Gilt der Erbenschonbetrag auch bei unbekannten Erben ?

  • hallo,

    Betreuter hat einen Betrag von 1.000,-- EUR nach Abzug der Beerdigungskosten hinterlassen. Betreuer beantragt Vergütung aus der Staatskasse. Die Erben sind unbekannt. Können die 1.000,-- EUR für die Vergütung eingesetzt werden oder muss hier eine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden und der Betreuer aus der Staatskasse vergütet werden?

    Danke für euere Hilfe .

    :wechlach:

  • Bei uns erhält der Betreuer sein Geld bei dieser Konstellation aus der Landeskasse und der Betrag von 1.000,00 € wird für die unbekannten Erben hinterlegt. Eine Nachlaßpflegschaft wird nicht eingerichtet (da kein Sicherungsbedürfnis: anders könnte es sein, wenn sich neben dem Betreuer noch andere Gläubiger melden).

    Eine Zahlung der Betreuervergütung aus den 1.000,00 € dürfte ausscheiden. Denn wenn später (keiner weiß ob und wann das Fall ist) doch noch Erben bekannt werden würden diese schlechter gestellt als die Erben die jetzt schon bekannt wären.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • @ Ernst P: Wer hinterlegt bei euch? Das VG oder das NG. In solchen Fällen gebe ich die Sache immer an das NG ab ( m.d.B. um Prüfung § 1960 BGB). Dort will aber keiner hinterlegen, sondern die Akte zurückgegeben.

  • Die Bank wird vom Nachlaßgericht per Beschluss angewiesen, den Betrag zu hinterlegen.Der Betreuer besitzt ja keine Kontogewalt mehr. Also muss das Nachlaßgericht einen Hinterlegungsantrag an die Bank schicken.

  • Meist hinterlegt es der Betreuer. Entweder einfach so (rechtlich unsauber, ich weiß) oder er wird vom Nachlassgericht (ist der Kollege für zuständig :teufel:) audrücklich dazu ermächtigt. Auf jeden Fall bin ich (Vormundschaftsgericht) fein raus.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Meist hinterlegt es der Betreuer. Entweder einfach so (rechtlich unsauber, ich weiß) oder er wird vom Nachlassgericht (ist der Kollege für zuständig :teufel:) audrück dazu ermächtigt. Auf jeden Fall bin ich (Vormundschaftsgericht) fein raus.



    Genau.
    So läuft das bei uns auch. Aber nur manchmal rechtlich unsauber...

  • Bei uns wird bei vorhandenem Nachlass regelmäßig ein Nachlasspfleger bestellt, u. a. mit dem Aufgabenkreis Ermittlung der Erben. Dieser hinterlegt ggf. vorhandenes Restguthaben bei Ende seiner Tätigkeit.

  • Ich häng mich mal dran, weil meine Frage so schön passt.
    Ich habe mal von einer Kollegin gehört, dass sie in dem beschriebenen Ausgangsfall eine Rückforderung nach § 1836 e BGB über die 1.000,- € macht, da die Beerdigungskosten bereits erstattet sind und dafür wohl der Erbenfreibetrag gedacht ist. Gut, hier wäre das natürlich auch schwierig, weil keiner bekannt ist, der den Beschluss kriegen könnte, aber mal angenommen, es gäbe bekannte Erben. Hat das einer von euch schon mal so gehandhabt?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ja ich, bin aber auch der Einzige, der das hier am AG so macht. Und ich bekomme regelmäßig Rechtsmittel dagegen (Grund: Erbenschonbetrag).
    Grundsätzlich sind es Nachlasspfleger die (eigentlich immer) Rechtsmittel einlegen. Alle Sachen, die ich zum LG hochgegeben habe, sind noch nicht entschieden.

    Mal gucken was rauskommt.

    Es gibt den § 102 SGB XII "Kostenersatz durch Erben" - dort steht in Absatz 2: "Die Ersatzpflicht des Erben gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe haftet mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses."

    Darauf stelle ich ab, weil ich sage, selbst bei sorgfältigster Arbeit des Betreuers oder des Nachlasspflegers kann nicht sichergestellt werden, dass es anderswo KEINE Konten z.B. in der Schweiz usw. gibt (Mir persönlich ist es schon mehrfach passiert, dass im Nachhinein Gelder aufgetaucht sind.)

    Irgendwie stehe ich mit meiner Auffassung, dass trotz Erbenfreibetrag zumindest die KR zu erstellen ist, nicht allein:
    Thüringer OLG 9.1.06 zu 9 W 664/05 "Die Staatskasse kann die ihr gem. .... aus dem Nachlass zu erstattenden Betreuungskosten gegen die unbekannten Erben des Betreuten - v. durch den Nachlasspfleger - im Verfahren nach §§.... festsetzen lassen". Weiter: "Im Festsetzungsbeschluss ist den unbekannten Erben in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der §§ .... das Recht vorbehalten, die persönlichen Haftungsbeschränkungen .... nachträglich geltend zu machen."
    FUNDSTELLE: FamRZ 2006, 645-646 und Rpfleger 2006, 323-325

    Wichtig finde ich hier die Gründe zu lesen und zwar in Nr. 6 c und 14 b. M.E. eine sehr schöne Entscheidung.

    Ebenso schön entschieden: OLG Münschen vom 8.3.06 in 33 Wx 131/05 und 33 Wx 132/05, abgedruckt in Rpfleger 2006, 405-407.
    Dort wichtig zu lesen in den Gründen: Nr. 19 "Es besteht auch kein Anlass, den Nachlass und damit den ERbllen, ... auf Kosten der Allgemeinheit zu entlasten (vgl. BayObLGZ 1995, 395/398).

    Meine Kollegen haben aber wie gesagt eine andere Rechtsauffassung und ich stehe allein mit meiner (irgendwie...), obwohl das diverse OLG's auch entschieden haben.

  • Ich häng mich mal dran, weil meine Frage so schön passt.
    Ich habe mal von einer Kollegin gehört, dass sie in dem beschriebenen Ausgangsfall eine Rückforderung nach § 1836 e BGB über die 1.000,- € macht, da die Beerdigungskosten bereits erstattet sind und dafür wohl der Erbenfreibetrag gedacht ist. Gut, hier wäre das natürlich auch schwierig, weil keiner bekannt ist, der den Beschluss kriegen könnte, aber mal angenommen, es gäbe bekannte Erben. Hat das einer von euch schon mal so gehandhabt?



    Würde ich nicht machen, weil 1.000,00 € unter dem Schonbetrag sind. Außerdem kann es Bestattungspflichtige geben, die gar nicht Erbe geworden sind, also ist wohl kaum der Erbenfreibetrag für die Beerdigung gedacht. Wenn tatsächlich "nur" Beträge unter dem Erbenschonbetrag vorhanden sind, kann ich diese doch nicht einziehen, denn das führt unweigerlich dazu, dass die Erben ausschlagen würden, also hätt ich nicht einmal jmd. als Verfahrensbeteiligten. Eine Nachlaßpflegschaft würde ich hier auch nicht einleiten, das Geld wird für die unbekannten Erben hinterlegt und aus.

    @Marcelrose: Wenn die Betreuung länger als ein Jahr lief, sollten eventuelle Konten in der Schweiz oder wo auch immer aufgetaucht sein, so dass man wohl kaum stets davon ausgehen kann, dass nicht verzeichnetes Vermögen auftaucht. Nach allgemeiner Lebenserfahrung weiß dann jmd. von diesem Geld und wird wohl oder übel nen Erbschein benötigen um an das Geld zu kommen, also kann ich die Nachlaßakte beiziehen. Fraglich ist allerdings, warum ein Nachlaßpfleger eingesetzt wird (der dann die Rechtsmittel einlegt) wenn gar kein Vermögen oder Sicherungsbedürfnis vorhanden sind. Berlin scheint doch noch zuviel Geld zu haben...

  • M. E. gibt es den Schonbetrag für die Bestattungskosten. Der Bestattungspflichtige kann von den Erben den Ersatz der Bestattungskosten verlagen.
    Kenne ich die Bestattungskosten nicht, gilt 6x 347,- €. Kenne ich die Kosten, berücksichtige ich diese, auch wenn sie mehr als 2.082,- € betragen.
    Ich fordere in diesen Fällen die Betreuerkosten zurück, zunächst formlos (als Info), dann als Beschluß und im Vollstreckungsverfahren.

  • M. E. gibt es den Schonbetrag für die Bestattungskosten. Der Bestattungspflichtige kann von den Erben den Ersatz der Bestattungskosten verlagen.
    Kenne ich die Bestattungskosten nicht, gilt 6x 347,- €. Kenne ich die Kosten, berücksichtige ich diese, auch wenn sie mehr als 2.082,- € betragen.
    Ich fordere in diesen Fällen die Betreuerkosten zurück, zunächst formlos (als Info), dann als Beschluß und im Vollstreckungsverfahren.



    Und dagegen hagelt es nicht massenweise Rechtsmittel? Was sagt den ein BezRev zu diesem Vorgehen?

  • Bisher hatte ich noch kein Rechtsmittel.
    Den Bezirksrevisor hatte ich bisher noch nicht beteiligt. Auf die Idee bin ich nicht bekommmen, ich handle ja zugunsten der Staatskasse. Hast allerdings recht, wenn ich höhere Bestattungskosten berücksichtige, müßte ich das tun - beim nächsten Mal. :oops:
    Gegenüber den Erben bzw. Nachlaßpflegern renne ich ja nicht mit dem Kopf durch die Wand. Die Erben werden eindringlich informiert, bei den Nachlaßpflegern melde ich die Kosten an - wenn der Nachlaß nicht ausreichend ist, wird ohnehin nach Quoten verteilt. Da ich die Nachlaßakte sehe und daher Bescheid weiß, reicht mir das dann.

  • Bisher hatte ich noch kein Rechtsmittel.
    Den Bezirksrevisor hatte ich bisher noch nicht beteiligt. Auf die Idee bin ich nicht bekommmen, ich handle ja zugunsten der Staatskasse. Hast allerdings recht, wenn ich höhere Bestattungskosten berücksichtige, müßte ich das tun - beim nächsten Mal. :oops:
    Gegenüber den Erben bzw. Nachlaßpflegern renne ich ja nicht mit dem Kopf durch die Wand. Die Erben werden eindringlich informiert, bei den Nachlaßpflegern melde ich die Kosten an - wenn der Nachlaß nicht ausreichend ist, wird ohnehin nach Quoten verteilt. Da ich die Nachlaßakte sehe und daher Bescheid weiß, reicht mir das dann.



    Will nicht klugscheisserisch erscheinen, aber Du bist NICHT Vertreter der Staatskasse, dass hat mir meine BezReV mal gesagt, dafür sei sie da. Was dazu führt, dass sie zu beteiligen ist, spätestens den Beschluss mußt Du dem BezRev zustellen. Der wird natürlich nix dagegen sagen, weil er ja Vertreter der Staatskasse ist...

  • Erbenfreibetrag = 2084,00 plus aus Vorsorgeverträgen, Beihilfen etc. nicht gedeckte Beerdigungskosten. Dies ist eindeutige Rechtslage. Der Erbe ist nicht gehalten, die Beerdigung aus dem Schonvermögen von 2.084,00 Euro zu bestreiten.
    Nach § 1836 e Abs. 1 Satz 3 BGB haftet der Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses.
    Beerdigungskosten sind Nachlassverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten anlässlich des Erbfalles), siehe Palandt Rd. Nr. 2 zu § 1968 BGB. Somit sind sie Kosten, die den Nachlass mindern. Umkehrschluss: Zu respektieren sind Schonvermögen + Beerdigungskosten. Erst nach Ermittlung des verbleibenden Nachlasses kommen wir gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz auf § 102 III SGB XII.

  • Danke schon mal für die Antworten. In meinem Fall ist es so, dass die Beerdigung bereits komplett bezahlt wurde und jetzt noch ein Rest verblieben ist. Sonst weiß ich ja in aller Regel nicht wie hoch die Beerdigungskosten sind und mach daher in grenzwertigen Fällen auch keine Gedanken um eine Rückforderung. Hier ist es eben ein bisschen anders. Der Betreuer hatte mich darauf angesprochen.
    Aber dann werd ich hier wohl bei meiner bisherigen Auffassung bleiben und keine Rückforderung machen.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Erbenfreibetrag = 2084,00 plus aus Vorsorgeverträgen, Beihilfen etc. nicht gedeckte Beerdigungskosten. Dies ist eindeutige Rechtslage. Der Erbe ist nicht gehalten, die Beerdigung aus dem Schonvermögen von 2.084,00 Euro zu bestreiten.
    Nach § 1836 e Abs. 1 Satz 3 BGB haftet der Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses.
    Beerdigungskosten sind Nachlassverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten anlässlich des Erbfalles), siehe Palandt Rd. Nr. 2 zu § 1968 BGB. Somit sind sie Kosten, die den Nachlass mindern. Umkehrschluss: Zu respektieren sind Schonvermögen + Beerdigungskosten. Erst nach Ermittlung des verbleibenden Nachlasses kommen wir gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz auf § 102 III SGB XII.


    So sehe ich es auch, der Erbenfreibetrag ist nicht zweckgebunden für die Beerdigungskosten.

    Bei uns am Gericht macht demzufolge keiner eine Rückforderung, wenn das vorhandene Vermögen unter diesem Betrag liegt.

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