZ 1981, 38; Hertel im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 15.04.2021, § 891 BGB RN 32
    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath….glii.htm&pos=2
    unter Zitat: „Ebenso iErg Staudinger/Picker, 2019, Rn. 55“; s. auch diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1046104

    Meines Erachtens nach ist nichts zu veranlassen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei der Umwandlung des vorgeblichen erbengemeinschaftlichen Miteigentums in Bruchteilseigentum handelte es sich nach meiner Ansicht nicht um ein Verkehrsgeschäft im Sinne der Gutglaubensvorschriften. Auf die Frage, ob die angebliche Erbengemeinschaft voreingetragen war oder nicht, kommt es dabei nicht an.

    Wahre Alleineigentümerin ist somit F, wobei es offen bleiben kann, weshalb das notarielle (!) Testament nicht rechtzeitig auftauchte.

    Ein gutgläubiger Erwerb der Zwangshypothek kommt nicht in Betracht (kein rechtsgeschäftlicher Erwerb), während die rechtsgeschäftlich bestellte Grundschuld gutgläubig entstanden sein kann.

  • Ich sehe es so wie Cromwell. F ist die wahre Eigentümerin.

    Jetzt hat F einen Antrag gestellt, dass das Grundbuch zu Ihren Gunsten auf Grund des not. Testaments berichtigt werden soll.
    Ich bin jetzt soweit, dass ich dies als Berichtigungsantrag nach §22 GBO nehme. Der Unrichtigkeitsnachweis ist das not. Testament nebst Eröffnungsprotokoll.
    Ich würde jedoch noch den Kindern Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
    Um die Grundschuld und die Zwangssicherungshypothek müssen die Parteien sich dann selbst kümmern.
    Was meint ihr?

  • Ich schließe mich der Auffassung von prinz an: Da M und auch die Erbengemeinschaft nicht mehr als Eigentümer eingetragen ist, kann auch eine Grundbuchberichtigung aufgrund Erbnachweises nicht mehr in Frage kommen.

    Ob bzw. welche Auswirkungen das notarielle Testament auf die erklärten Auflassungen hat, müssen die Beteiligten klären. Auf keinen Fall würde ich jetzt für den ehemaligen Anteil des M die Erbin F eintragen.

  • Das entspricht dann doch aber nicht der Ansicht von Prinz? Er geht von einem wirksamen Eigentumserwerb durch F (10/16), K1 und K2 (je 3/16) aus. Unabhängig vom Auffinden des Testaments. Das oben zitierte OLG Frankfurt/Main hat das Problem mit der Wirksamkeit der Auseinandersetzung übrigens schön umschifft.

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