"Verhinderungs-Vormund" bevollmächtigen?

  • Hallo zusammen,

    eine Vereinsvormündin hat mitgeteilt, dass sie in der Zeit von März bis Juni nächsten Jahres in Mutterschutz bzw. Elternzeit geht und bat uns zu prüfen, ob sie – zur Vermeidung einer Umbestellung – nicht einem ihrer Kollegen eine Vollmacht für die Ausübung der ihr übertragenen Vormundschaften erteilen kann. Sie wäre für die Kollegen telefonisch immer erreichbar, die Kollegen würden auch Hausbesuche machen und nach 3,5 Monaten wäre sie ja wieder an Bord.

    Wir F-Rechtspfleger hier meinen, dass das nicht geht wegen des vom Gesetzgeber hoch aufgehängten persönlichen Kontakts. Dem kann man entgegenhalten, dass ein neuer Vormund, egal ob bevollmächtigt oder gerichtlich bestellt, binnen 3,5 Monaten auch keine persönliche Nähe zum Mündel aufbauen kann.

    Wenn wir es aber über eine evtl. unzulässige Vollmacht laufen lassen würden, wären alle Rechtsgeschäfte des bevollmächtigten Vormunds unwirksam.

    Habt Ihr Erfahrungen/Meinungen dazu?

    Vielen Dank!

  • Nun, eine Vollmacht ist wegen der persönlichen Führung immer kritisch zu sehen, aber rechtlich möglich. Damit könnte man also zumindest die rechtlichen Belange des Mündels erledigen. Allerdings erfüllt die Vormündin dann immer noch ihre Besuchspflicht nicht.

    Man könnte aber daran denken, dass die Vormündin für die Elternzeit (vorübergehend) tatsächlich an der Ausübung der Vormundschaft gehindert ist und solange einen Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB bzw. weil ja erst im neuen Jahr § 1809 BGB 2023) bestellen. Dieser kann dann für die Zeit die Pflichten der Vormündin übernehmen und wenn die Vormündin wieder da ist, hebt man die Pflegschaft auf und alles ist wieder beim Alten.

  • Guten Morgen und danke für Deine Rückmeldung!

    Auf einen Ergänzungspfleger wäre ich jetzt (bin aber auch neu in F) gar nicht gekommen, da ich irgendwie abgespeichert hatte, dass der nur für einzelne Angelegenheiten bestellt werden darf...? :/

  • Man könnte das Problem auch über eine Mitvormundschaft lösen: Aufenthaltsbestimmung darf nicht ohne die werdende Mutter ausgeübt werden - bleibt ihr also. Die restlichen Aufgabenkreise gehen an die Kollegin.

    Ab 01.01.2023 gibt es nur noch eine einzige Konstellation in der mehr als ein Vormund zulässig ist und zwar bei Ehegatten. Die Möglichkeit zur Bestellung von mehreren Vormündern entfällt ansonsten komplett.

  • Man könnte das Problem auch über eine Mitvormundschaft lösen: Aufenthaltsbestimmung darf nicht ohne die werdende Mutter ausgeübt werden - bleibt ihr also. Die restlichen Aufgabenkreise gehen an die Kollegin.

    Ab 01.01.2023 gibt es nur noch eine einzige Konstellation in der mehr als ein Vormund zulässig ist und zwar bei Ehegatten. Die Möglichkeit zur Bestellung von mehreren Vormündern entfällt ansonsten komplett.

    Ich greife dieses Thema aus gegebenem Anlass noch einmal auf: In einer Vormundschaftssache, in der es um sehr hohe Vermögenswerte geht, hatte ich - nach altem Recht - das Jugendamt für die Personensorge und einen Berufsvormund für die Vermögenssorge bestellt (§ 1797 Abs. 2 BGB a.F.).

    Diese Konstellation ist nach neuem Recht nicht mehr zulässig (§ 1775 Abs. 1 BGB). Eine Pflegschaft nach § 1776 BGB könnte nur angeordnet werden, wenn ein ehrenamtlicher Vormund bestellt wäre und die Anwendung des § 1777 BGB scheitert daran, dass das Kind nicht bei einer Pflegeperson (§ 1688 BGB) lebt.

    Ich neige dazu, es bei der erfolgten Bestellung zu belassen, obwohl diese nach neuem Recht nicht mehr erfolgen dürfte.

    Wie seht Ihr das?

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Naja, es gibt keine Übergangsregelung und auch eine Vorschrift, die mit Art. 229 § 54 Abs. 2 EGBGB vergleichbar ist, fehlt. Nachdem der Gesetzgeber beim einen Teil der Fälle bewusst als wirkungslos ab 01.01.2023 reingeschrieben hat, kann man kaum davon ausgehen, dass alles andere übersehen wurde.

    Insofern würde ich einfach mal sagen, wirksam bis zur Aufhebung :D

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