Vergütung Betreuer (Mittellosigkeit oder nicht bei Erbengemeinschaft)

  • Liebe Forengemeinde,

    ich bitte um Meinungen zu folgendem Sachverhalt:

    Der Betroffene ist Teil einer Erbengemeinschaft mir erheblichem Vermögen. Die Erbauseinandersetzung konnte noch nicht erfolgen, da die Miterben verstritten und teilweise im Ausland sind. Der Betreuer beantragt nun seine Betreuervergütung (Vermögende Pauschale) aus der Staatskasse. Hilfsweise beantragt er die Festsetzung gegen den Betroffenen unter Verzinsung ab Rechtskraft der Vergütungsentscheidung.

    Ich habe zunächst die Bezirksrevisorin angehört. Diese vertritt die Meinung, dass eine Auszahlung aus der Staatskasse nur in Höhe der mittellosen Pauschale möglich ist.

    Ich habe ja nun den Fall, dass eigentlich Vermögen und auch verwertbares Vermögen vorliegt, § 90 SGB XII. Jedoch steht der Verwertung derzeit ein Hindernis entgegen, weshalb grundsätzlich eine Vorleistung aus der Staatskasse möglich sein müsste oder? Die Meinung der Bezirksrevisorin kann ich jedoch nicht nachvollziehen, da der Betroffene weiterhin als vermögend gilt. Wie soll der Betreuer ansonsten an die Differenz zwischen der mittellosen und der vermögenden Pauschale kommen?


    Andererseits kommt m.E. auch eine Festsetzung gegen den Betroffenen in Betracht. Der Betreuer hat dann ja einen Titel, aus welchem er 30 Jahre vollstrecken kann. Ab wann muss eine Vorleistung aus der Staatskasse erfolgen?

    Bezüglich der Verzinsung habe ich unterschiedliche Auffassungen gefunden. Wie handhabt ihr das? Bislang hat es noch kein Betreuer beantragt.

  • Der Fall, dass „vermögend“ aus der Staatskasse möglich ist, betrifft folgende Fälle: während des Vergütungszeitraums selbst war jeweils genug Vermögen da, dass die Selbstzahler-Pauschale hätte entnommen werden können, aber nun eben nicht die Gesamtsumme (je mehr Quartale zusammen abgerechnet werden, umso wahrscheinlicher wird das). Wobei dann der Teil, der über 10.000 liegt, direkt dem Regress unterliegt.

    Es kann auch nachträglich die Mittellosigkeit eintreten, insbes durch den zwischenzeitlichen Zugriff weiterer Gläubiger. Wobei immer dann, wenn noch unbezahlte Schulden bestehen, sich die Frage stellt, ob diese nicht zeitnah bezahlt werden müssen. Es ist wohl nicht ok, unstrittige Zahlungsverpflichtungen auflaufen zu lassen, um möglichst lange über den be 10.000 zu bleiben.

    Im Ausgangsfall geht es ja - und zwar einheitlich bez der Tabellenbeträge als auch des Vergütungsschuldners - um eine andere Frage, nämlich darum, ob das vorhandene Grundvermögen überhaupt (in angrnessener Zeit - < 6 Monate?) verwertbar ist oder nicht. M.E. Kann es also nur auf mittellos aus Staatskasse oder vermögend gegen den Betreuten herauslaufen.

  • Die Fragen, nach welchem Status die Vergütung sich berechnet und wer sie zahlt, sind grds. unabhängig voneinander zu beantworten (vgl. Toussaint/Felix, 53. Aufl. 2023, VBVG § 9 Rn. 62).

    Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten für die Vergütung ist gemäß § 9 Abs. 4 S. 1 VBVG entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach § 1880 BGB vorliegt.

    Eine Auszahlung aus der Staatskasse kommt dann in Betracht, wenn eine Verwertung in absehbarer Zeit nicht möglich ist (HK-BetrR/Maier, BGB § 1880 Rn. 6, 15 mwN). Hier gibt es in der Rechtsprechung bereits Fälle zu Erbengemeinschaften, die einfach noch nicht auseinandergesetzt sind (LG Koblenz, Beschluss vom 01.12.1999 – 2 T 620/99, juris; LG Arnsberg, Beschluss vom 11.03.1996 - 6 T 550/95, FamRZ 1998, 119, juris) oder deren Auseinandersetzung Schwierigkeiten bereitet (zum nicht auseinandersetzungsfähigen Nachlass siehe z. B. OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.05.2000 – 5 W 84/00, BeckRS 2000, 30471430). Der bloße Umstand, dass die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist, rechtsfertigt die Annahme der Mittellosigkeit nicht.

    Vorliegend wäre daher m. E. die Vergütung aus der Staatskasse auszuzahlen.

    Sollte die Erbengemeinschaft irgendwann auseinandergesetzt und das Vermögen verwertbar werden, besteht die Möglichkeit des Rückgriffs der Staatskasse nach § 1881 BGB. (Was natürlich kein allgemeines Argument für eine Vorleistung der Staatskasse ist.)

  • Danke für eure Meinungen.

    Aber grundsätzlich stellt die Erbschaft ja verwertbares Vermögen nach dem SGB XII dar. Es kann nur gerade nicht verwertet werden, da die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist.

    Wenn ich nun mittellos aus der Staatskasse auszahle - wie kommt der Betreuer dann an die Differenz? Weil eigentlich ist der Betroffene ja vermögend. Ohne Festsetzung verjährt doch dann der Anspruch.

    Also wäre es doch am sinnvollsten, wenn ich einen Beschluss mache und gegen den Betroffenen festsetze, auch wenn der Betreuer derzeit noch nicht an seine Vergütung kommt. Wie ist es mit der Verzinsung?

  • Die Fragen, nach welchem Status die Vergütung sich berechnet und wer sie zahlt, sind grds. unabhängig voneinander zu beantworten (vgl. Toussaint/Felix, 53. Aufl. 2023, VBVG § 9 Rn. 62).

    Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten für die Vergütung ist gemäß § 9 Abs. 4 S. 1 VBVG entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach § 1880 BGB vorliegt.

    Eine Auszahlung aus der Staatskasse kommt dann in Betracht, wenn eine Verwertung in absehbarer Zeit nicht möglich ist (HK-BetrR/Maier, BGB § 1880 Rn. 6, 15 mwN). Hier gibt es in der Rechtsprechung bereits Fälle zu Erbengemeinschaften, die einfach noch nicht auseinandergesetzt sind (LG Koblenz, Beschluss vom 01.12.1999 – 2 T 620/99, juris; LG Arnsberg, Beschluss vom 11.03.1996 - 6 T 550/95, FamRZ 1998, 119, juris) oder deren Auseinandersetzung Schwierigkeiten bereitet (zum nicht auseinandersetzungsfähigen Nachlass siehe z. B. OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.05.2000 – 5 W 84/00, BeckRS 2000, 30471430). Der bloße Umstand, dass die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist, rechtsfertigt die Annahme der Mittellosigkeit nicht.

    Vorliegend wäre daher m. E. die Vergütung aus der Staatskasse auszuzahlen.

    Sollte die Erbengemeinschaft irgendwann auseinandergesetzt und das Vermögen verwertbar werden, besteht die Möglichkeit des Rückgriffs der Staatskasse nach § 1881 BGB. (Was natürlich kein allgemeines Argument für eine Vorleistung der Staatskasse ist.)

    Das bedeutet dann ja aber, dass ich die vermögende Pauschale aus der Staatskasse auszahle, wenn ich dich richtig verstehe? Und das dann im Wege des Regress nach der Auseinandersetzung zurückholen kann.

  • Wenn ich nun mittellos aus der Staatskasse auszahle - wie kommt der Betreuer dann an die Differenz? Weil eigentlich ist der Betroffene ja vermögend. Ohne Festsetzung verjährt doch dann der Anspruch.

    Vergütung verjährt nicht, sie kann aber erlöschen. Der Antrag auf Zahlung gegen die Staatskasse schützt jedoch den Betreuer davor (§ 16 Abs. 3 VBVG i. V. m. § 1877 Abs. 4 BGB).

    Grundsätzlich wäre auch eine Festsetzung gegen den Betroffenen möglich, schließlich ist das Vermögen vorhanden. Allerdings hat der Betreuer das nicht beantragt.
    Jedenfalls erhält der Betreuer keine Zinsen auf den festgesetzten Betrag, dazu existiert keine Rechtsgrundlage.

  • Das bedeutet dann ja aber, dass ich die vermögende Pauschale aus der Staatskasse auszahle, wenn ich dich richtig verstehe? Und das dann im Wege des Regress nach der Auseinandersetzung zurückholen kann.

    Die Möglichkeit besteht. Habe ich zumindest auch schon gemacht und wurde von unserer Bezirksrevision ebenso gesehen.

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