Zeugenentschädigung n. JVEG

  • Hallo! Ich habe folgende Nuss zu knacken: Niedergelassener Arzt wird als Zeuge ( nicht Sachverständiger) geladen und lädt für den Tag alle Patienten aus (Fahrstrecke Praxis-Gericht ca. 100 km, Verhandlungsbeginn um 9.00 Uhr) Termin sollte am Montag stattfinden, am Sonnabend kommt die Abladung. Kommt eine Entschädigung analog § 9 Abs. 3, S. 2 i. V. m. § 22 JVEG in Frage ?
    Bin dankbar für alle Anregungen.

  • Leitsatz: Wenn ein (niedergelassener) Arzt während seiner Sprechzeit als Zeuge einen Gerichtstermin wahrnimmt und seine Praxis für die Zeit der terminsbedingten Abwesenheit schließt, erhält er den Höchstsatz der Zeugenentschädigung für Verdienstausfall nach ZuSEG § 2 Abs 1 S 1, Abs 2 S 2 (derzeit 25 DM pro angefangene Stunde). Darüber hinaus steht ihm kein Anspruch auf Erstattung anteiliger betrieblicher Vorhaltekosten für seine Praxis für den Zeitraum der terminsbedingten Abwesenheit zu. Die darin liegende wirtschaftliche Belastung des Arztes kann im Einzelfall gegebenenfalls dadurch vermieden werden, daß der Zeuge das Gericht auf seine Sprechzeiten und den Ausfall von Sprechstunden hinweist, so daß das Gericht den Termin möglicherweise durch einen außerhalb der Sprechzeiten liegenden Termin verlegen kann. OLG Frankfurt, OLGR 2000, 20f

    Ohne mich jetzt mit dem JVEG näher beschäftigt zu haben, denke ich mal, dass sich insoweit nichts zwischen ZSEG und JVEG geändert haben dürfte?

  • So richtig mit Rechtsprechung wie stolli kann ich leider nicht aufwarten.

    Ich habe eine Kostenbeamtin befragt. Sie meinte so ohne Blick in den Kommentar, dass der Arzt 17 €/Std verlangen könne, sofern er in der Zeit keine anderen tätigkeiten verrichten könne. Er habe dann einen echten Verdienstausfall. Anders könne dies zB bei einem Kaufmannn sein, der in der Zeit andere Tätigkeiten verrrichten könne.

  • Den Ausführungen von Kai kann ich nur zustimmen. Der Höchstsatz für Verdienstausfall ist ohne weiteres zu gewähren. Einen vergleichbaren Fall nach ZSEG hatte ich einmal auf dem Tisch, jedoch mit dem Unterschied, dass die Praxis nicht geschlossen werden konnte und eine Ersatzkraft tätig wurde, für die eine entsprechende Entschädigung anzuerkennen war. Ähnlich verhält es sich auch mit Kleinstkindern, wenn ein (bezahlter) Babysitter organisiert werden muss.
    Da hier der Aspekt einer Aushilfskraft entfällt, jedoch ein Verdienstausfall ohne weiteres entstanden ist, kommt der Höchstsatz in Betracht.

  • Hallo,

    ich bin demnächst als Zeuge in einem Strafprozess in Schleswig-Holstein geladen. Die Ladung ist um 10:00 Uhr und ich habe eine Reisezeit mit der Bahn von über 9 Stunden.

    Da ich eine Bahncard 50 first habe, dürfte die Abrechnung des Zugtikets kein Problem machen. Aber was muss ich bezüglich der Übernachtung beachten? Gibt es da Richtsätze für Hotelkosten, die erstattungsfähig sind?

    Für welche Zeit wird von den Gerichten Verdienstausfall gewährt? Wird mir die Reisezeit auch erstattet?

    Ich danke schon für die Antworten der Forenexperten.

    Grüße
    Banker

  • Der Fahrtkostenersatz regelt sich nach § 5 Abs. 1 JVEG: Bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.

    Der Verdienstausfall regelt sich nach §§ 19 f. JVEG: Maximal 17 € pro Stunde, § 22 JVEG, maximal 10 Stunden pro Tag. Entschädigt wird grds. die komplette Dauer der Reise, ab Verlassen der Wohnung bis zur Wiederankunft an der Wohnung.

    Die Übernachtungskosten werden nach § 6 Abs. 2 JVEG entschädigt. Sofern die Kosten angemessen sind, und die Übernachtung erforderlich ist, gibt es auch in diesem Zusammenhang keine Probleme. Die Kosten einer durchschnittlichen Unterkunft dürften somit auf jeden Fall erstattungsfähig sein. Wenn Du auf Nummer sicher gehen willst, kannst Du vorab beim zuständigen Gericht nachfragen, bis zu welcher Höhe Übernachtungskosten grds. erstattet werden. Es kommt in gewissem Umfang auch auf die regionalen Gegebenheiten an.

  • Verdienstausfall: Ich nehme mal an, Du hast einen Vordruck des ladenden Gerichtes aus welchem sich Deine regelmäßige Arbeitszeit und die Angabe, ob Du vor bzw. nach dem Termin Deine Tätigkeit wieder aufnehmen kannst, ergibt.
    Dann ist es kein Problem zu sehen, ob Du am Tag der Anreise Deine Tätigkeit zum Teil noch verrichten und am Tag der Rückkehr Deine Arbeit wieder aufnehmen kannst. [:D wenn der Arbeitgeber richtig ausfüllt, dann ist seine Teilarbeit nicht möglich bzw. bei vielen Arbeitnehmer auch tatsächlich nicht möglich]

    Wenn Du also am Anreisetag z.B. noch vor der Bahnanreise einige Stunden arbeiten kannst, dann wird dies nicht erstattet.

    Selbstverständlich wird die ausgefallene Tätigkeit zwischen Abreisezeitpunkt und Zeitpunkt der Rückkehr, also auch die Reisezeit, erstattet.

    Höchstsatz des VDA: 17,00 €.


    Übernachtungskosten: die orstüblichen Kosten. D.h. Mittelklasse-Hotel.

    Ggfs. beim ladenden Gericht mal versuchen den Kostensachbearbeiter zu erreichen und fragen, ob dieser vielleicht eine angemessene Übernachtungsmöglichkeit benennen kann.

    Neben Reisekosten und VDA erhälst Du auch ein Tagegeld für die Mehrkosten Deines Aufwandes (z.B. höhere Kosten der Nahrungsversorgung).

  • Ich häng mich hier mal ran mit der Bitte um Meinungen:

    Die Parteien streiten um die Höhe der notwendigen Reisekosten eines Geschäftsführers der klagenden GmbH (kein RA beauftragt) zum Termin.

    Der Termin war auf 10.20 Uhr anberaumt. Einfache Fahrtstrecke liegt bei 220 km, prognostizierte Fahrzeit lt. Routenplaner 2 1/2 Std.
    Der Reisebeginn wird mit 6.30 Uhr angegeben, also rund 4 Stunden vor Termin, wozu auf Rüge des Gegners ausgeführt wird man habe kein VU riskieren wollen und daher entsprechenden Sicherheitspuffer für Staus und Schlechtwetter eingeplant.
    Ich finde knapp 1 1/2 Stunden als Puffer zwar grenzwertig auf die Strecke gerechnet, aber noch angemessen. Wie seht Ihr das?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ermessenssache. Da ich aber nicht davon ausgehe, dass ein Gf einer GmbH nichts zu tun hat und daher freiwillig viel zu früh zum Gerichtstermin fährt, um Verdienstausfall herauszuschlagen (gerade mal etwas über 25,00 EUR...), würde ich auch die 1,5 h Puffer geben.

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