Idealverein im Grundbuch

  • Im Grundbuch eingetragene Eheleute lassen am 28.11.2022 in notarieller Urkunde ihren Grundbesitz an einen nicht eingetragenen Verein (deren Mitglieder sie selbst und ihre 2 volljährigen Kinder sind) auf. Auflassungsempfänger ist ausdrücklich der Verein als solcher. Ich habe diesen Antrag unter Bezugnahme auf Schöner/Stöber, 16. Aufl., Rdnr. 246 zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Auflassung an den nicht rechtsfähigen Verein selbst unwirksam ist. Die Beschwerde war bereits beim OLG in Hamm, wurde allerdings leider nicht entschieden, da sie -nach einigen Hinweisen des OLG- vom Beschwerdeführer zurückgenommen wurde. In seinen Hinweisen hat das OLG Hamm die Frage der Rechtsfähigkeit des Idealvereins ausdrücklich offengelassen und mitgeteilt, dass insoweit eine einschlägige Senatsrechtsprechung bislang nicht vorliege.

    Nun habe ich jedoch denselben Antrag erneut auf dem Tisch. Es wird nun erneut beantragt, aufgrund der vorgenannten Auflassung an den nicht eingetragenen Verein das Eigentum auf diesen umzuschreiben. Ich frage mich jetzt, ob vor dem Hintergrund der zum 01.01.2024 in Kraft tretenden Änderungen durch das MoPeG die Eintragung ab dem 01.01.24 zulässig sein bzw. werden könnte. Insoweit stellt das KG Berlin in seiner Entscheidung vom 16.03.2023 (1 W 445/22) fest, dass der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins offenbar voraussetze und verweist insoweit auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27635, 202). Tatsächlich hießt es -unter Bezugnahme auf § 54 Abs. 1 BGB-E- dort (zu § 50 Abs. 2 ZPO n.F.): "Danach sind der (nicht eingetragene) Idealverein (...) dem eingetragenen Verein gleichgestellt und insoweit rechts- und damit parteifähig...".

    Ich habe aber weiterhin Zweifel an der Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Idealvereins! Denn in § 54 Abs. 1 S. 1 BGB-E ist eben gerade nicht von einer Rechtsfähigkeit des Idealvereins die Rede, vielmehr werden dort lediglich die §§ 24 - 53 BGB für anwendbar erklärt. Aus diesen ergibt sich jedoch nicht die Rechtsfähigkeit des (eingetragenen) Vereins! Diese ist vielmehr normiert im -nicht für entsprechend anwendbar erklärten- § 21 BGB, der -weiterhin- ausdrücklich die Eintragung des Vereins zur Erlangung der Rechtsfähigkeit vorschreibt! Somit enthält die Verweisung in § 54 Abs. 1 BGB-E m.E. gerade eben keine Anerkennung der Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins! Auch in der Gesetzesbegründung zu § 54 BGB-E (BT-Drucks. 19/27635, 123-125 findet sich kein entsprechender Passus, in dem diese Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Idealvereins festgestellt würde!

    Ich tendiere daher derzeit zu der Ansicht, dass der nicht eingetragene Verein auch nach dem 01.01.2024 weiterhin als solcher nicht rechtsfähig ist, so dass dessen Eintragung als Eigentümer auch weiterhin unzulässig und in meinem Fall die Auflassung an diesen unwirksam war, ist und bleibt. Wie seht ihr das?

  • Zur neuen GbR, die es in vier Tagen gibt, hat Koll. Elfi Schroetter in Bad Boll zusammen mit Rita Bauer vom BMJ einen sehr guten Vortrag gehalten, nachzulesen in der ZfIR 2024, 1 (in juris, aber noch nicht online beim rws-Verlag).

    Die Grundsätze der künftigen nicht eingetragenen GbR könnten eventuell auch auf den nicht eingetragenen Verein zutreffen.

  • Wird das schon irgendwo zitiert

    -> OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 2.8.2023 – 20 W 154/23; Beck-Online; FGPrax 2023, 248 m. Anm. Schulteis

    Ein nicht im Vereinsregister eingetragener Idealverein kann nach der bis zum 31.12.2023 geltenden Rechtslage unter Angabe seiner Mitglieder im Grundbuch eingetragen werden, unabhängig davon, ob man diesen als rechtsfähig ansieht oder die Mitglieder in gesamthänderischer Verbundenheit als Träger der Rechte.

  • Vorliegend geht es nicht um die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister, für die die Mindestanzahl § 56 BGB maßgebend ist, sondern um die Eintragung des nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins in das Grundbuch. Das wäre nach der in #5 zitierten Ansicht des OLG Frankfurt/Main bis zum 31.12.2023 möglich gewesen, wenn der Verein unter Angabe seiner Mitglieder hätte eingetragen werden sollen. Der GB-Eintragungsantrag lautet aber dahin, den Verein (nur) unter seinem Namen im Grundbuch einzutragen (Zitat: Es wird nun erneut beantragt, aufgrund der vorgenannten Auflassung an den nicht eingetragenen Verein das Eigentum auf diesen umzuschreiben“). Seit heute ist diese Grundbucheintragung nach der in #3 genannten Abhandlung nicht mehr möglich („Der nicht eingetragene Idealverein ist nicht grundbuchfähig, sondern bedarf in entsprechender Anwendung des § 47 II GBO nF erst einer Eintragung in das Vereinsregister“).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (1. Januar 2024 um 18:06)

  • Gilt die Übergangsvorschrift Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB in Verbindung mit § 54 BGB a.F. analog auch für den nicht eingetragenen Idealverein? Ich habe hier einen Antragseingang vom 12.12.23 mit nicht rangwahrender Aufklärungsverfügung vom 21.12.2023 beanstandet. Die Eintragungsmängel sind mit geänderter Eintragungsbewilligung vom 18.1.2024 behoben worden. Es kann eigentlich nicht sein, dass die Dauer eines Grundbuchverfahrens darüber entscheidet, ob eine beantragte Eintragung erfolgt oder nicht.

  • Die Übergangsvorschrift ist ja eine Erleichterung um den Übergang zum eigentlich geltenden Recht ab 01.01.2024 zu bewältigen. Da werden also bestimmte Sachverhalte privilegiert. Fraglich scheint mir, ob man das dann einfach so analog auf den nicht eingetragenen Verein anwenden kann?

    Der Gesetzgeber hat doch insgesamt gesagt - GbR im Grundbuch bitte nur noch mit vorheriger Eintragung, MoPeG!

    Schon vorher war es zweifelhaft, wie man einen nicht eingetragenen Verein (NEV) im Grundbuch behandelt. Von „gar nicht eintragungsfähig im Grundbuch“ bis wird wie eine GbR behandelt war ja alles schick dabei. Wenn man den NEV grundbuchmäßig wie eine GbR behandelt, kommt man sicher dazu, nun auch die GbR-Vorschriften anzuwenden. Also vorher eintragen lassen. Das geht aber beim NEV gerade nicht.

    Bei der Frage der Eintragungsfähigkeit eigentlich um das Rechtschutzbedürfnis. NEV möchte Rechte (im Grundbuch haben).

    Wo es denn seit 01.01.2024 so ein schönes GbR-Register gibt, hat der Gesetzgeber je auch gesagt: Liebe GbR Du darfst außerhalb der Register existieren,. Wenn Du aber ein Recht im Grundbuch möchtest, musst Du eine eGbR sein.

    Wenn der NEV schon vor dem 01.01.24 im Grundbuchbereich wie eine GbR behandelt wurde, dann wäre es ja auch unter Geltung des MoPeG sinnvoll. Für einen NEV sehe ich also nach dem 01.01.2024 kein Rechtschutzbedürfnis mehr. Es gibt NEV, aber er kann eben keine Grundbuchrechte haben. Dann muss der NEV eine andere Rechtsform bekommen. Das ist zumindest für die GbR vom Gesetzgeber mit dem MoPeG "ausdrücklich erklärter Wunsch".

    Übergangsrecht: Der Gesetzgeber hat bei den GbR eine große Reform angestoßen. Wer immer ein Grundbuchrecht haben möchte, muss sich vorher eintragen lassen (eGbR). Ausnahmsweise gibt es ein Übergangsrecht für einige wenige Fälle. Dieses GbR-Übergangsrecht als Ausnahme ist im EGBGB fest normiert.

    Von NEV ist da keine Rede. Das gibt mir so zu denken, da würde ich persönlich das Übergangsrecht nicht einfach auf die NEV analog ausdehnen. Also anhören zur beabsichtigten Ablehnung, Antrag ablehnen, Rechtsmittel abwarten. Ergebnis berichten.

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