Gleichzeitiges Versterben

  • Ist mir ja etwas peinlich, aber ich möchte gern eure geschätzte Meinung zu dem Thema wissen.

    Gemeinschaftl. handschriftl. Testament; Eheleute setzten sich gegenseitig als Erben.

    "Für den Fall, dass wir zur gleichen Zeit sterben sollten (z.B. Unfall ) werden unsere beiden Kinder x und y gleichberechtigt als Erben eingesetzt."

    Nun ist der erste Ehepartner verstorben.
    Frage: Geburtsstandesamt des überlebenden Ehegatten benachrichtigen oder nicht, weil es keine klassische Schlusserbeneinsetzung enthält und die Regelung nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens war? Legt ihr das aus als Schlusserbeneinsetzung?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Mitteilung an das Geburtsstandesamt kann zumindest nicht schaden. Ob das eine klassische Schlusserbenseinsetzung zu sehen ist, kommt auch darauf an wann jetzt der 2. Erblasser verstirbt. Ist das z.B. zeitlich sehr nah am Tode des ersten Erblassers kann man das noch als "gleichzeitig" auslegen.

  • Du kannst den überlebenden Ehegatten ja noch befragen, wie er es meinte - als kleiner Dienst am Bürger... Dann freut sich auch der Kollege, der später das Testament auslegen muss (oder Du bist das selbst).
    Vermutlich hat der überlebende nur die beiden Kinder und versteht Deine Frage gar nicht, aber kann ja auch sein dass ein drittes Kind nichts kriegen sollte, und dann kommt man schon zu unterschiedlichen Erbquoten...

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Es kommt auf das konkrete Testament an.

    Bei der Formulierung

    "Für den Fall, dass wir zur gleichen Zeit sterben sollten (z.B. Unfall ) werden unsere beiden Kinder x und y gleichberechtigt als Erben eingesetzt."


    gehe ich davon aus, dass es wirklich nur um den Fall des gleichzeitigen Versterbens geht und sehe deshalb von einer Benachrichtigung des Standesamtes des Überlebenden ab.

    Anders, wenn es weniger eindeutig formuliert ist.

  • Also - ääähm - wie benachrichtigen bei abgelieferten gemeinschaftlichen Testamenten IMMER das Geburtsstandesamt des überlebenden Ehegatten - allein, um bei dessen Tod eine (ggf. einfache, unbeglaubigte und - bei unterlassender Schlusserbenstimmung - "im Kosteninteresse" uneröffnete) Kopie des Testaments an das zust. Nachlassgericht übersenden zu können, zwecks Richtigkeit eines entsprechenden Erbscheinsantrags in Bezug auf das Vorhandensein letztwilliger Verfügungen...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich muss hier nocheinmal einhaken,
    weil genau ein solches Testament auch bei uns vorlag- beim Geburtsstandesamt des Überlebenden gemeldet war und nun Diskussionen um die Eröffnung nach dem Tod des Letztversterbenden entfacht sind:
    eröffnet Ihr nach dem Tod des Letztversterbenden oder eröffnet Ihr nicht?

  • Das ist ja die große Preisfrage....
    Ich werde es mal dem zuständigen Richter vorlegen mit der Bitte um Mitteilung, ob er es als Schlusserbeneinsetzung auslegen würde.
    Außerdem werde ich überlebende Ehegattin mal befragen und geb dann Auskunft!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Ich muss hier nocheinmal einhaken,
    weil genau ein solches Testament auch bei uns vorlag- beim Geburtsstandesamt des Überlebenden gemeldet war und nun Diskussionen um die Eröffnung nach dem Tod des Letztversterbenden entfacht sind:
    eröffnet Ihr nach dem Tod des Letztversterbenden oder eröffnet Ihr nicht?



    Ich kann da nur auf meine Ausführungen zu # 4 analog verweisen ...

  • Da gab es vor kurzem eine OLG-Entscheidung, dass die Sache nicht nur für den seltenen Fall des gleichzeitigen Versterbens gilt. Ich habe leider nur noch eine dunkle Erinnerung. Es war irgendwas mit "Gott dem Allmächtigen". Juris hilft bestimmt weiter.

  • Du kannst den überlebenden Ehegatten ja noch befragen, wie er es meinte ...

    Mal blöd gefragt: Nützt denn eine solche Befragung etwas? Nach der sog. Andeutungstheorie muss doch wegen der Formbedürftigkeit im Testament selbst zumindest andeutungshalber stehen, was gemeint ist. Und hier steht nun einmal "gleichzeitig (z. B. Unfall)". Meines Erachtens kann der Überlebende jetzt nicht hergehen und sagen, mit "gleichzeitig" meinten wir auch "nicht gleichzeitig, aber kurz hintereinander". Im übrigen ist einer solchen Auslegung ja gerade durch das von den Testierenden selbst gewählte Beispiel "Unfall" enge Grenzen gesetzt. Ich würde daher meinen, "gleichzeitig" im Sinne dieses Testaments ist nur, wenn beide bei einem Verkehrsunfall gleichzeitig sterben, wenn ein Flugzeug auf das Haus stürzt, in dem sie sich aufhalten, wenn sie gleichzeitig bei einem Attentat ins Visier eines Amokläufers geraten usw., also in all den Fällen, in denen entweder tatsächlich Kommorienz vorliegt oder aber mangels anderweitiger Feststellbarkeit vermutet wird.

  • Da gab es vor kurzem eine OLG-Entscheidung, dass die Sache nicht nur für den seltenen Fall des gleichzeitigen Versterbens gilt. Ich habe leider nur noch eine dunkle Erinnerung. Es war irgendwas mit "Gott dem Allmächtigen". Juris hilft bestimmt weiter.



    OLG München vom 30.07.2008 31 Wx 29/08
    Wird ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit der Formulierung eingeleitet, „Sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben“, kann im Einzelfall die Auslegung ergeben, dass die letztwillige Verfügung auch für den Fall gelten soll, dass die Ehegatten mit erheblichem zeitlichen Abstand versterben.

  • Da gab es vor kurzem eine OLG-Entscheidung, dass die Sache nicht nur für den seltenen Fall des gleichzeitigen Versterbens gilt. Ich habe leider nur noch eine dunkle Erinnerung. Es war irgendwas mit "Gott dem Allmächtigen". Juris hilft bestimmt weiter.



    OLG München vom 30.07.2008 31 Wx 29/08
    Wird ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit der Formulierung eingeleitet, „Sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben“, kann im Einzelfall die Auslegung ergeben, dass die letztwillige Verfügung auch für den Fall gelten soll, dass die Ehegatten mit erheblichem zeitlichen Abstand versterben.

    In Ergänzung zu meinem Beitrag #10:

    Im OLG-München-Fall enthält das Testat keine ausdrückliche zeitliche Komponente (es fehlt ein Wort wie "gleichzeitig") und auch kein Beispiel wie "Unfall".


  • In Ergänzung zu meinem Beitrag #10:

    Im OLG-München-Fall enthält das Testat keine ausdrückliche zeitliche Komponente (es fehlt ein Wort wie "gleichzeitig") und auch kein Beispiel wie "Unfall".



    Da steht aber: "miteinander".

  • Vgl. OLG München FamRZ 2008, 921 für den Fall, daß die Ehegatten "gleichzeitig ableben": Im Weg der Auslegung kann angenommen werden, daß der für den Fall des gleichzeitigen Versterbens Bedachte auch Schlußerbe sein soll, wenn Anhaltspunkte für ein bevorstehendes gefährliches Ereignis in der Person beider Ehegatten fehlen und als Motiv die Enterbung eines Kindes angegeben wird.


  • In Ergänzung zu meinem Beitrag #10:

    Im OLG-München-Fall enthält das Testat keine ausdrückliche zeitliche Komponente (es fehlt ein Wort wie "gleichzeitig") und auch kein Beispiel wie "Unfall".



    Da steht aber: "miteinander".

    "Miteinander" hat aber keine zeitliche Komponente, sondern eine, die sich auf die Anzahl bezieht. So gingen Kleist und Frau Vogel miteinander (hier: 2 Personen) in den Tod, "gleichzeitig" gestorben sind sie aber nicht.

    In Kenntnis des Postings von Samirah erkenne ich aber an: die Rspr. ist großzügiger bei der Auslegung als ich.

  • Um die Sache noch etwas aufzuhellen:

    Es wäre "gehupft wie gesprungen" Für den Fall des gleichzeitigen Versterbens sollen ihre beiden gemeinsamen ( einzigen ) Kinder Erben werden. Für den Fall, dass sie weit nacheinander versterben und das Testament nicht dahingehend ausgelegt wird, dass es auch für diesen Fall gilt: Beide Kinder Erben nach gesetzlicher Erbfolge.

    Zum Glück kommt in diesem Fall kein unterschiedliches Ergebnis heraus.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Problematisch wird es, wenn der überlebende Ehegatte neu testiert und der Inhalt des Testaments von der im Wege der Auslegung bejahten gemeinschaftlichen und dann wohl auch wechselbezüglichen Schlußerbeneinsetzung abweicht. Es muß also nicht immer das gleiche Ergebnis herauskommen.

    Die Rechtsprechung ist bei der Auslegung nicht zu großzügig. Sie berücksichtigt nur, daß man bei privatschriftlich testierenden Normalbürgern nicht davon ausgehen kann, daß diese mit allen Feinheiten der deutschen Sprache vertraut sind. Entscheidend ist immer der Testierwille, mag er auch sprachlich unvollkommen zum Ausdruck kommen.

  • Ziemlich genau der Ausgangsfall wurde durch alle Instanzen übrigens streng ausgelegt, dass gleichzeitig im Regelfall eben nicht nacheinander heißt, vgl. BayObLG v. 18.12.2003, Az.: 1Z BR 130/02 m.w.N.

    Interessant auch OLG Schleswig v. 02.11.2003, 3 Wx 47/02; OLG Düsseldorf v. 20.01.2004, Az.: 3 Wx 367/03.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Problematisch wird es, wenn der überlebende Ehegatte neu testiert und der Inhalt des Testaments von der im Wege der Auslegung bejahten gemeinschaftlichen und dann wohl auch wechselbezüglichen Schlußerbeneinsetzung abweicht. Es muß also nicht immer das gleiche Ergebnis herauskommen.



    Die Gefahr ist nicht so besonders groß. Die Dame ist über 80 und lebt bei ihren Kindern. Aber das ist ein anderes Thema.

    Ich hatte schon manchmal so Testamente, wo es so ähnlich drin stand. Ich finde das echt problematisch. Die Rechtssprechung ist da leider auch nicht so ganz eindeutig. Aber ich werde mich am Wochenende mal belesen. Hab leider unter der Woche keine Zeit dafür :(

    Vielen lieben Dank für eure Meinungen und fundierten Grundlagen!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • So, nun ist es soweit. Der zweite Erbfall in dieser Sache ist eingetreten; sprich die Ehefrau ist nun auch verstorben. Die Tochter hat einen Antrag auf Testamentseröffnung gestellt.
    (@ Sonntagskind: Ich konnte sie auch übrigens damals nicht mehr befragen, weil zu dem Zeitpunkt des Versterbens des Ehemannes schon eine starke Demenz vorlag.)

    Meine Kollegin meint, auf jeden Fall eröffnen, die Kinder/Erben müssen es dann auslegen. Kann ja nicht schaden.
    Meine Frage aber: Und was ist mit den Kosten? Wenn ich eröffne, fällt ja auch eine 100,-€ Gebühr an.
    Wenn ich denen dann aber mitteile, dass keine wirksame Ereinsetzung nach der Erblasserin vorliegt und gesetzliche Erbfolge eintritt, dann kommt die berechtigte Frage, warum ich dann eröffnet habe und die 100,-€ anfallen.

    Lösung evtl.: Eröffnen und Kosten außer Ansatz lassen?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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