Ausschlagung-Genehmigung auch ohne Überschuldung?

  • Bereits im Jahr 2003 wurde eine Ausschlagung von meinem Vorgänger genehmigt. Damals ist die Großmutter verstorben. Mein Vorgänger hat damals einen Aktenvermerk gemacht: Es handelt sich um ein über 100-jähriges Schwarzwaldhaus und Kindesmutter befürchtet, dass auf ihren Sohn hohe Aufwendigungen für den Erhalt des Hauses zukommen.
    Zu den Familien ihres verstorbenen Mennes hat sie seit seinem Tod keinerlei Kontakt.
    Jetzt ist der Großvater verstorben und die Kindesmutter hat wieder ausgeschlagen und die Genehmigung beantragt. Kind ist 17 Jahre alt und wird am Donnerstag von mir angehört. Vermutlich werden die gleichen Gründe wie 2003 vorgetragen. Da keine Überschuldung vorliegt, habe ich Bedenken hier eine Genehmigung zu erteilen.
    Die übrigen Erben haben auch nicht ausgeschlagen. Reichen die persönlichen Gründe für eine Genehmigung aus? Sollte man hier einen Verfahrenspfleger bestellen?

    Danke für Eure Beiträge.

  • Nur der Hinweis auf das Alter des Hauses würde mir persönlich nicht ausreichen.
    Der Mj. könnte ja seinen Anteil auch versilbern und hätte damit liquide Mittel zur Verfügung. Das wäre eine Möglichkeit, um evtl. (nicht benannten und nicht bezifferten) Aufwendungen für die Erhaltung des Gebäudes entgegenzutreten.
    Wie wird das Gebäude genutzt? Vermietet? Verpachtet? Eigennutzung?
    Wie gesagt, der Vermerk des Kollegen allein ist ein bißchen dünne.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • So sehe ich das auch.
    Da kommen Leute, die "wissen" nur vom Hörensagen, dass da immense Schulden sind. Auf Frage nach dem Hintergrund des "Wissens" kommt nichts, absolut nichts. Es sind nur Vermutungen. Irgendeiner hat mal angefangen, einem anderen Angst zu machen, schon gibt es Stampede und ich Idiot habe die Arbeit.

  • Die Genehmigung hat sich am Wohle des Kindes zu orientieren.
    Darunter fallen nicht nur wirtschaftliche Interessen.
    Es können daher durchaus auch persönliche Gründe eine Ausschlagung rechtfertigen, selbst dann, wenn der Nachlass nicht übeschuldet ist.

    Das was hier vorgebracht wird, ist aber in wirtschaftlicher Faktor.
    Insoweit würde ich auch eine Genehmigungsfähigkeit verneinen.

  • Wenn der Erbe 17 Jahre alt ist und mir glaubhaft und mit eigenen Worten (und am besten in Abwesenheit der Mutter) vorträgt, er will mit dem Erbe nichts zu tun haben (weil er seinen Vater nicht leiden konnte, die Erbschaft nicht abwickeln will mit den Leuten, die er gar nicht kennt, was auch immer) sehe ich keinen Grund, die Genehmigung zu versagen.

    Mit 16, 17 kann man sich durchaus eine Meinung gebildet haben.
    Wenn er jedoch sagt, dass es ihm eigentlich egal ist, wird eben nicht genehmigt, weil dann nur die wirtschaftlichen Interessen zählen.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Ja, wenn du es so beschreibst (hatte so konkret einen Fall nicht bzw. habe in dem einen Fall den Jugendlichen doch vom Gegenteil seiner Meinung überzeugen können), muss man die Verweigerung wohl zumindest in Betracht ziehen, denn was hätte die Einbeziehung des Jugendlichen und insbesondere dessen Anhörung sonst für einen Sinn, wenn von vornherein feststeht, wie die Endentscheidung auszusehen hat. Ich würde das aber nur auf wenige Fälle beschränken (16-17-jährige, nach umfangreichen Aufklärungsversuchen, ggf. unter Einschaltung des Jugendamtes, und mit exaktem Protokoll, aus dem nochmal für den Jugendlichen ersichtlich ist, auf was er da eigentlich "verzichtet").

  • Ich hatte mir den Sachverhalt bisher immer anders herum vorgestellt, also der Erbe (ich habe mit Betreuten zu tun) nimmt aus moralischer Verpflichtung die Erbschaft an, obwohl Schulden da sind. Da müssten wir doch wohl auch auf eine Ausschlagung hinwirken.
    Haben wir denn hier nicht vordergründig die Verpflichtung, auf die wirtschaftlichen, vermögensrechtlichen Aspekte zu achten?

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Auch wenn ein 17-jähriger erklärt, dass er eine werthaltige Erbschaft nicht antreten möchte, ist die Erbausschlagung durch die Eltern bzw. den alleine sorgeberechtigten Elternteil nicht genehmigungsfähig. Aus der Pflicht zur Anhörung resultiert nicht gleichzeitig die Pflicht, den Intentionen des Angehörten zu folgen, wenn diese gleichwohl objektiv für diesen nachteilig sind.

  • Naja, man sieht es wieder einmal: Vieles was wir machen, ist eben unsinnig (Bestellung Ergänzungspfleger in bestimmten Fällen, Anhörungen bestimmter Personen) und wir (einschließlich ich) machen es dennoch, weil es eben dem Gesetz zu entnehmen ist. Aber über den Sinn dieser Maßnahme darf man sich keine Gedanken machen, wenn man etwa denkt, den fast 18-jährigen zu befragen, dieser die Erbschaft unbedingt ausschlagen will und wir dennoch anders entscheiden. Wahrscheinlich würde ich in diesem Fall dem fast 18-jährigen gut zureden, er möge doch unbedingt gleich mal gegen meine Entscheidung Beschwerde einlegen, damit ich zwingend eine Entscheidung meines OLG's einholen kann, auf die ich mich in späteren Fällen berufen kann. Und wie ich mein OLG (DD) einschätze, besteht da durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie der Meinung des fast 18-Jährigen einige Bedeutung beimessen.

  • Diese persönlichen Gründe möchte ich gerne präzisiert haben.

    Das hat Sonntagskind in #8 schon getan.
    Wenn solche Gründe, zumal von jemand fast volljährigen vorgetragen werden, wäre das Grund genug, eine Ausschlagung zum Wohle des Kindes zu rechtfertigen.

    Zwar ist die Anhörung nur ein Aspekt der Entscheidung, aber bei einer 17 jährigen ist die Bedeutung nunmal eine andere, als bei einem Kleinkind.

    Und wenn so jemand Gründe vorträgt wie in #8, dann muss ich ihn nicht durch eine Genehmigung zu etwas zwingen, was er nicht will, nur weil es wirtschaftlich aus meiner Sicht sinnvoll wäre.
    Denn die wirtschaftliche Betrachtung ist nunmal nicht mit dem Wohle des Kindes gleichbedeutend.

  • Gleichwohl ist der 17-jährige nicht geschäftsfähig, sodass er nicht selbst über die Durchführung des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts bestimmen kann. Dies obliegt vielmehr dem gesetzlichen Vertreter und dessen Handeln ist gerichtlich im Genehmigungsverfahren zu überprüfen. Dabei hat der subjektive Wille des Kindes hinter sein objektives Wohl zurückzutreten. Es gilt somit nichts anderes als in allen anderen Genehmigungsverfahren.

    Wenn der Wille des Kindes ein Präjudiz für die Entscheidung wäre, müsste man auch rechtlich zweifelhafte Grundstücksgeschäfte genehmigen, wenn das Kind sein Einverständnis erklärt. Das ist aber nicht der Maßstab für die Erteilung oder Verweigerung von Genehmigungen.

  • Gleichwohl ist der 17-jährige nicht geschäftsfähig, sodass er nicht selbst über die Durchführung des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts bestimmen kann. Dies obliegt vielmehr dem gesetzlichen Vertreter und dessen Handeln ist gerichtlich im Genehmigungsverfahren zu überprüfen. Dabei hat der subjektive Wille des Kindes hinter sein objektives Wohl zurückzutreten. Es gilt somit nichts anderes als in allen anderen Genehmigungsverfahren.

    Wenn der Wille des Kindes ein Präjudiz für die Entscheidung wäre, müsste man auch rechtlich zweifelhafte Grundstücksgeschäfte genehmigen, wenn das Kind sein Einverständnis erklärt. Das ist aber nicht der Maßstab für die Erteilung oder Verweigerung von Genehmigungen.



    Wenn man das so sehen wollte, würde das bedeuten, dass die Anhörung des Kindes sinnfrei wäre, denn es kämen ihr für die Entscheidung keinerlei Bedeutung zu.

    Natürlich wird im Genehmigungsverfahren überprüft, ob das Handeln des gesetzlichen Vertreters dem Wohle des Kindes entspricht. Und dieses Wohl ist auch objektiv zu bestimmen.

    Fraglich ist doch aber, was Wohl des Kindes ist und welche Aspekte dafür maßgeblich sind. Und dazu gehört nunmal nicht nur die wirtschaftliche Situation sondern auch persönliche Aspekte.
    Daraus folgt, dass der Wille des Kindes durchaus auch ein beachtlicher Faktor ist, der umso beachtlicher wird, je älter das Kind ist.
    Der subjektive Wille des Kindes ist also zwingender Bestandteil des objektiven Wohl des Kindes.
    Das sieht man auch recht deutlich an der Bedeutung die einer Kindesanhörung bspw. im Bereich des Entzuges der elterlichen Sorge zukommt, wo es ebenfalls um das Wohl des Kindes geht und selbst der Wille von Geschäftsunfähigen entscheidungserheblich ist.

    Die Frage, ob Genehmigung ja oder nein, muss dann letzlich eine Frage der Zusammenschau der unterschiedlichen Apekte und ihres Gewichts, sein.
    Dabei kann es dann eben dazu kommen, dass der subjektive Wille des Kindes den wirtschaftlichen Aspekt überlagert.
    Es kann aber natürlich auch umgekehrt sein. Es ist eben letzlich eine Abwägungsentscheidung.

  • Die Anhörung dient zunächst -wie schon der Name sagt- nur der Anhörung, um rechtliches Gehör zu gewähren bzw. ein faires Verfahren einzuhalten. Ob das, was bei der Anhörung gesagt wird, auch Einfluss auf die Entscheidung hat, ist eine andere ganz Frage. Hier muss man unterscheiden, ob es bei der Entscheidung -auch den Inhalt des Rechtsgeschäfts betreffend- gewisse Spielräume gibt oder nicht. Ich gebe Dir recht, dass es durchaus manche Entscheidungen gibt, bei welchen solche Spielräume vorhanden sind. Die Ausschlagung einer eindeutig nicht überschuldeten Erbschaft zählt nach meiner Ansicht aber nicht zu diesen Fällen.

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