Erbschein, Adresse unbekannt

  • Guten Morgen

    Folgender Fall: der Erblasser hinterlässt Ehefrau und 4 Kinder. Die Kinder stammen aus einer vorherigen Beziehung. Eine Verfügung von Todes wegen ist nicht vorhanden, weshalb gesetzliche Erbfolge greift: Ehefrau erbt neben den Kindern.

    Vorab: ich ärgere mich über mich selbst, dass ich den Erbscheinsantrag protokolliert habe, denn: Die Adressen von 2 Kindern waren zunächst unbekannt. Ich hatte der Ehefrau mitgeteilt, sie sollte sich vor der Protokollierung um alle notwendigen Unterlagen und Adressen kümmern. Letztendlich konnte sie die beiden fehlenden Adressen nicht ausfindig machen und bat eindringlich um einen Termin ...

    Über EMA hatte die Geschäftsstelle tatsächlich die beiden Adressen gefunden.

    An die eine Tochter konnte zugestellt werden, an die andere nicht - sie war umgezogen.

    Es wurde eine weitere EMA durchgeführt und an diese Adresse zugestellt. Auch das kam zurück - wieder umgezogen. Das ganze lief noch zwei mal.

    Meine Frage ist nunmehr: inwieweit reicht die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gemäß § 2358 BGB a.F., § 26 FamFG? Wer ist zuständig dafür, die Adresse der Tochter zu ermitteln? Das Nachlassgericht oder die Ehefrau als Antragstellerin? Den übrigen Geschwistern sei die Adresse ebenfalls unbekannt.

    Viele Grüße und Danke für Antworten

  • Wie hat die Antragstellerin dargelegt, dass eine Erbschaftsannahme erfolgt ist?

    Weiss die Miterbin unbekannten Aufenthaltes, dass sie gesetzliche Erbin ist?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Wie hat die Antragstellerin dargelegt, dass eine Erbschaftsannahme erfolgt ist?

    Weiss die Miterbin unbekannten Aufenthaltes, dass sie gesetzliche Erbin ist?

    Das ist auch mein Problem. Sie hatte mir lediglich die Auskunft erteilt, dass sie keine Anhaltspunkte dafür hat, dass sie das Erbe nicht annimmt - übrigens auch bzgl. der übrigen Kinder, welche den Protokollierten Antrag auf Erteilung des Erbscheins per Zustellung erhalten haben.


    Ob die Miterbin von dem Tod überhaupt Kenntnis hat, kann ich als Nachlassgericht allerdings ebenfalls nicht mit Sicherheit sagen.

    2 Mal editiert, zuletzt von ChSc (4. April 2024 um 09:46)

  • Ich verstehe dich so, dass eine EMA-Anfrage gemacht wurde und eine Anschrift in Ort x angezeigt wurde. Dahin wurde Post gesandt. Diese Post kam zurück. Es wurde dann einen neue EMA-Anfrage in Ort x gemacht und dort angezeigt, dass die Anschrift jetzt in Ort y ist. Dann wurde dahin Post gesandt und auch diese kam zurück, woraufhin in Ort y eine neue EMA-Anfrage gemacht wurde. Dies lief dann so weiter.

    Warum habt ihr euch vor dem Absenden der Post nicht online von Ort zu Ort per EMA-Anfrage durchgehangelt.? Dies ist ohne großen Aufwand möglich. Das Ergebnis, dass ihr jetzt nach etlichen Wochen habt, hättet ihr in wenigen Minuten erzielt. Hier sind auch wir Rechtspfleger dafür freigeschaltet.

  • Das Ergebnis, dass ihr jetzt nach etlichen Wochen habt, hättet ihr in wenigen Minuten erzielt.

    Ein Rechtspfleger des hiesigen Amtsgerichts nannte das mal abfällig "Instajustiz" - suchen müsste er selbst, die EMA-Anfragen kann er verfügen, die GS macht das, und die Akte ist erstmal ein paar Tage/Wochen weg.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Erbscheinsantrag hätte sicher nicht aufgenommen werden dürfen. Wenn die Anschriften der Kinder nicht bekannt sind, muss man sich die Frage stellen, ob die Kinder über den Anfall der Erbschaft überhaupt informiert sind. Der Ast. dann die e.V. abzunehmen, dass alle Erben die Erbschaft angenommen haben, finde ich schwierig.

  • Der Erbscheinsantrag hätte sicher nicht aufgenommen werden dürfen. Wenn die Anschriften der Kinder nicht bekannt sind, muss man sich die Frage stellen, ob die Kinder über den Anfall der Erbschaft überhaupt informiert sind. Der Ast. dann die e.V. abzunehmen, dass alle Erben die Erbschaft angenommen haben, finde ich schwierig.

    Da die Antragstellerin wohl darauf bestanden hat, hätte ich den Antrag auch protokolliert. Vielleicht hätte ich noch ein paar zusätzliche Belehrungen mit aufgenommen, damit es hinterher nicht heißt: "Warum hat mir keiner was gesagt." Die Frage ist ja mehr, wie wird der Antrag verbeschieden. Eine antragsgemäße Erteilung des Erbscheins scheint derzeit jedenfalls nicht möglich zu sein.

  • Aufnehmen kann man alles, was der Antragsteller will - mehr oder weniger eben.

    Aber: Wenn der Erbe im Rechtssinne wohl unbekannt ist, wird es keinen gemeinschaftlichen Erbschein über den Gesamtnachlass geben.

    Man muss sich letztlich dann sogar über eine (Teil-)Nachlasspflegschaft Gedanken machen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Da der Antrag nunmal schon aufgenommen wurde, würde ich hier jetzt auch versuchen, über den Melderegisterdatenspiegel die fehlende Adresse zu ermitteln und dann zustellen. In Nds. können wir übrigens unter "Freie Suche" in ganz Nds. suchen - bei jemandem, der häufig umzieht, eine enorme Erleichterung (für andere Bundesländer funktioniert das aus Nds. heraus leider nicht). Vielleicht funktioniert das in deinem Bundesland ja auch?

  • Man muss sich letztlich dann sogar über eine (Teil-)Nachlasspflegschaft Gedanken machen.

    Ich überlege das Betreuungegericht mit Einzuschalten m.d.B. um Überprüfung, ob eine Abwesenheitspflegschaft einzurichten ist, sollte die Adresse der Erbin auch über eine erweiterte EMA und eine Anfrage an die deutsche Rentenversicherung nicht zu ermitteln sein.

  • Nein. Eine Abwesenheitspflegschaft ist nur dann sinnvoll, wenn die Erbin bereits angenommen hat, also auch wirklich Erbin wurde und dann abwesend wird.

    Bis zur Annahme der Erbschaft ist nur eine Nachlasspflegschaft das Richtige. Lies mal § 1960 BGB dazu bitte.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Nein. Eine Abwesenheitspflegschaft ist nur dann sinnvoll, wenn die Erbin bereits angenommen hat, also auch wirklich Erbin wurde und dann abwesend wird.

    Bis zur Annahme der Erbschaft ist nur eine Nachlasspflegschaft das Richtige. Lies mal § 1960 BGB dazu bitte.

    Aber für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft brauche ich einen Antrag.

    Dann würde ich der Ehefrau mitteilen, dass ein Antrag erforderlich ist?

  • Die Kosten des Nachlasspflegers sind wohl die Gleichen wie die des Abwesenheitspflegers. Und den wollte man ja (fälschlicherweise) auch bestellen.

    Anhören und dann anordnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ach ja, die Nachlasspfleger wollen natürlich immer eine Nachlasspflegschaft, so ein Zufall.

    Auch der Hinweis "der Antrag hätte gar nicht aufgenommen erden dürfen" geht fehl und hilft d. Ver. des Beitrags ja mal gar nicht. Warum will hier nur immer jeder sein allzu tolles Wissen präsentieren und nicht helfen?

    Natürlich kannst du die Bestellung eines Abwesenheitspflegers durch das B-Gericht prüfen lassen. Die schauen dann, ob die Erbenstellung der Person als wahrscheinlich genug angenommen werden kann. Bevor du das machst, würde ich aber der Ast nochmals auf die Finger klopfen und auf die Folgen - auch des Erbscheins - hinweisen: Selbst MIT erteiltem Erbschein ist sie schließlich absolut handlungsunfähig, wenn sie nicht Kontakt zu der fehlenden Person aufnimmt. Sie soll sich gut überlegen, ob sie das überhaupt geregelt kriegt und ob dieses Stück Papier, auf dem Erbschein steht, ihr überhaupt hilft. Und dann möge sie nochmals den bekannten Miterben auf die Füße treten und gemeinsam Kontakt herstellen. Sie darf auch gerne selbst einen Erbenermittler (besser: Einen Anwalt/Betreuer, der gerne auch mal als NL-Pfleger tätig wird) engagieren - wenn der nämlich nur eine bestimmte Person finden soll, geht das deutlich fixer, unbürokratischer und günstiger, wenn er privatrechtlich und -detektivisch tätig wird als wenn das Gericht zwischengeschaltet ist.

    Aber ja: Im Zweifel EMAe ich mich 20 Minuten durch unser System (funktioniert wirklich gut) und es ist sehr, sehr selten, dass man die Person wegen "unbekannt verzogen" nicht findet. Da diese Suche für mich schnell, einfach und kostenlos geht und den Antragstellern Rennerei, Warterei und Nerven spart, versuche ich selbst so viel wie möglich herauszufinden, bevor ich um Mitwirkung bitte.

  • § 1923 I BGB ist keine Frage der Wahrscheinlichkeit oder ob das Betreuungsgericht etwas wie auch immer entscheidet.

    Solange nicht klar ist, ob der Erbe den Erbfall erlebt hat UND die Annahme erfolgt ist, kann man keinen Erbschein für diesen Erben erteilen.


    Und bei unbekannter Erbenstellung oder unklarer Annahme ist nunmal die Nachlasspflegschaft das richtige Mittel.


    Wenn man natürlich den Erben selbst ermitteln kann, dann ist ja alles klar. Das war aber wohl laut Sachverhalt nicht so. Vielleicht kann „Gegenwind“ aber hier oder per PN den Gerichten weitere wertvolle Erbenermittlungstips geben. Dann wäre allen geholfen. Bestenfalls auch den Zwangsversteigerungsgerichten und besonders den Staatsanwaltschaften noch sagen, wie man nach unbekannt Abgemeldete findet, dann haben die es leichter.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Dann danke ich für deine reellen Handlungstipps. Wäre schön, wenn du dann öfter hier etwas weitergibst. Auf solche Hilfe warten hier sicher alle.

    Pass aber auf, dass nicht irgendwann dann einer schreibt, du würdest „hier nur immer (dein) allzu tolles Wissen präsentieren und nicht helfen.“

    Aber wenn du nach fast 30 Jahren Berufserfahrung erst mal paar tausend Beiträge geschrieben, zig Aufsätze verfasst und unendlich viele Seminare und Vorträge gehalten hast, dann nimmst du das bestimmt nicht als Beleidigung wahr. Ich wünsche dir das jedenfalls.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    2 Mal editiert, zuletzt von TL (11. April 2024 um 22:51)

  • Da der Antrag nunmal schon aufgenommen wurde, würde ich hier jetzt auch versuchen, über den Melderegisterdatenspiegel die fehlende Adresse zu ermitteln und dann zustellen.

    Was nützt denn die Anhörung, sofern die Miterbin erfolgreich ermittelt wurde, für die Erbscheinserteilung ?

    Schließlich ist die Annahme der Erbschaft durch alle Miterben Gegenstand der eV der Antragstellerin .

    M.E. reicht es nicht aus , dass das Nachlassgericht die Annahme der Erbschaft via Anhörung "vermittelt" und nach Anhörungsfrist entscheidet.

    Wegen der bisher falschen eV , müsste die Antragstellerin zur erneuten Abgabe einer berichtigenden eV geladen werden; allerdings frühestens nach Ablauf der Ausschlagungsfrist des angehörten Erben.

    Ich muss zugeben , dass ich den Antrag so nicht aufgenommen hätte und das Problem der unbekannten Annahme der Erbschaft vor Terminierung angegangen wäre.

    Da sieht man mal wieder, was das "Drängeln" von Antragstellern auslösen kann.
    Wer mir so kommt , der wird entweder darauf hingewiesen , dass im Erbscheinsverfahren ein Eilverfahren nicht vorgesehen ist oder alternativ , dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Wobei es auch bei mir vereinzelt begründete Fälle gibt, die zeitlich vorgezogen werden, obwohl sie von der Reihenfolge des Verfahrenseingangs frühestens ein Vierteljahr später dran wären.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!