Liebe Rechtspfleger:innen-Community,
ich wende mich mit folgendem Anliegen an Euch. Ich habe seit Kurzem das Dezernat eines Kollegen übernommen und folgenden Sachverhalt vorgelegt bekommen:
Es liegt in einer Zivilsache ein Urteil vor, in dem die Beklagte verurteilt wird
- zur Abgabe einer WE (Rückauflassung, Bewilligung zur Löschung einer Vormerkung, Löschung einer Grundschuld)
- zur Räumung eines Hausgrundstücks
beides Zug um Zug gegen Rückzahlung von XXX EUR
sowie verurteilt zu
- Zahlung eines Betrages i.H.v. XXX EUR an die Kläger.
Urteil war vorl. vollstreckbar gegen SL, allerdings ist es seit längerer Zeit rechtskräftig.
Eine erste vollstreckbare Ausfertigung mit einfacher Klausel (durch UdG) wurde vom Landgericht XXX erteilt, allerdings hat das Grundbuchamt die Klausel moniert, da es aufgrund der Zug-um-Zug Leistung einer qualifizierten Klausel bedarf.
Der Klägervertreter reicht dieses Schreiben beim LG ein, dazu einen notariell beglaubigten Nachweis der Zahlung als Nachweis der Zug um Zug Leistung. Gleichzeitig beantragt er die Erteilung von drei vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils.
Mein Vorgänger, der mit der Sache betraut war, hat daraufhin die Beklagtenseite gem. § 733 Abs. 1 ZPO angehört, ob Einwendungen gegen die Erteilung weiterer vollstreckbarer Ausfertigungen bestehen.
Der Beklagtenvertreter wendet daraufhin ein und beantragt, dass die Anträge auf Erteilung weiterer vollstr. Ausfertigungen und Erteilung einer qualifizierten Klausel zurückzuweisen seien. Begründung ist allerdings m.E. nicht stichhaltig (kein Rechtschutzinteresse, bla bla bla).
Das Schreiben des Beklagtenvertrers wird dem Klägervertreter zur Stellungnahme zugeschickt: Dieser erklärt, weshalb es einer qualifizierten Klausel bedarf und erläutert, dass er die ZV bei drei verschiedenen Organen betreiben will (GBA, Gerichtsvollzieher zur Räumung und ZV-Gericht für den PfÜB).
Mein Vorgänger schreibt dem Klägervertreter, er möge die vollstreckbare Ausfertigung zurück zur Akte reichen, dennoch beabsichtige er den Antrag auf Erteilung von drei vollstreckbaren Ausfertigungen zurückzuweisen.
Jetzt liegt mir die Akte vor mit Schreiben des Klägervertreters, indem er nochmal – m.E. schlüssig – darlegt, weshalb er drei vollstr. Ausfertigungen braucht und reicht die erste vollstreckbare Ausfertigung zur Akte zurück.
Ein Kollege von mir schlägt folgendes Vorgehen vor:
- erteilte vollstreckbare Ausfertigung entwerten, da Klausel fehlerhaft erteilt
- Beschluss schreiben, dass dem Antrag der Klägerseite entsprochen wird + Begründung und dass die Anträge der Beklagtenseite zurückgewiesen werden + Begründung
- Beschluss zustellen, Rechtsmittelfrist abwarten
- nach Rechtsmittelfrist vollstr. Ausfertigungen + qual. Klausel erteilen
- Kosten für nur 2x vollstr. Ausfertigung berechnen, da die erste „fehlerhaft“ vom Gericht erteilt wurde
Ich fühle mich ein bisschen unwohl, drei komplette vollstreckbare Ausfertigungen in die Welt zu setzen und hätte lieber mit drei vollstreckbaren Teilausfertigungen bzw. mit drei beschränkten Klauseln (sog. Teilklauseln) gearbeitet:
Eine Klausel für die grundbuchrechtliche Abwicklung, eine Klausel für die Räumung des Hausgrundstücks, eine Klausel für den PfÜB und die dementsprechend jeweils so beschränkt, dass sie nur im Gesamten das gesamte Urteil ausschöpfen.
Mein Plan wäre also eine "zweite" bis "vierte" vollstreckbare Teilausfertigung zu machen und die Klauseln jeweils inhaltlich zu beschränken, also z.B. "Vorstehende mit der Urschrift übereinstimmende zweite Ausfertigung wird den Klägern und Berufungsbeklagten hinsichtlich des Hauptsachetenors a)-c) (grundbuchrechtliche Abwicklung) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt." und so auch jeweils für die beiden anderen Klauseln.
Oder sollte ich mir an dieser Stelle viel weniger Gedanken machen und einfach drei vollstreckbare Ausfertigungen erteilen? Wenn ja, wie wäre das Vorgehen bzgl. Beschluss, Rechtsmittelfrist etc.?
Liebe Grüße
JKO