Voreintragung

  • Hallo,
    ich habe ein Grundstück, bei dem eine KG als Eigentümerin eingetragen ist.
    Nun beantragt die ehemalige Kommanditistin, auf die die Komplementärin verschmolzen wurde, die Löschung von Grundschulden. Ist hier die Voreintragung zu verlangen und dann zu löschen oder genügt mir der Nachweis der Rechtsnachfolge durch HR-Eintragungen und kann ich dann § 40 GbO analog darauf verzichten?

    Ich würde, dies bejahen bin aber skeptisch.

  • Grundsätzlich ist § 39 GBO auch anwendbar, wenn nur der lediglich mittelbar Betroffene (hier der Eigentümer bei der Löschung von Grundpfandrechten) nicht voreingetragen ist (OLG München JFG 18, 201). Bei stattfindender Universalsukzession würde ich aber die entsprechende Anwendung von § 40 GBO in Anlehnung an die von Demharter in § 40 RdNrn.9-12 genannten Fälle unter den beschriebenen Voraussetzungen bejahen. Demharter spricht ja selbst davon, dass seine Aufzählung nicht vollständig ist (§ 40 RdNr.9: In Betracht kommen insbesondere ...).

  • Meines Erachtens ist bei der Löschung von Grundpfandrechten § 39 und 40 GBO so nicht maßgeblich, da es hier nicht um eine Eintragung auf Bewilligung der Kommanditistin geht.
    Vielmehr geht es um die nach §§ 27 GBO, 1183 BGB notwendige Zustimmung des ET zur Löschung.
    Grundsätzlich hätte ich gesagt, Voreintragung ist nicht erforderlich aber Demharter (22.Aufl.) sagt hierzu unter Rd.Nr.15 zu § 27 GBO: ... steht das ET einem anderen als dem eingetragene ET zu, so ist nach § 39 I GBO dessen Voreintragung erforderlich (OLG München JFG 18, 204).

  • Wenn es nur um die Löschung geht, würde ich auf die Voreintragung verzichten. Sehe da nicht wirklich einen Sinn darin, zunächst die Voreintragung herbei zu führen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • fisch:

    Bei der Eigentümerzustimmung i.S. des § 1183 BGB handelt es sich verfahrensrechtlich um die Bewilligung (§ 27 GBO) des von der Löschung mittelbar betroffenen Eigentümers. Auf diesen Fall ist § 39 GBO daher unmittelbar anzuwenden (hierauf bezieht sich auch OLG München JFG 18, 201). Damit stellt sich im vorliegenden Fall auch die Frage der entsprechenden Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 40 GBO.

  • @juris: Wie gesagt, ich würde die Voreintragung ebenfalls nicht verlangen, mich hat die angeführte Entscheidung des OLG München lediglich etwas irritiert. § 40 GBO findet meines Erachtens analog auf alle Fälle der Nachweismöglichkeiten über das HR Anwendung.
    Ich hatte bspw. mal den Fall, daß der Rechtsnachfolger der Gläubigerin die Löschung bewilligt, ohne sich vorab als Glbg. eintragen zu lassen und dabei die Voreingetragenheit verlangt, :lgaufheb: .

  • Ja, das hat sie. Das hat aber zunächst nichts mit der Frage zu tun, ob eine einzelne Eintragung von der Voreintragung der Eigentümerin abhängig ist (vgl. § 82 S.2 GBO). Man kann das vorliegende Verfahren aber natürlich zum Anlass nehmen, nach § 82 S.1 GBO vorzugehen.

  • Zitat von juris2112


    Man kann das vorliegende Verfahren aber natürlich zum Anlass nehmen, nach § 82 S.1 GBO vorzugehen.


    Kann man schon. Schneller ist die Akte aber wieder weg, wenn man's nicht macht... :teufel:
    :unschuldi

    Ulf

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  • @juris, ulf: In einem solchen Falle würde ich § 40 GBO streng auslegen und auf die Voreintragung bestehen. Das ist für mich bequem, und dem Eigentümer macht es keine Arbeit - die Nachweise liegen ja ohnehin vor. Er muss halt nur die Eintragungskosten zahlen - das ist ja auch der Grund, warum manche Eigentümer gar kein Interesse an der "Berichtigung" haben.

    Damit spare ich mir auch das ständige Nachprüfen, wenn weitere Anträge gestellt werden.

    In dubio pro Grundbuchamt!:cool:

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Franziska:

    Also sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, weil man das zweite Problem (unrichtiges Grundbuch) durch die verneinte Möglichkeit der entsprechenden Anwendung von § 40 GBO auf das erste Problem (Voreintragung) gleich miterledigt. Mit diesem vorgeschlagenen Pragmatismus werde ich ja fast mit meinen eigenen Waffen geschlagen.:D :D

    Dennoch sind wir uns sicher darüber einig, dass die beiden Dinge verfahrensrechtlich grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben.

  • Das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Habe ich teilweise auch schon so gehandhabt.

    Hatte dabei aber auch schon Pech. Dann kam einfach kein Berichtigungsantrag (vielleicht, weil die UB nicht erteilt werden konnte oder so) und irgendwan musste ich dann Zwangsgeldverfahren einleiten usw. und spätestens dann ärgert man sich, dass man mit dem Sch... überhaupt angefangen hat.
    :daemlich :binsauer

    Ulf

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  • Vielen Dank für die prompten Antworten.
    Was mach ich denn nun? Löschen oder auf § 39 GbO beharren.
    Hat jemand Erfahrung damit? Schon mal mit einem Richter diskutiert?

  • Mit einem Richter am Amtsgericht über Grundbuchrecht diskutieren? Das ist der Witz des Tages!

    Aber Spaß beiseite: Da der Wortlaut des § 40 GBO nicht einschlägig ist (wir diskutieren ja über eine analoge Anwendung), wird die Antragstellerin wohl erst gar nicht auf die Idee kommen, dass eine Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz des § 39 GBO vorliegen könnte und evtl. "ganz brav" ihre Voreintragung als Eigentümerin herbeiführen (wogegen sie im Hinblick auf § 82 GBO im Ergebnis ohnehin nichts unternehmen kann). Also würde ich es auf dieser Schiene probieren und am Ende des Verfahrens steht dann ein aktueller eigentumsrechtlicher Grundbuchinhalt.

  • "[quote=juris2112]Mit einem Richter am Amtsgericht über Grundbuchrecht diskutieren? Das ist der Witz des Tages!"

    Find ich auch witzig. Vielleicht mit einem Richter am Landgericht (Beschwerdekammer) = Witz der Woche ?

  • Ich habe einmal mit einem hier namentlich nicht genannten Richter des Grundbuchsenats des BayObLG telefoniert. Er meinte, dass in Grundbuchsachen die Angelegenheiten in aller Regel nur zweimal vernünftig geprüft würden, nämlich beim GBA und beim BayObLG. Außerdem meinte er, dass sich das BayObLG natürlich auch einmal irren könne. Und weiter: "Aber wenn wir etwas entscheiden, dann ist das halt so!"

    Fand ich gut!

  • die direkte anwendung von § 40 kommt ja unstrittig nicht in betracht. eine analogie kommt m. E. ebenfalls nicht in betracht, weil die voraussetzungen nicht vorliegen dürften da schon der allgemeine anwendungsbereich der norm solche sachverhalte nicht abdecken dürfte.

    selbst wenn man den begriff "erbe" durch "sonstiger gesamtrechtsnachfolger" ersetzen würde, läge der anwendungsbereich m. E. nicht vor. denn § 40 regelt den fall, dass die voreintragung entbehrlich ist, weil eben dieses betroffene recht im anschluss ohnehin gleich gelöscht oder übertragen würde, mithin die voreintragung des rechtsinhabers keinerlei zeitlichen bestand hätte.
    so liegt der fall hier aber nicht: die voreintragung muss in abt. I erfolgen, damit in abt. III ein recht gelöscht werden kann. die voreintragung in abt. I hat aber weiterhin bestand und ist nicht sogleich wieder überflüssig, sondern weiterhin erforderlich.

    daher ist m. E. die voreintragung unverzichtbar. genauso dürfte der fall bei direktanwendung des § 40 liegen, wenn ein -nicht voreingetragener- erbe des eigentümers der löschung von grundschulden zustimmt und dies beantragt.

  • oL:

    Das ist ziemlich messerscharf gedacht, hat aber dennoch einen Haken: Wenn die Regel des § 39 GBO auch für das mittelbare Betroffensein gilt, dann wird das mittelbare Betroffensein natürlich auch von der Ausnahme des § 40 GBO erfasst. Beispiel: Der nicht eingetragene A ist Erbe des eingetragenen Eigentümers B. Grundschuldgläubiger C bewilligt die Löschung seines Rechts und A stimmt der Löschung zu (= Bewilligung des mittelbar Betroffenen nach den §§ 19, 27 GBO). Die Voreintragung von A ist in diesem Fall nach § 40 GBO nicht erforderlich (KGJ 23 A, 156; KGJ 25 A, 303; KGJ 28 A, 289; Güthe/Triebel § 40 RdNr.9). Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass § 1183 BGB und § 27 GBO die materielle und verfahrensrechtliche Mitwirkung des Eigentümers nur wegen der in Frage stehenden und evtl. bereits aus der Fremdgrundschuld hervorgegangenen potentiellen Eigentümerrechte vorsehen. Beim mittelbaren Betroffensein im Sinne des § 40 GBO ist als aufzuhebendes Recht demzufolge nicht das Eigentum, sondern das potentielle Eigentümerrecht gemeint. Insoweit gilt aber der allgemeine Grundsatz, dass der eingetragene Eigentümer (oder dessen Erbe) schon aufgrund seiner Eigentümerstellung in Abt.I des Grundbuchs immer auch (und zugleich) als Gläubiger etwaiger Eigentümerrechte voreingetragen ist.

  • @juris
    darin ist zweifellos eine gewisse argumentative konsequenz enthalten. ich denke aber nicht, dass bei anwendung des § 39 auf mittelbar betroffene der § 40 in der geschilderten form anwendung finden kann, weil der anwendungsbereich und normtelos des § 40, wie dargelegt, m. E. ein anderer ist. § 40 will grundbuchberichtigungen vermeiden, die keinen zeitlichen bestand hätten, ist aber nicht schutznorm zum forbestehenlassen dauernder unrichtigkeit.

    ich schreibe hier aber stets -ohne kommentare zur hand- meine eigene rechtsmeinung, die durch eigene auslegung zustande kommt. dass es irgendwo ein gericht gibt, was alles mögliche anders sieht, bringt mich von meiner eigenen rechtsansicht erst ab, wenn die gründe stringend sind. die von juris dargelegte begründung, dass das aufzuhebende recht hier nicht das zu berichtigende sei, widerspricht m. E. dem sinn und zweck des § 40; sie überzeugt mich daher nicht. wenn zu berichtigendes recht und (gleichzeitig) aufzuhebendes recht nicht identisch sind, ist m. E. voreintragung geboten und auch sinnvoll.

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