Recht zugunsten einer nicht existierenden juristischen Person

  • Liebe Forenmitglieder,

    mir liegt ein Grundbuchblatt vor, in dem in Abt. II folgendes eingetragen ist:

    Vormerkung zur Sicherung des bedingten Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an einem 1/2 Miteigentumsanteil, für die Kanalbau Nachname GmbH mit Sitz in Kreisstadt. Im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragen am [Datum].2012, aufgrund Urteils des LG Kreisstadt [Az.]

    Der Eigentümer war entsprechend verurteilt worden.

    Das Problem ist, dass es eine Kanalbau Nachname GmbH in Kreisstadt (und laut handelsregister.de in ganz Deutschland) 2012 nicht gab und heute nicht gibt. Auch Einzelunternehmen "Kanalbau Nachname" (oder auch nur "Nachname" im entsprechenden Bezirk) sind und waren im Handelsregister laut handelsregister.de nicht eingetragen. In der Grundakte waren die Antragsschreiben der Berechtigten enthalten. Sie liegen mir vor, und auf keinen von diesen Schreiben, in der Klageschrift oder im Urteil ist eine HR-Nummer angegeben (es findet sich jeweils die Bezeichnung "Kanalbau Nachname GmbH", Geschäftsführer: Vorname Nachname). Ich gehe mittlerweile davon aus, dass eine GmbH dieses Namens nie existiert hat.

    Was nun? Mangels Anspruchsinhaber kann eine Löschungsbewilligung nicht beigebracht und der gesicherte Anspruch auch nicht erfüllt werden. Reicht eine Bescheinigung des Handelsregisters, dass es die Gesellschaft nie gab, aus (ich habe da wegen KG, 26.08.1997, 1 W 2905/97 so meine Zweifel) ?

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  • Hilft das ? (Finde den Thread vom 24.11.2011 nicht). Seinerzeit habe ich ausgeführt:

    Mit der Löschung einer Grundschuld wegen Nichtexistenz des Gläubigers hat sich das Kammergericht Berlin im Beschluss vom 26.08.1997, 1 W 2905/97 = FGPrax 6/1997, 212 = NJW-RR 1998, 447, befasst. Die Entscheidung ist bei Schaal, der sich in seiner Abhandlung: Löschung von Grundstücksbelastungen in Problemsituationen, RNotZ 12/2008, 569 ff, ebenfalls mit der Nichtexistenz des Gläubigers befasst, auf S. 590 in der Fußn. 288 unter Hinweis auf die zustimmende Anm. von Dümig, ZfIR 2005, 240/241, erwähnt.

    s. a. die Abhandlung von Prof. Walter Böhringer „Löschung eines Rechts wegen anfänglicher Nichtexistenz des Berechtigten“ in der NotBZ 6/2007, 189 (zitiert bei Beck: LSK 2007, 290604 und lexis nexis LNCA 2007, 118515). Lt. Böhringer kommt ein Verfahren nach §§ 84 ff GBO in Betracht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es muss aber doch einen Titel - nach Sachverhalt sogar ein Urteil - gegeben haben, bei dessen Rechtsstreit die Gläubigerin aufgetreten und deren Vertretung sein muss.

    Sinnvoll wäre m.E., Einsicht in die Prozessakte zu beantragen.

  • Es muss aber doch einen Titel - nach Sachverhalt sogar ein Urteil - gegeben haben, bei dessen Rechtsstreit die Gläubigerin aufgetreten und deren Vertretung sein muss.

    Sinnvoll wäre m.E., Einsicht in die Prozessakte zu beantragen.

    Ja, die Prozeßakten liegen vor. Es klagte die "Firma Kanalbau Nachname GmbH mit Sitz in Kreisstadt", vertreten durch den Geschäftsführer Vorname Nachname, Postanschrift: Straße Hausnummer, Prozeßbevollmächtiger: RA Oberschlau. Nirgendwo eine HR-Nummer. Die Kanzlei Oberschlau gibt es auch nicht mehr.

    Ich probiere es mal mit § 84 GBO. Vielen Dank an alle Mitschreiber.

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  • Hilft das ? (Finde den Thread vom 24.11.2011 nicht).

    24.01.2011

    Prinz
    24. Januar 2011 um 14:10

    2 Mal editiert, zuletzt von 45 (17. März 2023 um 15:33) aus folgendem Grund: Neu verlinkt

  • Nur zum Verständnis: Der Kläger hat ein Urteil gegen den Eigentümer erstritten. Und rund 10 Jahre nach dem Urteil fällt dem Eigentümer auf, daß er den Kläger gar nicht kennt. Und das Grundbuchamt soll den Kläger jetzt von Amts wegen aus dem Grundbuch löschen?

  • Es ist immer wieder erschreckend, dass Personen (natürliche und trotz Registereintragung sogar juristische) nicht einmal wissen, wie ihr Name/ihre Firma richtig lautet.

    Werden die Akten eines ausgeschiedenen Anwalts nicht verwahrt?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Versäumnisurteil. Der Beklagte (Eigentümer) war damals langfristig stationär in Behandlung. Ob damals wirksam zugestellt wurde wird sich vermutlich nicht aufklären lassen. Der Anspruch der damaligen Klägerin = GmbH (der ja im Moment nur gesichert ist - Übereignung war nicht eingeklagt worden) scheint seitdem auch nicht weiterverfolgt worden zu sein.

    Eine natürliche Person "Vorname Nachname" gibt es übrigens. Diese Person hat den gleichen Namen wie die Person, die in den Akten als Geschäftsführer der angeblichen GmbH auftaucht.

    Alles komisch. Der Eigentümer wird wohl mit § 84 GBO anfangen.

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  • Versäumnisurteil. Der Beklagte (Eigentümer) war damals langfristig stationär in Behandlung. Ob damals wirksam zugestellt wurde wird sich vermutlich nicht aufklären lassen.

    Auch nicht anhand der vorliegenden Prozeßakte? Wenn sie keine Postzustellungsurkunde enthält, läßt sich eine Zustellung nicht belegen. Die Rechtsmittelfrist würde laut Akte dann nie zu laufen begonnen haben. Wahrscheinlicher ist eine Ersatzustellung (§ 180 ZPO). Die Mitteilung des Grundbuchamtes sollte ebenfalls durch die Post zugegangen sein. Daß er beides nie erhalten hat, wäre in der Tat seltsam. Der Eigentümer wird den Anspruch ohne Weiteres dem "Geschäftsführer" persönlich zugeordnet haben.

  • Ja, das scheint so zu sein (Ersatzzustellung) - ob die Voraussetzungen dafür vorlagen ist nicht mehr nachvollziehbar.

    Wegen der Frage, ob der GF gemeint war, schreibe ich den Eigentümer nochmal an. Alle Unterlagen weisen aber immer nur die "GmbH, vertreten durch" aus.

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  • Ja, das scheint so zu sein (Ersatzzustellung) - ob die Voraussetzungen dafür vorlagen ist nicht mehr nachvollziehbar.

    Wegen der Frage, ob der GF gemeint war, schreibe ich den Eigentümer nochmal an. Alle Unterlagen weisen aber immer nur die "GmbH, vertreten durch" aus.

    Wenn der Eigentümer im Krankenhaus lag, scheitert die persönliche Aushändigung unter der Wohnungsanschrift natürlich. Damit, daß wichtige Post im Briefkasten landet, hätte der Eigentümer rechnen müßen. Falls der Kläger - warum auch immer - in unzulässiger Weise firmiert hat, würde ich bei einem entsprechendem Nachweis als Grundbuchamt dennoch nicht von Amts wegen löschen, sondern die Bewilligung des "Geschäftsführers" verlangen.

  • Falls der Kläger - warum auch immer - in unzulässiger Weise firmiert hat, würde ich bei einem entsprechendem Nachweis als Grundbuchamt dennoch nicht von Amts wegen löschen, sondern die Bewilligung des "Geschäftsführers" verlangen.

    Eine von Herrn Vorname Nachname unterzeichnete Löschungsbewilligung liegt in der Form des § 29 GBO vor, und die hatte der Eigentümer auch schon - bevor er zu mir kam - beim Grundbuchamt mit dem Antrag auf Löschung vorgelegt. Der Antrag wurde abgelehnt, weil (1) Herr Vorname Nachname nicht Berechtigter der Vormerkung ist und (2) der Nachweis, dass er für die eingetragene Berechtigte handelt, vom Eigentümer nicht geführt werden konnte.

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  • Das macht es aber nicht eben wahrscheinlich, daß das Grundbuchamt das Recht dann von Amts wegen löschen wird. Ein Schreiben des Klägers, worin er sich über die Art des Klageantrags erklärt, könnte helfen.

  • Das macht es aber nicht eben wahrscheinlich, daß das Grundbuchamt das Recht dann von Amts wegen löschen wird.

    Ein Schreiben des Klägers, worin er sich über die Art des Klageantrags erklärt, könnte helfen.

    Das Ganze ist eine einzige Räuberpistole.

    Der Klageantrag ging auf Verurteilung dazu, die hier gegenständliche Vormerkung zur Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Grundlage der Klage war ein mehrere Jahre vor Klageerhebung in Frankreich, dem damaligen Wohnsitz des Eigentümers (= Beklagten) privatschriftlich (!) abgeschlossener Kaufvertrag ("compromis de vente") zwischen dem Eigentümer und der "GmbH", vertreten durch ihren Geschäftsführer. Diese Kaufverträge sind nach französischem Recht auch privatschriftlich wirksam, nur für die Umschreibung im Kataster muss man zum Notar. Zum Vollzug im deutschen Grundbuch muss natürlich vor einem (deutschen) Notar die Auflassung erklärt werden, aber dem (deutschen) LG hat damals der klägerische Vortrag ausgereicht, um einen schuldrechtlichen Anspruch der Klägerin (= GmbH) (a) auf Übertragung des Eigentums an einem 1/2 Miteigentumsanteil und (b) auf Sicherung dieses Anspruchs durch Vormerkung zu bejahen.

    Daher ja meine Frage:

    Die Bewilligungen der bei Eintragung handelnden Person kann nicht Grundlage eines Löschungsantrags sein, weil diese Person nicht Berechtigte des zu löschenden Rechts ist.

    Die Bewilligung der eingetragenen juristischen Person kann nicht beigebracht werden, weil es diese juristische Person nicht gibt. Sie kann daher auch nicht z.B. auf Abgabe einer Löschungsbewilligung verklagt werden (außer man findet den gleichen Richter wie damals :teufel: ).

    Da bleibt ehrlich gesagt aus meiner Sicht nur § 84 GBO.

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  • "Räuberpistole" bedeutet Schmu? Viel Glück mit der Anregung.

    Nein, bedeutet, dass der Sachverhalt so ist, dass man am jeder Stelle nur den Kopf schüttelt und sich fragt "wie kann das sein?!". Es ist z.B. nicht eben häufig (lies: es passiert so gut wie nie) das jemand mit einem ausländischen Kaufvertrag über ein deutsches Grundstück anrückt, und wenn doch, dann existiert er gar nicht :wall:

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  • Also kein Schmu. Man wollte vermutlich eine GmbH gründen, hat es nicht getan und deshalb das Grundstück letztlich nicht mehr benötigt. Und in Kaufvertrag und Klageantrag hat man die Absicht als Tatsache dargestellt. Könnte der Kläger vielleicht ja doch noch dem Grundbuchamt gegenüber so erklären. Vielleicht wird die Anregung dadurch plausibler.

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