Teilrechtsfähigkeit Wohnungseigentümergemeinschaft

  • Nach der Quantensprung-Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. NJW 2005, 2061) musste sich die Grundbuchpraxis mit der Frage auseinandersetzen, was mit Titeln anzufangen ist, in denen noch die einzelnen Wohnungseigentümer als Gläubiger ausgewiesen sind. Die Meinung des Notars Schmidt (NotZB 2005,309), die Eintragung sei abzulehnen, da ein falscher Titel vorliege, stieß überwiegend auf Ablehnung (zum Literaturstand vgl auch Böhringer Rpfleger 2006, 55). Die konträre, die Grundbuchpraxis beherrschende Meinung dagegen hält entweder eine Umschreibung analog § 727 ZPO nicht für nötig (LG Hamburg Rpfleger 2006, 10) bzw. hält eine Richtigstellung des Rubrums für nötig (so OLG München, NZM 2006, 106).
    Was die Richtigstellung des Rubrums, die Titulierung anbelangt, hat sich nun das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 29.11.2005, abgedruckt in der neuen NZM 2006, 182, der Ansicht des OLG München angeschlossen; es handle sich bei der Änderung der Bezeichnung lediglich um eine Rubrumsberichtigung, die auch eine Neuzustellung der Klage nicht notwendig mache. Ein Parteiwechsel habe nicht stattgefunden, eine einfache Berichtigung des Rubrums reiche aus. Scheint so, als würde sich die Rubrumsberichtigungs- bzw. für die Grundbuchpraxis Titelumschreibungslösung durchsetzen. :daumenrau

  • Mit der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft hat sich auch das LG Frankfurt am Main beschäftigt (Beschluss vom 21.10.2005, Az. 2/ 13 T 205/05, abgedruckt in der neuen Ausgabe der RNotZ 2006, Seite 63). Gegenstand des Beschlusses ist die Frage, ob der Verwalter befugt ist, die Löschungsbewilligung für eine Zwangssicherungshypothek abzugeben, die zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer eingetragen ist. Das LG kommt dabei zu dem Ergebnis, dass auch nach der neuen Rspr. des BGH der Verwalter nicht befugt sei, eine Löschungsbewilligung abzugeben: "Eine Löschungsbewilligung der Verwalterin reicht auch nach der neuen Rspr. zur Teilrechtsfähigkeit der Whgeigentümergemeinschaft nicht aus, wenn die einzelnen Wohnungseigentümer namentlich und nicht als Gemeinschaft im Grundbuch bezeichnet sind." Weiter wird ins Feld geführt, dass betroffen iSv § 19 GBO die im GB bezeichneten Whgeig. seien, nicht aber der Verwalter; dies gebiete die "strenge Formalität im Grundbuchrecht".
    Wie es eure Meinung hierzu ? Darf der Verwalter auch für die "Alteintragungen", die noch alle Whgeig. aufführen, die Löschungsbewilligung erteilen ?

  • Knackpunkt jeglicher Argumentation ist doch, dass die WEG-Gemeinschaft die Teilrechtsfähigkeit nicht erst mit dem Beschluss des BGH konstitutiv erhalten hat, sondern der BGH das Bestehen der Teilrechtsfähigkeit lediglich festgestellt hat. Hat die Teilrechtsfähigkeit aber bereits vorher bestanden, so sind Unterscheidungen in "vorher" und "nachher" wohl nicht zu rechtfertigen.

    Ich meine daher wie das LG Hamburg, dass es einer Umschreibung des Titels nicht bedarf, weil sich der Berechtigte nicht ändert. In diesem Sinne hat sich das LG München II mit dieser Frage nicht einmal auseinandergesetzt, sondern aufgrund eines "alten" Titels schlicht die Eintragung in der neuen Form angeordnet. Es ändert sich also nur die Art der Eintragung im Grundbuch aufgrund der zuerkannten Teilrechtsfähigkeit, die aber - wie dargestellt - logischerweise nicht erst seit der BGH-Entscheidung, sondern auch schon vorher bestanden haben muss. Es gibt auch andere Fälle, in denen das Grundbuchamt selbstverständlich anders als tituliert einträgt, etwa wenn der Titel auf eine Firma lautet, hinter der ein Einzelkaufmann steht. Auch hier ist für eine Titelumschreibung kein Raum.

    Anders ist die Lage dann, wenn die titulierten Eigentümer mit der WEG-Gemeinschaft nicht identisch sind, weil Eigentümer fehlen oder zuviel aufgeführt sind.

    Eine löschungsfähige Quittung durfte und darf der Verwalter im Rahmen des § 27 II Nr. 2 WEG stets abgeben. Damit werden alle praktischen Schwierigkeit jedenfalls vermieden.

    Der Beschluss des LG Frankfurt/Main steht jetzt jedenfalls erst mal im Raum. Er ist allerdings wohl diskussionswürdig. Denn die Teilrechtsfähigkeit der WEG-Gemeinschaft ergibt nicht recht einen Sinn, wenn man das Betroffensein derselben im Sinne des § 19 GBO verneint. Eingetragen ist/wird eine Gemeinschaft, die zumindest bezüglich der Berechtigung der Hypothek eine rechtsfähige Person ist. Wesen aller rechtsfähigen Personen ist jedoch, dass es nicht auf die Mitglieder/Gesellschafter/etc. ankommt, sondern stets auf die rechtsfähige Person (was ja auch eine der zentralen Aussagen des BGH-Beschlusses ist). Deren Vertreter kann nur der Verwalter sein, dessen Vertretungsrecht sich insoweit wieder aus § 27 II Nr.2 WEG ergibt.

    Mit der Logik des LG Frankfurt/Main müssten ja beim eingetragenen Verein nicht der Verein als solcher, sondern seine Mitglieder Betroffene i.S.d. § 19 GBO sein.

    Paradoxerweise wird es nur dann zu mehr Rechtsprechung kommen, wenn man dieses m.E. richtige Ergebnis leugnet und so weitere Fälle zu den Beschwerdekammern hinaufgibt...

    Wenn man sich aber auf den Standpunkt stellt, dass der Verwalter eine Löschungsbewilligung abgeben darf, so kann es m. E. nicht darauf ankommen, in welcher Weise die Wohnungseigentümergemeinschaft eingetragen ist, weil die Teilrechtsfähigkeit - wie dargestellt - logischerweise schon vor der BGH-Entscheidung bestanden haben muss.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo,

    so jetzt habe ich den Salat! :confused:
    Ich habe einen "alten" Titel der noch die einzelnen Wohnungseigentümer als Gläubiger ausweist und einen Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek. Die Rechtsanwältin bezeichnet in ihrem Antrag die Gläubiger mit: Eigentümergemeinschaft XXY bestehend aus der in der Anlage ersichtlichen Eigentümer, vertreten durch den Verwalter..
    Ich hadere jetzt also, ob ich die Eintragung gemäß der neuen Entscheidung des BGH vornehmen kann für die „teilrechtsfähige“ WEG. Reicht es dazu, wenn der Antrag klar gestellt wird, oder muss vorher zumindest das Rubrum gem. der Entscheidung des OLG Düsseldorf und des OLG München berichtigt werden.
    Wie wird bei anderen Gerichten verfahren?
    Ich bedanke mich schon mal bei jedem, der mir einen Rat dazu erteilen kann.

    Viele Grüße

    Christine

  • Soweit ersichtlich und soweit oben dargestellt, existieren folgende Meinungen:

    a) die Titel-Verschrottungs-Meinung des Notars Schmidt (NotBZ 2005,729)
    --> absolute Mindermeinung, derzufolge die Titel, die noch einzelne
    Wohnungseigentümer ausweisen, materiell unrichtig seien

    b) die Laisser-passez-Meinung des LG Hamburg und des LG München II,
    vgl Beitrag von Andreas (LG Hamburg Rpfleger 2006, 10, vgl auch das
    neue Rpfleger-Heft 3, 2006, die Anmerkung Demharters, S. 120)
    --> praktikable Meinung, derzufolge weder Berichtigung, noch
    Umschreibung nötig sei; vgl hierzu auch die Ausführungen von
    Andreas; die von Demharter im neuen Rpfleger-Heft 3/2006, S.
    120, vertretene Ansicht, dass nach wie vor Geldzahlungsansprüche
    den einzelnen Wohnungseigentümern und nicht der Gemeinschaft
    zustehen können, bezieht sich nur auf Ansprüche, die aus anderen
    Verträgen herrühren; Regelfall der Titulierung sind jedoch rück-
    ständige Hausgeldansprüche, und hier ist die Teilrechtsfähigkeit
    der Gemeinschaft eröffnet.

    c) die Titelumschreibungs-bzw. -berichtigungsmeinung, vgl hierzu auch
    Böhringer, Rpfleger 2006, 55, sowie die oben angeführten OLGs
    --> verzögert natürlich das Verfahren, da wohl Aufklärungsvfg
    ergehen muss

    d) die "konservative" Lösung, vgl Demharter im neuen Rpfleger-Heft
    3/2006, S. 120, derzufolge das GBA nur so eintragen darf, wie
    tituliert; dann müsste der Antrag umgestellt werden.

    Halte Meinung b) für die beste Lösung.

  • Danke für die Hilfe.
    Auch auf die Gefahr hin, den Anschein zu erwecken ich wäre schwer von Begriff :oops: noch eine Klarstellungsfrage .Ich kann also gemäß Meinung b) auch ohne Berichtigung des Antrags die WEG als Gläubigerin eintragen.

  • Wie sieht es denn eigentlich mit den Titeln aus, in denen der Verwalter als Prozessstandschafter drinsteht? Kann ich aufgrund dieser Titel auch die WEG eintragen? Im Rpfleger-Heft 2/2006 schreibt Böhringer, dass der Verwalter nicht mehr eingetragen werden darf. Rechtsprechung hierzu habe ich aber nicht gefunden...

    Grüße!
    Sandy

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • Hallo, ich brauche eure Hilfe!

    Habe hier einen KFB (von 2009), in dem als Kläger die „WEG XY-Straße, Musterstadt, bestehend aus den in anliegender Eigentümerliste aufgeführten Personen (mit Ausnahme der Klagepartei)“ steht.
    Gemeint war wohl „mit Ausnahme der Beklagten“ und die anliegende Eigentümerliste liegt mir leider auch nicht vor. Der Rechtsanwalt beantragt nun eine Sicherungshyothekt für die Gläubiger in Wohnungseigentümergemeinschaft einzutragen. Und verweist bzgl. der Gläubigerdaten aufs Grundbuch.

    Meine eigentliche Frage ist, ob die in Nr. 5 genannten Meinungen nach der Entscheidung des BGH (Rpfleger 2007, 479) auch weiterhin so vertreten werden können bzw. von euch vertreten werden.

    Ich würde selbstverständlich zu Meinung b) tendieren.
    Mein Problem ist nur, dass es sich hier nicht, wie sonst um Wohngeldforderungen handelt. Der KFB wurde aufgrund eines Duldungstitels der WEG gegen den Eigentümer erlassen. In diesem wurde der Beklagte verurteilt, zu dulden, dass seine Wohnung betreten und Absperrvorrichtungen an sämtlichen Wasser- und Heizungsvorrichtungen angebracht werden.

    Muss ich nun sämtliche Eigentümer eintragen? :confused:

  • Wenn ein Duldungstitel der WEG gegen den einen Miteigentümer besteht, dann besteht m. E. auch die Forderung aus dem KFB zugunsten der WEG als solcher gegen diesen Eigentümer.

    Nachdem Du bereits einen Titel hast, der die WEG als solche eindeutig ausweist, kommt es m. E. auf die Nennung der einzelnen Eigentümer im Titel nicht mehr an. Im Grundbuch ist hierfür erst recht kein Raum. Die Alt-Neu-Problematik stellt sich doch hier gar nicht?

    Nachdem keine bevorrechtigten Forderungen gesichert werden sollen, musst Du Dir auch keine Gedanken über die Notwendigkeit oder Nicht-Notwendigkeit einer Bedingung der Hypothek machen.

    Ich würde die Hypothek zugunsten der WEG eintragen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Irgendwie steh ich heut auf der Leitung :)

    Wieso hab ich denn einen Titel, der die WEG als solche eindeutig ausweist? Im Duldungstitel und im KFB steht "WEG XY-Straße, Musterstadt, bestehend aus den in anliegender Eigentümerliste aufgeführten Personen (mit Ausnahme der Klagepartei)" und das ist doch genauso, wie es vor der BGH-Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit tituliert wurde, oder? Also weist der Titel doch eigentlich die Eigentümer aus?

    Kann ich denn einfach den Verband der Wohnungseigentümer als Gläubiger eintragen, obwohl der Anwalt ausdrücklich etwas anderes beantragt hat? 
    Und kann ich davon ausgehen, dass die Forderung dem Verband zusteht und nicht den Wohnungseigentümern (vgl. Demharter)?

  • s. LG Hamburg, Rpfleger 1/2006, 10:
    „Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit einer WE-Gemeinschaft durch den BGH kann eine Zwangssicherungshypothek für eine Wohnungseigentümergemeinschaft als solche eingetragen werden, auch wenn der Titel nicht unter dieser Bezeichnung, sondern unter Auflistung aller Eigentümer ergangen ist.“
    und LG Bremen, Rpfleger 6/2007, 315 = NZG 2007, 456 = NZM 2007, 453:
    „Für die Eintragung der Wohnungseigentümergemeinschaft als dinglich Berechtigte im Grundbuch ist die Einreichung einer Eigentümerliste nicht erforderlich.“
    Lediglich der Klage musste bis zur mündlichen Verhandlung eine Liste der WEig. nachgereicht/beigefügt werden (BGH, NZM 2010, 46)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • @rpfl05: Vor der WEG-Entscheidung des BGH erging der Titel idealerweise zugunsten "A, B, C. ... X, Y und Z in Wohnungseigentümergemeinschaft" und nicht zugunsten der "WEG XY, bestehend aus A, B usw. " Deswegen meine ich, dass Du hier definitiv einen Titel zugunsten der WEG selbst schon hast.

    Der Duldungstitel steht m. E. unzweifelhaft der WEG selbst zu. Damit stehen auch die Prozesskosten hierzu unzweifelhaft der WEG selbst zu.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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