Wer weist GbR-Gebote zurück?

  • Das "Schweigsamerwerden" liegt m. E. nicht an den zunehmenden OLG-Entscheidungen, sondern daran, dass die Diskussion zu nichts führt.



    Ich kann mich nicht an Diskussionen hier im Forum erinnern, die interessanter und zielführender waren als die vorliegende. Zudem weil hier wohl zum ersten Mal die Möglichkeit besteht, dass eine Forumsdiskussion aktiv zur Fortentwicklung des angewandten Rechts beiträgt. Darauf sollten die Beteiligten stolz sein, anstatt sich zu kappeln.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Das sehe ich genauso, zumal sich wohl nicht hinwegdiskutieren lässt, dass die GbR-Diskussionen im Forum bereits einen Einfluss auf die Rechtsentwicklung hatten (vgl. die bisherigen OLG-Entscheidungen). Man sollte nicht in falscher Bescheidenheit glauben, dass die hiesigen Diskussionen nur von Rechtspflegern gelesen werden.

    Im übrigen bietet das Forum einen unschätzbaren Vorteil: Man muss kein Blatt vor den Mund nehmen und kann auch mit harten rechtlichen Bandagen kämpfen, sodass die widerstreitenden Standpunkte klar und deutlich herausgearbeitet werden. Bei den Entscheidungen der Beschwerdegerichte ist das anders. Sie sind traditionsgemäß sachlich und (manchmal unangebracht?) höflich formuliert. Das schließt aber nicht aus, dass die Richter der Beschwerdegerichte hinter vorgehaltener Hand gleichwohl wie die Rohrspatzen über den BGH schimpfen. Das Forum hat daher in der Meinungsbildung eine ähnliche Funktion wie ein Beschwerdegericht, nur dass eben die vorgehaltene Hand fehlt.

  • Cromwell: Das haste jetzt aber schön gesagt.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Im übrigen bietet das Forum einen unschätzbaren Vorteil: Man muss kein Blatt vor den Mund nehmen und kann auch mit harten rechtlichen Bandagen kämpfen, sodass die widerstreitenden Standpunkte klar und deutlich herausgearbeitet werden.


    Und das ist auch der wesentliche Grund dafür, dass Diskussionen in justizeigenen Netzwerken für so etwas dauerhaft unbrauchbar bleiben werden, auch wenn manche Verwaltung das anders sieht.

  • Hieraus ist zu folgern, dass eine GbR nur bieten kann, wenn sie sich im Termin explizit gründet,

    :eek::eek::eek:

    .... kann jemand ein Vertragsmuster bieten, das ich als Anlage zum Protokoll nehmen kann ? Ich tipp so ungern und auch nur mit 2 Fingern :D:D:D

  • Zur Diskussion im vorliegenden ZVG-Thread (die maßgeblichen Passagen habe ich unterstrichen):

    OLG München, 20.7.2010 - 34 Wx 063/10
    GBO §§ 20, 29 Abs. 1

    Im Anwendungsbereich des § 20 GBO müssen Existenz und Identität der erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (wie OLG Schleswig vom 9.12.2009, 2 W 168/09 = Rpfleger 2010, 320; gegen OLG Saarbrücken vom 26.2.2010, 5 W 371/09-134 = ZfIR 2010, 329).

    Aktenzeichen: 34 Wx 063/10
    AG Wolfratshausen - Grundbuchamt - Grundbuch von Dorfen Bl. 463

    BESCHLUSS

    Der 34. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Lorbacher, der Richterin am Oberlandesgericht Paintner und des Richters am Oberlandesgericht Hinterberger
    am 20. Juli 2010
    in der Grundbuchsache
    Auflassung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts

    b e s c h l o s s e n :

    I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen - Grundbuchamt - vom 26. April 2010 wird zurückgewiesen.
    II. Der Beschwerdewert beträgt 3.050.000 €.
    III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    G r ü n d e :

    I. Unter dem 5.12.2008 verkaufte der Beteiligte zu 1 Grundstücke an die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus drei Gesellschaftern, als die sich die Beteiligten zu 3 bis 5 bezeichnen. Im notariellen Urkundeneingang heißt es dazu:

    Frau J. N., Herr P. K. und Herr N. K. haben vor Beurkundung eine GbR gegründet. An der GbR sind J. K. zu ¾ und P. und N.K. zu je 1/8 beteiligt, die Gründung wird bestätigt.

    Am 11.12.2008 wurde zugunsten der Beteiligten zu 3 bis 5 „als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend der in der Urkunde vom 5.12.2008 erteilten Bewilligung eine Eigentumsvormerkung eingetragen. Die notarielle Urkunde vom 5.12.2008 enthält zudem die Auflassung und die Vollmacht an den Urkundsnotar zur Erteilung der Eintragungsbewilligung. Unter dem 22.3.2010 hat der Urkundsnotar schließlich unter Bezug auf die Urkunde vom 5.12.2008 den Vollzug der Auflassung bewilligt und beantragt sowie zugleich Löschungsantrag hinsichtlich der Eigentumsvormerkung gestellt. Mit Beschluss vom 26.4.2010 hat das Grundbuchamt die Anträge zurückgewiesen. Es hat dies darauf gestützt, dass die Auflassung an die GbR nicht im Grundbuch eingetragen werden könne, da aus der Auflassungsurkunde die Identität der Gesellschaft nicht bestimmt genug feststellbar sei. Im Anwendungsbereich des § 20 GBO müsse neben der Vertretungsberechtigung auch die Existenz und Identität der Gesellschaft nachgewiesen sein. Selbst die nachträgliche Vorlage eines in der Form des § 29 GBO geschlossenen Gesellschaftsvertrags nebst eidesstattlicher Versicherung sei nicht geeignet, den Nachweis für Identität, Existenz und Vertretung der Gesellschaft zu erbringen. Hiergegen richtet sich die vom Urkundsnotar erhobene Beschwerde, der das Grundbuchamt am 10.5.2010 nicht abgeholfen hat.

    II. Die ersichtlich namens sämtlicher Urkundsbeteiligten notariell eingelegte Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO) erweist sich als unbegründet. Die Auflassung an die Beteiligte zu 2 ist nicht eintragungsfähig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beteiligte zu 3 identisch ist mit der in der Urkunde als mit ¾-Anteilen an der Gesellschaft beteiligten Person anderen (Nach-) Namens (Josée K. einerseits, Josée N. andererseits).

    1. Existenz und Vertretungsverhältnisse der GbR ergeben sich nicht bereits aus der (einseitig bewilligten) Eintragung der Eigentumsvormerkung (dazu OLG Schleswig Rpfleger 2010, 320; Leitsätze 1 - 3). § 899a BGB, der auch für Eintragungen vor dem 18.8.2009 gilt (Art. 229 § 21 EGBGB; vgl. Senat vom 18.8.2009, 34 Wx 047/09 = MittBayNot 2009, 466; Senat vom 26.8.2009, 34 Wx 054/09 = MittBayNot 2010, 126 m. Anm. Ruhwinkel), erlaubt die Vermutung (nur) in Ansehung des eingetragenen Rechts, d. h. für Rechtshandlungen mit unmittelbarem Bezug auf den Eintragungsgegenstand (Palandt/Bassenge BGB 69. Aufl. § 899a Rn. 5 u. 7), also das jeweils verzeichnete Grundstücksrecht (Miras DStR 2010, 604/607). Das folgt daraus, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, dem Grundbuch die Funktion eines allgemeinen Gesellschaftsregisters zukommen zu lassen (vgl. BT-Drucks. 16/13473, S. 30).

    2. Nachgewiesen werden können Existenz und Vertretungsberechtigung einer GbR durch den Abschluss eines (notariellen) Gesellschaftsvertrags in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft (vgl. Böttcher ZNotP 2010, 173/176; auch Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169/183). Eine explizite Gesellschaftsgründung ist in der Auflassungsurkunde (Kaufurkunde) nicht vorgenommen worden. Dort ist nur von einer Gründung „vor Beurkundung“ die Rede. Soweit die Beschwerdebegründung darauf abhebt, die GbR sei „unmittelbar vor der Beurkundung des Kaufvertrags mündlich gegründet“ worden, ist diese Erklärung nicht grundbuchtauglich (vgl. § 29 Abs. 1 GBO).

    3. Die vom Grundbuchamt herangezogene Senatsentscheidung vom 5.2.2010 (34 Wx 116/09 = DNotZ 2010, 299 m. Anm. Ruhwinkel) würde eine Antragszurückweisung im konkreten Fall nicht rechtfertigen. Der Senat hat dort im Hinblick auf das grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgebot die Eintragungsfähigkeit verneint und jedenfalls Angaben verlangt, die es ermöglichen, die Gesellschaft als unverwechselbares Rechtssubjekt zu identifizieren (vgl. auch § 15 Abs.1 Buchst. c GBV). Diesen Anforderungen genügen die vorliegenden Erklärungen. Insbesondere lässt sich die GbR von anderen Rechtssubjekten, auch von anderen Gesellschaften unter Beteiligung derselben Gesellschafter, hinreichend durch die Namensbezeichnung abgrenzen, die ihrerseits aus der maßgeblichen Flurbezeichnung der erworbenen Grundstücke abgeleitet ist. Dass es eine weitere Gesellschaft gerade dieser Personen mit demselben Namen gibt, ist zwar denkgesetzlich nicht ausgeschlossen, wohl aber eine im praktischen Rechtsleben ausschließbare, rein theoretische Möglichkeit.

    4. Nach § 29 Abs. 1 GBO soll eine Grundbucheintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen - dazu zählt im Fall der Veräußerung insbesondere die Einigung nach § 20 GBO - durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die Vorschrift konkretisiert das grundbuchverfahrensrechtliche Legalitätsprinzip. Dieses und damit auch gerade § 29 GBO soll den Grundbuchinhalt nach Möglichkeit mit der wirklichen Rechtslage in Einklang halten und die dem Grundbuchsystem immanente Gefahr eines Rechtsverlusts des sachlich Berechtigten durch einen redlichen Erwerb seitens eines Dritten aufgrund des von unrichtigen Grundbucheinträgen ausgehenden Rechtsscheins minimieren (Knothe in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl. § 29 Rn. 1 m.w.N.; siehe auch BayObLGZ 1967, 13/17; 1988, 148/150 f.). Die Bestimmung ist zwar ihrer Fassung nach nur eine Ordnungsvorschrift (BGH DNotZ 1963, 313; Knothe in Bauer/von Oefele § 29 Rn. 5). Es steht jedoch nicht im Belieben des Grundbuchamts, ob die Formvorschrift bei Eintragungen eingehalten wird oder nicht. Vielmehr hat dieses stets die Beachtung der in § 29 GBO verlangten Förmlichkeiten durchzusetzen (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 153).

    a) Im Erwerbsfall ist dem Grundbuchamt die Existenz der erwerbenden GbR, die Identität einer früher gegründeten GbR mit der erwerbenden GbR und ihre aus dem Gesellschafterbestand folgenden Vertretungsverhältnisse im Zeitpunkt des Vertreterhandelns in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachzuweisen (Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169/177 f. m.w.N.; auch Lautner MittBayNot 2010, 286/289; a.A. Weimer NotBZ 2010, 31). Daran ändert die mangelnde Registerpublizität der GbR nichts. Auch das ERVGBG (vom 11.8.2009, BGBl I S. 2713) lässt die allgemeinen Grundsätze des Grundbuchverfahrens unberührt (vgl. Lautner MittBayNot 2010, 286/291).

    b) Ein derartiger Nachweis ist hier nicht erbracht. Das Grundbuchamt hat deshalb den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Denn eine Möglichkeit, den Nachweis in grundbuchgerechter Form zu erbringen - was eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO erlaubt hätte -, ist nicht erkennbar.

    (1) Der Senat folgt nicht der Ansicht des Oberlandesgerichts Saarbrücken (ZfIR 2010, 329 mit zust. Anm. Zimmer), dass die tatsächliche Erklärung von Beteiligten bereits einen ausreichenden Nachweis dafür darstelle, eine GbR mit dem konkret bezeichneten Gesellschafterbestand sei gegründet worden und in dieser Form auch gegenwärtig noch fortbestehend. Die Beweiskraft der notariellen Urkunde umfasst nicht die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung (KG FGPrax 2009, 55/56). Es steht nicht fest, dass die Bestätigungserklärung tatsächlich von den aktuell vertretungsberechtigten Gesellschaftern stammt. Die zur Vollmachtsbestätigung entwickelten Grundsätze (BGHZ 29, 366) können nicht herangezogen werden. Denn diese setzen gerade voraus, dass die aktuellen Rechtsverhältnisse der GbR und ihrer Gesellschafter bekannt und belegt sind. Insoweit bewegt sich die Argumentation im Kreis (vgl. Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169/182 unter D. II. 2. e; auch Lautner MittBayNot 2010, 286/289; a. A. wohl Ruhwinkel DNotZ 2010, 304/308; Böttcher ZNotP 2010, 173/176 f.). Dass Existenz und Identität der Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft handelnden Personen im Anwendungsbereich des § 20 GBO in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden müssen, ist demnach auch die überwiegende Ansicht in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Schleswig Rpfleger 2010, 320 - Leitsatz 4 - ; KG vom 23.3.2010, 1 W 88 + 116 – 127/10; OLG Nürnberg vom 8.4.2010, 10 W 277/10, dort allerdings abweichend zu den Nachweismöglichkeiten).

    (2) Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 4.12.2008 (BGHZ 179, 102) die Nachweisfrage, namentlich beim Grundstückserwerbsgeschäft der GbR, nicht vertieft. Für die dort in Rede stehende Eintragung einer Zwangssicherungshypothek hat er indes ausdrücklich auch auf die einschlägige Formvorschrift des § 29 GBO hingewiesen. Den dortigen Ausführungen (S. 114, unter Rn. 24/25) entnimmt der Senat, dass bloße Erklärungen von Beteiligten, mögen sie auch zu notarieller Urkunde abgegeben worden sein, nicht den maßgeblichen Nachweis weder als Geständniserklärung für die Existenz und Identität noch als Nachweis für die Vertretung (vgl. Lautner MittBayNot 2010, 286/289) erbringen.

    (3) Der vom Bundesgerichtshof in derselben Entscheidung hervorgehobene Grundsatz der dienenden Funktion des Grundbuchrechts im Verhältnis zum materiellen Recht (Rn. 13) kann nach Ansicht des Senats nicht gesetzlich verankerte grundbuchrechtliche Prinzipien außer Kraft setzen. Zum einen erschöpft sich das Grundbuchrecht nicht darin, die Buchbarkeit von Eigentum sicherzustellen und damit die materielle Rechtslage abzubilden. Das Grundbuch hat darüber hinaus rechtssichernde Funktion (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 2; Sefrin MittBayNot 2010, 268/271 m.w.N.). Von der Formstrenge des § 29 GBO sind zwar - seit je her – Ausnahmen anerkannt, zu der neben Offenkundigkeit (Demharter GBO 27. Aufl. § 29 Rn. 60) auch die Möglichkeit der freien Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt gehört (Demharter § 29 Rn. 63). Derartige Fälle erleichterter Beweisführung betreffen aber tatbestandlich umrissene, zahlenmäßig verhältnismäßig seltene Vorgänge, die bei verständiger Anwendung den Zweck des § 29 GBO, die Eintragung auf sichere Unterlagen zu gründen, nicht gefährden. Von der Formstrenge kann hingegen für Auflassungen (§ 20 GBO) an die erst von der Rechtsprechung als (teil-) rechtsfähig erkannte GbR als im Rechtsleben häufig vorkommende Grundform personenrechtlicher Zusammenschlüsse nicht abgesehen werden. Dies gilt umso mehr, als etwa §§ 32, 33 GBO ausdrücklich regeln, in welcher Form andere natürliche Personen und Gesellschaften erleichterte Grundbuchnachweise erbringen können und damit der sonst grundsätzlich notwendige Nachweis in der Form des § 29 GBO abgeschwächt wird (Schaub in Bauer/von Oefele § 32 Rn. 66, § 33 Rn. 57 ff.). Die Regelungen in §§ 32, 33 GBO sowie ähnlich in §§ 35, 36 GBO (Nachweis der Erbfolge u. a.) belegen trotz der damit verbundenen Lockerung in der Beweisführung den grundsätzlich hohen Stellenwert, der dem formellen Nachweisprinzip des § 29 GBO beizumessen ist und der deshalb grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Einzelfällen gelockert werden darf, etwa wenn andere registerrechtliche Systeme zur Verfügung stehen, die aus der Sicht des Gesetzgebers eine Verkürzung der sonst notwendigen materiellrechtlichen Prüfung durch das Grundbuchamt erlauben und die verfahrensrechtliche Beibringungslast der Beteiligten erleichtern (Meikel/Roth GBO 10. Aufl. § 32 Rn. 5; Hügel/Holzer GBO § 32 Rn. 7/8).

    c) Der Senat hält somit im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 2002, 330/334) daran fest, dass es Sache des Gesetzgebers ist, zu bestimmen, ob eine grundsätzlich als grundbuchfähig angesehene GbR unter anderen, ggf. erweiterten oder erleichterten Voraussetzungen als den bisher in § 29 Abs. 1 GBO bestehenden ihre Grundbucheintragung erreichen kann. Solange dies nicht geschehen ist, lassen sich die verfahrensrechtlichen Unzuträglichkeiten für die grundstückserwerbende GbR nicht zufriedenstellend lösen.

    III. Der Geschäftswert bestimmt sich nach dem Wert des aufgelassene Grundstücks, der sich hier nach dem Kaufpreis bemisst (§ 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 i.V.m. § 19 KostO).

    IV. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 (Nr. 2) GBO vorliegen.

    V. Dazu ergeht folgende Rechtsmittelbelehrung:
    Nach § 78 GBO, § 71 FamFG ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht - dies ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe - einzulegen. Die Rechtsbeschwerde muss enthalten:
    1. Die Bezeichnung des Beschlusses, gegen die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
    2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
    Die Beteiligten müssen sich durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG).

    Lorbacher Paintner Hinterberger

    ---------------------------

    Ergänzend dazu die Ausführungen von Krüger NZG 2010, 801 (Vorsitzender Richter des zuständigen V. Zivilsenats des BGH), die exakt in die gleiche Richtung gehen:

    Diskussion zur GbR-Rechtsprechung ab 18.08.2009

    ---------------------------

    Die OLG-Entscheidung ist klar: Existenz, Identität und Vertretungsverhältnisse der GbR müssen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (wobei im ZVG-Verfahren § 71 Abs.2 ZVG als inhaltsgleiche Formvorschrift an die Stelle von § 29 GBO tritt). Eine bloße Behauptung oder sogar eine eV ist hierfür nicht ausreichend, ebenso wenig die Vorlage des Gesellschaftsvertrags. Und weiter: Die Vertretungsverhältnisse sind demzufolge nicht formgerecht nachweisbar, es sei denn, die GbR würde im Erwerbsvertrag (hier: im Bietertermin) gegründet. Alles andere ist -erneute- Sache des Gesetzgebers.

    Frage also:

    Lässt sich die Ansicht diverser ZVG-Kollegen, wonach das Vollstreckungsgericht beim Gebot einer GbR nichts zu prüfen habe oder sich auf die bloßen Angaben der Beteiligten (ggf. unter Vorlage eines Gesellschaftsvertrags) verlassen könne, noch aufrecht erhalten?

  • Die Streitfrage über die Behandlung der Bieter-GbR im Versteigerungsverfahren ist nunmehr vom OLG Köln entschieden worden:


    Aber nein. Dort ist entschieden worden, dass von der Verfahrensweise bei Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung keine Rückschlüsse auf das Verfahren für den freihändigen Erwerb gezogen werden dürfen. Siehe dazu auch hier.
    Der dritte Leitsatz "Mithin hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen..." besagt nichts darüber, in welcher Form die Prüfung des Bestehens und der Vertretungsverhältnisse zu erfolgen hat (auf das abwegige Heranziehen der §§ 20 und 29 GBO in den Gründen statt der gebotenen Anwendung des § 71 II ZVG gehe ich hier nicht erneut ein).
    Aus meiner Sicht besagt der Leitsatz lediglich: Bei Erwerb durch Zwangsversteigerung ist es nicht Aufgabe des Grundbuchamts, sondern des Vollstreckungsgerichts, Identität und Vertretungsrecht der GbR festzustellen.

  • Aus meiner Sicht besagt der Leitsatz lediglich: Bei Erwerb durch Zwangsversteigerung ist es nicht Aufgabe des Grundbuchamts, sondern des Vollstreckungsgerichts, Identität und Vertretungsrecht der GbR festzustellen.



    Schön gesagt. :daumenrau Im Übrigen werden sich auch künftig wohl weniger die OLGe, sondern vielmehr Landgerichte und BGH mit der Frage bzgl. des Versteigerungsgerichts auseinandersetzen...

  • Gegen besagten OLG-Köln-Beschluss, der übrigens in forschem Ton die betr. BGH-Senate angreift, wird möglicherweise Rechtsmittel eingelegt. (Karlchen hatte an anderer Stelle was von einem Rechtsmittel geschrieben, aber zu 3/10)
    In ein bis drei Jahren erfahren wir also die Sicht des BGH auf den freihändigen Erwerb.
    Ob auch der BGH nebenbei auf den Erwerb in der Zwangsversteigerung eingehen wird, oder ob wirklich eine Bieter-GbR, deren Gebot zurückgewiesen wurde, es bis nach Karlsruhe schafft, bleibt abzuwarten.

    Oder besteht Interesse, mit mir eine GbR zu gründen, um aus rein akademischen Gründen eine Immobilie ersteigern zu versuchen? :teufel:

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (21. Januar 2011 um 11:58) aus folgendem Grund: Habe leider Karlchen falsch zitiert.

  • Oder besteht Interesse, mit mir eine GbR zu gründen, um aus rein akademischen Gründen eine Immobilie ersteigern zu versuchen? :teufel:



    Dann müssten wir sie aber jetzt gründen und später bei Cromwell bieten ;). Ist der überhaupt in Versteigerungen tätig?

    Den forschen Ton vom OLG Köln fand ich gar nicht so schlecht. Man wird sehen, wie der BGH darauf reagiert.

  • 15. Meridian:

    Das OLG Köln hat nicht die §§ 20 und 29 GBO für das Versteigerungsverfahren herangezogen, sondern ausgeführt, dass eine etwaige abweichende Praxis der Vollstreckungsgerichte nichts daran ändert, dass im Anwendungsbereich der §§ 20 und 29 GBO ("in den von dieser Bestimmung geregelten Fällen", also im Grundbuchverfahren!) jedenfalls abweichend von einer solchen vorgeblichen Praxis zu verfahren ist. Etwas "Abwegiges" vermag ich an den -wohl von Dir falsch verstandenen- Ausführungen des OLG somit nicht zu erkennen.

    Der entscheidende Satz in der Entscheidungsbegründung bezüglich der Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts ist folgender:

    "Mithin hat im Fall der Umschreibung aufgrund Eintragungsersuchens nach -rechtskräftig gewordenem- Zuschlagsbeschluss allein das Vollstreckungsgericht vor Erteilung des Zuschlags zu prüfen, ob die GbR, in deren Namen das Meistgebot abgegeben worden ist, existiert und ob sie im Versteigerungsverfahren wirksam vertreten worden ist."

    Diese Dinge sind also zu prüfen, und zwar so, wie es im ZVG geregelt ist, und es ist durch § 71 Abs.2 ZVG eben so geregelt, dass die Vertretungsmacht (ebenso wie nach § 29 GBO) durch eine öffentliche Urkunde nachzuweisen ist. Und dann haben wir eben die gleiche Rechtslage wie beim rechtsgeschäftlichen Erwerb: Nachweis nicht möglich = Antragszurückweisung durch das Grundbuchamt = Gebotszurückweisung durch das Vollstreckungsgericht.

    Richtig ist, dass das OLG Köln nichts zur Form des Nachweises im Versteigerungsverfahren gesagt hat. Aber wozu auch? Das steht ja ausdrücklich im Gesetz (§ 71 Abs.2 ZVG).

  • Die von mir kritisierte Stelle der Entscheidung des OLG Köln ist diese:

    Wenn vom Vollstreckungsgericht ein .."anderer Maßstab angelegt werden sollte, als nach den §§ 20, 29 GBO im Falle der Umschreibung nach Auflassung geboten ist, mag auch dies Folge der Unsicherheit sein, die in der Praxis als Folge der oben bezeichneten Entscheidungen des II. und des V. Zivilsenats des
    Bundesgerichtshofs zur Rechts- und zur Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft
    bürgerlichen Rechts eingetreten ist,.."

    Kritikwürdig finde ich daran, dass diese Aussage impliziert, dass auch im Zwangsversteigerungsverfahren derselbe Maßstab anzulegen sei wie im freihändigen Erwerb, nämlich der Maßstab der §§ 20, 29 GBO.
    Anders als offenbar das OLG Köln und wohl auch Du halte ich die Voraussetzungen des § 29 GBO einerseits und des § 71 II ZVG andererseits eben nicht für deckungsgleich.

  • Außer dass man § 71 Abs.2 ZVG nicht anwenden will, obwohl er anwendbar ist, habe ich bislang keine "Argumente" gelesen. Aber immerhin sind wir uns darin einig, dass auch das OLG Köln die von mir befürwortete Rechtsauffassung vertritt.

    Wenn man ehrlich ist, kann es auch gar nicht anders sein. Denn wie sollte etwas, was die Beteiligten zu notarieller Urkunde erklären und als Nachweis im Grundbuchverfahren ungeeignet ist, auf einmal beim Vollstreckungsgericht als Nachweis ausreichen, wenn die Beteiligten das gleiche mündlich im Versteigerungstermin vortragen? Der inhaltliche Gehalt des Beteiligtenvortrags ist jeweils derselbe, also beweist er etwas in beiden Fällen oder beweist in beiden Fällen nichts. Für das Grundbuchverfahren meinen fünf Oberlandesgerichte, dass er nichts beweist, also beweist er auch im Versteigerungsverfahren nichts.

  • Außer dass man § 71 Abs.2 ZVG nicht anwenden will, obwohl er anwendbar ist, habe ich bislang keine "Argumente" gelesen.

    Selbstverständlich wird bei den Versteigerungsgerichten das Gesetz, auch der § 71 Abs. 2, angewendet. Vielleicht nicht so, wie Du ihn interpretierst. Wer uns deshalb für Deppen hält, oder schlimmer noch für Rechtsbrecher, dem werde ich in diesem Punkt nicht folgen.

  • Immer mit der Ruhe.

    "Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen (das sind die Gesellschafter), welcher das Gebot für den Bieter (das ist die GbR) abgegeben hat, ... abhängig, so erfolgt die Zurückweisung, sofern nicht die Vertretungsmacht ... durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird."

    Könntest Du mir bitte erläutern, wo Du hier in § 71 Abs.2 ZVG einen "Interpretationsspielraum" siehst?

    Und hältst Du es nicht für schlüssig, dass etwas, was mangels GbR-Register nicht nachgewiesen werden kann, dann auch im Versteigerungsverfahren nicht nachweisbar ist?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!